Entscheidungsdatum
16.09.2019Index
93/01 EisenbahnNorm
EisbG §48 Abs1 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde der Gemeinde Z vom 15.05.2019, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 03.05.2019, Zl *****, betreffend Verfahren gemäß § 48 Abs 1 Z 2 Eisenbahngesetz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Im bekämpften Bescheid ordnete der Landeshauptmann von Tirol hinsichtlich der Eisenbahnkreuzung bei Bahnkilometer *** auf der Strecke Y – X im Gemeindegebiet von Z Folgendes an:
„I. Gemäß § 48 Abs 1 Z 2 EisbG wird die Auflassung dieser Eisenbahnkreuzung von Amts wegen angeordnet.
II. Für den Rückbau dieser Eisenbahnkreuzung und für die Schaffung einer Fußgängerunterführung unter Zugrundelegung der mit Genehmigungsverkehr versehenen Machbarkeitsstudie „AA Infra, Ersatzmaßnahmen Eisenbahnkreuzung km ***, Rohrdurchlass Fußgänger“ wird die AA Aktiengesellschaft und der Gemeinde Z als Straßenbaulastträgerin der querenden Gemeindestraße eine Frist von 2 Jahren gesetzt.“
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde der Gemeinde Z, in welcher diese vorbringt, dass bei Auflassung dieser Eisenbahnkreuzung die südlich der AA-Strecke liegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen, vor allem die Grundparzellen Nr **1, **2, **3, **4, **5, **6, **7, **8, **9 und **10, alle LG Z, mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen nicht mehr erreicht werden könnten und damit die Bewirtschaftung dieser Flächen fast nicht mehr möglich wäre. Zudem könne die Gemeinde Z als Erhalterin des Steges über die W nach V ohne Zufahrtsmöglichkeit zu dieser Brücke durch Schwerfahrzeuge ihren Erhaltungspflichten fast nicht mehr nachkommen. Für den bestehenden Uferbegleitweg der W bestehe kein Fahrrecht für Fahrzeuge. Der Sachverhalt sei ergänzungsbedürftig, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Bescheidaufhebung und Zurückverweisung an die Erstinstanz beantragt werde.
II. Sachverhalt:
Die Eisenbahnkreuzung auf der eingleisigen Strecke Y – X wird bei Kilometer *** von einer geschotterten Gemeindestraße (allgemeines Fahrverbot ausgenommen Anrainer) im Gemeindegebiet von Z niveaugleich gequert. Diese Kreuzung ist mittels Lichtzeichen gesichert. Sie wird vorwiegend von landwirtschaftlichen Fahrzeugen sowie Fußgängern und Radfahrern benützt. Die Einschaltung der Eisenbahnkreuzungssicherungsanlage erfolgt in beiden Fahrtrichtungen fahrtbewirkt. Die Eisenbahnkreuzungsanlage nähert sich dem Ende ihrer technischen Nutzungsdauer. Bei Bahnkilometer *** befindet sich eine Eisenbahnkreuzung, über die die straßenmäßige Verbindung von der Landesstraße B ***** Richtung V verläuft. Im Vorverfahren wurde seitens der Gemeinde Z angeregt, anstelle der Neuerrichtung der Eisenbahnkreuzungssicherungsanlage einen Durchlass für Fußgänger und Radfahrer herzustellen, da die Kosten einer solchen Unterführung weit unter jenen einer Neuerrichtung einer technischen Sicherung liegen.
Bei Auflassung gegenständlicher Eisenbahnkreuzung kann die damit abgetrennte Gemeindestraße auf Gst **11 von der B ***** aus über die Gemeindestraße Richtung V bis vor der W-Brücke zum linken W-Ufer und von dort aus nach Nordwesten auf der Schotterstraße erreicht werden. Bei der Abzweigung von der Gemeindestraße vor der W-Brücke Richtung Nordwesten gilt auf der Schotterstraße ein allgemeines Fahrverbot ausgenommen Anrainerverkehr. Beim Erreichen der Gemeindestraße Gst **11 an ihrem östlichen Ende befindet sich der W-Steg nach V. Diese Uferstraße ist von ihrer Ausführung her für die Benützung von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen Schwerfahrzeugen geeignet. Der damit verbundene Umweg beträgt pro Fahrtstrecke etwas weniger als 1 km.
