Entscheidungsdatum
21.08.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W235 2129125-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2016, Zl. 831645710-1749271, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2019 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.11.2013 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zu seiner Person angab, er habe im Herkunftsstaat in XXXX , gelebt. Er gehöre der Volksgruppe der Fulla (= Peul) an und bekenne sich zum moslemischen Glauben. Gemeinsam mit einem Freund habe er den Herkunftsstaat von Conakry aus am XXXX .09.2013 verlassen und sei mit einem Frachtschiff in ein ihm unbekanntes Land gefahren. Er vermute, es sei Italien gewesen. Von dort sei er nach einem einmonatigen Aufenthalt mit einem PKW nach Österreich gebracht worden.
Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass die politische Lage in Guinea seit 2010 sehr heikel sei. Ende 2012 sei er während einer der Demonstrationen gegen die Regierung von Guinea wahllos von der Polizei verhaftet worden, obwohl er nicht an der Demonstration teilgenommen habe. Neun Monate lang habe er sich in Haft befunden. Er habe Angst gehabt, dass er wieder verhaftet werde und etwas Schlimmeres passiere.
1.3. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Reiseroute ersuchte das Bundesasylamt mit Schreiben vom 12.11.2013 gemäß Art. 21 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) die italienische Dublinbehörde um Auskunft, ob der Beschwerdeführer in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz stellte bzw. ob ihm von den italienischen Behörden ein Visum oder eine Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 18.11.2013 teilte die italienische Dublinbehörde mit, dass der Beschwerdeführer den italienischen Behörden nicht bekannt ist.
1.4. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX .01.2014 mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Verfahren zu GZ. XXXX zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Monaten wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 27 Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB verurteilt.
Am XXXX .06.2014 wurde er überdies im Verfahren zu GZ. XXXX wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 15 StGB iVm § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, § 27 Abs. 3 SMG sowie nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, § 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon fünf Monate bedingt nachgesehen, verurteilt.
1.5. Der Beschwerdeführer reiste in der Folge aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und stellte einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland. Im Rahmen einer Dublin-Konsultation verpflichtete sich Österreich den Beschwerdeführer gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO zur Durchführung eines Asylverfahrens zu übernehmen. Der Beschwerdeführer wurde sohin am 19.02.2015 von Deutschland nach Österreich überstellt. Dem Laissez-Passer sowie dem Überstellungsformblatt des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland unter der Identität XXXX , geboren am XXXX , StA. Elfenbeinküste, auftrat.
1.6. Am 22.06.2016 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Französisch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Zunächst gab er dabei an, dass er Probleme am Herzen habe, zurzeit aber keine Medikamente nehme und auch nicht behandelt werde.
Zu seiner Person brachte er vor, er sei in Guinea im Dorf XXXX in der Region XXXX geboren und habe dort gelebt. Dann sei er im Jahr 2008 nach Conakry übersiedelt. Dort habe er die Schule besucht, diese jedoch abgebrochen und bis Ende 2008 als Mechaniker gearbeitet. Bis 2010 sei er dann als Gepäckträger tätig gewesen. Von August 2010 bis März 2013 sei er inhaftiert gewesen. Nach seiner Entlassung habe er nichts getan. Er habe von März 2013 bis zu seiner Ausreise bei einem Freund in Conakry gelebt und sei von dessen Familie finanziert worden. Zu seiner eigenen Familie gab er an, dass seine Eltern noch in seinem Heimatdorf gelebt hätten, als er von dort weggegangen sei. Er wisse jedoch nicht, was in der Zwischenzeit mit ihnen passiert sei. Er habe eine jüngere Schwester, die sieben Jahre alt gewesen sei, als er ausgereist sei.
Dezidiert zum Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei in Guinea in Haft gewesen und sei dort auch gefoltert worden. Da er krank gewesen sei, sei er enthaftet worden. Eine Enthaftung sei möglich, wenn man krank sei. Wenn man wieder gesund werde, werde man erneut inhaftiert. Der Beschwerdeführer habe vor einer neuerlichen Verhaftung Angst. Die Spuren der Folter an seinen Unterschenkeln könne er zeigen. Er sei an beiden Armen festgehalten worden. Dann habe er die Beine auf einen Tisch legen müssen und sei dort mit einem Schlagstock geschlagen worden. In diesem Zusammenhang findet sich im Protokoll die Anmerkung "Die Narben sind erkennbar, doch von was die stammen, ist nicht klar".
Der Beschwerdeführer führte weiter aus, er sei aufgrund der Teilnahme an einer Demonstration verhaftet worden, bei der Neuwahlen gefordert worden seien. Die Demonstration sei jede Woche mittwochs gewesen. Er habe mit allen anderen aktiv an der Demonstration teilgenommen. Am XXXX .2010 sei er vormittags festgenommen worden. Der Beschwerdeführer sei Mitglied der Partei UFDG (= Union des forces démocratiques de Guinée). Diese Partei habe einen Kandidaten für die Wahl aufgestellt. Ein Gerichtsverfahren sei gegen ihn nicht anhängig.
