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KFGNorm
AVG §57 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Berger, über die Beschwerde des CH in L, vertreten durch Dr. Franz Kriftner, Rechtsanwalt in Linz, Stelzhammerstraße 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Juli 1985, Zl. VerkR-9058/1-1985-I/F, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederausfolgung des Führerscheines, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz (Verkehrsamt) vom 22. Februar 1985 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 KFG 1967 die ihm erteilte Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B "für die Dauer von 24 Monaten ab Zustellung des Bescheides" entzogen. Diese Entscheidung wurde mit mangelnder Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers begründet, weil er am 13. November 1984 wegen Hehlerei festgenommen und in der Folge dem Gefangenenhaus Linz überstellt worden sei, sowie die durchgeführten Erhebungen der Kriminalpolizei Linz ergeben hätten, daß der Beschwerdeführer "außer der Hehlerei" auch Gesellschaftsdiebstähle in verschiedenen, näher genannten Städten begangen und dabei einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw benützt habe.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Vorstellung, in der er beantragte, "das Führerscheinentzugsverfahren gegen mich einzustellen. In eventu ist es bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens nach § 38 AVG zu unterbrechen; in jedem Falle wolle mir die entzogene Lenkerberechtigung unverzüglich wieder ausgefolgt werden".
Mit Schriftsatz vom 18. April 1985 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich, "die mir entzogene Lenkerberechtigung unverzüglich wieder auszufolgen und im übrigen das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens gem. § 38 AVG zu unterbrechen".
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz (Verkehrsamt) vom 23. Mai 1985 wurde gemäß § 38 AVG 1950 "das Verfahren zum Entzug der Lenkerberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Landesgericht Linz unter GZ nn anhängigen gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt", der Antrag des Beschwerdeführers vom 18. April 1985 "auf unverzügliche Ausfolgung der entzogenen Lenkerberechtigung (wohl ‚des entzogenen Führerscheines') abgewiesen" und einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung versagt. Der gegen diesen Bescheid nur hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Wiederausfolgung des Führerscheines erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 31. Juli 1985 keine Folge, sondern bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom 23. Mai 1985 "vollinhaltlich".
Gegen diesen Bescheid, und zwar erkennbar ebenfalls nur hinsichtlich der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Wiederausfolgung seines Führerscheines, richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf "unverzügliche" Ausfolgung seines Führerscheines zusammenfassend deshalb abgewiesen, weil "der Führerschein lediglich jenes schriftliche Dokument darstellt, wodurch der Bestand einer Lenkerberechtigung nachgewiesen wird", der Beschwerdeführer jedoch im Hinblick auf den Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Februar 1985 derzeit nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung sei, zumal bei derartigen Bescheiden von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung eines dagegen erhobenen Rechtsmittels ausgeschlossen sei, sodaß durch die rechtzeitige Einbringung einer Vorstellung gegen diesen Bescheid die Vollstreckbarkeit dieser behördlichen Maßnahme nicht gehindert worden sei, und im übrigen über die verhängte Maßnahme bisher noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen sei.
Auszugehen ist davon, daß dem Beschwerdeführer mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Februar 1985 die Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 und 2 KFG 1967 "für die Dauer von 24 Monaten ab Zustellung des Bescheides" entzogen worden war. Da gemäß § 57 Abs. 2 AVG 1950 die gegen einen nach Absatz 1 erlassenen Bescheid erhobene Vorstellung nur dann aufschiebende Wirkung hat, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist, war im Beschwerdefall die Entziehung der Lenkerberechtigung mit der Zustellung dieses Bescheides rechtswirksam. Der Beschwerdeführer brachte zwar gegen diesen Bescheid rechtzeitig eine Vorstellung ein; diese bewirkte aber nicht dessen Außerkrafttreten, da die Behörde vor Ablauf der im § 57 Abs. 3 AVG 1950 festgesetzten zweiwöchigen Frist das Ermittlungsverfahren einleitete. Auch wenn dies nur im Zusammenhang mit der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Vorstellung geschah, so handelte es sich doch um ein Ermittlungsverfahren, daß der Entscheidung über die Vorstellung voranzugehen hatte und daher insofern den maßgebenden Sachverhalt im Sinne des § 37 AVG 1950 betraf, als sich erst dadurch, daß sich auf Grund dieses Ermittlungsverfahrens die Rechtzeitigkeit der (vorerst nach der Aktenlage verspätet eingebrachten) Vorstellung herausstellte, die Notwendigkeit ergab, ein weiteres Ermittlungsverfahren, nämlich in der Sache selbst hinsichtlich der Berechtigung der Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers, durchzuführen. Es kann nicht der Sinn der Bestimmung des § 57 Abs. 3 AVG 1950 sein, die Behörde zu veranlassen, ein Ermittlungsverfahren bereits in der Sache selbst durchzuführen, um das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides hintanzuhalten, bevor noch geklärt ist, ob die Vorstellung überhaupt rechtzeitig eingebracht wurde. Sicherlich ist die nicht rechtzeitige Einbringung einer Vorstellung in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen, weshalb auch dann, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, eine solche Vorstellung, die nicht das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides zur Folge haben konnte, als verspätet zurückzuweisen ist. Steht aber - wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt - fest, daß die Vorstellung rechtzeitig eingebracht wurde, so lag es an der Behörde, binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren (und sei es vorerst auch nur zur Frage der Rechtzeitigkeit der Vorstellung) einzuleiten, ansonsten der Mandatsbescheid von Gesetzes wegen außer Kraft getreten wäre.
