TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/15 W173 2214802-1

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Veröffentlicht am 15.07.2019
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Entscheidungsdatum

15.07.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W173 2214802-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela Schidlof sowie den fachkundigen Laienrichter Franz Groschan als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 10.1.2019, OB: 28601623500080, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Herr XXXX , Staatsbürger der russischen Föderation, der über eine bis 20.7.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verfügt, (in der Folge BF) hat bei der letzten Begutachtung durch die medizinische Sachverständige Dr. XXXX , FÄ für Orthopädie, am 5.10.2016 ein Gesamtgrad der Behinderung von 80 % erreicht. Dieser beruhte auf der Oberarmamputation links nach Lymphgefäßmalformation. Dieses Leiden wurde unter der Pos.Nr. 02.06.42. mit einem Grad der Behinderung von 80% eingestuft. Der bestehende Grad der Behinderung ab 05/2013 wurde als Dauerzustand eingestuft.

2. Am 13.8.2018 beantragte der BF die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Dazu legte er nach Aufforderung medizinische Unterlagen vor.

3. Von der belangten Behörde wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Im Gutachten vom 27.10.2018 führte DDr. XXXX , FÄ für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, auf Basis einer persönlichen Untersuchung des BF im Wesentlichen aus:

".................................

Anamnese: Begutachtung im Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen am 05.10.2016,

Gesamtgrad der Behinderung 80% (Oberarmamputation links nach Lymphgefäßmalformation 80%), letzte Begutachtung im Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen am 08.03.2017

(Oberarmamputation links mit kurzem Oberarmstumpf nach Lymphgefäßmalformation), Voraussetzungen für ZE der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher VM liegen nicht vor.

Zwischenanamnese seit 02/2017:

10/2017 Oberarm-Stumpfrevision links

Derzeitige Beschwerden:

‚Beschwerden habe ich vor allem in der linken Schulter, die Gefäßerkrankung schreitet weiter fort, keine Besserung durch Medikamente, eventuell Ist eine weitere Operation im Bereich des Brustkorbs geplant. Schmerzen habe ich im Rücken, kann nicht länger gehen, habe seit einem halben Jahr Schmerzen im Rücken und eine eingeschränkte Gehstrecke, nach 100 m tut alles weh. Mache keine Heilgymnastik, keinen Sport. Hergekommen bin ich mit dem Auto, wurde gebracht.'

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Seractil täglich, Parkemed bei Bedarf, Pantip

Allergie:0

Nikotin:0

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1080

Sozialanamnese: ledig, lebt mit Mutter und Bruder in Wohnung im Erdgeschoss, keine Kinder.

Berufsanamnese: Hauptschulabschluss, seit 3-4 Monaten Büroangestellter, geringfügig, 2 h/d

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befund Dr. XXXX , FA für Orthopädie vom 13.09.2018 (leichte rechtskonvexe thorakolumbale Skoliose, musk, insuff. ges. WS, Haltungsinsuffizienz, Lumboischialgie bds)

Befund Chirurgie AKH vom 17.08.2017 (Befundprogredienz der arteriovenösen Malformationen um die linke Schulter und pectoral)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut, 20 Jahre

Ernährungszustand: BMI 20,8; Größe: 170,00cm, Gewicht: 60,00 kg,

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: Zart livide Verfärbung links pektoral

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Zustand nach Amputation im Bereich des linken Oberarms, Stumpflänge von Schulterdach bis Stumpfkuppe 19 cm.

Die Durchblutung ist ungestört. Amputationsstumpf gut weichteilgedeckt, unauffällig. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit rechte obere Extremität: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen unauffällig, die grobe Kraft KG 5, Tonus und Trophik unauffällig.

