Entscheidungsdatum
18.09.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §10Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde des Herrn AA, p.A. BB GmbH, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 04.06.2019, Zl ***, betreffend die Zurückweisung seines Einspruches,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als dass der Spruch des Bescheides wir folgt abgeändert wird:
„Der Einspruch vom 08.12.2018 gegen die Strafverfügung vom 12.11.2018, Zl ***, wird gemäß § 49 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr 57/2018, als verspätet zurückgewiesen.“
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Herr CC ist bei der BB GmbH, Adresse 1, Z, beschäftigt, deren Geschäftsführer und Teilinhaber der Beschwerdeführer ist.
Mit Strafverfügung vom 12.11.2018, Zl ***, wurden CC Verstöße gegen die StVO im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit einem Firmenfahrzeug der BB GmbH angelastet. Die Strafverfügung wurde CC am 21.11.2018 durch Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist); er hat das Schriftstück auch an diesem Tag abgeholt.
Am 08.12.2018 langte per E-Mail ein Einspruch gegen die Strafverfügung bei der belangten Behörde ein. Der Einspruch wurde vom Beschwerdeführer „im Namen des beschuldigten Herrn CC (aufgrund seiner geringer Deutschkenntnisse)“ erhoben.
Mit einem Schreiben der belangten Behörde vom 27.03.2019, adressiert an CC, wurde diesem mitgeteilt, dass sein Rechtsmittel offenbar verspätet eingebracht worden sei. Die Zustellung durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt sei bereits am 20.11.2018 erfolgt. Somit sei seine Eingabe vom 08.12.2018 von ihm nicht innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist eingebracht worden. Es erfolgte daher die Einladung, allfällige Umstände bekanntzugeben, die die Zustellung durch Hinterlegung mangelhaft erscheinen lassen würden, wie etwa eine längere vorübergehende Abwesenheit vom Zustellort unter Angabe des Abreise- und Rückkehrtages, und diese Umstände durch Angaben von Zeugen oder sonstiger Beweismittel glaubhaft zu machen.
Mit E-Mail-Nachricht vom 06.04.2019 teilte der Beschwerdeführer mit, dass CC den eingeschriebenen Brief am 21.11.2018 abgeholt und gleich von der Poststelle in den Urlaub in die Slowakei gefahren sei. CC sei am 03.12.2018 zurückgekommen und habe ihm dem Brief am 04.12.2018 zur Einsicht übergeben. Am 08.12.2018 habe der Beschwerdeführer der belangten Behörde die Anfechtung zukommen lassen. Der Beschwerdeführer bat darum, die zwei Tage der Überschreitung als irrelevant anzusehen.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 04.06.2019, Zl ***, wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die gegen CC erlassene Strafverfügung gemäß § 49 Abs 1 VStG als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Einspruch gegen die Strafverfügung sei vom Beschwerdeführer verfasst worden. Somit stehe fest, dass der Einspruch nicht vom Beschuldigten selbst, dem das Einspruchsrecht zustehe, eingebracht worden sei. Auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.06.1994, Zl 91/06/0240, gestützt führte die belangte Behörde aus, dass in dem in Rede stehenden Einspruch nicht auf ein bestehendes Vollmachtsverhältnis hingewiesen worden sei, sodass diese Unterlassung kein bloßer Formfehler sei. Aufgrund dessen habe der Mangel der fehlenden Vollmacht von Vorneherein nicht saniert werden können. Dieser Bescheid erging an den Beschwerdeführer und durchschriftlich an CC.
Am 26.06.2019 erhob der Beschwerdeführer unter Zuhilfenahme des Formulardienstes des Landes Tirol rechtzeitig Beschwerde. Er führte aus, dass ihm CC den Brief am 04.12.2018 zur Einsicht übergeben und aufgrund seiner geringen Deutschkenntnisse gebeten habe, den Widerspruch einzulegen. Da es sich bei dem am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeug um ein Firmenfahrzeug der Firma BB GmbH gehandelt habe, dessen Teilinhaber der Beschwerdeführer sei, sei es für ihn selbstverständlich, dass er sich um diese Angelegenheit gekümmert habe. Im Anhang übermittelte der Beschwerdeführer eine computergeschriebene, eigenhändig mit 25.06.2019 datierte und von CC eigenhändig unterschriebene Vollmacht des Herrn CC für den Beschwerdeführer.
