TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/21 W117 2131687-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2019
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Entscheidungsdatum

21.08.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9
VwGVG §35
VwGVG §8a

Spruch

W117 2131687-2/13E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 02.07.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.:

TUNESIEN, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asylvom 18.07.2019, Zl. 561456803, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 24.07.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs 2a FPG, § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 518,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF abgewiesen.

V. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabengebühr im Wege der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schubhaftbescheid vom 18.07.2019, Zahl: IFA 561456803 wurde über den zum damaligen Zeitpunkt noch in Strafhaft befindlichen Beschwerdeführer gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet und weiters ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach seiner Entlassung aus der Gerichtshaft eintreten.

Begründend führte die Verwaltungsbehörde aus:

A) Verfahrensgang

Sie haben am 24.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt welcher am 13.05.2013 in I. Instanz rechtskräftig abgelehnt wurde.

-

Diesbezüglich wurden Sie am 14.07.2013 nach Tunesien abgeschoben

-

Am 03.07.2015 stellten Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz welcher mittels Bescheid am 26.03.2016 abgelehnt wurde, zeitgleich wurde durch den Bescheid ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren erlassen. Am 17.07.2019 wurde durch das BVwG die Entscheidung des BFA vom 26.03.2019 bestätigt, zeitgleich wurde durch das BVwG das Einreiseverbot auf 7 Jahre erhöht.

-

Sie wurden vom Landesgericht für Strafsachen Wien zur Zahl 042 Hv 76/16a am 11.09.2017 wegen des Verbrechen der Vergewaltigung, der Körperverletzung der Urkundenunterdrückung der Hehlerei und des Vergehens des Eingehens und Vermittlung von Aufenthaltsehen nach § 201 Abs 1 StGB; § 83 Abs 1 StGB; § 229 Abs 1 StGB; § 117 Abs 1 FPG; § 15 StGB; § 12 3.Fall StGB und § 164 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

-

Ein Heimreisezertifikat wurde bereits beantragt - Ihnen wurde am 08.07.2019 eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, welche Sie am 08.07.2019 übernahmen haben, die Unterschrift wurde ihrerseits verweigert, in die JA Wiener Neustadt zur möglichen Schubhaftverhängung zugesendet, welche innerhalb der 8-tägigien Frist beantwortet wurde.

(...)

"C) Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

* Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie verfügen über keine Dokumente und können Österreich somit auf eigenen Entschluss

nicht verlassen.

Sie haben zuletzt im Jahr 2015 Ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt welcher am 26.03.2016 mittels Bescheid abgelehnt wurde und diese Entscheidung durch das BVwG am 17.07.2019 bestätigt wurde.

Aufgrund eines Auszuges Ihres Strafregisters wurden Sie nach Ihrer Wiedereinreise

aufgrund angeführter Straftat wie folgt verurteilt:

Sie wurden vom Landesgericht für Strafsachen Wien zur Zahl 042 Hv 76/16a am 11.09.2017 wegen des Verbrechen der Vergewaltigung, der Körperverletzung der Urkundenunterdrückung der Hehlerei und des Vergehens des Eingehens und Vermittlung von Aufenthaltsehen nach § 201 Abs 1 StGB; § 83 Abs 1 StGB; § 229 Abs 1 StGB; § 117 Abs 1 FPG; § 15 StGB; § 12 3.Fall StGB und § 164 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Weiters wurden Sie durch das Landesgericht für Strafsachen Graz zur Zahl 016Hv 186/2012v am 01.10.2015 nach § 27 Abs 1 Z 1 1. + 2.Fall SMG; § 27 Abs 3 SMG und § 27 Abs 1 Z 1 7.Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt

* Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Gegen Sie wurde am 26.03.2016 durch das BFA RD N ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren erlassen. Aufgrund einer eingebrachten Beschwerde wurde durch das BVwG in weiterer Folge am 17.07.2019 das Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahre auf 7 Jahre erhöht.

Sie besitzen derzeit kein gültiges Reisedokument und können Ihre angegebene Identität nicht nachweisen.

Fest steht, dass Sie zurzeit in Österreich, außer in Justizanstalten, nicht meldeamtlich erfasst sind.

Außerdem haben Sie in Österreich noch nie einen Aufenthaltstitel beantragt haben noch dass Sie an einem dauernden Aufenthalt in Österreich interessiert sind.

