TE Lvwg Erkenntnis 2019/9/5 LVwG-AV-653/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.09.2019
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Entscheidungsdatum

05.09.2019

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §26 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 14. Mai 2019, Zl. ***, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahin abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:

„Dem Antrag von Frau A auf Erteilung einer Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund vom 06.02.2019 für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Gastgewerbe“ wird stattgegeben und die Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung erteilt.“

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Schreiben vom 06.02.2019 bei der Bezirkshauptmannschaft Krems (im Folgenden: belangte Behörde) eingelangt am 07.02.2019 beantragte Frau A (im Folgenden: Beschwerdeführerin) die Erteilung einer Nachsicht gemäß § 26 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), da im Strafregisterauszug der Beschwerdeführerin nicht getilgte Verurteilungen aufscheinen.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.05.2019, ***, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin für das reglementierte Gewerbe “Gastgewerbe“ abgewiesen.

Begründend dazu führte die belangte Behörde aufgrund des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des persönlichen Gespräches mit der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 17.08.1990, rechtskräftig am 17.08.1990, die Beschwerdeführerin wegen schweren Betruges und schweren Diebstahls zu einer Geldstrafe von 200 Tagsätzen zu je 200,-- ATS (40.000,-- ATS) im NEF 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt wurde.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes ***, Zl. *** vom 25.03.1991, rechtskräftig am 25.03.1991, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 88 Abs. 3 StGB zu einer Geldstrafe von 70 Tagsätzen zu je 150,-- ATS (10.500,-- ATS) im NEF 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. *** vom 19.08.1998, rechtskräftig am 25.08.1998, wurde die Beschwerdeführerin wegen schweren Betruges und versuchter Vollstreckungsvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt, (Probezeit 3 Jahre) verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. *** vom 17.12.1999, rechtskräftig am 21.12.1999, wurde die Beschwerdeführerin erneut wegen schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Anordnung der Bewährungshilfe, wegen schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl.*** vom 04.12.2000, rechtskräftig am 08.12.2000, wurde die Beschwerdeführerin wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden, wegen des Vergehens der Untreue sowie wegen schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Freiheitsstrafe 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes ***, Zl. *** vom 09.01.2003, rechtskräftig am 14.01.2003, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 14.09.2006, rechtskräftig am 14.02.2007, wurde die Beschwerdeführerin erneut wegen schweren Betruges und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.

Die letzte Tatbegehung, infolge der die Beschwerdeführerin vom Landesgericht *** verurteilt wurde, erfolgte im Jahr 2005.

Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragung wird die Tilgung voraussichtlich am 07.01.2024 eintreten.

Die Beschwerdeführerin befand sich im Zeitraum vom 07.07.2008 bis 07.01.2009 in der Justizanstalt *** in Haft.

Ob in allen Fällen volle Schadenswiedergutmachung geleistet worden sei, sei der belangten Behörde nicht bekannt. Mildernd wurde dies im Urteil des Landesgerichtes *** vom 14.09.2006, Zl. ***, gewertet.

In allen Urteilen sei als mildernd das Geständnis der Beschwerdeführerin gewertet worden. In mehreren Gerichtsakten sei die Beschwerdeführerin auch als unbekannten Aufenthaltes geführt und nach den jeweiligen Taten zur Fahndung ausgeschrieben gewesen. Seit der Haftentlassung sei die Beschwerdeführerin bei mehreren Firmen sowohl als geringfügig Beschäftigte als auch als Angestellte bzw. Arbeiterin beschäftigt gewesen. Diese Arbeitsverhältnisse hätten teilweise nur mehrere Tage lang gedauert, teilweise sei die Beschwerdeführerin jedoch auch für eine ganze Saison bei einer Firma beschäftigt gewesen.