Auf Vorhalt der Widersprüche zwischen seinem Vorbringen vor dem Bundesamt und seinen Angaben in der Erstbefragung führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, er habe im Zuge der Erstbefragung weder als Zeitpunkt für seine Inhaftierung das Jahr 2012 genannt noch habe er angegeben, dass er festgenommen worden sei, obwohl er nicht aktiv an der Demonstration teilgenommen habe. Es sei vielleicht zu Widersprüchen gekommen, weil das Verständnis zwischen ihm und dem Dolmetscher nicht so gut gewesen sei.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Guinea gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV).
In seiner Begründung stellte das Bundesamt (unter anderem) fest, dass der Beschwerdeführer angab, Staatsangehöriger von Guinea zu sein. Er sei ledig, gehöre der Volksgruppe der Peul an und bekenne sich zum moslemischen Glauben. An lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen leide er nicht. Seine Arbeitsfähigkeit sei nicht eingeschränkt. In Österreich sei er am XXXX .01.2014 und am XXXX .06.2014 wegen Suchtmittelhandels rechtskräftig verurteilt worden. Er sei nach Deutschland ausgereist, wo er unter Verwendung anderer Personaldaten einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Es könne nicht festgestellt werden, dass er den Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Der Beschwerdeführer sei im Herkunftsstaat nicht politisch aktiv gewesen, habe keiner Partei angehört und habe weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner Religion mit den Behörden Probleme gehabt. Eine Gefährdung seiner Person im Fall einer Rückkehr könne nicht festgestellt werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 13 bis 32 des angefochtenen Bescheides Länderfeststellungen zur allgemeinen Lage in Guinea.
Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist mit näherer Begründung zu entnehmen, dass den Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtvorbringen nicht gefolgt werde, da seine diesbezüglichen Angaben eklatant widersprüchlich, nicht nachvollziehbar und daher nicht glaubhaft gewesen seien. Für seine Parteimitgliedschaft bei der UFDG habe er zudem keinerlei Nachweis erbracht.
In rechtlicher Hinsicht wurde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keinen Flucht- und Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht habe. Zu Spruchpunkt II. wurde gefolgert, dass der Beschwerdeführer an keiner physischen oder psychischen Krankheit leide und davon auszugehen sei, dass er im Fall der Rückkehr nach Guinea in der Lage sein werde, die dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen sowie nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten werde. Nach Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG wurde unter Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass die Rückkehrentscheidung zulässig sei und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde. Letztlich wurde unter Spruchpunkt IV. darauf verwiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2016 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
3.1. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 27.06.2016 fristgerecht Beschwerde und brachte nach Darstellung des Verfahrensgangs sowie nach Wiederholung seines wesentlichen Fluchtvorbringens vor, dass er in eigenen Worten in seiner Erstsprache zu den behaupteten Widersprüchen Stellung nehmen wolle.
In einem beiliegenden handschriftlichen Schreiben in französischer Sprache wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer drei Jahre im Gefängnis gewesen sei. Dort sei er von der Polizei gefoltert und seien seine Beine verletzt worden. Da er sehr schwer herzkrank geworden sei, habe man ihn aus dem Gefängnis entlassen. Ferner seien im Jahr 2014 viele seiner Landsleute an den Folgen von Ebola verstorben und wisse er nicht, ob seine Eltern und seine jüngere Schwester noch leben würden (vgl. AS 158).
3.2. Mit Schriftsatz vom 14.03.2017 beantragte der Beschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Chirurgie zum Nachweis, dass er in Guinea gefoltert worden sei. Zusammengefasst und verfahrenswesentlich brachte er vor, dass Folter und Misshandlungen in Haftanstalten in Guinea in den Jahren 2013 und 2014 weitverbreitet gewesen seien, wie dies auch aus den Länderberichten, welche die Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, ersichtlich sei. An der Situation habe sich zwischenzeitlich nichts geändert und werde zum Beweis die Beiziehung eines landeskundlichen Sachverständigen beantragt. Zum Nachweis, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Guinea größter Gefahr ausgesetzt wäre, wurde ferner die Einholung einer Stellungnahme von Amnesty International, alternativ von UNHCR, beantragt.
In der Folge wurde moniert, dass die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz mangelhaft geblieben sei, da die Behörde nicht dargelegt habe, warum den Angaben des Beschwerdeführers nicht zu folgen wäre. Es stehe jedenfalls fest, dass der Beschwerdeführer in Guinea inhaftiert gewesen sei. Er habe bereits nachvollziehbar dargelegt, dass er den Dolmetscher bei der Erstbefragung nicht ausreichend verstanden habe. Weiters wurde ausgeführt, dass die Behörde die Länderberichte in die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht ausreichend miteinbezogen habe. Unter Berücksichtigung der darin enthaltenen Berichte hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Angaben des Beschwerdeführers plausibel seien und er in Guinea nach wie vor Verfolgung ausgesetzt sei. Das Ermittlungsverfahren sei überdies mangelhaft geblieben, da die Behörde es verabsäumt habe, einen landeskundlichen Sachverständigen beizuziehen. Zudem wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ausweglose Situation geriete. Dies ergebe sich aus den Länderberichten sowie aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat infolge seiner langen Abwesenheit über keine Kontakte mehr verfüge. Bereits bei der Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er krank sei und Herzprobleme habe. Ihm sei nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen. Er werde daher die entsprechenden Bescheinigungsmittel beischaffen und vorlegen. Der Beschwerdeführer sei infolge seiner Inhaftierung traumatisiert und werde folglich die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Psychiatrie und Neurologie beantragt. Abschließend wurde auf die vom Beschwerdeführer gesetzten Integrationsschritte verwiesen und dazu festgehalten, dass eine Rückkehr in den Herkunftsstaat einen Eingriff in Art. 8 EMRK bedeute.
