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27/01 RechtsanwälteNorm
AVG §57Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der "belangten Behörde:
OÖ Rechtsanwaltskammer", erkennbar gemeint der Ausschuss der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, vertreten durch Beurle - Oberndorfer - Mitterlehner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Mai 2019, Zl. LVwG-851127/5/HW, betreffend eine Angelegenheit nach der Rechtsanwaltsordnung (mitbeteiligte Partei: Mag. (FH) H B in P (Tschechische Republik)), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer bestellte mit Bescheid vom 28. September 2018 Rechtsanwalt Mag. J M zum Verfahrenshelfer für die Mitbeteiligte. 2 Mit Eingabe vom 10. Oktober 2018 erhob die Mitbeteiligte Vorstellung gegen diesen Bescheid und führte zur Begründung aus, der bestellte Verfahrenshelfer sei aus näher genannten Gründen befangen. Es werde daher der Antrag gestellt, den angeführten Bescheid zu beheben. Damit möge ein neuer Bescheid mit der Zuteilung eines neuen/anderen Verfahrenshilfeanwaltes einhergehen. 3 Über diese Vorstellung wurde nicht entschieden, sondern die Eingabe der Mitbeteiligten als Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers gedeutet, den die Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 10. Oktober 2018 mit näherer Begründung abwies.
4 In Erledigung einer dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten vom 18. Oktober 2018 wies der Ausschuss der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 14. November 2018 den von der Mitbeteiligten in ihrer Eingabe vom 10. Oktober 2018 gestellten Antrag, der weiterhin als Umbestellungsantrag gedeutet wurde, als unbegründet ab. 5 Dagegen erhob die Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG), der mit dem angefochtenen Erkenntnis stattgegeben wurde. Das LVwG änderte den bekämpften Bescheid dahingehend ab, dass der mit Vorstellung der Mitbeteiligten vom 18. Oktober 2018 angefochtene Bescheid der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 10. Oktober 2018 behoben werde. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.
6 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, dass die Vorstellung der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 28. September 2018 zu Unrecht als Umbestellungsantrag gedeutet worden sei. Über ihre Vorstellung hätte daher entschieden werden müssen, was bislang nicht geschehen sei. Die stattdessen getroffene Entscheidung der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 10. Oktober 2018 sei hingegen rechtswidrig gewesen, was aufgrund der Vorstellung dagegen vom Ausschuss der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer wahrzunehmen gewesen wäre.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, wann eine Eingabe eines Verfahrenshilfebeholfenen als Umbestellungsantrag oder als Vorstellung zu qualifizieren sei. Nach Auffassung der revisionswerbenden Partei komme es dabei nicht auf die Bezeichnung als "Vorstellung" an, sondern auf den Inhalt des Rechtsmittels. Das LVwG habe verkannt, dass im Rechtsmittel der Revisionsgegnerin keine Vorstellung, sondern inhaltlich ein Umbestellungsantrag erhoben worden sei.
8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
9 Gemäß § 26 Abs. 5 RAO konnte gegen den Bescheid der Abteilung II des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 28. September 2018 Vorstellung an den Ausschuss, also an das Plenum des Ausschusses erhoben werden. Bei der in § 26 Abs. 5 RAO normierten Vorstellung handelt es sich um kein aufsteigendes Rechtsmittel. Sie dient vielmehr - vergleichbar der Vorstellung gegen Mandatsbescheide nach § 57 AVG - dazu, auf der Grundlage des unter Wahrung des Parteiengehörs ermittelten Sachverhalts bescheidmäßig neu zu entscheiden. Dabei ist im Vorstellungsbescheid grundsätzlich auszusprechen, ob die Entscheidung der Abteilung des Ausschusses aufrecht bleibt oder ob sie behoben (beseitigt) oder abgeändert wird. Prozessgegenstand des Verfahrens über die Vorstellung ist somit der Bescheid der Abteilung des Ausschusses; dieser ist in jeder Richtung auf seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH 27.1.2016, Ro 2015/03/0044).
10 Im vorliegenden Fall hat das LVwG die Eingabe der Mitbeteiligten als Vorstellung im Sinne des § 26 Abs. 5 RAO gedeutet. Es hat die gegenteilige Sichtweise des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, wonach es sich um einen Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers im Sinne des § 45 Abs. 2 RAO gehandelt habe, nicht geteilt. Dies ist angesichts der eindeutigen Bezeichnung der Eingabe als "Vorstellung" und ihres Inhaltes, insbesondere des darin gestellten ausdrücklichen Antrags auf Behebung des bekämpften Bescheides und einer damit einhergehenden Neubestellung eines anderen Verfahrenshelfers, zweifellos vertretbar.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen - wie etwa der gegenständlichen Vorstellung der Mitbeteiligten - nicht erfolgreich mit Revision bekämpfbar. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann idS als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. etwa VwGH 27.11.2018, Ra 2017/02/0141, mwN). Letzteres trifft im vorliegenden Fall - wie gezeigt - nicht zu.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 2. September 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030102.L00Im RIS seit
11.10.2019Zuletzt aktualisiert am
11.10.2019