Aufgrund der persönlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin am 26.02.2019 vor der belangten Behörde sei ein positives Bild betreffend die Persönlichkeitsentwicklung und der Persönlichkeit erkannt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich im Gespräch ehrlich und äußerst bemüht gezeigt und habe glaubwürdig den Eindruck erweckt, aus ihren Fehlern gelernt zu haben. Die belangte Behörde sei überzeugt, dass eine Wandlung ihrer Persönlichkeit stattgefunden habe und habe diesbezüglich eine positive Prognose abgegeben.

Unabhängig davon sei aufgrund der schweren begangenen Straftaten der Beschwerdeführerin eine Befürchtung, dass die Beschwerdeführerin bei Ausübung des Gewerbes neuerlich ähnliche Straftaten verübe nicht gänzlich auszuschließen. Im vorliegenden Fall weise die Beschwerdeführerin einschlägige Verurteilungen gegen fremdes Vermögen und die Zuverlässigkeit von Urkunden auf. Beim gewerbsmäßig schweren Betrug liege keinesfalls eine strafbare Handlung vor, nach deren Eigenart die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung eines beabsichtigten Gewerbes „Gastgewerbe“ nicht zu befürchten sei. Die Tilgung werde voraussichtlich erst am 07.01.2024 eintreten.

Die Ausübung des Gastgewerbes biete in vielfacher Weise Gelegenheit zur Begehung von strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen und gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und insoweit zur Begehung ähnlicher gegen die selben Rechtsgüter gerichteten Delikte. Eine selbstständige unternehmerische Tätigkeit im Gastgewerbe sei insbesondere aufgrund des damit verbundenen betrieblichen Umfeldes (Ein- und Weiterverkauf von Waren, Lagerbestände, betriebliche Einrichtung, regelmäßiger Personalansatz) geeignet, allgemeine Grundsätze des ordentlichen Wirtschaftslebens zu missachten bzw. zu umgehen, indem beispielsweise Aufzeichnungen nicht oder nur lückenhaft geführt würden, Jahresabschlüsse verfälscht würden und Eigenkapital für private Zwecke entnommen würde. Aufgrund umfassender Befugnisse, welche die Funktion einer Gewerbeinhaberin mit sich bringen würde, biete sich mannigfache Möglichkeit, aus persönlichen Motiven und Eigennützigkeit dritte Personen (Kunden, Geschäftspartner, Behörden) zu schädigen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte dazu auf das wesentliche zusammengefasst aus, dass sie in den letzten 14 Jahren und auch seit Entlassung aus der Justizanstalt *** sehr viel gelernt und auch einige Therapien gemacht habe, weil sie vor sich selbst Angst gehabt hätte aus dieser „Betrugsspirale“ nicht mehr hinaus zu kommen. Wie aus den Urteilen zu erkennen sei, sei sie vor ihren eigenen Problemen geflüchtet. In ihrer Kindheit habe es für schlechte Noten Schläge gegeben, ebenso für schlechtes Benehmen. Diese Schläge und vor allem die Angst davor hätten sie als Kind so geprägt, dass sie mit Sorgen und Problemen nicht mehr nach Hause gegangen sei, sondern davongelaufen sei. Sie sei ihr Leben lang vor ihren Problemen davongelaufen, was sich auch in den Feststellungen des Bescheides der belangten Behörde wieder zeige. So habe sie ihren Namen geändert, Dokumente gefälscht um nicht gefunden zu werden und habe dadurch aber auch nicht glücklicher gelegt. Es sei ein Leben in ständiger Angst gewesen.

1990 habe sie sich der Polizei gestellt, weil sie schwanger gewesen sei und das Kind mit richtigem Namen auf die Welt bringen wollte. Sie habe dieses Kind dann zur Adoption frei gegeben, da sie keine gemeinsame positive Zukunft gesehen habe. Mittlerweile habe sie mit ihrem Sohn Kontakt und sei darüber sehr glücklich.