Wackelbewegungen linke Schulter

Nacken- und Schürzengriff sind rechts uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zur Gänze möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel links etwas tieferstehend, in etwa im Lot, skoliotische Fehlhaltung mit rechtskonvexer Krümmung im Bereich der BWS und Ausgleichsschwung der LWS. Linksthorakal kaudal der Scapula Narbe und Weichteildefizit bzw. muskuläres Defizit. Mäßig Hartspann. Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild hinkfrei und unauffällig, teilweise Verkrümmung des gesamten Körpers beim Gehen.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen, teilweise mit Hilfe, durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd-Nr. Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1 Verlust des linken Armes mit kurzem Oberarmstumpf

2 Lumbalgie bei skoliotischer Fehlhaltung

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Hinzukommen von Leiden 2

X Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung jedoch nicht relevant einschränken. Die Gesamtmobilität ist ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Eine Gangunsicherheit oder Trittunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. An den oberen Extremitäten sind rechts keine Funktionsbehinderungen fassbar, sodass der Zustand nach Amputation des linken Arms ausreichend kompensiert werden kann, der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich erschwert. Eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektivierbar, insbesondere liegen kein Hinweis und kein objektiver Befund einer Lungenfunktionseinschränkung vor.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

............................"

3. Das Gutachten vom 27.10.2018 wurde dem Parteiengehör unterzogen. Mit Schreiben vom 21.11.2018 brachte der BF vor, nicht mehr als 100 Meter gehen zu können. Er habe Rücken- und Beinschmerzen. Er leide auch unter Atembeschwerden. Dies habe auch die Gutachterin wahrgenommen. Andere ihm bekannte Personen, denen ein Finger fehle, würden über einen Behindertenpass mit einer Zusatzeintragung verfügen. Ebenso würden ihm bekannte unter Diabetes leidende Personen Inhaber eines Behindertenpass mit Zusatzeintragung sein. Es sei für ihn unverständlich, dass er auf Grund seiner Leiden mit einem fehlenden Arm und mit einem schiefen Rücken und einem Grad der Behinderung von 80% keine Zusatzeintragung erhalte. Eine Wirbelsäulenoperation wäre gefährlich und bestünde das Risiko, auf den Rollstuhl angewiesen zu sein.

3. 4.Im ergänzenden Gutachten vom 3.1.2019 führte die beigezogenen Sachverständige DDr. XXXX , FÄ für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, Nachfolgendes aus:

"..................

Antwort(en):

AW erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 22.10.2018 nicht einverstanden und bringt in der Stellungnahme vom 21.11.2018 vor, dass er nicht mehr als 100 Meter gehen könne, der Rücken sowie die Beine tuen sehr weh und er habe Schwierigkeiten beim Atmen, er habe den ganzen Arm nicht und der Rücken sei sehr schief und er habe 80% Behinderung.

Befunde: Es werden keine neuen Befunde vorgelegt.

Stellungnahme:

Maßgeblich für die Beurteilung beantragter Zusatzeintragung sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Die bei der Begutachtung am 22.10.2018 festgestellten Defizite im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates wurden in der Beurteilung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in vollem Umfang berücksichtigt.

Höhergradige Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule konnten nicht festgestellt werden, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke nicht erheblich erschwert ist.

Eine Gangunsicherheit oder Trittunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. An den oberen Extremitäten sind rechts keine Funktionsbehinderungen fassbar, sodass der Zustand nach Amputation des linken Arms ausreichend kompensiert werden kann, der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich erschwert.

Darüber hinaus wurden Befunde, die eine maßgeblich höhere Ausprägung der Funktionseinschränkungen, als nicht schon im aktuellen Gutachten erfasst, belegen könnten, nicht vorgelegt, sodass an der getroffenen Beurteilung festgehalten wird.

.........................."

5. Mit Bescheid vom 10.1.2019 wurde die am 13.8.2018 beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Die belangte Behörde stützte sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Bescheidbegründung darstelle. Daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung vom BF nicht erfüllt würden. Zu den Einwendungen des BF zum Gutachten von DDr. XXXX wurde darauf verwiesen, dass an den oberen Extremitäten rechts keine Funktionsbehinderung vorhanden sei, sodass der Zustand der Amputation des linken Armes ausreichend kompensiert werde könne und der Transport in öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert werden würde.

