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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache der F M F, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Februar 2019, L506 2140054-1/23E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige des Iran, stellte am 4. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte sie vor, sie sei im Jahr 2007 zum Christentum konvertiert und habe ihre Wohnung im Iran als Hauskirche zur Verfügung gestellt. Da die Behörden dies entdeckt hätten, sei sie geflüchtet.
2 Mit Bescheid vom 24. Oktober 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 990/2019-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, in der Beweiswürdigung seien nicht alle relevanten Umstände berücksichtigt worden. "Äußere Tatsachen" wie die Taufe und Teilnahme der Revisionswerberin an kirchlichen Veranstaltungen würden eine Konversion aus innerer Überzeugung "nicht unwahrscheinlich" machen. Ihr Interesse am Christentum sei durch Zeugen bestätigt worden. Das BVwG habe bei der Beurteilung des Aussageverhaltens der Revisionswerberin nicht berücksichtigt, dass diese auf Grund ihres hohen Alters und ihrer gesundheitlichen Probleme Konzentrationsschwierigkeiten habe und unter Vergesslichkeit leide. Theologische Kenntnisse könnten auf Grund ihrer bereits im Jahr 2007 erfolgten Taufe und ihres aktuellen Gesundheitszustandes nicht mehr "in diesem Umfang" verlangt werden.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0712 bis 0715, mwN).
10 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2018/19/0530, mwN).
11 Das BVwG hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es zwei Pastoren als Zeugen zur Taufe und zum Glaubensleben der Revisionswerberin einvernommen hat, ausführlich mit dem Vorbringen der Revisionswerberin auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gekommen, die Revisionswerberin habe eine drohende Verfolgung im Iran in Zusammenhang mit ihrer Hinwendung zum Christentum und der Zurverfügungstellung ihrer Wohnung als Hauskirche nicht glaubhaft machen können. Das BVwG ist auch auf die Taufe der Revisionswerberin sowie ihre Teilnahme an Gottesdiensten und Bibel- und Gebetskreisen eingegangen, ist aber mit näherer Begründung zum Ergebnis gelangt, dass eine Konversion zum Christentum aus innerer Überzeugung nicht vorliege. Entgegen dem Vorbringen der Revision hat sich das BVwG im Rahmen der Beweiswürdigung auch mit der vorgebrachten Vergesslichkeit und den Konzentrationsstörungen der Revisionswerberin in Bezug auf ihr Aussageverhalten auseinandergesetzt. Die Revision vermag mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht darzulegen, dass die Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre.
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit auch vor, das BVwG hätte zur Beurteilung der Einvernahmefähigkeit der Revisionswerberin ein Sachverständigengutachten einholen müssen. 13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Frage, ob amtswegige Erhebungen erforderlich sind, regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar, weil es sich dabei um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 26.3.2019, Ra 2018/19/0557, mwN).
14 Derartiges legt die Revision nicht dar. Sie zeigt nicht auf, weshalb das BVwG - ohne entsprechenden Beweisantrag unter Bekanntgabe des Beweisthemas - fallbezogen von der Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Verhandlungsfähigkeit der Revisionswerberin ausgehen hätte sollen, zumal diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwar vorbrachte, sie leide aus gesundheitlichen Gründen unter Vergesslichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, aber auch angab, dass es ihr gut gehe und sie einvernahmefähig sei. Einer Berücksichtigung des in Ergänzung der Revision vorgelegten, ärztlichen Attests vom 19. Juli 2019 und des psychiatrischen Gutachtens vom 29. Juli 2019 steht das Neuerungsverbot des § 41 VwGG entgegen.
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 29. August 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190303.L00Im RIS seit
11.10.2019Zuletzt aktualisiert am
11.10.2019