TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 W154 2222477-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W 154 2222477-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Georgien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2019, Zl. 1222778705 - 190816487/BMI-BFA_WIEN_RD, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 09.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.08.2019 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 09.08.2019 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Gemäß § 35 VwGVG iVm Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer reiste von Georgien kommend am 19.02.2019 mit einem georgischen Reisepass legal mit dem Flugzeug nach Tschechien ein und gelangte von Tschechien in weiterer Folge mit dem Reisebus nach Österreich.

Am 11.03.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund des dringenden Verdachtes der Begehung einer strafbaren Handlung durch Sicherheitsbeamte festgenommen, in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert und gegen seine Person in Folge die Untersuchungshaft verhängt.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 29.04.2019, Zl.: 162 Hv 41/19s, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach § § 127, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall StGB (Ladendiebstähle) eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt, wovon ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das überwiegende Geständnis sowie den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Beschwerdeführers als mildernd und als erschwerend die Doppelqualifikation beim Diebstahl, die Vielzahl der Tatangriffe innerhalb der Gewerbsmäßigkeit sowie das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zahl 1222778705-190263372/BMI-BFA_WIEN_RD, erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Beschwerdeführer (I.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem § 52 Abs 2 Z 2 FPG. Das BFA stellte unter einem (II.) fest, dass die Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei, erteilte (III.) keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 die aufschiebende Wirkung ab und erließ (IV.) gem § 53 Abs 1 iVm Abs 3 FPG ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot. Der Beschwerdeführer erhob gegen den, ihm am 06.06.2019 zugestellten Bescheid des BFA am 28.06.2019 Beschwerde.

Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens brachte der Beschwerdeführer am 01.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2019 wurde der (angefochtene) Bescheid des BFA vom 03.06.2019 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben, zumal das Verfahren zu dem Antrag auf internationalen Schutz vom 01.08.2019 zum Entscheidungszeitpunkt nach wie vor beim BFA anhängig und noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war.

Am 09.08.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und auf Grundlage eines vorliegenden Festnahmeauftrages festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel überstellt.

Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme wurde über den Beschwerdeführer mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des BFA gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Gegen den Mandatsbescheid vom 09.08.2019 und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers seit 09.08.2019 wurde am 16.08.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorlägen, sowie der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß VwG- Aufwandersatzverordnung und der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen habe, auferlegen.

Die Beschwerde geht zusammengefasst davon aus, dass die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers in Gesamtschau keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im erforderlich schwerwiegenden Ausmaß erkennen lassen, darüber hinaus sei im gegenständlichen Fall weder Fluchtgefahr noch Verhältnismäßigkeit gegeben, zumal sich der Beschwerdeführer im offenen Asylverfahren befinde und den Ausgang seines Asylverfahrens abwarte. Er habe großes Interesse, für die Behörden stets greifbar zu sein und mit diesen zu kooperieren. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftat und es sei ihm auch bewusst, dass der bedingte Teil der Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen worden sei und im Falle einer neuerlichen Verurteilung widerrufen werden könne. Des Weiteren würden die fehlende berufliche und soziale Verankerung insbesondere bei noch nicht lange in Österreich befindlichen Asylwerbern keine besonderen Umstände darstellen, die nur durch Schubhaft gesichert werden könnten. Nach Ansicht der Beschwerde sei zur Erreichung des angenommenen Sicherungszweckes jedenfalls die Anwendung eines gelinderen Mittels ausreichend gewesen. Darüber hinaus läge aufgrund des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers Unverhältnismäßigkeit der Haft vor.

Das Bundesamt legte am 19.08.2019 den Verfahrensakt vor. In der abgegebenen Stellungnahme legte die belangte Behörde den bisherigen Verfahrensverlauf dar. Zu den Beschwerdebehauptungen führte sie wie folgt aus:

"Der Beschwerde muss entgegengehalten werden, dass im Schubbescheid die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet wurden.

Entgegen den Ausführungen der Rechtsberatung ist zu befürchten, dass der BF sich dem Verfahren internationalen Schutz nicht stellen wird. Aus der Niederschrift vom 09.08.2019 ist ersichtlich, dass der BF eigentlich nach Deutschland weiterreisen wollte, da der BF erfahren hatte, keinen Asylstatus zu bekommen. Es bestehen weder familiäre noch soziale Bindungen. Das bisherige Verhalten führte zu strafbaren Handlungen, welche eine massive Verletzung des Grundinteresses der Gesellschaft am Schutz fremden Eigentums darstellt. Die strafbare Handlung wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gesetzt und wollte der BF einen finanziellen Vorteil erzielen. Trotz angeblicher Drogentherapie kann ein Rückfall nicht ausgeschlossen werden und im Hinblick auf den Wunsch des BF nach Deutschland weiterreisen zu wollen, ist zu befürchten, dass zur Finanzierung dieser Reise wiederum strafbare Handlungen gesetzt werden. Die Grundversorgung für Asylwerber hindert Fremde daran nicht, des finanziellen Vorteils willens oder aufgrund der Drogensucht strafbare Handlungen zu setzen.