3.3. Mit Schriftsatz vom 01.08.2017 wurde erneut die positive Integration des Beschwerdeführers hervorgehoben. Zum Beweis wurden zwei Zeugen namhaft gemacht und ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt.
3.4. Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 wurde eine weitere Zeugin namhaft gemacht und das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Integrationsfortschritten ergänzt.
4. Am 12.02.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Französisch statt, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung verzichtet.
Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Allerdings habe er noch immer Probleme mit der Atmung. Im August sei er beim Arzt gewesen. Bei Hitze bekomme er Probleme, im Winter sei es weniger schlimm. Er befinde sich weder in medizinischer Behandlung noch nehme er regelmäßig Medikamente. Zum Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab er an, es habe einen Dolmetscher gegeben und seine Angaben seien ihm rückübersetzt worden. Bei seinen Angaben vor der Polizei habe er einen Fehler gemacht. Beim zweiten Mal habe er aber die Wahrheit gesagt. Er habe aus Angst vor der Polizei unabsichtlich das falsche Datum betreffend seine Verhaftung in Guinea angegeben. Er glaube, er habe auch noch andere Fehler hinsichtlich der genannten Daten gemacht, könne diese jedoch jetzt nicht angeben. Beim ersten Interview habe er Probleme mit dem Dolmetscher gehabt, bei der zweiten Befragung habe er den Dolmetscher gut verstanden. Die erste Einvernahme vor der Polizei sei für ihn schwierig gewesen, weil er Angst gehabt habe. "Die Frau" habe immer bezweifelt, was er gesagt habe.
Hinsichtlich seiner Identität bestätigte der Beschwerdeführer seine Personaldaten sowie seine Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und zu seinem Religionsbekenntnis, welche er bereits vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angeführt hatte. Ergänzend führte er aus, er habe in Deutschland einen falschen Namen verwendet, da er in Österreich Probleme gehabt habe. Er sei von der Polizei "wegen Marihuana" angehalten worden und sei im Gefängnis gewesen. Nach seiner Entlassung habe er gefragt, ob er nach Kärnten zurückkehren könne. Im Asylbüro habe man ihm zwar Hilfe angeboten, man habe ihm aber auch erklärt, dass es nicht sicher sei, ob man für ihn eine Unterkunft finde. Ende Juli 2014 sei er daher nach Deutschland gereist.
Hinsichtlich seiner Wohnorte im Herkunftsstaat, seiner Familienangehörigen und seines Lebens in Guinea wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getätigten Angaben.
Im Zuge der Erörterung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat führte der Beschwerdeführer an, es gebe Unterschiede zwischen den Berichten im Länderinformationsblatt und dem tatsächlichen Geschehen im Herkunftsstaat. In der Folge brachte er ein Konvolut an Zeitungsartikeln (in Französisch) in Vorlage. Aus den Berichten gehe zusammengefasst hervor, dass es keine Menschenrechte in Guinea gebe.
Zu seinen Reisebewegungen gab der Beschwerdeführer an, er habe Guinea mit dem Schiff verlassen und sei über das Meer nach Italien gelangt. Jemand habe ihm geholfen und einen Schlepper bezahlt. Diese Person habe ihm geholfen, da der Beschwerdeführer aufgrund seiner Krankheit gestorben wäre, wäre er dortgeblieben. Er habe Probleme mit der Lunge und habe schwer geatmet. Er habe Verletzungen, weil er im Gefängnis gewesen und gefoltert worden sei.
Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer vor, er habe an Demonstrationen teilgenommen. Die Demonstranten hätten freie Wahlen in ihrem Land gefordert. Die Polizei habe ihn angehalten und in ein Gefängnis gesteckt. Sie hätten ihn sowohl körperlich, als auch geistig gefoltert. Bis 2013 sei er im Gefängnis gewesen. Als sie ihn freigelassen hätten, hätten sie ihn immer bedroht. Sie hätten gesagt, wenn er wieder gesund werde, würden sie ihn wieder verhaften. Bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2010 habe ihr Kandidat in der ersten Runde die Wahlen gewonnen. Nach zwei Wochen hätte die zweite Runde stattfinden sollen. Dann sei die Armee gekommen und habe alles verbrannt. Ihr Kandidat habe ihnen geraten, dagegen zu demonstrieren und deswegen sei der Beschwerdeführer auch "rausgegangen". Dann sei er festgenommen worden. Der Oppositionskandidat sei Cellou Dalein DIALLO gewesen und habe der Partei "Union Force Democratique de Guinea" (richtig: Union des forces démocratiques de Guinée), kurz UFDG, angehört. Der Beschwerdeführer gehöre dieser Partei an und sei aktives Mitglied. Die Partei, die jetzt regiere, sei die RPG ("Rassemblement du Peuple Guinéen"). Es gebe auch noch die Partei UFR ("Union Force Republican"). Im Jahr 2010 habe die Partei von Cellou Dalein DIALLO mit ca. 39% gewonnen, während die RPG ca. 20% erhalten habe. Weil es keine Mehrheit gegeben habe, habe es eine zweite Runde gegeben. Die UFR habe den dritten Platz belegt. Die anderen Parteien hätten sich zusammengetan, um eine Mehrheit zu bekommen. Weil das Militär den Präsidenten unterstützt habe, habe es die anderen Parteien attackiert. Dies sei ein gestohlener Sieg gewesen. Aus diesem Grund habe ihnen ihr Kandidat empfohlen, nach draußen zu gehen und gegen diesen Sieg zu demonstrieren. Der Beschwerdeführer sei nicht wählen gewesen, da er nicht alle Dokumente gehabt habe. Am XXXX .2010 sei er verhaftet worden. Er habe das zweite Mal demonstriert. Jeden Mittwoch habe es Demonstrationen gegeben. Diese hätten in der " XXXX "-Straße in Conakry stattgefunden.
