TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/27 I414 2193595-1

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Veröffentlicht am 27.06.2019
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Entscheidungsdatum

27.06.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I414 2193595-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Vorarlberg (SMS) vom 06.04.2018, Zl. OB: XXXX, betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 08.03.2018 beantragte Frau XXXX, geb. am XXXX (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) die Ausstellung eines Behindertenpasses. Dem Antrag legte sie ein Konvolut an ärztlichen Berichten und Bestätigungen, auch über einen Reha-Aufenthalt vor.

Vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Vorarlberg (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) wurde Dr. W. mit der Erstellung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens beauftragt.

Nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 30.03.2018 hielt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 05.04.2018 fest wie folgt:

"[...] Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Sprunggelenk -Untere Extremitäten, Eingeschränkte Beweglichkeit OSG bds. nach Trauma in der Jugend, Beginnende OSG Arthrose links entsprechend der EVO nach Anamnese, Medikamentenanamnese, klinischer Untersuchung und Durchsicht der Befunde.

02.05.33

40

2

Wirbelsäule, Degeneratives Cervikalsyndrom, chronische Lumbalgien entsprechend der EVO nach Anamnese, Medikamentenanamnese, klinischer Untersuchung und Durchsicht der Befunde.

02.01.01

20

3

Schulter - Obere Extremitäten, Subacromiales Impingement rechts mehr als links, AC-Gelenksarthrose bds., SSP Ruptur links, entsprechend der EVO nach Anamnese, Medikamentenanamnese, klinischer Untersuchung und Durchsicht der Befunde.

02.06.04

30

4

Hände - Obere Extremitäten, Daumensattelgelenksarthrose beidseits, Beginnende Heberden- und Bouchardarthrosen entsprechend der EVO nach Anamnese, Medikamentenanamnese, klinischer Untersuchung und Durchsicht der Befunde.

02.06.26

20

5

Hypertonie, Leichte Hypertonie Monotherapie per os

05.01.01

10

6

Cephalea Chronisches Schmerzsyndrom, Chronisches Schmerzsyndrom - leichte Verlaufsform entsprechend der EVO nach Anamnese, Medikamentenanamnese, klinischer Untersuchung und Durchsicht der Befunde.

04.11.01

10

Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Erhöhung des Gesamtgrad der Behinderung durch die Funktionseinschränkung 2 um eine Stufe. Negative wechselseitige Beeinflussung. Es kommt zu einer zusätzlichen Belastung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

CTS bds.; Gonalgie bds.: Anamnestisch werden keine Beschwerden angegeben, keine Funktionseinschränkungen objektivierbar. [...]"

Mit Schreiben vom 06.04.2018 wurde der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass in Form einer Scheckkarte mit einem Grad der Behinderung von 50% postalisch zugestellt.

Dagegen erhob sie rechtzeitig und zulässig Beschwerde und führte aus, dass sie nicht richtig untersucht worden sei. Dr. W. habe ihr nur Fragen gestellt und "nach 6 Minuten war das Ganze zu Ende". Sie habe ihre Situation nicht schildern können und habe noch die Einnahme von Schmerzmitteln vorbringen wollen. Außerdem könne sie nur mehr wenige Meter laufen und keine schweren Sachen tragen. Sie sei auf ihr Auto angewiesen. Sie bitte um einen neuen Untersuchungstermin bei einem Arzt, der sich mehr Zeit nimmt und beantragte außerdem die Zusatzeintragungen D1, D2, und D3 in ihren Behindertenpass. Der Beschwerde legte sie eine Kopie des Behindertenpasses und das Begleitschreiben bei, auf dem sie die Zusatzeintragungen markierte.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.04.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Der Sachverständige Dr. W. wurde vom erkennenden Gericht gebeten, seine Einschätzung betreffend die wechselseitigen Leidensbeeinflussungen der Leiden 3 bis 6 zu konkretisieren. In seinem Antwortschreiben vom 21.08.2018 führte er dazu aus, dass keines der Leiden 3 bis 6 das führende Leiden 1 zusätzlich negativ beeinflussen.

Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht. Es langten diesbezüglich keine Stellungnahmen ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichischen Staatangehörige, hat ihren Wohnsitz im Bundesgebiet und ist in Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50%.

Sie leidet an eingeschränkter Beweglichkeit an beiden Sprunggelenken mit einem Grad der Behinderung von 40% (Leiden 1), an einem degenerativen Cervikalsyndrom der Wirbelsäule mit einem Grad der Behinderung von 20% (Leiden 2), an Funktionseinschränkungen der Schultergelenke beidseits mit einem Grad der Behinderung von 30%, an leichter Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 10% und an einem chronischen Schmerzsyndrom mit einem Grad der Behinderung von 10%.

Durch Leiden 2 wird aufgrund negativer wechselseitiger Leidensbeeinflussung der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe erhöht und beträgt 50%. Leiden 3 bis 6 stehen in keiner negativen wechselseitigen Beeinflussung und erhöhen den Gesamtgrad der Behinderung nicht weiter.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person, zum Wohnsitz, zum Antrag und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und sind unstrittig.

Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen und der Gesamtgrad der Behinderung basieren auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. W. vom 05.04.2018.

Ein Gutachten ist auf seine Vollständigkeit (also, ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten sind nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem erhobenen klinischen Befund und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen nach der Einschätzungsverordnung. Der Gutachter konnte sich durch persönliche Untersuchung der Beschwerdeführerin ein Bild vom aktuellen Gesundheitszustand machen und ist auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausreichend eingegangen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie vom Sachverständigen nicht richtig untersucht worden sei, der Termin nur wenige Minuten gedauert habe und sie zum Beispiel die Einnahme von Schmerzmitteln nicht schildern können habe, steht mit dem vorgelegten Gutachten in Widerspruch. Auf der ersten Seite des Sachverständigengutachtens ist eine persönliche Untersuchung in der Dauer von 30 Minuten vermerkt. Der Gutachter hat auch eine ausführliche Anamnese durchgeführt und hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, ihre Leiden dem Sachverständigen zu schildern. Ebenso wurden die vorgelegten Befunde angeführt, kommentiert und in die Einschätzung in Gesamtschau mit dem Untersuchungsbefund miteinbezogen. Der angesprochene Untersuchungsbefund beschäftigt sich ausführlich mit den oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule und wurden sämtliche Untersuchungen dahingehend durchgeführt, um den tatsächlichen Zustand zu ermitteln. Vom medizinischen Sachverständigen wurden auch die Gesamtmobilität und das Gangbild sowie die Einnahme von Medikamenten, insbesondere von Schmerzmitteln, berücksichtigt.

Das Gutachten des Sachverständigen wird in seinem Ergebnis vom erkennenden Senat als schlüssig, vollständig, nachvollziehbar und in der wesentlichen Schlussfolgerung widerspruchsfrei angesehen und hat sich mit allen im Beschwerdeschriftsatz kritisierten Punkten bereits ausreichend auseinandergesetzt.

Dem Gutachten hielt die Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz entgegen, dass sie mit der Einschätzung nicht einverstanden sei und sie nicht lange genug untersucht worden sei. Sie sei seit langem bei Dr. Sch. in Behandlung und könne man dort auch wegen ihrer Schmerzen nachfragen. Entsprechende Unterlagen von Dr. Sch., datiert mit 08.03.2018 wurden dem Antrag beigelegt und fanden auch Eingang in die Beurteilung durch den Sachverständigen in seinem Gutachten vom 05.04.2018. Es wurden der Beschwerde keine weiteren Befunde beigelegt und konkretisierte die Beschwerdeführerin auch nicht weiter, inwiefern sie meint, dass ihre vorgebrachten Leiden nicht richtig berücksichtigt worden seien.

Aus der Beschwerde ergeben sich auch keine zusätzlichen oder schwerwiegenderen Funktionseinschränkungen, welche nicht schon vom Sachverständigen im Gutachten vom 05.04.2018 festgestellt bzw. eingeschätzt worden sind. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin war nicht geeignet, Zweifel an den Feststellungen des Gutachtens zu wecken.

Dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 in wechselseitiger Leidensbeeinflussung steht, ergibt sich bereits aus dem Gutachten vom 05.04.2018. Aus der ergänzenden Stellungnahme vom 21.08.2018 ist ersichtlich, dass die übrigen Leiden 3 bis 6 zu keiner weiteren Beeinflussung beitragen und der Gesamtgrad der Behinderung dadurch nicht mehr weiter erhöht wird. Der Sachverständige hat seine Einschätzung schlüssig und nachvollziehbar begründet und ist nochmals auf jede einzelne Funktionseinschränkung eingegangen. Er hat ausführlich erörtert, dass es sich bei den Leiden 3 und 4 um Einschränkungen der oberen Extremitäten handelt, die in keinem Leidenszusammenhang mit der Bewegungseinschränkung des Sprunggelenkes stehen. Leiden 5 und 6 erhöhen schon aufgrund der Geringfügigkeit nicht weiter.

In Zusammenschau ist der Sachverhalt für den erkennenden Senat eindeutig und abschließend ermittelt.

Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde. Dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Senate

§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen."

§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetzes (BBG) lautet wie folgt:

"(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."

Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.

Die §§ 1, 17 und 58 Abs. 1 und 2 VwGVG lauten wie folgt:

"§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt."

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

[...]

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

[...]

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

[...]

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu."

Im gegenständlichen Fall stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit dem Verweis auf einen festgestellten Grad der Behinderung von am 06.04.2018 übermittelt wurde. Die Beschwerde richtete sich gegen die Festsetzung des Grades der Behinderung mit 50%.

Das von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 05.04.2017 von Dr. W. wird vom erkennenden Senat als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet; diesen zufolge beträgt der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 50%. Die Beschwerdeführerin brachte nichts vor, was geeignet wäre, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen, da dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses entsprochen wurde und ein höherer Gesamtgrad der Behinderung nicht vorliegt.

Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass die beantragten Zusatzeintragungen nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens aufgegriffen werden können, da diese in die Zuständigkeit der belangten Behörde fallen und nicht Sache dieses Verfahrens sind.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2193595.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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