Durch die Therapien habe sie ihre Ängste abgelegt und habe sich rückblickend auf 14 Jahre wohlverhalten. Es habe keinen einzigen Tag gegeben an dem sie nicht Nichtgemeldet gewesen sei und habe sich ihren Problemen gestellt. Trotz ihrer Schulden und Exekutionen habe sie nicht mehr betrogen, nicht mehr gestohlen und sei ständig einer Arbeit nachgegangen und bei diesen Arbeiten trotz Zugang zu Geld nicht mehr betrogen. In den letzten Jahren habe sie sowohl als Buchhalterin, als Verkäuferin und als Kellnerin mit Inkassoermächtigung gearbeitet. Auch ehrlich mit den Behörden zusammengearbeitet und mittlerweile im Betrieb ihres Lebensgefährten Fuß gefasst. Sie trage Verantwortung für all ihre Taten und ihre Vorstrafen. Sie sei sich ihrer Verantwortung bewusst und habe keinesfalls vor strafrückfällig zu werden. Sie sei in einem guten Umfeld, habe einen Lebensgefährten, einen Patensohn, einen Sohn, eine tolle Familie, einen guten Freundeskreis, studiere nebenbei an der Uni Politikwissenschaft und lerne immer wieder dazu. Aus all diesen Gründen ersuche sie die Nachsicht zu erteilen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 26.08.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin persönlich einvernommen wurde. Im Zuge dieser Verhandlung legte die Beschwerdeführerin weitere folgende Dokumente vor:

Die von ihr abgeschlossene Befähigungsprüfung zum reglementierten Gastgewerbe vom 02.04.2019, die Ausbildung zum Jungsommelier vom 27.11.2004, einen Seminarbesuch betreffend „Weine richtig verkosten“ vom 27.10.2004 sowie „Von der Rebe zum Wein“ vom 03.11.2004, eine Geburtsurkunde, eine Bestätigung betreffend eines Weiterbildungsseminares an der Politischen Akademie vom 12.06.2018, einen Bescheid über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung zum Bachelorstudium Politikwissenschaften vom 04.12.2017 sowie weitere Gehaltsabrechnungen vom Oktober, September und August 2018 aus welchem sich das jeweilige Einkommen der Beschwerdeführerin ergibt, sowie Kopien von Sparbüchern der Beschwerdeführerin, aus welchem sich das Guthaben der Beschwerdeführerin ergibt.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ebenso Einsicht genommen in den von der belangten Behörde übermittelten unbedenklichen Verwaltungsakt zur Zl. *** und den Gerichtsakt zur Zl. LVwG-AV-653-2019.