Fest steht auch, dass Sie in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.

* Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Sie gehen in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

-

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

-

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie mehrere Straftaten begangen haben.

-

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

* Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Angaben bezüglich Ihres Privat und Familienlebens ergeben sich aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.07.2019, welche durch Ihnen beantwortet wurde.

Für die Behörde steht fest, aufgrund der Tatsache, dass Sie tunesischer Staatsbürger sind sich in Tunesien ihr Lebensmittelpunkt befindet.

Auch steht fest, dass Sie gesund sind und nach Ihrer Rückkehr wieder einer legalen Beschäftigung nachgehen können.

Für die Behörde steht fest, dass in Tunesien ihr Lebensmittelpunkt ist und Sie dort sowohl über soziale als auch berufliche Anknüpfungspunkte verfügen.

D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 561456803.

E) Rechtliche Beurteilung

(...)

In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

(...)

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

(...)

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

• Ziffer 3 und 9 trifft in ihrem Fall wie oben ausführlich dargelegt zu.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten, was aufgrund der bereits angeführten Straftaten feststeht.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Weiters steht fest, dass Sie in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sind und keiner Ihrer engeren Familienangehörigen in Österreich lebt. Auch haben Sie in Österreich noch nie einen Aufenthaltstitel beantragt und sind in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.

Gegen diesen Bescheid und die Anhaltung erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27.07.2019 innerhalb offener Frist Beschwerde und führte begründend aus.

"Ich komme aus Tunesien und hielt mich als Asylwerber in Österreich von 2011 bis 2013 und dann wieder ab 2015 auf, am 3.7.2015 stellte ich Asylantrag, dieser wurde mit Bescheid des BFA East Ost vom 26.3.2016 inhaltlich entschieden, neben einer Rückkehrentscheidung wurde auch ein Einreiseverbot verhängt und der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gegen diesen am 29.7.2016 zugestellten Bescheid habe ich am 6.9.2016 Beschwerde erhoben. Mit Teilerkenntnis vom 19.6.2019(!) wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, diese aber dann mit am 17.7.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis abgewiesen.

Bis 2.8.2021 besteht auch ein Einreiseverbot in Italien.

Zuletzt habe ich mich vom 14.12.2016 bis zum 24.7.2019 in Gerichtshaft befunden, mit nicht im Mandatsverfahren ergangenen Schubhaftbescheid vom 18.7.2019 hat die Behörde die Schubhaft ab Entlassung aus der Gerichtshaft angeordnet und wird dieser Bescheid seit 14.7.2019 vollzogen.

Ich erhebe nunmehr Haftbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht mit nachstehender Begründung:

Die Behörde stützt die Schubhaft auf § 76 Abs 3 Z 3 u 9 FPG somit auf eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme und einer geringen sozialen Verankerung in Österreich. Zur Durchsetzbarkeit der Maßnahme darf angemerkt werden, dass ich bereits die schriftliche Ausfertigung des am 17.7.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses des BVwG beantragt habe, es ist mit einer Revision zu rechnen, und aufgrund des Aufenthalts eines Cousin in Österreich sowie die österreichischen Bekannten, die mich während meiner Gerichtshaft oft besucht und mich unterstützt hat, durchaus sozial verankert bin, ich spreche auch bereits fließend deutsch.

Wenn die Behörde davon ausgeht, dass ich ab dem 17.7.2019 fristlos ausreisepflichtig sei dann ist es für mich unverständlich aus welchem Grund sie sich nicht schon davor um die Ausstellung von Heimreisepapiere für mich gekümmert hat, sie hätte dafür während meines ganzen Gerichtshaftaufenthaltes Zeit gehabt, die aufschiebende Wirkung der Asylbeschwerde hat erst am 19.6.2019 eingesetzt und darf auch bei Vorliegen einer solchen die Vertretungsbehörde des Heimatsstaates zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates bemüht werden (siehe § 33 Abs 3 - 5 BFA-VG).

Angesichts der behördlichen Verpflichtung, Schubhaft so kurz wie möglich zu halten, hätte diese bei rechtsrichtigem Verhalten der Behörde, nämlich bei Beschaffung eines Heimreisezertifikates während der Strafhaft, überhaupt vermeiden werden können, die Schubhaft ist daher wegen bisheriger Untätigkeit der Behörde unverhältnismäßig und aufzuheben.