6. Mit Schreiben vom 13.2.2019 erhob der BF Beschwerde und gab dazu an, dass noch hinzukommend sein Rücken schief sei. Er leide an massiven Schmerzen beim langen Gehen. Ebenso würde das Knie schmerzen. Das habe er auch der Sachverständigen erklärt, die eine große Beule gesehen habe. Es sei für ihn unverständlich, seinen Gesundheitszustand als gut zu bewerten. Er leide auch unter Atemschwierigkeiten. Ebenso habe er Probleme am Brustkorb. Er beantrage nur, was ihm zustehe. Bei anderen Personen könne er nicht verstehen, warum sie über die beantragte Zusatzeintragung verfügen würden. Ihm würde nicht nur ein Finger, sondern eine komplette Hand bis zur Schulter fehlen und leide auch unter anderen gesundheitlichen Problemen, mit denen er das Leben schwer meistern könne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF, der über die Staatsbürgerschaft der russischen Föderation und eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.7.2019 verfügt, hat seinen Wohnsitz im Inland. Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 80 v. H. Der BF verfügt über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H.

1.2. Mit Antrag vom 13.8.2018 beantragte der BF die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Dazu wurde von der belangten Behörde das oben wiedergegebene Sachverständigengutachten von DDr. XXXX , FÄ für Othopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 27.10.2018, das auf einer persönlichen Untersuchung des BF beruhte, eingeholt. Auf Grund der Einwendungen des BF gegen das Gutachten vom 27.10.2018, wurde die oben wiedergegebene ergänzende Stellungnahme der genannten Gutachterin eingeholt, die zu keinem abweichenden Ergebnis im Gutachten kam. Der BF kann eine kurze Wegstrecke von 300-400 Meter zurücklegen und Niveauunterschiede zum Ein- und Aussteigen überwinden. Es fehlt ihm an Gang- und Trittunsicherheiten und er bedarf keiner Gehhilfe. Der Zustand nach der Armamputation links kann ausreichend kompensiert werden, sodass auch der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel gewährt ist. Auf Grund der Ergebnisse im Ermittlungsverfahren, wonach dem BF im Hinblick auf die Gesundheitsschädigungen des BF die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zumutbar ist, wies die belangte Behörde die beantragten Zusatzeintragungen des BF zur "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" mit Bescheid vom 10.1.2019 ab.

1.3. Mit Beschwerde vom 13.2.2018 bekämpfte der BF die Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Beim BF lagen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit bzw. der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen vor. Der BF leidet auch nicht unter einer schwer anhaltenden Erkrankung des Immunsystems. Der Zustand nach der Armamputation links kann von ihm ausreichend kompensiert werden. Der BF benötigt keine Gehhilfe. Der BF kann daher eine Gehstrecke von rund 300-400 Meter aus eigener Kraft ohne Unterbrechung bewältigen und Niveauunterschiede beim Ein- und Aussteigen in und aus dem öffentlichen Verkehrsmittel überwinden. Es ist auch sein sicherer Transport im öffentlichen Verkehrsmittel gewährleistet.

1.4. Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem vorliegenden Gerichtsakt.

Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen im Hinblick auf den beantragten Zusatzvermerk "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde im oben wiedergegebenen schlüssigen Sachverständigengutachten vom 27.10.2018 samt Ergänzung vom 3.1.2019, das von der belangten Behörde eingeholt wurde, ausführlich und nachvollziehbar Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, auch basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF mit erhobenen klinischen Befunden und den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im Hinblick auf die beantragte Zusatzeintragung kann auch das Vorbringen des BF in der Beschwerde nicht überzeugen, das er in keiner Weise mit medizinischen Befunden belegt hat. Die Sachverständige, DDr. XXXX , die von der belangten Behörde beauftragt wurde, stellte zwar Defizite im Bereich des Stützt- und Bewegungsapparates bei der persönlichen Untersuchung des BF fest. Es konnten aber weder höhergradige Funktionseinschränkungen im Wirbelsäulenbereich noch eine Gang- oder Trittunsicherheit festgestellt werden. Der BF bedurfte auch keiner Gehhilfe. Dadurch dass der BF an der rechten oberen Extremität keine Funktionsbehinderung hat, kann auch die Amputation des linken Armes in einer Weise kompensiert werden, sodass der Transport im öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