Dieser Sachverhalt ergibt sich in unzweifelhafter und unstrittiger Weise aus der dem Landesverwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 erster Fall VwGVG abgesehen werden.
II. Rechtslage:
Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:
§ 49.
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
[…]
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.
Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 58/2018, lauten wie folgt:
Vertreter
§ 10.
(1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
[…]
Anbringen
§ 13.
[…]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 5/2008, lautet wie folgt:
Hinterlegung
§ 17.
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
[…]
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
III. Erwägungen:
1.) Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Eingangs ist betreffend die Rechtzeitigkeit der Beschwerde festzuhalten, dass der dem Landesverwaltungsgericht vorliegende Akt nur einen Rückschein betreffend die Zustellung an CC, aber keinen Rückschein betreffend die Zustellung an den Beschwerdeführer – den eigentlichen Bescheidadressaten – enthält. Die Angabe des Beschwerdeführers in der Beschwerde, wonach ihm der Bescheid am 04.06.2019 zugestellt worden sei („Am 04.06.2019 bekamen wir, Herr CC und Herr AA, beide einen Bescheid von Frau DD. Gegen diesen erheben wir eine Beschwerde innerhalb der gesetzten Frist von 4 Wochen ab der Zustellung.“), bildet den einzigen Anhaltspunkt, wann die Zustellung erfolgt ist und war dementsprechend der Prüfung der Rechtzeitigkeit zugrunde zu legen. Ausgehend von diesem Zustelldatum war die am 26.06.2019 erhobene Beschwerde als rechtzeitig zu qualifizieren.
2.) Zur Vertretungsbefugnis des Beschwerdeführers:
Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte binnen zwei Wochen nach Zustellung der Strafverfügung dagegen Einspruch erheben. Damit ist grundsätzlich der Beschuldigte zur Erhebung des Einspruchs berechtigt. Er kann den Einspruch aber auch durch einen Vertreter iSd § 10 AVG einbringen (vgl dazu Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 49 Rz 2, Stand 1.5.2017, rdb.at).
Gemäß § 10 Abs 1 AVG kann ein Vertreter eine natürliche Person, die volljährig und handlungsfähig ist und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft sein. Der Gesetzgeber sieht dazu vor, dass sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat. Unter „Vollmacht“ wird dabei die Vollmachtsurkunde verstanden – sohin das Schriftstück, mit dem die Vollmachtserteilung beurkundet wird (vgl dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 8, Stand 1.1.2014, rdb.at und die dort zitierte Judikatur).
Für die Rechtswirksamkeit einer von einem Vertreter vorgenommenen Verfahrenshandlung genügt es, wenn ein zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung bestehendes Vollmachtsverhältnis erst nachträglich beurkundet wird (vgl dazu VwGH 24.02.2005, 2004/07/0170; VwGH 27.01.2009, 2008/22/0879). Der Vertreter muss aber bereits im Zeitpunkt seines Handelns zumindest schlüssig zu erkennen geben, dass er als Vertreter einer bestimmten anderen Person tätig wird (vgl dazu VwGH 24.02.2005, 2004/07/0170).
Wird bei einer Eingabe zwar auf ein Vollmachtsverhältnis hingewiesen, aber keine schriftliche Vollmachtsurkunde vorgelegt, ist dies ein Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG, der gemäß § 10 Abs 2 AVG durch einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag zu beheben ist (vgl dazu VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093; VwGH 24.02.2005, 2004/07/0170). Aus der Datierung der Vollmachtsurkunde kann nicht geschlossen werden, dass erst ab der Datierung ein Vollmachtsverhältnis entstanden wäre. Vielmehr wird der Mangel des Nachweises eines bestehenden Vollmachtsverhältnisses auch durch dessen nachträgliche Beurkundung beseitigt (vgl dazu VwGH 27.01.2009, 2008/22/0879).