Auf Grund der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 17.08.1990, rechtskräftig am 17.08.1990, wurde die Beschwerdeführerin wegen schweren Betruges und schweren Diebstahles gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB und §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB, zu einer Geldstrafe von 200 Tags zu je 200,00 ATS (40.000,00 ATS) im NEF 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Vollzugsdatum: 17.08.1990, verurteilt. Der von ihr begangene schwere Betrug resultierte daraus, dass Sie zweimal unrechtmäßig an sich geberachte Scheckformulare ausgefüllt, mit der nachgemachten Unterschrift der Kontoinhaberin versehen und zur Einlösung präsentiert hatte. Den schweren Diebstahl beging die Beschwerdeführerin, indem Sie mehreren (juristischen und natürlichen) Personen Bargeld im Gesamtbetrage von S 29.894,00 mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes ***, Zl. ***, vom 25.03.1991, rechtskräftig am 25.03.1991, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 88 Abs. 3 StGB, zu einer Geldstrafe von 70 Tags zu je 150,00 ATS (10.500,00 ATS) im NEF 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, Vollzugsdatum: 12.05.1992, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, GZ. ***, vom 19.08.1998, rechtskräftig am 25.08.1998, wurde die Beschwerdeführerin wegen schweren Betruges und versuchter Vollstreckungsvereitelung nach §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB und §§ 15 und 162 Abs. 1 u. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt, (Probezeit 3 Jahre), verurteilt. Den schweren Betrug beging sie, indem sich jemanden durch Täuschung über Ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Ausfolgung eines Wohnwagenanhängers verleitet hat, wodurch mit einem Betrag von ca. S 50.000,00 am Vermögen geschädigt wurde. Die versuchte Vollstreckungsvereitelung wurde begangen, indem die Beschwerdeführerin mittels eines fiktiven Kaufvertrages Ihren PKW BMW 520 i an einen Dritten übertrug, um Ihr Vermögen zum Schein zu verringern und dadurch die Befriedigung eines Gläubigers zu vereiteln oder zu schmälern.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 17.12.1999, rechtskräftig am 21.12.1999, wurde die Beschwerdeführerin erneut wegen schweren Betruges gemäß §§ 146 und 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monate, Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Anordnung der Bewährungshilfe, Vollzugsdatum: 30.07.2001, verurteilt. Die Beschwerdeführerin behauptete, B zu heißen und inkassoberechtigte Angestellte des Partnervermittlungsbüros C zu sein, und sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Urkunden mehrere Personen zur Ausfolgung von Geldbeträgen verleitetet und somit diese oder die Partnervermittlungsagentur am Vermögen geschädigt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 10.07.2000, rechtskräftig am 14.07.2000, wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Vollzugsdatum: 30.01.2001, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 04.12.2000, rechtskräftig am 08.12.2000, wurde die Beschwerdeführerin wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden, wegen des Vergehens der Untreue sowie wegen schweren Betruges gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB, §§ 153 Abs. 1 und 2 StGB, §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Vollzugsdatum: 08.12.2000, verurteilt. Sie hat durch Vorlagen falscher Urkunden (eines abgeänderten Führerscheines sowie eines Unterschriftenprobeblattes) bei einer Bank im Zuge der Eröffnung eines Girokontos im Rechtsverkehr zum Beweis einer anderen Identität eine verfälsche inländische öffentliche Urkunde bzw. eine falsche Urkunde gebraucht und damit das Vergehen besonders geschützter Urkunden begangen. Das Vergehen der Untreue hat sie begangen, indem sie Behebungen von dem eingerichteten Girokonto in der Höhe von S 105.049,07 tätigte, ohne für eine ausreichende Abdeckung des Verrechnungskontos zu sorgen, wodurch die Bank einen Vermögensnachteil zumindest in dieser Höhe zugefügt wurde.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes ***, Zl. ***, vom 09.01.2003, rechtskräftig am 14.01.2003, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 127 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Vollzugsdatum: 14.01.2003, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, vom 14.09.2006, rechtskräftig am 14.02.2007, wurde die Beschwerdeführerin erneut wegen schweren Betruges und Urkundenfälschung gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 (1. Fall) StGB, § 223 Abs. 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, Vollzugsdatum: 07.01.2009, verurteilt. Durch Täuschung über Ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit hat die Beschwerdeführerin ein Weinhandelsunternehmen dazu verleitet, 12 Weinfalschen im Gesamtwert von € 579,60 zu liefern. Zur Täuschung benützte sie eine falsche Urkunde, nämlich ein mit der nachgemachten Unterschrift Ihres damaligen Mitbewohners versehenes Bestellformular. Weiters verwendete sie einen mit der nachgemachten Unterschrift des D versehenden Auftragsschein zum Nachweis einer Tatsache und begingen dadurch das Vergehen der Urkundenfälschung.

Die letzte Tatbegehung, infolge derer die Beschwerdeführerin vom Landesgericht *** wie oben dargestellt, verurteilt wurden, erfolgte im Jahr 2005.

Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragungen wird die Tilgung voraussichtlich mit 07.01.2024 eintreten.

Die Beschwerdeführerin befand sich von 07.07.2008 bis 07.01.2009 in der Justizanstalt *** in Haft.