Zu seiner politischen Einstellung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, ihr Kandidat habe viel für sie getan und habe ihnen viele Sachen versprochen. Er habe versprochen, das Land zu ändern und die Menschenrechte zu respektieren. Daher hätten sie ihn unterstützen wollen. Bereits zu Beginn der Demonstration sei die Polizei gekommen und habe begonnen, zu schießen. Der Beschwerdeführer sei mit vielen verschiedenen Leuten festgenommen worden. Sie hätten ihn wie ein Tier in ein Auto geschleppt und seien einfach zum Gefängnis gefahren. Im Gesicht habe er sich beim Kiefer verletzt. Sie hätten auch auf seine Zähne geschlagen. Das Gefängnis heiße " XXXX ". Von August 2010 bis März 2013 sei er im Gefängnis gewesen. Ein Gericht habe es dort nicht gegeben. Folter sei an der Tagesordnung gewesen. Sie hätten die Gefangenen beschimpft und ihnen gesagt, jemand der von den Peul stamme, werde niemals Präsident von Guinea werden. Sie hätten ihn tagelang festgehalten. Rausgehen habe er nicht dürfen. Manchmal hätten sie ihm die Hände zusammengebunden, die Füße an einen Tisch gebunden und ihn geschlagen. Kontakt zur Außenwelt habe er nicht gehabt. Es gebe zwar viele religiöse und katholische Organisationen, aber die hätten den Inhaftierten nicht helfen dürfen. Die Behörden hätten nicht gewollt, dass diese Organisationen von der Folter erfahren. Als sie gesehen hätten, dass der Beschwerdeführer krank geworden sei und Verletzungen am Fuß gehabt habe, hätten sie ihn entlassen. In einem Spital sei er nicht gewesen, da er kein Geld gehabt habe. Er habe sich selbst Medikamente gekauft. Auf Nachfrage, ob er hierfür genügend Geld gehabt habe, antwortete er, er habe kein Geld gehabt, es habe ihm aber jemand geholfen. Für diese Medikamente würde man nicht so viel Geld brauchen. Nach der Entlassung bis zur Ausreise habe er nichts gemacht. Er sei nur zu Hause gewesen und habe sich wie ein Gefangener gefühlt. Er habe bei einem Freund geschlafen. Nur zur Moschee sei er gegangen. Aus Angst habe er das nicht oft gemacht. In dieser Zeit sei die Polizei öfters zu ihm gekommen und habe ihn bedroht. Die Polizei habe gewusst, wo der Beschwerdeführer gewohnt habe und er sei auch öfters anwesend gewesen, als sie gekommen seien. Hätte er die geschilderten Probleme nicht gehabt, würde er noch immer in Guinea leben, da er nie daran gedacht habe, sein Land zu verlassen.
5. Mit Schriftsatz vom 04.03.2019 wiederholte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters sein wesentliches Vorbringen und hielt seine bisherigen Beweisanträge aufrecht. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Berichte im Länderinformationsblatt mit den Angaben des Beschwerdeführers in Einklang stünden. Unter anderem gehe daraus hervor, dass die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2010 stattgefunden hätten, Wahlen auf Ebene der Gemeinden seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden hätten und die Oppositionspartei UFDG von Cellou Dalein DIALLO geführt werde. Obwohl die Verfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbiete, würden Beamte weiterhin solche Praktiken verwenden. Gefangene würden misshandelt und gefoltert werden. Die Haftbedingungen in Gefängnissen seien inhuman und lebensbedrohlich. Ein faires Verfahren werde verweigert. Die Meinungs- und Pressefreiheit werde ebenso wie die Versammlungsfreiheit von der Regierung eingeschränkt. Überdies sei auch die Bewegungsfreiheit eingeschränkt und würde die Regierung alle Bürger, die älter als 18 Jahre seien, dazu verpflichten, einen Ausweis mit sich zu führen und diesen auf Verlangen an Checkpoints vorzuweisen. Aus dem Report von Amnesty International für den Zeitraum 2017/2018 gehe hervor, dass die Sicherheitskräfte auch im Jahr 2017 exzessive Gewalt gegen Demonstrierende angewendet hätten und Personen, die abweichende Meinungen äußerten, willkürlich festgenommen worden seien. Folterungen würden demnach straflos bleiben. Zur Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wurde (unter anderem) ausgeführt, dass er seine strafbaren Handlungen bereue und auch dafür zur Rechenschaft gezogen worden sei. Er habe sich in der Probezeit nichts zuschulden kommen lassen. Der Beginn der Tilgungsfrist für die Straftaten sei mit XXXX .07.2014 festgesetzt worden, sodass die Verurteilungen auch bald getilgt seien.