Damit, daß die Bundespolizeidirektion Linz ein derartiges Ermittlungsverfahren fristgerecht einleitete, bleibt der genannte Mandatsbescheid weiterhin in Wirksamkeit, und zwar solange, bis er durch den nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens ergehenden neuen Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz als Vorstellungsbehörde bestätigt oder ersetzt wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1981, Zl. 03/0463/80, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird). Ein solcher neuer Bescheid ist jedenfalls bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht ergangen; vielmehr wurde das auf Grund der Vorstellung anhängige Entziehungsverfahren gemäß § 38 AVG 1950 ausgesetzt. Das bedeutet aber, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht im Besitze einer Lenkerberechtigung war.
Die Beschwerdeausführungen, die sich im wesentlichen darin erschöpfen, daß die Entziehung der Lenkerberechtigung mit dem Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Februar 1985 zu Unrecht ausgesprochen worden sei und "die Behörde den Führerschein für die Dauer der Verfahrensunterbrechung prophylaktisch auf bloßen Verdacht hin, ohne Vorliegen eines rechtskräftigen Straferkenntnisses und ungeachtet meiner bisherigen Unbescholtenheit, weiterhin einbehalten hat", sind nicht geeignet, eine andere, für den Beschwerdeführer günstigere rechtliche Beurteilung herbeizuführen. Dem Verwaltungsgerichtshof obliegt ausschließlich die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen, die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Wiederausfolgung seines Führerscheines betreffenden Bescheides, nicht aber die Prüfung der Rechtmäßigkeit des vorangegangenen und - wie gesagt - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtswirksamen Mandatsbescheid, über die zunächst allein die Bundespolizeidirektion Linz in Erledigung der vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gegen den Mandatsbescheid zu entscheiden haben wird. Zu bemerken ist auch, daß es erst von dieser Entscheidung abhängt, ob der Führerschein dem Beschwerdeführer wieder auszufolgen ist, und die belangte Behörde nicht zum Ausdruck gebracht hat, daß der Führerschein "für die Dauer der Verfahrensunterbrechung einbehalten wird", sie also die Wiederausfolgung des Führerscheines "bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegen meine Person eingeleiteten Strafverfahrens verweigert hat". Die belangte Behörde hat auch richtig erkannt, daß der Führerschein gemäß § 71 Abs. 1 KFG 1967 lediglich die Bestätigung über die erteilte Lenkerberechtigung ist und in dem Falle, daß eine Lenkerberechtigung rechtswirksam entzogen wurde, eine Wiederausfolgung des bereits bei der Behörde befindlichen Führerscheines (im Beschwerdefall wurde anläßlich der Verhaftung des Beschwerdeführers am 13. November 1984 der Führerschein "sichergestellt") für die Dauer der Rechtswirksamkeit des Entziehungsbescheides nicht in Betracht kommt, soll doch die betreffende Person während dieser Zeit am Gebrauch der (nicht mehr aufrechten) Lenkerberechtigung gehindert werden, weshalb auch im § 75 Abs. 4 KFG 1967 bestimmt wird, daß nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die Lenkerberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern ist.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 19. Februar 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1985110231.X00Im RIS seit
08.10.2019Zuletzt aktualisiert am
08.10.2019