Ich stelle daher die Anträge,

das Bundesverwaltungsgericht möge den Schubhaftbescheid vom 18.7.2019 und die hier in Beschwerde gezogene Schubhaft ab Verhängung am 24.7.2019 als rechtswidrig feststellen. Unter einem möge das Bundesverwaltungsgericht feststellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Unter Hinweis auf § 35 VwGVG beantrage ich ferner den Zuspruch von Eingabegebühr und Aufwandsersatz im gesetzlichen Umfang.

Die Verwaltungsbehörde legte am 29.07.2019 die Beschwerde und den Verfahrensakt vor und führte aus:

"(...)

Bemerkungen zum Verfahren:

* Der Beschwerdeführer ist in Schubhaft.

Es wird

beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

1. den Bescheid des BFA zu bestätigen bzw. die Beschwerde als unbegründet

abzuweisen

2. gemäß § 22a BFA-VG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die

Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen

3. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten

Das BFA beantragt den Beschwerdeführer für den Vorlageaufwand und den Ersatz für den

Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten.

Seitens des Referenten BFA RD NÖ wird wie im Akt ersichtlich keine Stellungnahme abgegeben."

Das BFA RD N wurde am 29.07.2019 iK gesetzt do. Aktenteile des INT-Asyl an das BVwG zu übermitteln. Das Asylverfahren ist bereits seit 12.08.2016 in Beschwerde."

Am 02.08.2019 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt:

"(...)

Eröffnung des Beweisverfahrens:

Verlesen wird der bisherige Akteninhalt. Festgehalten wird, dass zwischenzeitlich das aktuelle vom BF betriebene Asylverfahren rechtskräftig mit mündlich verkündeten Erkenntnis zur Zl. I422 220174-1/20Z in der Verhandlung vom 17.07.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht negativ entschieden wurde. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde lediglich dahingehend abgeändert, dass das Einreiseverbot von 3 Jahren auf 7 Jahre hinaufgesetzt wurde; im Übrigen wurde die erstinstanzliche Entscheidung völlig bestätigt.

RI: Vergegenwärtigt man sich Ihre kriminelle Laufbahn in Österreich, so sieht man, dass Sie sich von Verurteilung zur Verurteilung steigern. Während die ersten 3 Delikte sich noch im Vermögensbereich bewegen, steigern Sie Ihre kriminelle Energie und wurden 2 Mal wegen Suchtgiftdelikten verurteilt und fand Ihre Anwesenheit in Österreich ihren Höhenpunkt in der letzten Verurteilung, wonach Sie wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Vermögensdelikt verurteilt wurden. Dem BF wird dazu die Möglichkeit gegeben Stellung zu nehmen. Nach unpräjudizieller Ansicht des zuständigen RI stellen Sie eine große Gefahr für Österreich dar.

BF: Ich habe das verstanden.

RI: Sie haben am 07.07.2016 versucht beim Standesamt Mödling eine nachfolgend als Scheinehe von der Justiz bezeichnete Ehe einzugehen und haben dabei einen Reisepass, hinsichtlich dessen eine Kopie im Akt aufliegt in Vorlage gebracht.

Wo ist der Reisepass heute?

BF: Zuhause.

RI: Was heißt zuhause?

BF: Als ich festgenommen wurde, habe ich meine sämtlichen Sachen zuhause zurückgelassen und ich wurde abgeführt.

RI: Nennen Sie die Adresse.

BF: XXXX im 16. Bezirk.

RI: Wo liegt der Reisepass?

BF: Auf dem Tisch. Der Tisch hat eine Schublade und in dieser liegt der Reisepass.

RI: Ist dieser aufrecht gültig?

BF: Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht erinnern.

RV gibt dazu an, dass gegen eine "Sicherstellung" oder Herausgabe spricht, dass die Wohnung in der Zwischenzeit wahrscheinlich im Verfügungsbereich einer anderen Person ist, da sich der BF mehrjährig in Strafhaft befunden hat.

RI: Wären Sie damit einverstanden, dass die Verwaltungsbehörde dort vorstellig wird und Nachschau hält?

BF: Kein Problem.

RI: Warum haben Sie das nicht eigentlich schon früher angegeben und erst in der heutigen Verhandlung?