Bezugnehmend auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des BF muss festgestellt werden, dass die weitere Versorgung ohne weiteres in Georgien fortgesetzt werden kann. Es darf diesbezüglich auf den unten angeführten Auszug aus der Staatendokumentation des BFA bezüglich der medizinischen Versorgung in Georgien hingewiesen werden.

[...]

Der BF konnte nicht als vertrauenswürdig angesehen werden und war somit ein gelinderes Mittel nicht anzuwenden.

Aufgrund von fehlenden sozialen Anknüpfungspunkten und eines offensichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz ist anzunehmen, dass sich der BF dem Verfahren internationalen Schutz und dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nicht stellen wird, da das Hauptinteresse des BF darin liegt im Gebiet der Mitgliedstaaten zu verbleiben und somit ein Untertauchen des BF bzw. die Weiterreise in einen anderen Mitgliedstaat die logische Folge wäre.

Eine telefonische Rücksprache mit der Sanitätsstelle(Amtsarzt) ergab, dass ein Kontrolltermin während der Anhaltung in der Justizanstalt Josefstadt festgelegt wurde und ca. Mitte September 2019 ein MR-Termin ansteht. Aus einem vorliegenden Befund ergab sich, dass der BF bereits in Frankreich einen Operationstermin hatte, jedoch aufgrund einer Rückreise nach Georgien diesen Termin nicht wahrgenommen hat.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BFA untergetaucht wäre, um sich dem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und dem Verfahren der Abschiebung nach Georgien zu entziehen, als schlüssig anzusehen war.

Der Sicherungsbedarf war somit gegeben."

Das Bundesamt beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen, festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und den Beschwerdeführer zum Aufwandersatz zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person:

Der BF ist georgischer Staatsangehöriger, er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der Beschwerdeführer brachte ein gültiges Reisedokument in Vorlage, seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt legal in das Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtliche

Verurteilung auf:

Mit rechtskräftigem Urteil vom 29.04.2019, Zl.: 162 Hv 41/19s, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach § § 127, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall StGB (Ladendiebstähle) eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt, wovon ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das überwiegende Geständnis sowie den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Beschwerdeführers als mildernd und als erschwerend die Doppelqualifikation beim Diebstahl, die Vielzahl der Tatangriffe innerhalb der Gewerbsmäßigkeit sowie das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zahl 1222778705-190263372/BMI-BFA_WIEN_RD, erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Beschwerdeführer (I.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem § 52 Abs 2 Z 2 FPG. Das BFA stellte unter einem (II.) fest, dass die Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei, erteilte (III.) keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 die aufschiebende Wirkung ab und erließ (IV.) gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 FPG ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot. Der Beschwerdeführer erhob gegen den, ihm am 06.06.2019 zugestellten Bescheid des BFA am 28.06.2019 Beschwerde.

Der Beschwerdeführer brachte in Österreich am 01.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.08.2019 wurde der (angefochtene) Bescheid des BFA vom 03.06.2019 gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben, zumal das Verfahren zu dem Antrag auf internationalen Schutz vom 01.08.2019 zum Entscheidungszeitpunkt nach wie vor beim BFA anhängig und noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers ist gegenwärtig beim BFA anhängig, der Beschwerdeführer ist Asylwerber und es kommt ihm faktischer Abschiebeschutz zu.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder familiär, noch sozial oder beruflich integriert. Er verfügt über keine gesicherte Unterkunft und lediglich über geringe Barmittel.

Während der Verbüßung der Strafhaft wurde der Beschwerdeführer im Wiener Allgemeinen Krankenhaus an einem gutartigen Kopftumor operiert. Aufgrund einer Verletzung des Hirnnervs während der Operation leidet der Beschwerdeführer gegenwärtig an einer Augenmuskellähmung und ist am rechten Auge massiv sehbeeinträchtigt. Im September 2019 wurde für den Beschwerdeführer im Zuge der Nachbehandlung der Tumoroperation ein Kontrolltermin und die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MR) festgelegt.

Anhaltspunkte dafür, dass durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit besteht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, liegen nicht vor.

Der BF wird seit 09.08.2019 in Schubhaft angehalten.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt - insbesondere zum anhängigen Asylverfahren und der strafgerichtlichen Verurteilung - ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie den übrigen asyl- und fremdenrechtlichen Verwaltungsakten sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend den Beschwerdeführer. Diesen wird in der gegenständlichen Beschwerde auch nicht inhaltlich entgegengetreten.

Die Feststellung hinsichtlich des vorliegenden identitätsbezeugenden Dokumentes (Reisepass) ergibt sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes.

