Entscheidungsdatum
25.09.2019Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §21 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde (1.) des AA, Adresse 1, Z, (2) des BB, Adresse 2, Z, (3.) des CC, Adresse 3, Z, (4.) des DD, Adresse 4, Z, und (5.) des EE, Adresse 5, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.04.2019, Zahl ***, betreffend einer wasserrechtlichen Wiederverleihung und Kollaudierung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Z),
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der angefochtene Spruchpunkt B um folgenden Satz ergänzt wird:
„Der Bodenfilter (die aktive Bodenpassage) und das Speichervolumen der Sickeranlage sind gemäß der Nebenbestimmung *** bis spätestens 31.12.2019 wiederherzustellen.“
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 05.08.2008, Zahl ***, wurde der Gemeinde Z die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die Oberflächenentwässerung „FF“ befristet bis zum 30.06.2018 erteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.04.2019 wurde der Gemeinde Z die wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 21 Abs 3 WRG 1959 befristet bis zum 31.12.2038 wiederverliehen (Spruchpunkt A) und die Anlage gleichzeitig gemäß § 121 Abs 1 WRG 1959 für überprüft erklärt (Spruchpunkt B).
Mit Schreiben vom 03.05.2019 haben AA, BB, CC, DD und EE als betroffene Grundeigentümer dagegen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass sich auf ihren Weideflächen ganzjährig Staunässe bilde.
II. Sachverhalt:
Mit Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides wurde die wasserrechtliche Bewilligung für die Oberflächenentwässerung des „FF“ wiederverliehen. Dabei werden die Oberflächenwässer unter anderem entlang der Adresse 6 über Sickeranlagen in die angrenzenden Wiesenflächen abgeleitet.
Mit Spruchpunkt *** des angefochtenen Bescheides wurde folgende Nebenbestimmung vorgeschrieben:
„Die Entwässerungsanlage ist dauernd in einem einwandfreien Bau- und Betriebszustand zu erhalten und zu warten. Insbesondere sind Sandfänge, Schlammsümpfe in Kontrollschächten, Eimer in Sinkkästen und Schmutzfänge von Kontrollschachtabdeckungen nach Bedarf, jedoch vor Erschöpfung ihres Fassungsraumes, gründlich und sorgfältig zu räumen (§ 50 WRG 1959). Das Räumungsgut ist gemäß den abfallrechtlichen Bestimmungen zu entsorgen. Beim Unterschreiten der erforderlichen Sickerleistung (z.B. Überstauung) ist die aktive Bodenpassage durch geeignete Maßnahmen wiederherzustellen (Vertikutieren, Schälen, Erneuern). Der Abtrag ist gemäß den abfallrechtlichen Bestimmungen zu entsorgen.“
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der betroffenen Wiesengrundstücke Nr **1, **2 und **3, alle KG Z. Bei einem ordnungsgemäßen Betrieb – insbesondere bei Einhaltung der Nebenbestimmung *** und der sich aus § 50 WRG 1959 ergebenden Instandhaltungsverpflichtung – ist es ausgeschlossen, dass die bewilligte Oberflächenentwässerung zur Bildung von Staunässe auf den Wiesen der Beschwerdeführer führt. Die anfallende Regenmenge, bezogen auf eine Regenspende von ca 290 l/s*ha (Liter pro Sekunde je Hektar), ist unter Bezugnahme der projizierenden Gehwegfläche nämlich keine relevante Infiltrationsmenge, von der eine Staunässe verursacht werden könnte.
Bei einem Lokalaugenschein am 06.06.2019 hat der wasserbautechnische Amtssachverständige jedoch festgestellt, dass die Sickeranlage nicht entsprechend der Nebenbestimmung *** und der Instandhaltungsverpflichtung nach § 50 WRG 1959 gewartet wurde. Aufgrund der unterlassenen Wartung konnte die Sickeranlage die anfallenden Oberflächenwässer nur bedingt in den Untergrund ableiten, sodass die angrenzenden Wiesen zusätzlich mit Niederschlagswässern beaufschlagt wurden.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vom Landesverwaltungsgericht eingeholten wasserbautechnischen Gutachten des Amtssachverständigen GG vom 18.06.2019, Zahl ***. Dieses Gutachten wurde im Rahmen des Parteiengehörs (Schreiben vom 26.07.2019, LVwG-2019/44/0976-4) nicht bestritten.
