TE Vwgh Erkenntnis 1984/9/19 84/13/0018

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Veröffentlicht am 19.09.1984
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Index

Bewertungsrecht

Norm

AbgÄG 02te 1977 Abschn4 Art1 Z2
AbgÄG 02te 1977 Abschn4 Art2
BewG 1955 §20 Abs2
BewG 1955 §21 Abs4
BewG 1955 §22 Abs2
BewG 1955 §65 Abs1 idF 1955/645

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde der G Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien I., Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Oktober 1983, Zl. GZ 6/2- 3326/82, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1978, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin ihren Jahresabschluß jeweils zum Ende des Kalenderjahres erstellt und daß in ihrem Jahresabschluß zum 31. Dezember 1977 Rückstellungen für Pensionsanwartschaften in der Höhe von S 183,942.966,-- enthalten waren.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist ausschließlich die Frage strittig, ob diese Rückstellungen bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin zum 1. Jänner 1978 als Schuldpost abzuziehen waren.

Die belangte Behörde hat in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid die genannten Rückstellungen nicht abgezogen und ausgehend von dem so ermittelten Einheitswert auch die Vermögensteuer und das Erbschaftssteueräquivalent für die Beschwerdeführerin zum Stichtag 1. Jänner 1978 festgesetzt. Sie ging dabei begründend davon aus, daß durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 645 (in der Folge kurz: 2. AbgÄG 1977), der zweite Satz des § 64 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (in der Folge kurz BewG 1955) und damit die Möglichkeit weggefallen sei, derartige Rückstellungen bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens in Abzug zu bringen. Nach Abschnitt IV, Art. II des 2. AbgÄG 1977 sei diese neue Rechtslage erstmalig auf Feststellungszeitpunkte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1977 liegen. Im Beschwerdefall sei ungeachtet der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin regelmäßig ihren Abschluß zum Schluß des Kalenderjahres mache, Feststellungszeitpunkt der 1. Jänner 1978. § 65 Abs. 2 BewG 1955 bewirke keinesfalls, daß der Abschlußzeitpunkt zum Feststellungszeitpunkt werde; diese Bestimmung ermögliche lediglich, für die Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens die Bestands- und Wertverhältnisse im Abschlußzeitpunkt heranzuziehen. Der gemäß Abschnitt IV, Art. II des 2. AbgÄG 1977 auf den 31. Dezember 1977 folgende Feststellungszeitpunkt könne daher nur der 1. Jänner 1978 sein. Die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens habe somit auf Grund der zum Feststellungszeitpunkt bestehenden Gesetzeslage zu erfolgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin neuerlich vorbringt, die Ermittlung des Einheitswertes ihres Betriebsvermögens und davon abgeleitet der Vermögensteuer und des Erbschaftssteueräquivalentes habe nach § 65 Abs. 2 BewG 1955 gemäß der Rechtslage am 31. Dezember 1977 zu erfolgen, wonach die strittigen Rückstellungen noch bei der Ermittlung des Einheitswertes zu berücksichtigen seien.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 64 Abs. 1 BewG 1955 hatte in der Fassung vor dem

2. AbgÄG 1977 folgenden Wortlaut:

"Zur Ermittlung des Einheitswertes des gewerblichen Betriebsvermögens sind vom Rohvermögen diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

§ 6 ist auf Pensionsrückstellungen nicht anzuwenden."

Dies bedeutete, daß Pensionsrückstellungen trotz ihrer Eigenschaft als aufschiebend bedingte Lasten (§ 6 BewG 1955) bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens als Abzugspost zu berücksichtigen waren.

Zufolge Art. I Z 2 des IV. Abschnittes des 2. AbgÄG 1977 ist der zweite Satz des § 64 Abs. 1 BewG 1955 in der oben wiedergegebenen Fassung weggefallen, sodaß nunmehr Pensionsrückstellungen bei der Ermittlung des Einheitswertes nicht mehr abgezogen werden können. Für das Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung ordnete Art. II des IV. Abschnittes des AbgÄG 1977 an, daß die Bestimmungen des Art. I erstmalig auf Feststellungszeitpunkte anzuwenden sind, die nach dem 31. Dezember 1977 liegen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 BewG 1955 werden die Einheitswerte für die wirtschaftlichen Einheiten des Betriebsvermögens in Zeitabständen von je drei Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellung). Der Hauptfeststellung werden gemäß § 20 Abs. 2 BewG 1955 die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres (Hauptfeststellungszeitpunkt) zugrunde gelegt. Die Vorschriften im § 65 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunktes bleiben unberührt.