BF: Als ich im Gefängnis in Wien war, habe ich dies einem Polizisten, der 2017 bei mir in der Haft war, mitgeteilt und ihn gebeten mir meinen Reisepass zu bringen, weil ich ihn gebraucht habe. Dieser Polizist hat mir gesagt, dass er ihn mir bringen wird und er sich darum kümmern wird. Ich habe ihn danach mehrmals daran erinnert und bei jedem Mal sagte mir der Polizist "ich werde mich darum kümmern".

RI: Warum hätten Sie den Reisepass in der Haft gebraucht?

BF: Nach 8 Monaten in Haft bekam ich Sorge um meine Sachen und habe nach meinem Reisepass gefragt, da damals ein Freund von mir in der Wohnung gewohnt hat, habe ich versucht so durch ihn zu meinem Pass zu kommen. Dieser hat mir dann aber berichtet, dass er den Reisepass in der Wohnung nicht gefunden hat, dann wurde ich unruhig und habe mich noch mehr gesorgt, habe darum gebeten, dass die Polizei danach sucht. Die Polizei ist zu mir gekommen in Haft und ich habe ihnen meine Sorge mitgeteilt und sie darum gebeten, dass sie meinen Pass ausfindig machen. Ich bekam die Auskunft, dass sie sich darum kümmern werden, aber bis zu meiner Überstellung hörte ich keine positive Antwort. Das müsste von den Polizisten vermerkt worden sein, dass wir darüber gesprochen haben.

RI: Wenn dem so ist, warum haben Sie dann nicht nur nicht die entsprechende Frage im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.07.2019, nach dem Verbleib Ihrer Reisedokumente unbeantwortet lassen, sondern in Ermangelung völliger Kooperationsbereitschaft sogar auf der Übernahmebestätigung die Unterschrift verweigert.

BF: Was für eine Übernahme.

RI: Am 08.07.2019 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Schubhaftanordnung informiert und haben Sie die entsprechende Übernahmebestätigung nicht unterfertigt.

BF: Mir wurde nichts gebracht, aber ich war ja auch am 08.07. im Gefängnis.

RI: Ihr Stimmungswandel überrascht auch insofern, als Sie bereits einmal am 28.07.2016 vor der damals angeordneten Schubhaft zu Ihrem Reisepass befragt wurden und dort im Zuge der Festnahme wahrheitswidrig angegeben haben, dass Sie keinen Reisepass bei sich gehabt zu haben und auf Vorhalt dieses Umstandes dies damit gerechtfertigt zu haben, dass Sie nicht abgeschoben werden wollten.

BF: Ja, aber der Reisepass wurde dann im Auto gefunden. Er wurde dann sichergestellt und sie haben ihn behalten bis zum Zeitpunkt als ich von der Schubhaft entlassen wurde. Damals wurde mir gesagt, "hier bitte". Das habe ich nicht so gesagt Herr Dolmetscher, ich habe gesagt als ich rausgegangen bin, beim Rausgehen wurde mir der Reisepass gegeben.

RV: Die Schubhaft hat sich damals als rechtswidrig erwiesen.

RI: Sie wurden schon einmal abgeschoben im Jahr 2013 und haben sich neuerlich ins österreichische Bundesgebiet begeben und ein weiteres Asylverfahren beantragt unter anderem mit dem Grund der Armut in Ihrem Lande. Wie haben Sie sich die neuerliche Einreise nach Österreich finanzieren können?

BF: Es gibt keine Armut, dass mit der Armut, das habe ich nie gesagt.

RI: Wie haben Sie sich die Wiederherfahrt leisten können? Wie viel hat die Reise gekostet? Wie sind Sie hergekommen?

BF: Wir haben Geld, es geht uns Gott sei Dank gut. Ich komme aus einer Familie mit guten Verhältnissen, uns geht es gut. Ich habe überall Familie, denen es gut geht. Wir unterstützen einander, sie haben mich unterstützt. Ich bin nicht hergekommen wegen der Armut, sondern wegen der Sicherheit.

RI: Über wie viel Vermögen oder Barmittel verfügen Sie aktuell?

BF: Also ich besitze derzeit 300 EUR, die bei mir im Gefängnis sind.

