Entscheidungsdatum
14.03.2019Norm
BMG §2 Abs2Spruch
W256 2131983-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Caroline Kimm als Vorsitzende, der fachkundigen Laienrichterin Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz und dem fachkundigen Laienrichter Bruno Mölzer als Beisitzer über die Beschwerde von Dr. XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 11. Juli 2016, GZ: DSB- XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin erhob am 2. Februar 2015 eine gegen das Bundeskanzleramt (im Folgenden: BKA) gerichtete Beschwerde an die Datenschutzbehörde gemäß § 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2015 weitete die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde auch auf das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (im Folgenden: BmeiA) aus. Das BKA und das BmeiA hätten als Prozessvertreter Österreichs beim Hochkommissariat für Menschenrechte der Vereinten Nationen (im Folgenden: Hochkommissariat) im Zuge eines von der Beschwerdeführerin gemäß dem Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (im Folgenden: Fakultativprotokoll) eingeleiteten Beschwerdeverfahrens gemeinsam mit ihrer Stellungnahme am 18. April 2014 eine mit der Beschwerdeführerin aufgenommene und sensible Daten enthaltende Niederschrift des Landeskriminalamtes Niederösterreich (im Folgenden: LKA) vom 19. Februar 2007 (im Folgenden: Niederschrift) ohne ihr Einverständnis verbreitet.
Die diesbezüglichen Beschwerdeverfahren wurden von der Datenschutzbehörde zu den Zahlen: DSB- XXXX und DSB- XXXX protokolliert. Zum weiteren Verfahrensgang dieser beiden Verfahren wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2018, Ra 2017/04/0032 verwiesen.
Im Zuge ihrer im Rahmen dieser Verfahren an die Datenschutzbehörde erstatteten Stellungnahmen vom 18. Februar 2015 und vom 24. März 2015 wandte sich die Beschwerdeführerin auch gegen die Weiterleitung der Niederschrift an das BKA und insofern gegen die diesbezüglich verantwortliche Stelle.
Mit an die Datenschutzbehörde gerichteter Eingabe vom 25. Jänner 2016 wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde gegen jene Behörde, welche die Niederschrift an das BKA übermittelt habe. Darin verweist die Beschwerdeführerin im Wesentlichen darauf, dass eine Datenverbreitung nur dann rechtmäßig erfolgen könne, wenn die verbreiteten Daten bis zu diesem Zeitpunkt auch rechtmäßig verarbeitet worden seien. Derjenige, der die Daten verbreite, sei den Nachweis für die Rechtmäßigkeit der bisherigen Datenverbreitung schuldig. Insbesondere sei daher die Verbreitung von Daten, die rechtswidrig ermittelt worden seien, unzulässig. Im vorliegenden Fall wirke sich aus diesem Grund die rechtswidrige Ermittlung der Niederschrift im Jahr 2007 auch auf die vorliegende Weitergabe rechtswidrig aus. Auch sei die Übermittlung der Niederschrift, insbesondere der darin enthaltenen sensiblen Daten über ihr Gesundheits- und Sexualleben für den Zweck der Information über das Polizeihandeln nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig gewesen.
Über Aufforderung teilte das BKA mit Stellungnahme vom 8. Februar 2016 der Datenschutzbehörde mit, dass das Bundesministerium für Inneres (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) über Ersuchen des BKA, diesem die in Rede stehende Niederschrift zum Zweck der Erstellung einer Stellungnahme für das von der Beschwerdeführerin vor dem Hochkommissariat eingeleitete Verfahren übermittelt habe.
Im dazu gewährten Parteiengehör bestätigte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 11. Februar 2016, dass sich ihre Beschwerde gegen die mitbeteiligte Partei richte. Diese sei ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vorgegangen. Schon die Beschaffung der darin enthaltenen Daten durch eine auf § 54 SPG gestützte verdeckte Ermittlung sei grob rechtswidrig gewesen und habe die mitbeteiligte Partei Kenntnis von der damals unterlassenen Benachrichtigung des Rechtsschutzbeauftragten gehabt. Das SPG ordne zudem an, dass Informationen aus verdeckten Ermittlungen die entgegen den Bestimmungen des SPG ermittelt worden seien, von Amts wegen zu löschen seien und hätten insbesondere die sensiblen Informationen zum Sexualleben und zur Gesundheit in die Niederschrift nicht aufgenommen werden dürfen; diese hätten schon 2007 abgedeckt werden müssen. Zudem seien Akten der verdeckten Ermittlung spätestens nach 2 Jahren physisch zu vernichten. Da insofern schon die Entstehung und Aufbewahrung rechtswidrig erfolgt sei, sei auch die Verbreitung durch die mitbeteiligte Partei unrechtmäßig erfolgt. Hinzu komme, dass es sich um eine internationale Datenweitergabe handle, weshalb ein Genehmigungsverfahren nach § 13 Abs. 1 DSG 2000 durchzuführen gewesen wäre.
