Entscheidungsdatum
07.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 2196113-1/11E
S C H R I F T L I C H E A U S F E R T I G U N G D E R A M 19. 02. 2 0 1 9
M Ü N D L I C H V E R K Ü N D E T E N E N T S C H E I D U N G
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde gegen Spruchpunkt III., IV. und V. von XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III., IV. und V. Folge gegeben und diese gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen von Italien kommend in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 19.05.2016 gab die Beschwerdeführerin befragt zu ihrer Person an, dass sie am 05.01.1990 in XXXX, Nigeria geboren und ledig sei. Sie, gehöre zur Volksgruppe der Edo und sei Christin. Ihre Eltern seien beide verstorben, in Nigeria würden noch drei Brüder und zwei Schwerstern leben. Sie habe keine Schulausbildung und habe den Beruf der Schneiderin erlernt und diesen auch ausgeübt. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab die Beschwerdeführerin Folgendes an: "Mein Bruder hatte einen Streit mit seinem Schulkollegen, wegen einem Mädchen. Er wusste nicht, dass dieses Mädchen die Freundin seines Schulkollegen war. Er und sein Schulkollege haben gestritten und er hat ihn geschupst, er ist zu Boden gefallen, er ist gestorben. Mein Bruder lief weg, plötzlich sind viele Leute in unser Haus gekommen. Sie haben unser Haus niedergebrannt. Meine Eltern und die anderen Geschwister waren in diesem Haus. Ich konnte weglaufen. Ich bin dann zu einer Kirche gegangen und dort hat der Pastor mir geholfen, ich bin dann nach Libyen gereist.". Bei einer Rückkehr in ihre Heimat fürchte sie von diesen Leuten umgebracht zu werden, da diese noch nach ihr suchen würden.
3. Am 08.03.2018 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und wiederholte sie dabei die Angaben zu ihrem Namen ihren Wohnort und ihren familiären Verhältnissen in Nigeria. Diese Einvernahme wurde aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten beendet.
4. Am 23.03.2018 wurde die Beschwerdeführerin ein weiteres Mal niederschriftlich einvernommen. Zu ihren persönlichen Verhältnissen führte sie im Wesentlichen aus, dass sie gesund sei, dass sie XXXX heißen würde, am XXXX in Edo in XXXX, in Nigeria geboren und Staatsangehörige von Nigeria sei. Ihre Eltern seien 2010 verstorben, als ihr Haus verbrannt sei. Sie habe noch einen Bruder, zu dem sie aber keinen Kontakt mehr habe, ihre anderen vier Geschwister seien auch verstorben. Sie habe noch Verwandte väterlicherseits, zu denen aber auch kein Kontakt bestehen würde. Sie führte weiters an, dass sie keine Schule besucht habe, aber eine dreijährige Ausbildung als Schneiderin gemacht habe. Ihren Lebensunterhalt habe Sie durch ihre Eltern bestritten, die sie unterstützt hätten und die eine Landwirtschaft gehabt hätten. Sie könne sich nicht erinnern, wann Sie Nigeria verlassen habe, auch an das Jahr nicht, sie sei weggelaufen, sie würde es nicht wissen und möchte keine falschen Angaben machen. Zu ihrer Reiseroute führte sie aus, dass sie nach Libyen gegangen sei, wo sie für 2 Monate gewesen wäre, danach sei sie schlepperunterstützt nach Italien gekommen und von dort mit dem Zug nach Österreich. Finanziert habe ihr die Reise ein Kirchenmitglied, da sie gleich nach dem Unfall in die Kirche gelaufen sei. Zu ihrem Fluchtgrund befragt, führte sie zusammengefasst aus, dass ihr Bruder in einen Streit involviert gewesen sei, da dieser eine junge Frau angesprochen habe, die jedoch einen Freund gehabt habe. Ihr Bruder habe diesen gestoßen und sei der Freund von der jungen Frau gestorben und sei ihr Bruder weggelaufen. Die Familie des Mannes sei dann zu ihnen nach Hause gekommen und hätten das Haus angezündet, wodurch ihre Eltern verstorben seien. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause, sondern in XXXX gewesen. Die Nachbarn hätten in der Schneiderei angerufen und sie informiert. Sie sei dann nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, sondern gleich in XXXX in die Kirche gegangen und habe alles dem Pastor erzählt der ihre Ausreise finanziert habe. Erfahren, dass ihr Bruder aus dem Haus gelaufen sei, habe sie von einer Nachbarin, Kontakt habe sie zu dieser keinen mehr. Gefragt, ob sie jemals persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, gab sie wörtlich an: "Direkt bedroht nicht, aber es ist so, ich werde von den Familienmitgliedern verfolgt." Sie führte aus, dass nie Kontakt zur Familie des jungen Mannes gehabt habe, dass sie aber die Schwester des Verstorbenen kennen würde und würde sie wissen, dass sie verfolgt würde, weil sie als sie in der Kirche gewesen sei, immer ein komisches Gefühl gehabt habe, dass etwas mit ihr passiere, weil sie zu dieser Familie gehöre. Im Fall ihrer Rückkehr befürchte sie umgebracht zu werden, sie habe keine Familie und wäre alleine in Nigeria. Zu ihren persönlichen Verhältnissen in Österreich führte sie aus, dass sie seit einem Jahr mit ihrem Freund zusammenleben würde, dass sie einen Deutschkurs besuche, dass sie Geld von der Caritas bekommen würde, dass sie kein Mitglied in einem Verein sei und in Österreich keine Angehörigen habe. Auf die Frage, ob sie eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zu Nigeria abgeben wolle, antwortet sie wörtlich: "Ich brauche das nicht."
5. Mit Bescheid vom 13.04.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm
§ 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Nigeria "gemäß
§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" wurde der Beschwerdeführerin nicht erteilt (Spruchpunkt III.). "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass ihre Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt VI.).
6. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob die Beschwerdeführerin durch die mit Verfahrensanordnung vom 13.04.2018 bestimmte Rechtberatung mit Schriftsatz vom 11.05.2018, sowie mit Schriftsatz ihres gewillkürten Rechtsvertreters vom 15.05.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zu beheben, und der Beschwerdeführerin den Status des Asylberechtigten zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - bezüglich des Spruchpunktes II. und III. zu beheben und der Beschwerdeführerin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides beheben und dahingehend abändern, dass eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen und eine mündliche Verhandlung durchführen.
7. Mit Schriftsatz vom 31.01.2019, wurde eine Stellungnahme erstattet, Beweismittel vorgelegt und erfolgte eine Klarstellung des Vollmachtsverhältnisses.
8. Am 19.02.2019 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführerin eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht, in deren Verlauf die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. zurückgezogen und das Erkenntnis mündlich verkündet wurde.
9. Mit Fax vom 19.02.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.02.2019, wurde durch die belangte Behörde - diese hatte an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen - die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungsakt dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes und der mündlichen Verhandlung am 19.02.2019. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria, ihre Identität steht fest.
Die Beschwerdeführerin hält sich seit 18.05.2016 im Bundesgebiet auf und ist seit 29.12.2016 an derselben Adresse wie ihr nunmehriger Ehemann mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Die Beschwerdeführerin ist mit dem in Österreich lebenden, Schweizer Staatsangehörigen, XXXX, der das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommenden Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen hat, seit XXXX2018 aufrecht verheiratet und kommt der Beschwerdeführerin daher die Rechtsposition als begünstigte Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 20c AsylG 2005 bzw. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG 2005 zu.
Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.02.2019 ihre Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten Spruchpunkt II.) zurückgezogen. Somit sind die Spruchpunkte I. und II. in Rechtskraft erwachsen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf den Inhalt der Akten des Bundesamtes sowie die des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Identität der Beschwerdeführerin steht durch Vorlage des Reisepasses der Republik Nigeria mit der Nummer XXXX, ausgestellt von der nigerianischen Botschaft in Wien, gültig vom 14.01.2019 bis 13.01.2024 fest.
Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich, ihrer Heirat und ihrer Eigenschaft als begünstigte Drittstaatsangehörige ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt und den vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellungen hinsichtlich der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. ergeben sich unstrittig aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2019 (Protokoll der Niederschrift der mündlichen Verhandlung Seite 2).
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lauten:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.
(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.
(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Zu A) Behebung des Bescheides hinsichtlich Spruchpunkt III., IV. und
V.:
Die Beschwerdeführerin ist mit dem in Österreich lebenden, Schweizer Staatsangehörigen, der das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommenden Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen hat, aufrecht verheiratet und kommt der Beschwerdeführerin daher die Rechtsposition als begünstigte Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 1 Z 20c AsylG 2005 bzw. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG 2005 zu.
Gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen des 7. Hauptstücks (darunter auch § 57) nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige, sodass eine amtswegige Prüfung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 im Fall eines begünstigten Drittstaatsangehörigen von vornherein nicht in Betracht kommt, weshalb auch der erstinstanzliche Abspruch über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 zu beheben war.
Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 14.11.2017, Z. Ra 2017/20/0274/7 ausgesprochen hat, sieht § 52 Abs. 2 FPG vor, dass "[d]ies nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige" gelte, wodurch gegen begünstigte Drittstaatsangehörige von vornherein die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG nicht in Betracht kommt.
Für aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen begünstigte Drittstaatsangehörige wurden eigene Regelungen geschaffen, wonach gegen diese die Erlassung einer Ausweisung (§ 66 FPG) oder eines Aufenthaltsverbots (§ 67 FPG) vorgesehen ist, nicht aber die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (vgl. etwa VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0133).
Auch wenn man berücksichtigt, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung (sowohl im Spruch als auch in der Begründung) ausdrücklich auf die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 AsylG 2005 und des § 52 Abs. 2 FPG berufen hat und dies zum damaligen Zeitpunkt nicht zu beanstanden war, so verkennt das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall nicht, dass sich durch die Heirat eine entscheidungsmaßgebliche Änderung im Sachverhalt und somit auch in der Anwendung der gesetzlichen Normen ergeben hat und die Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes insofern überschritten würde, wenn es eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG in eine allfällige Ausweisung nach §§ 66 ff. FPG abändern würde, weshalb Spruchpunkte IV. zu beheben war.
Mit Behebung der Rückkehrentscheidung wurde auch der Feststellung, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig sei und der Festsetzung der Frist für die freiwillige die Grundlage entzogen, weshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.
Der Vollständigkeithalber wird hinsichtlich der im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurückgenommenen Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des bekämpften Bescheides ausgeführt, dass diese mit Zurücknahme in Rechtskraft erwachsen sind, sodass weder eine kassatorische noch meritorische Entscheidung hinsichtlich dieser Spruchpunkte zu treffen war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass es sich bei den Aussprüchen, mit denen der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel nach § 55 und § 57 A.sylG 2005 nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wird, dass die Abschiebung in ein bestimmtes Land zulässig ist, um voneinander rechtlich trennbare Aussprüche handelt. Demgemäß sind diese Aussprüche separat anfechtbar; sie können auch unterschiedlichen rechtlichen Schicksalen unterliegen. Es besteht zwischen diesen gemäß den maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 und des FPG insofern ein rechtlicher Zusammenhang, als es für manche Aussprüche Tatbestandsvoraussetzung ist, dass bereits andere Aussprüche getätigt wurden und zudem manche Aussprüche miteinander zu verbinden sind, sodass im Fall der Aufhebung eines Spruches ein darauf rechtlich aufbauender Ausspruch seine Grundlage verlieren kann (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). Letztere Konstellation liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I416.2196113.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.10.2019