Die Beschwerdeführerin ist am 30.06.1969 geboren und durchlebte eine schwierige Kindheit. Nach ihrer Geburt und dem Aufenthalt bei mehreren Pflegeeltern wurde sie schließlich von ihren nunmehrigen Adoptiveltern adoptiert. Während der Schulzeit war das Verhältnis zu den Adoptiveltern schlecht, was nach ihrem positiven Abschluss der Handelsschule dazu führte, dass die Beschwerdeführerin nach *** zog. Dies führte neben der Begehung zahlreicher Straftaten auch dazu, dass sie schließlich ihr eigenes Kind zur Adoption freigab.

Seit Begehung ihrer letzten Straftat im Jahr 2005 hat sich die Beschwerdeführerin nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sich wohlverhalten und hat ihr privates und berufliches Leben in geordnete Bahnen gebracht. Sie ging regelmäßig verschiedener Arbeiten nach und übte zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber die ihr aufgetragenen Tätigkeiten aus.

Im Zeitraum 2008 bis 2015 lebte die Beschwerdeführerin in *** und hat dort in der Vinothek „***“ bei ihrem damaligen Lebensgefährten gekellnert und gearbeitet. Ab ca. Mai 2016 übersiedelte die Beschwerdeführerin in die *** und war bis ca. Oktober 2016 als Sommelier tätig. Ab März 2017 bis November 2017 arbeitete die Beschwerdeführerin im Strandcafé in *** als Kellnerin. Von März 2018 bis November 2018 war sie als Verkäuferin im Geschäft „***“ in *** tätig. Bei all ihren Tätigkeiten war die Beschwerdeführerin inkassoberechtigt.

Seit April 2018 befindet sich die Beschwerdeführerin in einer festen Beziehung. Ihr Lebensgefährte betreibt das Lokal „***“ im ***, welches am 29. Juni 2019 wiedereröffnet wurde. Die Beschwerdeführerin führst dieses Lokal schon seit ca. April 2018 de facto alleine, da ihr Lebensgefährte untertags als Busfahrer arbeitet und lediglich am Wochenende bzw. abends im Lokal mithilft. Es gibt sonst keine weiteren Angestellten. Die Beschwerdeführerin kümmert sich darüber hinaus auch um die Buchhaltung. Das Eigeneinkommen der Beschwerdeführerin beträgt derzeit ca. € 700,00 monatlich netto.

In ihrem privaten Umfeld hat sich für die Beschwerdeführerin alles zu ihrem Wohlwollen entwickelt, da sie sich nicht nur mit ihrem Sohn ausgesöhnt und zu ihm regelmäßig ein positives Verhältnis hat, sondern auch mit ihren Adoptiveltern. Die Aussöhnung zu den Adoptiveltern führte dahingehend, dass diese sie monatlich mit einem Betrag von € 300,00 unterstützen und darüber hinaus einmal im Jahr mit € 10.000,00.

Die Beschwerdeführerin erfüllt den mit ihr vereinbarten Zahlungsplan und überwies bereits die erste Rate pünktlich

Die Beschwerdeführerin leistete betreffend ihre Straftaten Schadenswiedergutmachung.

Die Beschwerdeführerin ging regelmäßig in Therapie und entwickelte sich hat sich in ihrer Persönlichkeit weiter. Sie bereut ihre vor nunmehr mehr als 14 Jahren begangenen Straftaten.

Die Beschwerdeführerin legte weiters die Studienberechtigungsprüfung für das Studium „Politikwissenschaft“ ab, darüber hinaus machte sie eine Ausbildung als Sommelier mit begleitenden Seminaren und die Befähigungsprüfung für das reglementierte Gewerbe „Gastgewerbe“ am 02.04.2019.

Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche und festgestellte Sachverhalt ergibt sich auf Grund der Einsichtnahme in den von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsakt zur Zl. *** sowie auf Grund der Einvernahme der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, welche in dieser Verhandlung einen glaubwürdigen und gefestigten Eindruck hinterlassen hat. Die Feststellungen betreffend die von der Beschwerdeführerin festgestellten Straftaten ergeben sich insbesondere auf Grund der im von der Behörde übermittelten Verwaltungsakt inneliegenden rechtskräftigen Urteile des Landesgerichtes *** zur Zl. ***, Urteil des Bezirksgerichtes ***, Zl. *** vom 25.03.1991, Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. *** vom 10.07.2000, Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. ***, Urteil des Bezirksgerichtes *** zur Zl. *** vom 09.01.2003 und schließlich Urteil des Landesgerichtes ***, Zl. *** vom 14.09.2006. Dass die letzte Tatbegehung der Beschwerdeführerin im Jahr 2005 erfolgt ist, ist darüber hinaus unstrittig.

Ebenso ist nach derzeitigem Stand unstrittig, dass die Tilgung der eingetragenen Straftaten im Strafregister mit 07.01.2024 eintreten wird.

Darüber hinaus unstrittig ist die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin sich im Zeitraum vom 07.07.2008 bis 07.01.2009 in der Justizanstalt *** in Haft befunden hat. Dass die Beschwerdeführerin Schadenswiedergutmachung geleistet hat ergibt sich auf Grund der von ihr getätigten glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie aus der Tatsache, dass dies ebenso im Urteil des Landesgerichtes *** vom 14.09.2006, Zl. *** erwähnt wurde.

Dass sich die Beschwerdeführerin in ihrer Persönlichkeit gewandelt hat, ergibt sich auf Grund ihrer Einvernahme, bei der sich das Gericht ein persönliches Bild von der Beschwerdeführerin verschafft hat. Auf Grund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Beschwerdeführerin ihr Leben betreffend hat sie –wie auch bereits die Behörde – das Gericht davon überzeugt, dass eine Wandlung ihrer Persönlichkeit stattgefunden hat und sie nunmehr Verantwortung über ihr Leben übernommen hat. Die Beschwerdeführerin hat das erkennende Gericht dahingehend überzeugt, dass sie ihre Straftaten bereut, aus diesen gelernt hat und mittlerweile eine Frau ist, die „mitten im Leben“ steht. Die Beschwerdeführerin geht regelmäßig einer Erwerbstätigkeit nach, hat eine fixe Partnerschaft und steht in guter und regelmäßiger Beziehung sowohl zu ihren Adoptiveltern als auch zu ihrem Sohn. Darüber hinaus hat sie sich einen Freundeskreis aufgebaut und bildet sich regelmäßig weiter. Ihre Entwicklung geht so weit, dass sie sowohl die Studienberechtigungsprüfung für ein Studium abgeschlossen hat, als auch die Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe abgelegt hat. Betreffend die Rückzahlung ihrer Schulden ist auszuführen, dass die Beschwerdeführerin diese auf Grund ihres eigenen Einkommens und auch der regelmäßigen finanziellen Unterstützungen durch ihre Eltern in der Lage ist, zu begleichen. Insbesondere ergibt sich auch aus den vorgelegten Sparbüchern und ihren glaubwürdigen Ausführungen, dass die Beschwerdeführerin ein regelmäßiges Einkommen bzw. Einnahmen hat.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führt rechtlich wie folgt aus:

Folgende Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung:

§ 28 Abs. 1 VwGVG lautet:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

§ 28 Abs. 2 VwGVG lautet:

„(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

§ 13 Abs. 1 GewO 1994:

„1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

1.von einem Gericht verurteilt worden sind

a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2.die Verurteilung nicht getilgt ist.“

§ 26 Abs. 1 GewO 1994:

„(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.“

Erwägungen:

Wie in den Feststellungen ausgeführt, hat die Beschwerdeführerin die festgestellten strafbaren Handlungen im Zeitraum von 1990 bis 2005 begangen.

Nach derzeitigem Stand der Strafregistereintragungen wird die Tilgung voraussichtlich erst mit 07.01.2024 eintreten.