Mit diesem Schreiben wurde der Beschluss über die endgültige Strafnachsicht des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom XXXX .09.2017, Zl. XXXX , in Vorlage gebracht.
6.1. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2019 wurde Univ. Doz. Dr. Siroos MIRZAEI zum (nuklear)medizinischen Sachverständigen bestellt. Dem Sachverständigen wurde aufgetragen, ein Gutachten zur Beantwortung folgender Fragen zu erstatten:
1. Welche körperlichen Hinweise, insbesondere Narben, sind beim Beschwerdeführer feststellbar, die von Schlägen mit einem Schlagstock stammen?
2. Können insbesondere die Narben an den Unterschenkeln des Beschwerdeführers durch die von ihm beschriebene Folterung stammen?
3. Sind weitere Folterspuren am Körper des Beschwerdeführers erkennbar?
4. Können beim Beschwerdeführer durch Schläge verursachte Verletzungen im Kieferbereich festgestellt werden?
5. Wie sind etwaige feststellbare Folterspuren zeitlich zu datieren? Wann wurden welche der für die körperlichen Spuren kausalen Folterungen zugefügt?
6. Sind beim Beschwerdeführer Anzeichen für eine Traumatisierung bzw. eine sonstige psychische Beeinträchtigung ersichtlich?
7. Sind beim Beschwerdeführer Beeinträchtigungen der Lungen bzw. der Lungenfunktion feststellbar?
6.2. Das Gutachten vom 04.06.2019 sowie das Ergänzungsgutachten vom 24.06.2019 kommen nach entsprechender Befunderhebung (unter anderem) zu dem Ergebnis, dass die narbigen Residuen an den Unterschenkeln des Beschwerdeführers in guter Korrelation zu seinen Angaben auf erlittene Misshandlungen in diesem Bereich stehen. Eine Bagatellverletzung (u.a. vom Fußballspielen) sei aufgrund der Anzahl und Struktur der Narben ausgeschlossen. Weiters ist den Gutachten zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Bereich beider Unterschenkel bis knapp oberhalb des Kniegelenkes multiple, unterschiedlich große, zum Teil flächige hyperpigmentierte narbige Veränderungen habe, die gleichaltrig aussehen würden. Die teils flächigen narbigen Residuen mit unscharfer Begrenzung würden möglicherweise auf Wundinfektionen ohne offenbar adäquate medizinische Versorgung hindeuten. Diese Narben stünden in guter Korrelation zu den Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf erlittene Misshandlungen in diesem Bereich mit dem teilweisen Auftreten einer Komplikation in Form einer Wundinfektion (Frage 1). Die Narben könnten medizinisch gut nachvollziehbar durch Schläge mit einem Schlagstock zustande gekommen sein. Durch die vom Beschwerdeführer beschriebene Methode sei es plausibel, dass Verletzungen auf die Unterschenkel bis auf oberhalb des Knies begrenzt seien, da bei Schlägen im Stehen vor allem Schläge am Oberkörper und an den oberen Extremitäten zu erwarten gewesen wären (Frage 2). Abgesehen von diesen Verletzungen habe der Beschwerdeführer lediglich eine Verletzung unterhalb der Unterlippe erwähnt, die nach seinen Angaben bei der Festnahme durch einen Sturz verursacht worden sei (Fragen 3 und 4). Eine genaue Zeitangabe zur Entstehung der Narben sei nicht möglich (Frage 5). Zum psychischen Gesundheitszustand wurde ausgeführt, dass sich der Eindruck eines depressiven Zustandsbildes ergebe, welches auch situativ reaktiv bedingt sein könne. Eine psychische Traumatisierung bzw. deren Ausmaß solle durch eine psychologische Untersuchung beantwortet werden (Frage 6). Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er zeitweise Atembeschwerden und thorakale Schmerzen habe. Bei ihm seien mehrere Lungenröntgen durchgeführt worden, allerdings habe er seinen eigenen Angaben nach keine Befunde erhalten. Ob seinerzeit im Gefängnis aufgrund der schlechten hygienischen Zustände oder in Folge der Infektionen an den Unterschenkeln eine Lungenentzündung zustande gekommen sei, könne aus heutiger Sicht nur spekuliert werden. Ein häufiges Vorkommen von Lungenentzündungen in vielen afrikanischen Gefängnissen aufgrund von überfüllten Zellen und schlechten hygienischen Verhältnissen sei bekannt und wäre auch in diesem Fall gut vorstellbar.
6.3. Mit Verfahrensanordnung vom 03.07.2019 wurden dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das nuklearmedizinische Gutachten vom 04.06.2019 sowie die Beantwortung der ergänzenden Fragen vom 24.06.2019 zur Stellungnahme binnen vier Wochen übermittelt.