RI: Ich frage Sie das deswegen, weil eher untechnisch formuliert im Rahmen der Beschwerde auch Erstattung der Eingabegebühr festgeschrieben ist, welche aber nur im Rahmen von Verfahrenshilfe zu erlassen bzw. zu erstatten wäre.

RI an BehV: Wann wurde der Antrag auf Ausstellung eines HRZ gestellt? Wie ist der Stand des HRZ Verfahrens?

BehV: Das Asylverfahren ist mit 17.07.2019 mit mündlicher Verkündung rechtskräftig. Am 18.07.2019, also am nächsten Tag, wurde ein Antrag auf Ausstellung eines HRZ bei der tunesischen Botschaft in Wien gestellt. Momentan ist der Stand noch offen, was damit zu tun hat, das am 01.08.2019 die Person der konsularischen Vertretung gewechselt hat und aufgrund der Übergabe der Kontakt zur Botschaft nicht so einfach möglich war. Zur Erlangung eines HRZ einerseits sind die originalen Personendaten bekannt, weshalb eine Identifizierung wegfällt. In den meisten Verfahren stellt die Identifizierung der Person an sich das größere Problem dar. Weiters möchte ich angeben, dass im ersten Quartal 2019 17 HRZ seitens der tunesischen Botschaft ausgestellt wurden, d.h. es ist de facto möglich bei der tunesischen Botschaft ein HRZ zu erlangen. Sowohl der Führerschein, als auch die vorliegenden Passdaten wurden dem HRZ Antrag beigefügt. Ich nehme an, dass bis 10.08.2019 der Konsul soweit wieder einsatzfähig ist und dass ab diesem Zeitpunkt der Antrag wieder bearbeitet wird. In der Regel dauert ein HRZ Verfahren vom Antrag bis zur Ausstellung 3-4 Monate, wobei die längste Zeit die Identifizierung der Person in Anspruch nimmt, weil die Personendaten nach Tunis übermittelt werden müssen. Im konkreten Fall glaube ich aber nicht, dass es so lange dauern wird, weil die Identifizierung nicht notwendig ist. Wenn jemand freiwillig mit dem VMÖ ausreist wird binnen 7-10 Tagen ein Ersatzreisedokument ausgestellt.

RI: Wollen Sie dazu etwas sagen?

BF: Ich respektiere Ihre Meinung und habe zu dem nichts zu sagen.

RI: Gibt es Fragen an den BF?

BehV: Nein.

RV: Sind Sie während der Strafhaft vom VMÖ oder IOM aufgesucht worden?

BF: Nein. Ich habe an den VMÖ ein Schreiben geschickt, sie kamen aber nicht, es kamen Leute von denen ich aber nicht wusste von welcher Stelle sie sind.

RV: Keine weiteren Fragen.

BehV: Ich ersuche die Schubhaft zu bestätigen, sollte der Antrag auf Vergütung noch nicht gestellt sein, stelle ich einen entsprechenden Antrag. Weites möchte ich auf die zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen hinweisen.

RV: 1. Die Gefährlichkeit des BF wird bestritten, wäre er gefährliche säße er im Maßnahmenvollzug. Wenn er gefährlich wäre, ist es unverständlich, dass die Behörde ihn nicht sofort mit Strafhaftende abgeschoben hat. Man hätte schon während des laufenden Asylverfahrens ein HRZ beantragen können. Es hat erst im Asylverfahren ab 19.06.2019 eine aufschiebende Wirkung gegeben und auch diese hätte die Ausstellungsanfrage der Behörde nicht behindert, siehe § 33 Abs. 4 BFA-VG. Die Unterschriftsverweigerung ist keine mangelnde Kooperationsbereitschaft. Er hat bereits am 15.07.2019 eine Stellungnahme im Verfahren abgegeben. Zum Vorbringen der Behörde es sei am 18.07.2019 ein Antrag auf HRZ gestellt worden, ist dies unverständlich, weil man ihn hätte früher stellen können auch im Hinblick auf den Konsulwechsel der tunesischen Botschaft. Er hätte eine Unterkunftsmöglichkeit bei der Frau XXXX .

RI: Warum haben Sie dies nicht in der Beschwerde vorgebracht?

