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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
BFA-VG 2014 §18Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision 1. des M B,
2. der S S, und 3. der A S, alle in W und alle vertreten durch Dr. Peter Philipp, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 17, gegen das als Beschluss bezeichnete Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes
vom 26. Juni 2019, W247 2220261-1/2Z (ad 1.), W247 2220262- 1/2Z (ad 2.) und W247 2220263-1/2Z (ad 3.), betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerber, ein Ehepaar und seine 2011 in Österreich geborene Tochter, sind mongolische Staatsangehörige. Die Eltern befinden sich seit 2010 (Erstrevisionswerber) bzw. seit 2009 (Zweitrevisionswerberin) im Inland, im Wesentlichen auf Basis von Aufenthaltstiteln "Studenten" nach § 64 NAG, deren Verlängerung zuletzt aber abgelehnt wurde.
2 Mit 4. September 2018 stellten die Revisionswerber hierauf Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diese Anträge mit Bescheiden vom 3. Mai 2019 ab. Damit verband es jeweils gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 3 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber in die Mongolei zulässig sei und erkannte Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidungen gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab. Gegen den Erstrevisionswerber und gegen die Zweitrevisionswerberin erließ das BFA außerdem unter einem jeweils gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein dann jeweils im Detail mit Mittellosigkeit begründetes zweijähriges Einreiseverbot.
3 Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidungen begründete das BFA in den genannten Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend damit, dass die
"vorgebrachten Existenzmittel ... völlig unzureichend" seien, den
Unterhalt für die Revisionswerber sicherzustellen. Es bestehe daher unmittelbar die Gefahr, dass sie zu einer Belastung von "öffentlichen Gebietskörperschaften" werden würden. Zur Finanzierung ihres Aufenthalts seien die Revisionswerber "bis dato" auf Unterstützungsleistungen "von Personen" angewiesen gewesen, worauf kein Rechtsanspruch bestanden habe. Es bestehe daher "weiterhin" die Gefahr, dass die Revisionswerber - denen im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung drohe - zur Finanzierung ihrer Ausreise und ihres Aufenthaltes bis zu ihrer Ausreise einer illegalen Beschäftigung nachgehen müssten. 4 Die Revisionswerber erhoben gegen diese Bescheide Beschwerde. In dieser wurde - in Bezug auf die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidungen - u.a. ausgeführt, dass die Revisionswerber (monatliche) Existenzmittel zwischen 850,-- und 900,-- Euro zur Verfügung hätten; sie lebten "seit über zehn Jahren" im österreichischen Bundesgebiet und seien noch nie auf Zuwendungen einer Gebietskörperschaft angewiesen gewesen. Warum dies gerade bis zur Entscheidung über ihre Beschwerde der Fall sein solle, lasse das BFA vollkommen offen.
5 Mit "Beschluss" vom 26. Juni 2019 sprach das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aus, dass der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werde. Eine Revision erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
6 Über die gegen diesen "Beschluss" erhobene (außerordentliche) Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
8 In seinen Bescheiden vom 3. Mai 2019 hat das BFA in eigenen Spruchteilen Beschwerden gegen die unter einem erlassenen Rückkehrentscheidungen die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dabei stützte es sich auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, wonach die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen ist, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. 9 Über die auch dagegen erhobene Beschwerde wäre vom BVwG nicht mit Beschluss, sondern mit Erkenntnis abzusprechen gewesen (vgl. auch unter der Annahme der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 5 BFA-VG auf die Fälle des § 18 Abs. 2 BFA-VG in diesem Sinn VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278, 0279, Rn. 9, dessen Aussagen insoweit ungeachtet der mit dem FrÄG 2017 erfolgten Änderungen der Rechtslage weiterhin Gültigkeit zukommt (VwGH 13.12.2018, Ro 2018/18/0008, Rn. 29)). Vor allem hätte es aber einer Auseinandersetzung mit den Tatbestandselementen der soeben zitierten Bestimmung bedurft. Es hätte also in Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen der Revisionswerber einer Begründung bedurft, weshalb ihre sofortige Ausreise - nach einem (fast) zehnjährigen Aufenthalt in Österreich ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens (siehe etwa VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0053, Rn. 12) - zu erfolgen habe. 10 Eine derartige Begründung ist das BVwG, wie in der Revision zutreffend aufgezeigt wird, völlig schuldig geblieben und es hat in diesem Zusammenhang nur ausgeführt, das BFA habe sich bei seinem Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung "somit ... zu Recht auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gestützt." Die seitens des BVwG angestellten Überlegungen zu § 18 Abs. 5 BFA-VG, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, vermögen den aufgezeigten Begründungsmangel nicht zu sanieren. Die angefochtene Entscheidung war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Da nur eine (gemeinsame) Revision vorliegt, war die Gebühr nach § 24a VwGG nur einmal zu entrichten und daher auch nur einmal zuzuerkennen (VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278 und 0279, Rn. 13). Gemäß § 53 Abs. 1 VwGG kommt überdies nur der Ersatz von einfachem Schriftsatzaufwand in Betracht.
Wien, am 19. September 2019
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210224.L00Im RIS seit
11.11.2019Zuletzt aktualisiert am
11.11.2019