Somit gilt: Legt ein Vertreter iSd § 10 AVG einem Einspruch nach § 49 Abs 1 VStG keine schriftliche Vollmachtsurkunde bei, lässt aber im Einspruch bereits schlüssig erkennen, dass er für den Beschuldigten tätig wird, so trifft die erkennende Behörde gemäß § 10 Abs 2 letzter Satz AVG iVm § 13 Abs 3 AVG die Pflicht, mittels Mängelbehebungsauftrag den Vertreter dazu aufzufordern, durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde nachzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruches im Innenverhältnis faktisch bereits ein Vollmachtsverhältnis bestanden hat. Da es lediglich auf das faktische Vorliegen des Vollmachtsverhältnisses – sohin das Vorliegen im Innenverhältnis – zum Zeitpunkt der Erhebung des Einspruches ankommt, und die Vollmachtsurkunde das Vollmachtsverhältnis nur im Außenverhältnis beurkundet, ist es irrelevant, wenn die vorgelegte Vollmachtsurkunde mit einem Datum versehen ist, das nach der Erhebung des Einspruches liegt.
Der Beschwerdeführer trat im gegenständlichen Fall in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der BB GmbH selbst als natürliche Person auf und nicht als Vertreter der juristischen Person. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich somit um eine natürliche Person, die alle Voraussetzungen des § 10 Abs 1 erster Fall AVG erfüllt – sohin volljährig und handlungsfähig ist und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist. In dem von ihm eingebrachten Einspruch hat sich der Beschwerdeführer darauf berufen, den Einspruch aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse von CC in dessen Namen zu erheben. Dadurch hat der Beschwerdeführer bereits schlüssig zu erkennen gegeben, als Vertreter für CC tätig zu werden (vgl VwGH 24.02.2005, 2004/07/0170). Daneben hat der Beschwerdeführer in der E-Mail-Nachricht vom 06.04.2019 angegeben, CC habe ihm den Brief am 04.12.2018 zur Einsicht übergeben. In der Beschwerde ergänzte er diese Angabe dahingehend, CC habe ihn bei dem Treffen darum gebeten, aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse den Widerspruch für ihn einzulegen, wozu er sich auch bereit erklärt habe. Aus der Zusammenschau dieser Angaben geht zweifelsfrei hervor, dass seit 04.12.2018 und dementsprechend bei der Erhebung des Einspruchs am 08.12.2018 im Innenverhältnis faktisch bereits ein Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und CC bestanden hat.
Die mit der Beschwerde vorgelegte Vollmachtsurkunde bestätigt dieses Vollmachtsverhältnis nunmehr im Außenverhältnis. Dass die Vollmachtsurkunde erst mit 25.06.2019 – und nicht mit dem Datum der Vollmachtserteilung vom 04.12.2018 oder mit dem Datum der Einspruchserhebung vom 08.12.2018 – datiert ist, ist aufgrund der Tatsache, dass es nur darauf ankommt, dass bei der Erhebung des Einspruchs im Innenverhältnis das Vollmachtsverhältnis faktisch bereits bestanden hat, gänzlich unbedeutend (vgl VwGH 27.01.2009, 2008/22/0879).