RV: Weil ich es noch nicht gewusst habe. Ich habe gestern mit der Mutter von Frau XXXX telefoniert. Sie meint er könne sofort bei ihnen einziehen und zwar an der Adresse 1180 Wien XXXX . Frau XXXX seine Bekannte ist auf Urlaub, aber die Mutter der XXXX ist erreichbar.

BehV gibt dazu an: Der BF könnte jederzeit freiwillig ausreisen. Er müsste beim VMÖ oder bei der Caritas bei der Schubhaftbetreuung einen Antrag auf freiwillige Ausreise stellen.

RI: Wollen Sie freiwillig nach Tunesien ausreisen?

BF: Ich kann es ist kein Problem nach Tunesien zu reisen. Ich kann dort leben und Arbeit finden zumal ich auch mehrere Sprachen finde, Deutsch, Arabisch und andere Sprachen. Ich könnte leicht Arbeit finden. Ich sehe, dass hier das Gesetz vorschreibt, dass ich abgeschoben werden muss, weil ich so viele Fehler begangen habe. Ich könnte aber in Tunesien nicht in Sicherheit leben, weil ich dort ein Problem habe.

RI: Sind Sie bereit freiwillig nach Tunesien auszureisen, Ja oder Nein?

BF: Dass ich in meine Heimat zurückkehren will, das bejahe ich, ich will in meine Heimat zurückkehren, das hebt aber meine Sorge um mein Leben nicht auf, zudem weiß ich, dass ich rechtlich abgeschoben werden muss.

Schluss des Beweisverfahrens"

Im Anschluss daran wurde das Erkenntnis spruchgemäß verkündet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt erwogen:

Feststellungen:

Der oben im Rahmen des Verfahrensganges zitierte Verfahrensgang und die Feststellungen des Schubhaftbescheides werden zum Sachverhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Das aktuelle vom BF betriebene Asylverfahren wurde rechtskräftig mit mündlich verkündeten Erkenntnis zur Zl. I422 220174-1/20Z in der Verhandlung vom 17.07.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht negativ entschieden. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde lediglich dahingehend abgeändert, dass das Einreiseverbot von 3 Jahren auf 7 Jahre hinaufgesetzt wurde; im Übrigen wurde die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Die kriminelle Energie des Beschwerdeführers steigert sich von Verurteilung zu Verurteilung. Während sich die ersten 3 Delikte noch im Vermögensbereich bewegen, steigerte sich die kriminelle Energie und wurde der Beschwerdeführer zwei Mal wegen Suchtgiftdelikten verurteilt und fand seine Anwesenheit in Österreich ihren Höhenpunkt in der letzten Verurteilung, wonach er wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Vermögensdelikt verurteilt wurde. Im Übrigen hatte der Beschwerdeführer eine sogenannte Aufenthaltsehe geschlossen.

Am 18.07.2019, also an dem der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses zu Zl. I422 220174-1/20Z nachfolgenden Tag, wurde von der Verwaltungsbehörde ein Antrag auf Ausstellung eines HRZ bei der tunesischen Botschaft in Wien gestellt. Aktuell ist der Stand noch offen, weil am 01.08.2019 die Person der konsularischen Vertretung gewechselt hat und aufgrund der Übergabe der Kontakt zur Botschaft nicht so einfach möglich war.

Zur Erlangung eines HRZ einerseits sind die originalen Personendaten bekannt, weshalb eine Identifizierung wegfällt. In den meisten Verfahren stellt die Identifizierung der Person an sich das größere Problem dar. Im ersten Quartal 2019 wurden 17 HRZ seitens der tunesischen Botschaft ausgestellt; sowohl der Führerschein als auch die vorliegenden Passdaten wurden dem HRZ Antrag beigefügt. In der Regel dauert ein HRZ Verfahren vom Antrag bis zur Ausstellung 3-4 Monate, wobei die längste Zeit die Identifizierung der Person in Anspruch nimmt, weil die Personendaten nach Tunis übermittelt werden müssen. Im konkreten Fall ist aber mit einer kürzeren Ausstellungsdauer zu rechnen, weil die Identifizierung nicht notwendig ist.

Wenn jemand freiwillig mit dem VMÖ ausreist wird binnen 7-10 Tagen ein Ersatzreisedokument ausgestellt.