Dazu führte die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 3. März 2016 aus, dass sie zur Koordination der österreichischen Stellungnahme im Verfahren der Beschwerdeführerin vor dem Hochkommissariat vom BKA zur Vorlage von den Prozessstandpunkt klärenden Unterlagen ersucht worden sei. Insofern habe die mitbeteiligte Partei in weiterer Folge die in Rede stehende - den Vorwurf der diskriminierenden Behandlung widerlegende - Niederschrift übermittelt. Die Beschwerdeführerin führe seit 2008 zahlreiche näher dargestellte Verfahren, an denen die mitbeteiligte Partei beteiligt sei. Unter anderem habe sie sich am 6. Oktober 2008 unter Berufung auf die Amtshandlung des LKA vom 20. Februar 2007 mit einem Devolutionsantrag in Zusammenhang mit einer Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz an die mitbeteiligte Partei gewandt, weshalb das gesamte Aktenkonvolut durch die LPK vorgelegt und der Akt in weiterer Folge durch die mitbeteiligte Partei abgespeichert worden sei.
Dazu führte die Beschwerdeführerin in ihren Stellungnahmen vom 8. März 2016 im Wesentlichen aus, dass der mit der Übermittlung verfolgte Zweck der Weiterleitung (aus Europa hinaus) unverhältnismäßig erfolgt sei. Die mitbeteiligte Partei habe sich nicht dazu geäußert, weshalb sensible Daten nicht abgedeckt worden seien, obwohl diese für das Polizeihandeln irrelevant gewesen seien. Eine rechtmäßige Weiterleitung setze auch voraus, dass die Datenverarbeitung einschließlich der Datenbeschaffung zulässig sei. Bereits die Datenbeschaffung am 19. Juli 2007 habe offenkundig gesetzliche Bestimmungen über die Durchführung einer verdeckten Ermittlung verletzt. Die darauf aufbauende und seither andauernde Aufbewahrung dieser Daten habe die Bestimmungen über die gebotene Vernichtung dieser Daten verletzt. Die exzessive Aufbewahrung dieser Daten sei mit dem Grundrecht auf Datenschutz unvereinbar.
In ihrer Stellungnahme vom 22. März 2016 wiederholte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Die in Rede stehende Datenübermittlung an das BKA sei ausschließlich zum Zweck der Verteidigung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Diskriminierungsvorwürfe im Verfahren vor dem Hochkommissariat erfolgt.
In ihrem Schreiben vom 24. März 2016 bekräftigte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr Vorbringen in Bezug auf die unzulässige Datenbeschaffung und die insofern unzulässige Datenweitergabe. Insbesondere sei die Niederschrift unter Verletzung des Folterverbots zustande gekommen und sei diese auch nicht geeignet gewesen, Auskunft über das Polizeihandeln zu geben. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem - diese Angelegenheit betreffenden - Erkenntnis vom 10. Dezember 2014, B1187/2013 ein auf das "DSG 2000 und SPG gestütztes Recht auf Datenlöschung" der Beschwerdeführerin im Übrigen ausdrücklich bestätigt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die mitbeteiligte Partei habe die in Rede stehende Niederschrift gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 9 DSG 2000 rechtmäßig verarbeitet und aufgrund der Bestimmungen des Fakultativprotokolls rechtmäßig an das zur Vertretung der Republik berufene BKA übermittelt. Im Übrigen obliege es der Datenschutzbehörde nicht, über die (Nicht)Zulässigkeit von Beweismitteln in (internationalen) Verfahren zu entscheiden. Diese Entscheidung obliege ausschließlich der entscheidenden Einrichtung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Datenschutzbehörde habe zwar anerkannt, dass rechtswidrig verbreitete Daten nicht verbreitet werden dürften und demnach die Verwendung der Daten durch die mitbeteiligte Partei geprüft. Die ursprüngliche Datenbeschaffung im Jahr 2007 habe sie dabei aber völlig ignoriert. Diese Rechtsansicht sei aber verfehlt. Vielmehr hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass die in Rede stehende Datenweitergabe schon aufgrund der unzulässigen Ermittlung im Jahr 2007 unzulässig erfolgt sei. Auch sei die Verwertung der in Rede stehenden Niederschrift im Verfahren vor dem Hochkommissariat, insbesondere der darin enthaltenen sensiblen Daten, unverhältnismäßig gewesen. Die "sexuelle Gesundheit" der Beschwerdeführerin habe in internationalen Verfahren keine Rolle gespielt. Eine Abdeckung dieser Information hätte zu keiner Verfälschung geführt. Es werde daher der Antrag gestellt, das erkennende Gericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben und eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die mitbeteiligte Partei wegen der Verbreitung der Niederschrift an das BKA feststellen. Letztlich verzichtete die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausdrücklich auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Gegenschrift.
Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 27. Juni 2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W256 zugewiesen.
Mit E-Mail vom 19. Juli 2018 informierte die Beschwerdeführerin das Bundesverwaltungsgericht über die "relevanten Entwicklungen" in Bezug auf die von ihr in dieser Angelegenheit angestrengten sonstigen Verfahren. Unter anderem verwies die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2017, E3249/2016, wonach die Aufbewahrung von Akten mit Informationen zu ihrem Sexualleben durch das Finanzamt unzulässig sei. Der vorliegende Fall sei auch mit dem - dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2017, Ra 2017/04/0032 zugrundeliegenden - Sachverhalt nicht vergleichbar, weil die mitbeteiligte Partei als Aufsichtsbehörde - im Unterschied zum BKA und zum BmeiA - Kenntnis von der illegalen Informationsbeschaffung im Jahr 2007 gehabt habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Im Jahr 2007 führte das LKA gegen die Beschwerdeführerin verdeckte polizeiliche Ermittlungen wegen des Verdachtes u.a. der illegalen Prostitution nach dem NÖ Prostitutionsgesetz durch. Gegen die dabei durchgeführten Amtshandlungen und Erhebungen, insbesondere die Aufnahme einer Niederschrift am 19. Februar 2007 durch die Organe des LPK ergriff die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich (im Folgenden: UVS).
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2008 begehrte die Beschwerdeführerin von der mitbeteiligten Partei mittels Devolutionsantrag (eine näher dargestellte) Auskunft über die (Hinter)Gründe und Begleitumstände der gegen sie gerichteten oben dargestellten Ermittlungstätigkeiten durch das LKA nach dem Auskunftspflichtgesetz. Begründend führte sie dazu aus, dass das zuständige LPK bislang auf ihr diesbezügliches Schreiben vom 8. August 2008 nicht reagiert habe.
Daraufhin wurde der mitbeteiligten Partei u.a. die Niederschrift vom 19. Februar 2007 durch das LPK vorgelegt und diese in weiterer Folge durch die mitbeteiligte Partei elektronisch verarbeitet.
Mit Bescheid des UVS vom 5. Mai 2009 wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Erhebungen des LKA gemäß § 67c Abs. 3 AVG als verspätet zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 23. Februar 2010 die Behandlung der dagegen gemäß Art 144 B-VG erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin brachte am 19. April 2010 u.a. wegen der Verletzung von Menschenrechten im Zuge der in Rede stehenden Amtshandlung Amtshaftungsklage gegen den Bund ein. Dieses Verfahren wurde im April 2012 einvernehmlich beendet.
In seinem Beschluss vom 20. März 2013 lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der vom Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des UVS vom 5. Mai 2009 ab.
Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin in dieser Angelegenheit mit Schreiben vom 15. November 2013 Beschwerde an das Hochkommissariat. Dieser Beschwerde waren u.a. der Bescheid des UVS (Maßnahmenbeschwerde) und die Anzeige des LKA vom 20. Februar 2007 (wegen des Verdachtes der Übertretung u.a. des Prostitutionsgesetzes) angeschlossen, wobei weder die Beschwerde noch die Beilagen anonymisiert waren.
Im Rahmen der Koordination der österreichischen Stellungnahme im Verfahren vor dem Hochkommissariat hat das BKA u.a. die mitbeteiligte Partei um Stellungnahme und um Vorlage von Unterlagen, welche die Darstellung der Amtshandlung belegen könnten, ersucht.
Die mitbeteiligte Partei hat daraufhin die am 19. Februar 2007 durch das LKA aufgenommene Niederschrift an das BKA übermittelt.
2. Beweiswürdigung:
Die (im Übrigen unbestrittenen) Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und dem Gerichtsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Im vorliegenden Fall wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass die mitbeteiligte Partei die im Zuge von Ermittlungen wegen des Verdachtes u.a. der illegalen Prostitution nach dem NÖ Prostitutionsgesetz durch das LKA am 19. Februar 2007 aufgenommene Niederschrift und die darin enthaltenen auch ihr Sexual- und Gesundheitsleben betreffenden Informationen an das BKA zum Zweck der Abgabe einer Stellungnahme in einem von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Beschwerdeverfahren vor dem Hochkommissariat übermittelt hat.
zum anwendbaren Recht:
Die hier zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes maßgeblichen Bestimmungen wurden seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die seit 25. Mai 2018 unmittelbar anwendbare Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, in der Folge kurz "DSGVO") sowie in weiterer Folge durch das DSG in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2017 (im Folgenden: DSG) novelliert.