Im Ergebnis zeigt sich, dass der Beschwerdeführer den Einspruch für den in der Strafverfügung beschuldigten CC als dessen Vertreter iSd § 10 Abs 1 erster Fall AVG eingebracht hat. Dass er mit dem Einspruch nicht gleichzeitig eine entsprechende Vollmachtsurkunde vorgelegt hat, stellt einen behebbaren Mangel iSd § 13 Abs 3 AVG dar, zu deren Behebung die erkennende Behörde gemäß § 10 Abs 2 letzter Satz AVG verpflichtet ist. Im gegenständlichen Fall hat es die belangte Behörde aber unterlassen, dem Beschwerdeführer diesbezüglich einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Vielmehr hat sie den Einspruch ohne weitere dahingehende Erhebungen als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde hat sich dabei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.06.1994, Zl 91/06/0240, gestützt, wonach die Unterlassung des Hinweises auf ein bestehendes Vollmachtsverhältnis im Einspruch kein bloßer Formfehler sei und daher der Mangel der fehlenden Vollmacht von vornherein nicht saniert werden habe können. Hier ist vonseiten des Landesverwaltungsgerichtes darauf hinzuweisen, dass die herangezogene Judikatur die verfahrensgegenständliche Entscheidung der belangten Behörde nicht zu stützen vermag, da wie oben ausgeführt bereits dem Einspruch ein Hinweis auf eine bestehende Vollmacht zu entnehmen war. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die belangte Behörde in ihrem Schreiben vom 27.03.2019 an CC betreffend das Vorliegen etwaiger Zustellmängel anführte: „Eine Überprüfung Ihres Rechtsmittels gegen die ha. Strafverfügung vom 12.11.2018, Zahl ***, hat ergeben, dass dies offenbar verspätet eingebracht worden ist. … Ihre Eingabe (vom 08.12.2018) wurde somit von Ihnen nicht innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist eingebracht“ worden sei. Mit diesen Formulierungen hat die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers im Schreiben vom 27.03.2019 entgegen der Ansicht im nunmehr angefochtenen Bescheid eindeutig als Einspruch von CC gewertet, diesen der Sphäre von CC zugerechnet und ist somit implizit von einem Vollmachtsverhältnis ausgegangen.
Da der Erhebung des Einspruches am 08.12.2018 durch den Beschwerdeführer sohin im Innenverhältnis ein faktisches Vollmachtsverhältnis zwischen ihm und CC zugrunde gelegen ist und der Beschwerdeführer den Einspruch somit als dessen Vertreter iSd § 10 Abs 1 erster Fall AVG eingebracht hat, war der Beschwerde diesbezüglich Folge zu geben.
3.) Zur Verspätung des Einspruchs:
Gemäß § 49 Abs 1 VStG ist der Einspruch gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen ab Zustellung zu erheben. Diese Frist bildet eine verfahrensrechtliche Frist, die nicht erstreckbar ist (vgl dazu Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 49 Rz 3,Stand 1.5.2017, rdb.at, und die dort zitierte Judikatur).
Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gilt ein hinterlegtes Dokument mit dem Tag als zugestellt, an dem es erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Der eingeschriebene Brief mit der Strafverfügung wurde erstmals am 21.11.2018 zur Abholung bereitgehalten. CC behob den Brief noch am selben Tag.
Die Strafverfügung wurde CC daher am 21.11.2018 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt. Dementsprechend begann die zweiwöchige Einspruchsfrist am 21.11.2018 zu laufen und endete am 05.12.2018. Der Einspruch wurde aber erst nach Ablauf der Einspruchsfrist am 08.12.2018 – und damit unstrittig verspätet – erhoben. An einer Versäumung der Beschwerdefrist ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer während des Laufes dieser Frist auf Urlaub war (vgl VwGH vom 05.04.1974, 0410/74).
Insofern ist der am 08.12.2018 vom Beschwerdeführer gegen die Strafverfügung erhobene Einspruch zwar nicht als unzulässig wegen eines fehlenden Vollmachtverhältnisses, aber als verspätetet wegen der Versäumung der zweiwöchigen Einspruchsfrist zurückzuweisen. Im Übrigen sei betreffend die Bitte des Beschwerdeführers, die zwei Tage der Überschreitung als irrelevant anzusehen, angemerkt, dass diese gegen die Verspätung des Einspruches nichts auszurichten vermag, weil es sich bei der Einspruchsfrist um eine nicht erstreckbare Frist handelt und somit die Rechtsfolgen des § 49 Abs 3 VStG eingetreten sind.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Stemmer
Richterin
Schlagworte
Einspruch;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.45.1335.1Zuletzt aktualisiert am
07.10.2019