Der Beschwerdeführer hatte seinerzeit am 28.07.2016 vor der damals angeordneten Schubhaft, zu seinem Reisepass befragt, im Zuge der Festnahme wahrheitswidrig angegeben, keinen Reisepass bei sich gehabt zu haben; nachfolgend wurde der Reisepass aber von den Sicherheitsorganen gefunden und sichergestellt. Nach der Entlassung aus der seinerzeitigen Schubhaft folgte die Verwaltungsbehörde den Reisepass an den Beschwerdeführer wieder aus.

Wo sich der Reisepass aktuell befindet, kann nicht festgestellt werden; im Zusammenhang mit dem Verbleib des Reispasses liegt keine Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers vor.

Selbst wenn eine alternative Unterbringungsmöglichkeit bestünde, scheidet diese wegen der erheblichen Fluchtgefahr des gänzlich vertrauensunwürdigen Beschwerdeführers aus.

Beweiswürdigung:

Da der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde - in dieser gar nicht - noch in der Verhandlung - in dieser nicht substantiiert - der Annahme der Fluchtgefahr seitens der Verwaltungsbehörde entgegengetreten ist, werden die von der Verwaltungsbehörde zugrunde gelegten Sachverhaltsparameter als Sachverhalt des gegenständlichen Erkenntnisses übernommen.

Die Verwaltungsbehörde ging also in ihrem Schubhaftbescheid auf der Tatsachenebene im Wesentlichen von folgenden Parametern aus:

* aktueller rechtskräftiger negativer Ausgang des Asylverfahrens per 17.07.2019 durch mündlich verkündetes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes;

* zahlreiche strafgerichtliche Verurteilungen - zuletzt auch Vergewaltigung, Eingehen einer Aufenthaltsehe;

* mangelnde Kooperationsbereitschaft in der Form der Verweigerung der Unterschriftsleistung hinsichtlich der Verständigung von der Beweisaufnahme zur beabsichtigten aktuellen Schubhaftanordnung;

Die Feststellungsergänzungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Verhandlung am 02.07.2019:

Das Vorbringen der Rechtsvertretung in dieser Verhandlung, dass der BF doch nicht so gefährlich sei, wie offensichtlich vom zuständigen Einzelrichter angenommen, weil er ansonsten den Maßnahmenvollzug zu unterstellen wäre bzw. schon abgeschoben hätte werden müssen, geht völlig ins Leere:

Zum einen hätte die Verwaltungsbehörde den BF vor dem 17.07.2019 - Zeitpunkt des rechtskräftig mit mündlich verkündetem Erkenntnis abgeschlossenen Asylverfahrens - gar nicht abschieben können, weil das Asylverfahren eben erst mit diesem Zeitpunkt rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, zum anderen verkennt die Rechtsvertretung gänzlich das Institut des Maßnahmenvollzugs im Sinne des Strafrechtes:

In Bezug auf die Verurteilung wegen Vergewaltigung und Körperverletzung ist der Beschwerdeführer kein Rückfalltäter und Abnormität wurde offensichtlich auch keine festgestellt.

Auch stand das laufende Asylverfahrens bis zu eben dessen rechtlichen Abschluss in der Verhandlung am 17.07.2019 der Kontaktaufnahme mit den Behörden des Herkunftsstaates entgegen. Die Behörde hatte daher mit ihrem Antrag auf Erteilung eines Heimreisezertifikates (HRZ) am 18.07.2019 frühest möglich Vorbereitungshandlungen für eine alsbaldige Abschiebung gesetzt.

In Bezug auf die Ausstellung eines HRZ hatte die Verwaltungsbehörde in der Verhandlung auch überzeugend dargelegt, dass bereits 19 HRZ im heurigen Jahr ausgestellt wurden. Im Übrigen ist gerade im gegenständlichen Fall mit einer beschleunigten Ausstellung eines HRZ zu rechnen, da die Identität des BF klar ist, ein Reisepass in Kopie und ein tunesischer Führerschein im Original vorliegen und des Weiteren der BF den tunesischen Behörden schon bekannt sein müsste, da er bereits im Jahr 2013 einmal erfolgreich abgeschoben wurde. Es ist daher, gerechnet ab heute mit einer relativ zeitnahen Abschiebung des BF nach Tunesien zu rechnen.