IV. Rechtslage:
Die relevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 21.
(…)
(3) Ansuchen um Wiederverleihung eines bereits ausgeübten Wasserbenutzungsrechtes können frühestens fünf Jahre, spätestens sechs Monate vor Ablauf der Bewilligungsdauer gestellt werden. Wird das Ansuchen rechtzeitig gestellt, hat der bisher Berechtigte Anspruch auf Wiederverleihung des Rechtes, wenn öffentliche Interessen nicht im Wege stehen und die Wasserbenutzung unter Beachtung des Standes der Technik erfolgt. Der Ablauf der Bewilligungsdauer ist in diesem Fall bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ansuchen um Wiederverleihung gehemmt; wird gegen die Abweisung eines Ansuchens um Wiederverleihung der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof angerufen, wird die Bewilligungsdauer bis zur Entscheidung dieses Gerichtes verlängert. Im Widerstreit mit geplanten Wasserbenutzungen gilt eine solche Wasserbenutzung als bestehendes Recht im Sinne des § 16.
(…)
Instandhaltung.
§ 50.
(1) Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.
(…)
Überprüfung der Ausführung von Wasseranlagen
§ 121.
(1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).
(…)“
V. Erwägungen:
Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte reicht nicht zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages aus. Von einem Erfordernis absoluter Gewissheit einer solchen Rechtsverletzung darf als Bedingung der Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages aber auch nicht ausgegangen werden. Eine wasserrechtliche Bewilligung – die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten ausgeklammert – darf wegen einer mit ihrer Ausübung verbundenen Verletzung fremder Rechte daher dann nicht erteilt werden, wenn eine solche Verletzung fremder Rechte durch die Ausübung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Die Abweisung einer beantragten wasserrechtlichen Bewilligung ist somit erst dann gerechtfertigt, wenn mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit die von einer Partei in ihren Einwendungen behaupteten Beeinträchtigungen im Verfahren hervorkommen. Der Bewilligungswerber hat hingegen einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung, wenn durch diese öffentliche Interessen oder fremde Rechte nicht verletzt werden (vgl VwGH 25.01.2007, 2005/07/0132; 20.02.2014, 2012/07/0139).
Zumal sich im vorliegenden Fall unstrittig herausgestellt hat, dass die beantragte Oberflächenentwässerung bei einem ordnungsgemäßen Betrieb nicht zu der von den Beschwerdeführern eingewandten Staunässe führen kann, erweist sich die Beschwerde gegen die wasserrechtliche Bewilligung unter Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides als unbegründet. Dabei ist klarzustellen, dass im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren von einem bescheidgemäßen Betrieb der Anlage auszugehen ist. Einem Bewilligungswerber kann nämlich ein mögliches zukünftiges rechtswidriges Verhalten nicht bereits im Bewilligungsverfahren unterstellt werden. Vielmehr ist schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen davon auszugehen, dass sich Bewilligungsinhaber an die erteilte Genehmigung halten. Die potentielle Möglichkeit eines zukünftigen bescheidwidrigen Verhaltens stellt also keinen zulässigen Beschwerdegrund dar (vgl VwGH 24.07.2014, Zl 2013/07/0215).
Was die wasserrechtliche Kollaudierung unter Spruchpunkt B anlangt, hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren unstrittig ergeben, dass die Sickeranlage nicht entsprechend der Nebenbestimmung *** und der Instandhaltungsverpflichtung nach § 50 WRG 1959 gewartet wurde und daher die eingewandte Staunässe entstehen konnte. Gemäß § 121 Abs 1 WRG 1959 ist im Kollaudierungsbescheid die Beseitigung wahrgenommener Mängel zu veranlassen. Da sich abgesehen von der ausständigen Wartung keine Bescheidabweichungen ergeben haben, ist die von der belangten Behörde ausgesprochene wasserrechtliche Überprüfung mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Wartung nachzuholen ist.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Oberflächenentwässerung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.44.0976.5Zuletzt aktualisiert am
07.10.2019