Mit Schreiben vom 31.07.2019 brachte der Beschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters nach Zusammenfassung des Gutachtens vom 04.06.2019 sowie samt Ergänzung vom 24.06.2019 vor, der Beschwerdeführer habe nun jedenfalls glaubhaft machen können, dass er in Guinea gefoltert worden sei. Der Sachverständige habe eine Bagatellverletzung, wie sie beispielsweise beim Fußballspielen entstehen könne, ausgeschlossen. Die Angaben des Beschwerdeführers stünden in Einklang mit dem Gutachten sowie mit dem Ergänzungsgutachten. Ergänzend wurde auf die Ausführungen vom 14.03.2017, vom 01.08.2017, vom 19.03.2018 und vom 04.03.2019 verwiesen. Festgehalten wurde ferner, dass auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Gesundheitszustand in Einklang mit den Gutachten stünden. Er habe Atembeschwerden und thorakale Schmerzen, welche ebenfalls auf die Folterungen und auf die schlechten Zustände im Gefängnis in Guinea zurückgeführt werden könnten. Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Guinea wäre er massiver Gefahr ausgesetzt. Er sei folglich Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Auf die Erörterung der Sachverständigengutachten vom 04.06.2019 sowie vom 24.06.2019 im Zuge einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.
Trotz Zuwartens des Bundesverwaltungsgerichtes über die gesetzte Frist hinaus, langte bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt keine Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu den Sachverständigengutachten ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Guinea, gehört der Volksgruppe der Peul an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er stammt aus dem Dorf XXXX in der Region XXXX und übersiedelte im Jahr 2008 in die guineische Hauptstadt Conakry. Dort war er als Mechaniker sowie als Gepäckträger tätig. Am XXXX .09.2013 reiste er auf dem Seeweg nach Italien und setzte seine Reise nach einem ca. einmonatigen Aufenthalt mit einem PKW Richtung Österreich fort. Am 09.11.2013 stellte der Beschwerdeführer nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Partei UFDG (= Union des forces démocratiques de Guinée). Im Zuge der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2010 verfügte die Partei UFDG mit ihrem Kandidaten Cellou Dalein DIALLO nach dem ersten Wahlgang über eine Mehrheit. Die anberaumten Stichwahlen wurden jedoch in der Folge verschoben, woraufhin es zu Unruhen kam. Als die Stichwahl letztendlich durchgeführt wurde, konnte sich der Kandidat Alpha CONDÉ der Partei RPG (= Rassemblement du Peuple Guinéen) durchsetzen und wurde Präsident.
Im XXXX 2010 nahm der Beschwerdeführer zur Unterstützung des Präsidentschaftskandidaten der UFDG an einer Demonstration in Conakry teil, im Zuge der er von den Sicherheitskräften festgenommen wurde. In der Folge wurde er im Gefängnis " XXXX " in Conakry inhaftiert. Ein Gerichtsverfahren wurde nicht durchgeführt. Im Gefängnis wurde der Beschwerdeführer beschimpft und war massiven physischen Misshandlungen ausgesetzt. Mehrmals fixierten Sicherheitskräfte seine Beine an einem Tisch und schlugen mit Schlagstöcken auf seine Unterschenkel ein. Aufgrund der schlechten hygienischen Zustände im Gefängnis kam es im Bereich der durch die Misshandlungen entstandenen Verletzungen zu Wundinfektionen. Über Zugang zu medizinischer Versorgung verfügte der Beschwerdeführer nicht. Im März 2013 wurde er aufgrund einer Lungenerkrankung vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen. Aus Furcht, nach seiner Genesung neuerlich inhaftiert zu werden, verließ der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat.
Festgestellt wird sohin, dass für den Beschwerdeführer infolge seiner politischen Aktivitäten, konkret der Teilnahme an einer Demonstration zur Unterstützung des Politikers Cellou Dalein DIALLO, das reale Risiko einer hinreichend intensiven Verfolgung in Guinea durch die Sicherheitsbehörden besteht. Im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat besteht für den Beschwerdeführer die reale Gefahr, erneut inhaftiert und psychischen sowie physischen Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte ausgesetzt zu werden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kommt dem Beschwerdeführer nicht zu.
Der Beschwerdeführer wurde am XXXX .01.2014 mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Verfahren zu GZ. XXXX zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Monaten wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1, 27 Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB verurteilt. Am
XXXX .06.2014 wurde er überdies im Verfahren zu GZ. XXXX wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 15 StGB iVm § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, § 27 Abs. 3 SMG sowie nach § 27 Abs. 1 Z 1
1. und 2. Fall, § 27 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon fünf Monate bedingt nachgesehen, verurteilt. Am XXXX .09.2017 erging der Beschluss über die endgültige Strafnachsicht.
1.2. Zur verfahrensrelevanten Situation in Guinea:
1.2.1. Politische Lage:
Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12.2016a).
Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12.2016a).
Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017;
* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 21.2.2017;
* CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook - Guinea,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017
1.2.2. Sicherheitslage:
In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (24.2.2017): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 24.2.2017;
* BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 24.2.2017;
* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.2.2017): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweise-guinea.html, Zugriff 16.2.2017;
* FD - France Diplomatie (21.2.2017): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/guinee/, Zugriff 21.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,
http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 15.2.2017
1.2.3. Sicherheitsbehörden:
Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).
Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).
Quellen:
* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 14.2.2017;
* HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017
1.2.4. Folter und unmenschliche Behandlung:
Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, verwenden Beamte weiterhin solche Praktiken und bleiben ungestraft (USDOS 13.4.2016).
Berichten zufolge wurden in mehreren Fällen Gefangene misshandelt und manchmal gefoltert (HRW 12.1.2017). Die Wachen foltern, verprügeln und vergewaltigen die Häftlinge, darunter auch Kinder. Menschenrechtsaktivisten geben an, dass die schlimmsten Misshandlungen bei der Festnahme oder in den Haftanstalten der Gendarmerie vorkommen (USDOS 13.4.2016).
Guinea hat im Juli einem neuen Strafgesetzbuch zugestimmt, das u.a. und zum ersten Mal Folter unter Strafe stellt (AI 5.7.2016; HRW 12.1.2017).
Quellen:
* AI - Amnesty International (5.7.2016): Guinea schafft die Todesstrafe ab, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=762, Zugriff 14.2.2017;
* HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017
1.2.5. Allgemeine Menschenrechtslage:
Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden noch nicht systematisch verfolgt (AA 12.2016a; AI 16.2.2016). Insgesamt hat sich die Menschenrechtslage aber seit Beginn der Demokratisierung 2010 kontinuierlich verbessert (AA 12.2016a). Die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte werden jedoch durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt (AA 12.2016a). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind lebensbedrohliche Haftbedingungen, Verweigerung eines fairen Verfahrens sowie Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen (USDOS 13.4.2016). Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbeamte sind zurückgegangen. Behörden zeigen erhöhte Bereitschaft diejenigen zu untersuchen und sanktionieren, die in Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind (HRW 12.1.2017).
Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 12.2016b), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus (USDOS 13.4.2016). Wichtigstes Medium bleibt aber noch - auch angesichts der hohen Analphabetenrate - das Radio. Seit 2006 gibt es eine ganze Reihe von teilweise populären privaten Radiosendern. Auch das frühere Fernsehmonopol von RTG ist mittlerweile von mehreren privaten TV-Stationen durchbrochen. Die Ausstrahlung bleibt jedoch noch auf die Hauptstadtregion und einzelne Orte im Landesinnern beschränkt. Die aktuelle Berichterstattung von Medienredaktionen verlegt sich aber mehr und mehr in das Internet (AA 12.2016b), obwohl nach Angaben von International Telecommunication Union 2014 nur 1,72% Zugang zum Internet hatten. Das Internet wird von der Regierung weder unterbrochen noch zensiert (USDOS 13.4.2016). Eingriffe durch staatliche Zensur finden nur im Ausnahmefall statt und wurden oft nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen. Maßnahmen des Staates oder Dritter gegen Journalisten bleiben daher überwiegend Einzelfälle (AA 12.2016b). Dennoch können Journalisten teuer dafür bezahlen, wenn sie den Präsidenten kritisieren. Im World Press Freedom Index 2016 belegt Guinea Platz 108 von 180 (RSF 30.6.2016).
Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein. Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen oder rassischen Charakter hat, oder jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung mindestens drei Werktage vorher einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist. Behörden können Veranstalter außerdem für eventuelle Gewaltvorfälle und Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft ziehen (USDOS 13.4.2016). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung gehalten werden, als nicht autorisiert angesehen und werden oft gewaltsam aufgelöst (FH 27.1.2016).
Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 13.4.2016). Vorschriften zur offiziellen Anerkennung für öffentliche, soziale, kulturelle, religiöse oder politische Vereinigungen sind nicht aufwendig, obwohl bürokratische Verzögerungen in einigen Fällen die Registrierung neuer Vereinigungen verhindern (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.2.2017;
* AA - Auswärtiges Amt (12.2016b): Kultur und Bildungspolitik - Guinea,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8518ABA87066FC4603D8399A916EA71B/DE/ Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 15.2.2017;
* FH - Freedom House (27.1.2017) : Freedom in the World 2016 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/327700/468362_de.html, Zugriff 16.2.2015;
* RSF - Reporters Sans Frontières (30.6.2016): Reporter beaten up by President Alpha Condé's bodyguards, http://www.ecoi.net/local_link/326584/466996_de.html, Zugriff 15.2.2016 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 23.2.2017
1.2.6. Haftbedingungen:
Die Haftbedingungen in zivilen Gefängnissen, die dem Justizministerium unterstehen, sind weiterhin inhuman, lebensbedrohlich (USDOS 13.4.2016) und weit unter internationalen Standards (HRW 12.1.2017). Allerdings nahm das Justizministerium Schritte zur Verbesserung der Gefängnisverwaltung und dies führte zu einer starken Reduzierung der aufgezeichneten Zahl der unterernährten Gefangenen und einigen Verbesserungen im Gesundheitsdienst der Gefängnisse (HRW 12.1.2017).