Darüber hinaus befand sich die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 07.07.2008 bis 07.01.2009 in der Justizanstalt *** in Haft.

Wie weiters festgestellt, ist die Beschwerdeführerin berufstätig, leistete Schadenswiedergutmachung, zahlt ihre privaten Schulden zurück, verfügt über ein regelmäßiges Einkommen, weist ein gutes familiäres Umfeld auf, befindet sich in einer festen Partnerschaft und hat sich seit dem Jahr 2005 nichts mehr zu Schulden kommen lassen.

Bei der Beurteilung, ob gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 eine Nachsicht zu erteilen ist, hat die Behörde zu prüfen, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten, die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewebes zu befürchten ist (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 25. März 2010, 2009/04/0192). Dabei ist die zu treffende Entscheidung, keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung (siehe dazu Erkenntnis des VwGH vom 29. April 2014, 2013/04/0026).

Zu berücksichtigen sind dabei auch alle äußeren Umstände, die auf die Persönlichkeitsentwicklung – sei es im positiven oder negativen Sinn – vom Einfluss sein können, wie z.B. die unbescholtene Lebensführung seit Tatbegehung, der Rückfall in neuerliche Straftaten, etc. Diese Umstände sind mit der Eigenart und schwere begangener Straftaten sowie stets mit Blick auf die Frage abzuwägen, ob eine nachvollziehbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Antragsteller bei Ausübung des Gewebes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen werde. Diese Abwägung kann in der Regel aufgrund allgemein menschlicher Erfahrungen vorgenommen werden. (siehe dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zu GewO3 2011 zu § 26 Randziffer 10).

Weiters kommt bei der Erstellung einer Zukunftsprognose der Verschaffung eines im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks von der betreffenden Person besondere Bedeutung zu (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 18.02.2015, Ra 2014704/0035 u.a.).

Die Beschwerdeführerin hat in der Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und das Gericht davon überzeugt, dass sie ihre strafbaren Handlungen ehrlich bereut und sich in den letzten 14 Jahren ein neues redliches Leben aufgebaut hat. So ist das erkennende Gericht zum jetzigen Zeitpunkt überzeugt, dass eine Wandlung der Persönlichkeit der Beschwerdeführerin stattgefunden hat.

Kumulativ zu dieser positiven Prognose muss hinzutreten, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung eine Befürchtung einer Tatbegehung im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1994 nicht besteht.

Auch ist bei der Eigenart der strafbaren Handlungen auf das beeinträchtige Rechtsgut abzustellen.

Wie bereits die belangte Behörde richtig festgestellt hat, sind die Verurteilungen der Beschwerdeführerin auf Grund strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen und wegen Urkundenfälschung erfolgt.

Auch wenn das beabsichtigte auszuübende „Gastgewerbe“ an sich die Möglichkeit biete, bei der Ausübung gleiche oder ähnliche strafbare Handlungen zu begehen, ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass derzeit jedenfalls keine guten Gründe vorhanden sind, um eine derartige Begehung zu befürchten. Selbst wenn die Beschwerdeführerin im Arbeitsleben Kontakt mit Kunden hat, ist eine allgemeine, nicht konkretisierte, Gefahr an sich nicht ausreichend, um im gegenständlichen Fall die Nachsicht zu verweigern.

Die Beschwerdeführerin verhält sich seit ca. 14 Jahren wohl. Sie ist gefestigt und hat derzeit keine Veranlassung – insbesondere auch auf Grund ihrer persönlichen und finanziellen Verhältnisse – erneut straffällig zu werden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist aufgrund der getroffenen Feststellungen daher der Überzeugung, dass die Voraussetzungen für eine Nachsichterteilung zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Landesverwaltungsgericht vorliegen, weshalb im gegenständlichen Fall spruchgemäß zu entscheiden war.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gastgewerbe; Ausschluss; Nachsicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.653.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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