Diese Feststellungen stehen im Einklang mit den Untersuchungsergebnissen bei der persönlichen Untersuchung der genannten Sachverständigen. Das Gangbild des BF war hinkfrei und unauffällig und der BF konnte mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel selbstständig gehen, auch wenn eine teilweise Verkrümmung des gesamten Körpers beim Gehen vorlag. Seine Hals-, Brust und Lendenwirbelsäule war in allen Ebenen frei beweglich. Auch die vom BF konsumierten Medikamente (Seractil täglich, Parkemed bei Bedarf und Pantip) sprechen gegen höhergradige Schmerzzustände. Deren Vorliegen verneint auch die beauftragte Sachverständigen beim BF. Schulter Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenk, Daumen und Langfinger der rechten oberen Extremität waren frei beweglich und der Grob- und Spitzgriff vom BF uneingeschränkt durchführbar. Ebenso war rechts der Faustschluss komplett, das Fingerspreizen unauffällig, die grobe Kraft KG 5, Tonus und Throphik unauffällig. Auch der Nacken- und Schürzengriff konnte vom BF rechts uneingeschränkt durchgeführt werden. Diese Untersuchungsergebnisse belegen, dass bei der rechten oberen Extremität keine Funktionseinschränkungen vorhanden waren und der BF sich sicher anhalten kann. Dem BF war auch eine Einbeinstand ohne Anhalten und die tiefe Hocke zur Gänze möglich. Selbst der Zehenballengang und Fersengang beidseits konnte vom BF ohne Anhalten und ohne Einsinken durchgeführt werden. Auch sicheres freies Stehen war für ihn möglich.

Inwiefern der BF - wie von ihm behauptet - nicht mehr als 100 Meter bewältigen könne und ihm der Rücken und die Beine schmerzen würden, kann nicht nachvollzogen und objektiviert werden. Auch die von ihm behaupteten Atemprobleme wurden durch ihn nicht mit entsprechenden Befunden belegt. Soweit sich der BF auf das Ausmaß des Grades seiner Behinderung stützt, so wird darauf verwiesen, dass dieses nicht maßgebend für die Beurteilung der Voraussetzungen der begehrten Zusatzeintragung ist. Ebenso geht der Hinweis des BF ins Leere, dass andere ihm bekannte Personen über einen Behindertenausweis mit der begehrten Zusatzeintragung verfügen würden.

Es besteht damit keine Einschränkung der unteren und oberen Extremitäten oder körperlichen Belastbarkeit bzw. der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen in einem Ausmaß, auf Grund derer der Schluss gezogen werden könnte, dass dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar wäre. Die medizinischen Sachverständigengutachten und Untersuchung des BF haben keinen solchen Schluss zugelassen.

Der BF ist auch den Ausführungen der Gutachterin DDr. XXXX in ihrem Gutachten vom 27.10.2018 und in ihrer Ergänzung vom 3.1.2019 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).

3.1.Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, wurde mit BGBl II Nr. 263/2016 novelliert. Gemäß § 5 Abs. 3 der Novelle ist § 1 dieser Verordnung mit Ablauf des 21.09.2016 in Kraft getreten.

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen), BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, ist der Behindertenpass mit einem 35 x 45 mm großen Lichtbild auszustatten und hat zu enthalten:

1. den Familien- oder Nachnamen, den Vornamen, den akademischen Grad oder die Standesbezeichnung und das Geburtsdatum des Menschen mit Behinderung;

2. die Versicherungsnummer;

3. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;

4. eine allfällige Befristung.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in

§ 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, 2007/11/0080).

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).

Zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wird auf die obigen Erörterungen verwiesen.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF nicht ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Hinsichtlich der bekämpften Abweisung der Zusatzeintragung ist im gegenständlichen Fall für die Entscheidung maßgebend, ob die dauernden Gesundheitsschädigungen des BF ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" rechtfertigt. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.3.Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W173.2214802.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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