Nach dem ersten Satz des § 65 Abs. 1 BewG 1955 sind für den Bestand und die Bewertung die Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt maßgebend. Für Betriebe, die regelmäßig jährliche Abschlüsse auf den Schluß des Kalenderjahres machen, ist gemäß § 65 Abs. 2 BewG 1955 dieser Abschlußtag zugrunde zu legen. Gemäß § 65 Abs. 3 BewG 1955 kann für Betriebe, die regelmäßig jährliche Abschlüsse auf einen anderen Tag machen, auf Antrag zugelassen werden, daß der Schluß des Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt wird, das dem Feststellungszeitpunkt vorangeht. An den Antrag bleibt der Betrieb auch für künftige Feststellungen der Einheitswerte insofern gebunden, als stets der Schluß des letzten regelmäßigen Wirtschaftsjahres zugrunde zu legen ist. Nach § 65 Abs. 4 BewG 1955 gilt der auf den Abschlußzeitpunkt (Abs. 2 und 3) ermittelte Einheitswert als Einheitswert vom Feststellungszeitpunkt.

Das Gesetz unterscheidet demnach zwischen dem Feststellungszeitpunkt und dem Bewertungsstichtag, wenn diese nach der Regel des § 65 Abs. 1 BewG 1955 auch grundsätzlich zusammenfallen. Feststellungszeitpunkt ist, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, bei einer Hauptfeststellung wie im Beschwerdefall gemäß § 20 Abs. 2 BewG 1955 genau so wie gemäß §§ 21 Abs. 4 und 22 Abs. 2 BewG 1955 in den Fällen der Fortschreibung und der Nachfeststellung immer der Beginn des Kalenderjahres, also im Beschwerdefall der 1. Jänner 1978. Da aber dieser Feststellungszeitpunkt nach dem 31. Dezember 1977 liegt, war nach den oben angeführten Bestimmungen des IV. Abschnittes des 2. AbgÄG 1977 bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin, zu welchem Stichtag auch immer diese Ermittlung zu erfolgen hatte, der § 64 Abs. 1 BewG 1955 bereits in der für die Beschwerdeführerin ungünstigen Fassung des 2. AbgÄG 1977 anzuwenden.

Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich demgegenüber in dem Nachweis, daß der Bewertungsstichtag im Beschwerdefall gemäß § 65 Abs. 2 BewG 1955 der 31. Dezember 1977 war. Mit dieser an sich zutreffenden Feststellung ist indes für den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil ungeachtet dieses Umstandes die Ermittlung des Einheitswertes zu diesem Bewertungsstichtag bereits nach den neuen, für den nach dem 31. Dezember 1977 gelegenen Feststellungszeitpunkt

(1. Jänner 1978) geltenden Bewertungsvorschriften gemäß dem

2. AbgÄG 1977 zu erfolgen hatte. Die belangte Behörde hat nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie den Einheitswert des Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin bereits auf Grund des § 64 Abs. 1 BewG 1955 in der geänderten Fassung ermittelte.

Nicht anders wären im übrigen - im Gegensatz zu den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - jene Fälle zu behandeln, in denen ein vom Feststellungszeitpunkt abweichender Bewertungsstichtag nicht auf Grund des § 65 Abs. 2 BewG 1955 wie im Falle der Beschwerdeführerin, sondern gemäß dem Abs. 3 dieses Paragraphen gegeben ist. In all diesen Fällen ändert der Umstand, daß der Bewertungsstichtag vor dem 1. Jänner 1978 gelegen ist, nichts daran, daß die Ermittlung des Einheitswertes mit Rücksicht auf den Feststellungszeitpunkt 1. Jänner 1978 bereits nach den gemäß dem 2. AbgÄG 1977 geänderten Ermittlungsvorschriften zu erfolgen und der so ermittelte Einheitswert gemäß § 65 Abs. 4 BewG 1955 als Einheitswert "vom Feststellungszeitpunkt" zu gelten hätte.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, durch die auf sie anzuwendende Sondervorschrift des § 65 Abs. 2 BewG 1955 sei nicht nur der Bewertungsstichtag abweichend vom Feststellungszeitpunkt angeordnet, sondern auch der Feststellungszeitpunkt selbst gegenüber der Regel des § 20 Abs. 2 BewG 1955 (Beginn des Kalenderjahres) verschoben worden, ist mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen. Da die behauptete inhaltliche

Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Dabei konnte von der Abhaltung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 abgesehen werden, weil bereits die Schriftsätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 19. September 1984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:1984130018.X00

Im RIS seit

09.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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