Die Feststellung hinsichtlich des Einreisezeitpunktes des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Feststellungen hinsichtlich der angeführten strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister und die im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes einliegende Urteilsausfertigung.

Die Feststellung der Asylantragstellung in Österreich ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des BFA. Dass bisher über den vom Beschwerdeführer am 01.08.2019 eingebrachten Antrag auf internationalen Schutz nicht entschieden worden ist, ergibt sich aus dem Inhalt des Verfahrensaktes des BFA, dem sich kein Anhaltspunkt für eine derartige Entscheidung entnehmen lässt, dem entsprechend auch die Feststellung hinsichtlich des Bestehens des faktischen Abschiebeschutzes.

Die Feststellungen hinsichtlich der familiären, sozialen und der beruflichen Integration in Österreich ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Feststellungen hinsichtlich der gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verfahrensakt des BFA.

In Hinblick auf die Tatsache, dass über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.04.2019 wegen der Begehung einer bestimmten Anzahl von Ladendiebstählen eine unbedingte Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten verhängt wurde und ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten dem Beschwerdeführer für eine Probezeit von drei Jahren aufgrund des bisherigen ordentlichen Lebenswandels und seines überwiegenden Geständnisses bedingt nachgesehen wurde, und sich der BF seit damals bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, in Zusammenschau mit der Tatsache der zwischenzeitlich hervorgekommenen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in Form einer Tumorerkrankung und der daraus hervorgegangen gravierenden Sehbeeinträchtigung durch Verletzung des Hirnnervs im Zuge der Tumoroperation kann davon ausgegangen werden, dass durch den Aufenthalt des BF in Österreich keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, besteht, zumal sich dem Verwaltungsakt auch sonst nichts Dementsprechendes entnehmen lässt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2. Zu Spruchteil A. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.2.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.2.2. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung in Schubhaft seit 09.08.2019:

§67 FPG lautet:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

Im gegenständlichen Fall geht das Bundesamt zu Unrecht von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in der erforderlichen Intensität aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0039, Punkt 3. der Entscheidungsgründe; siehe beispielsweise auch das hg. Erkenntnis vom 12. September 2013, Zl. 2013/21/0101, jeweils mwN).

In Hinblick auf die Tatsache, dass über den Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.04.2019 wegen der Begehung einer bestimmten Anzahl von Ladendiebstählen eine unbedingte Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Monaten verhängt wurde und ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten dem Beschwerdeführer für eine Probezeit von drei Jahren aufgrund des bis dahin ordentlichen Lebenswandels und seines überwiegenden Geständnisses bedingt nachgesehen wurde, und sich der BF seit damals bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, in Zusammenschau mit der Tatsache der zwischenzeitlich hervorgekommenen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in Form einer Tumorerkrankung und der daraus hervorgegangen gravierenden Sehbeeinträchtigung durch Verletzung des Hirnnervs im Zuge der Tumoroperation kann davon ausgegangen werden, dass durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, besteht, zumal sich dem Verwaltungsakt auch sonst nichts Dementsprechendes entnehmen lässt.

3.2.3. Eine derartige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist im Fall des Beschwerdeführers im Verfahren sohin nicht hervorgekommen, weshalb die Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über ihn nicht in Betracht kommt. Damit erweist sich die Anordnung der Schubhaft als rechtswidrig und ist der Beschwerde stattzugeben.

Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit kann auch nicht durch eine besonders ausgeprägte Fluchtgefahr kompensiert werden, weshalb auf diese Punkte im angefochtenen Bescheid nicht näher eingegangen werden musste.

Gleiches gilt für die Fragen der Haftfähigkeit und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, da diese die grundsätzliche Zulässigkeit der Anordnung der Schubhaft voraussetzen.

3.2.4. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 09.08.2019 ist daher rechtswidrig.

3.3. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.3.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

3.3.2. Der bereits der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides zur Grunde liegende Sachverhalt hat insofern keine Änderung erfahren, als bisher noch keine abschließende Entscheidung über den vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf internationalen Schutz ergangen ist. Da der Beschwerdeführer nach wie vor rechtlich "Asylwerber" ist und ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, kann auch eine weitere Anhaltung in Schubhaft nur auf § 76 Abs. 2 Z 1 FPG gestützt werden. Wie soeben dargelegt, liegen die diesbezüglich erforderlichen Sachverhaltsmerkmale jedoch nicht vor.

3.3.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Dieser beschränkte sich im gegenständlichen Fall auch auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG.

3.5. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt III. und IV. - Kostenersatz

3.5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

3.5.3. Dem Beschwerdeführer gebührt als (vollständig) obsiegender Partei daher Kostenersatz im gesetzlich vorgesehenen Umfang, die belangte Behörde hat als unterlegene Partei keinen Anspruch auf Kostenersatz.

3.6. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Gefährdungsprognose, gesundheitliche Beeinträchtigung, Kostenersatz,
Rechtswidrigkeit, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2222477.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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