Wo sich der (Original)Reisepass aktuell befindet, kann nicht festgestellt werden; im Zusammenhang mit dem Verbleib des Reispasses konnte der Beschwerdeführer aber keine Kooperationsbereitschaft bescheinigen:

Der Rechtfertigungsversuch, der Beschwerdeführer habe sich im Stande der aktuellen Schubhaftanhaltung aktiv um seinen Reisepass gekümmert, ist nicht glaubwürdig, da sich das diesbezügliche Vorbringen als widersprüchlich darstellt und auch sonst nicht zu überzeugen vermag:

Widersprüchlich insofern, als der Beschwerdeführer zunächst auf die Frage des aktuellen Verbleibs des Reisepasses angab, der Reisepass liegt "auf dem Tisch", unmittelbar nachfolgend aber schon abweichend dazu angab "Der Tisch hat eine Schublade und in dieser liegt der Reisepass."

In persönlicher Hinsicht überzeugt dieser Vorbringensteil des Beschwerdeführers schon deshalb nicht, als er nicht nur nicht hinsichtlich der ihm am 08.07.2019 zugestellten Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme die Unterschrift (der Übernahme) verweigerte, sondern die Frage nach dem Verbleib des Reisepasses unbeantwortet ließ.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass der ausreiseunwillige - siehe sogleich - Beschwerdeführer schon einmal anlässlich einer drohenden Inschubhaftnahme unwahre Angaben zum Verbleib des Reisepasses machte und der Beschwerdeführer nun anlässlich der aktuellen Schubhaftanhaltung umso mehr mit seiner Abschiebung rechnen musste und muss, da das Asylverfahren kurz zuvor mit Erkenntnis vom 17.07.2019 rechtskräftig negativ entschieden wurde und schon einmal, im Jahre 2013, nach damaligem rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens, erfolgreich abgeschoben wurde.

Von einer freimütigen, freiwilligen Rückkehrbereitschaft kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein, hatte doch der Beschwerdeführer in der Verhandlung auf die Frage nach seiner Rückkehrwilligkeit nach Tunesien zunächst lange herumgeredet und sich erst auf Nachfrage zögerlich und relativierend, gleichsam sich in sein Schicksal fügend, vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtssituation mit der Rückkehrverpflichtung abgefunden - "zudem weiß ich, dass ich rechtlich abgeschoben werden muss".

In offensichtlicher Verzögerungsabsicht hatte die Rechtsvertretung erst in der Verhandlung, und zwar am letzten Amtstag zur möglichen Entscheidung - die Entscheidungsfrist endet im Hinblick auf die Ansicht des Verfassungsgerichtshofes am kommenden Sonntag - ein zur Haftanstalt alternatives Unterbringungsangebot gemacht.

Das in der Verhandlung vonseiten der Rechtsvertretung erstattete Vorbringen

"Weil ich es noch nicht gewusst habe. Ich habe gestern mit der Mutter von Frau XXXX telefoniert. Sie meint er könne sofort bei ihnen einziehen und zwar an der Adresse 1180 Wien XXXX . Frau XXXX seine Bekannte ist auf Urlaub, aber die Mutter der XXXX ist erreichbar."

überzeugt schon deshalb nicht, weil damit nicht ausreichend erklärt wird, warum das Telefonat erst "gestern mit der Mutter von Frau XXXX " oder der "erreichbaren Mutter der XXXX " geführt wurde und nicht schon früher.

Aber selbst wenn man von einer alternativen Unterbringungsmöglichkeit ausginge, ist vor dem Hintergrund einer dem Beschwerdeführer alsbald drohenden Abschiebung im Zusammenhang mit der zu konstatierenden erheblichen Fluchtgefahr nichts gewonnen - der Beschwerdeführer würde aufgrund eben dieser Fluchtgefahr untertauchen.

Im Übrigen ist die Dauer der Anhaltung vom BF auch selbst zu verantworten, wie die Verwaltungsbehörde überzeugend aufzeigte, könnte der BF durch Kontaktaufnahme mit Rechtsberatungsorganisationen, die die freiwillige Rückkehrreise organisieren, Kontakt aufnehmen und sohin zu einem vorzeitigen Ende der Schubhaft beitragen.

Dass der Beschwerdeführer über Barmittel in der Höhe von € 300 verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der Verhandlung.

Rechtliche Beurteilung

Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu Spruchpunkt A) I. (Anhaltung in Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) in der geltenden Fassung wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Materielle Rechtsgrundlage:

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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