Misshandlung, schlechte sanitäre Einrichtungen, Unterernährung, Krankheiten, mangelnde medizinische Betreuung (USDOS 13.4.2016) und Überbelegung der Gefängnisse sind weit verbreitet (HRW 12.1.2017). Die Regierung gestattet Gefängnisbesuche durch lokale humanitäre und religiöse Organisationen, welche bedürftige Inhaftierte mit medizinischer Betreuung und Nahrung versorgen. Dem Roten Kreuz (ICRC) wird der regelmäßige Zugang zu allen zivilen Gefängnissen ermöglicht, und es führt weiter Partnerschaftsprogramme mit Gefängnis- und Sicherheitsbehörden durch, um die Haftbedingungen zu verbessern. Die Regierung gestattet internationalen Organisationen und NGOs auch den Zugang zu von der Gendarmerie geführten Gefängnissen. Die Haftbedingungen in Militärgefängnissen können nicht verifiziert werden, da die Regierung den Zutritt zu diesen generell verwehrt (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
* HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 16.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017
1.2.7. Ethnische Minderheiten:
Guinea ist ein multiethnisches Land mit über 25 unterschiedlichen Gruppen (AA 12.2016a). Die Bevölkerung besteht zu etwa 33.9% aus Peuhl (auch Peul, Fulla, Fulbe, Fulani; v.a. Mittelguinea), 31,1% aus Malinke (v.a. Oberguinea) und 19,1% aus Soussou (v.a. Niederguinea) (CIA 12.1.2017; vgl. USDOS 13.4.2016). Die restliche Bevölkerung sind Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen, wie die Kpelle, Kissi und Toma (CIA 12.1.2017). Conakry und andere große urbane Zentren wie Kankan sind ethnisch heterogen (USDOS 13.4.2016).
Die Beziehungen zwischen den Volksgruppen waren in der Vergangenheit nicht immer spannungsfrei, vor allem nicht unter den zahlreichen kleinen Gruppen in der Region Waldguinea. Zuletzt kam es dort 2013 zu schweren gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei lokalen Volksgruppen (AA 12.2016a). Während das Gesetz rassische und ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es zu ethnischer Diskriminierung im Bereich des Arbeitsmarktes, der ethnische Segregation von Wohnvierteln, und der Präsenz ethnisch geprägter Rhetorik in politischen Kampagnen. Gezielte ethnische Gewalt ereignet sich ebenfalls (USDOS 13.4.2016). Periodisch kommt es zu politischen und ethnischen Spannungen mit Verletzen und Toten (BMEIA 24.2.2017).
Die gegenwärtige Regierung scheint die ethnische Gruppe des Präsidenten, die Malinké, zu bevorzugen und die Fulbe und andere ethnische Minderheitengruppen auszuschließen. Condé hat wenig Interesse gezeigt, Ministerposten unter Vertretern aller ethnischen Gruppen zu teilen. Dies führt zur Distanzierung zwischen der RPG und den Oppositionsparteien und somit ist Condés ethnische Gruppe, die Malinké, überrepräsentiert und die Fulbe sind unterrepräsentiert (BS 2016).
Quellen:
* AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.2.2017;
* BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 24.2.2017;
* BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 20.2.2017;
* CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook - Guinea,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017
1.2.8. Bewegungsfreiheit:
Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 13.4.2016). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMEIA 24.2.2017).
Quellen:
* BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea,
http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 24.2.2017 und
* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 20.2.2017
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion), zu seiner Herkunft, zu seinem Leben in Guinea, zu seiner Ausreise und zu seinen Reisebewegungen ergeben sich aus dem dahingehend glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren. Die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz gründen auf dem unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates ergeben sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den aktuellen Länderberichten sowie mit dem nuklearmedizinischen Sachverständigengutachten samt Ergänzungsgutachten.
Aus den Ausführungen im Länderinformationsblatt zur politischen Lage in Guinea geht hervor, dass im Jahr 2010 die ersten freien Präsidentschaftswahlen mit einem sehr knappen Ergebnis geendet haben und der teilweise erbittert geführte Wahlkampf Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition") war, die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (vgl. Feststellungen Punkt 1.2.1.). Aus den Ausführungen zur Sicherheitslage geht ferner hervor, dass es in Conakry regelmäßig zu Demonstrationen kommt, die teils zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (vgl. Feststellungen Punkt 1.2.2.). Hinsichtlich der in Guinea vertretenen ethnischen Minderheiten ist dem Länderinformationsblatt zu entnehmen, dass die gegenwärtige Regierung die ethnische Gruppe des Präsidenten, die Malinké, zu bevorzugen und die Fulbe, auch Peul oder Fulla genannt, sowie andere ethnische Minderheitengruppen auszuschließen scheint. Präsident Condé hat demnach wenig Interesse gezeigt, Ministerposten unter Vertretern aller ethnischen Gruppen aufzuteilen. Dies führt zur Distanzierung zwischen der Regierungs- und den Oppositionsparteien (vgl. Feststellungen Punkt 1.2.7.). Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass sich der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Peul der Partei UFDG angeschlossen und deren Präsidentschaftskandidaten durch die Teilnahme an einer Demonstration unterstützt hat.
Die Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Folterungen, im Zuge derer er auf die Unterschenkel mit Schlagstöcken geschlagen worden sei, decken sich mit den Ausführungen des Sachverständigen im schlüssigen und nachvollziehbaren nuklearmedizinischen Gutachten vom 04.06.2019 samt Ergänzungen vom 24.06.2019, welches sowohl dem Beschwerdeführer, als auch dem Bundesamt f