III. Beweiswürdigung:
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Landeshauptmannes von Tirol und des Landesverwaltungsgerichts Tirol sowie aus den Ausführungen des eisenbahntechnischen Amtssachverständigen. Dessen Ausführungen, die er durch eine Vielzahl von Plänen und Lichtbildern untermauert hat, sind logisch, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
IV. Rechtslage:
Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung des Eisenbahngesetzes anzuwenden:
§ 48.
„Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
(1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:
1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;
2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.
Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.
…“
V. Erwägungen:
Nach § 48 Abs 1 Eisenbahngesetz hat die Behörde im Zusammenhang mit der Auflassung einer Eisenbahnkreuzung zu prüfen, ob das verbleibende oder umzugestaltende Wegnetz den Verkehrserfordernissen weiterhin entspricht und eine allenfalls erforderliche Umgestaltung den Verkehrsträgern wirtschaftlich zumutbar ist.
Das gegenständliche Verfahren hat ergeben, dass der Umweg über die bestehende und verbleibende Eisenbahnkreuzung bei Kilometer *** geeignet ist, den derzeit schon eingeschränkten motorisierten Anrainerverkehr der aufzulassenden Eisenbahnkreuzung aufzunehmen. Nach dem Kriterienkatalog zur Auflassung von Eisenbahnkreuzungen wird für den Fahrzeugverkehr ein Zeitbedarf für den Umweg im Ausmaß von 3 min bzw 3 km pro Strecke als jedenfalls zumutbar angesehen. Durch die Auflassung gegenständlicher Eisenbahnkreuzung wird nur der Kraftfahrzeugverkehr betroffen, weil für Fußgänger und Radfahrer die Errichtung einer Unterführung angeordnet wurde und für diese Verkehrsteilnehmer dadurch keine Änderung eintreten wird. Der gegenständliche Umweg von weniger als 1 km liegt damit weit innerhalb der Zumutbarkeitskriterien für Kraftfahrzeuge.
Ab der Abzweigung vor der W-Brücke gilt auf der Schotterstraße ein Fahrverbot ausgenommen Anrainerverkehr, womit die Grundeigentümer zwischen Eisenbahntrasse und W in ihrer Anrainereigenschaft diese Schotterstraße befahren dürfen und auf dieser die Gemeindestraße auf Gst **11 erreichen können, womit sich – abgesehen von dem kurzen Umweg – für die Erreichbarkeit ihrer landwirtschaftlichen Flächen keine Änderung gegenüber dem Istzustand ergibt. Auch die Gemeinde Z kann für die Erhaltung des W-Steges in der Verlängerung von Gst **11 Richtung Osten diese Straße befahren; dies dürfte sie schon unabhängig davon, da sie als Eigentümerin der landwirtschaftlichen Grundstücke **12, **13 und **14 als Anrainerin gilt.
Es liegen somit weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Hinderungsgründe für die Erreichbarkeit der erwähnten landwirtschaftlichen Flächen mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen sowie des W-Steges mit Schwerfahrzeugen für Erhaltungsarbeiten durch die Auflassung der Eisenbahnkreuzung bei Kilometer *** vor. Die in der Beschwerde angeführten Argumente sind somit allesamt unbegründet, weshalb das Rechtsmittel abzuweisen war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hohenhorst
(Richter)
Schlagworte
Auflassung schienengleicher EisenbahnübergängeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.209.25.1345.5Zuletzt aktualisiert am
09.10.2019