Nach der Übergangsbestimmung des § 69 Abs. 4 DSG sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei der Datenschutzbehörde oder bei den ordentlichen Gerichten zum Datenschutzgesetz 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der DSGVO fortzuführen, mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt.
Nach Abs. 5 dieser Bestimmung sind Verletzungen des Datenschutzgesetzes 2000, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht anhängig gemacht wurden, nach der Rechtslage nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu beurteilen. Ein strafbarer Tatbestand, der vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verwirklicht wurde, ist nach jener Rechtslage zu beurteilen, die für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung günstiger ist; dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren.
Übergangsregelungen für - wie im vorliegenden Fall - im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen zum DSG beim Bundesverwaltungsgericht bereits anhängige Verfahren enthält das Gesetz nicht. Auch den dazu vorliegenden Gesetzesmaterialien kann diesbezüglich nichts Gegenteiliges entnommen werden.
Da aber im Gesetz für alle sonstigen sogenannten "Alt- und Übergangsfälle" und zwar auch im Rechtsmittelbereich der (nur mehr für diese Fälle zuständig bleibenden) ordentlichen Gerichtsbarkeit einheitliche Übergangsregelungen getroffen wurden, kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe allein für den Rechtsmittelbereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Regelung vorsehen wollen.
Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass eine fehlende Regelung zur Folge hätte, dass vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilende Sachverhalte zu einem bestimmten Stichtag - wie auch im vorliegenden Fall - an der alten Rechtslage zu messen wären (siehe dazu Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014), Rz 836 m.w.H.), hingegen für alle sonstigen "Alt- und Übergangsfälle" (mit Ausnahme des dem Günstigkeitsprinzip zwingend unterliegenden Verwaltungsstrafbereichs) die neue Rechtslage heranzuziehen wäre. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe eine solche ungleiche und vor allem auch uneinheitliche Behandlung von Beschwerdefällen herbeiführen wollen. Vielmehr lässt sich aus den Übergangsbestimmungen die Intention des Gesetzgebers ableiten, für alle der sogenannten "Alt- und Übergangsfälle" gesetzliche und vor allem einheitliche Vorgaben hinsichtlich der auf diese Fälle anzuwendenden Rechtslage zu schaffen. Es liegt daher eine (planwidrige) Lücke vor, die durch eine analoge Anwendung des für "Übergangsfälle" vor den ordentlichen Gerichten geltenden § 69 Abs. 1 DSG zu schließen ist.
zur Zulässigkeit der Datenweitergabe:
In Art. 5 Abs. 1 DSGVO werden die Grundsätze für die Verarbeitung und damit auch für die Übermittlung (siehe zur Begriffsbestimmung einer Verarbeitung Art 4 Z 2 DSGVO) personenbezogener Daten normiert, für deren Einhaltung nach Abs. 2 dieser Bestimmung der Verantwortliche (siehe zur Begriffsbestimmung Art. 4 lit. 7 DSGVO) einzustehen hat.
Unter anderem legt Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO fest, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten und damit - wie aus der Begriffsbestimmung des Art. 4 Z 2 DSGVO hervorgeht - u.a. auch deren Ermittlung, Erfassung und Weiterleitung auf rechtmäßige Weise zu erfolgen hat.
Eine zulässige Datenverarbeitung in Form einer Übermittlung setzt insofern notwendig voraus, dass auch die dem Verantwortlichen zurechenbare (der Übermittlung) vorgelagerte Datenverarbeitung rechtmäßig erfolgt ist (siehe dazu im Einklang für den Bereich der Sicherheitspolizei die §§ 37 ff DSG, aber auch die alte Rechtslage in § 7 Abs. 2 DSG 2000 und das dazu ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2018, Ra 2017/04/0032, wonach aus der rechtswidrigen Ermittlung von Daten durch einen Auftraggeber auch die Rechtwidrigkeit einer daran anschließenden Übermittlung dieser Daten resultiert).
Wie aus § 1 Abs. 2 DSG hervorgeht, setzt die Verarbeitung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch eine staatliche Behörde, soweit die Verwendung nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, ein überwiegendes berechtigtes Interesse und damit eine gesetzliche Ermächtigung der staatlichen Behörde dazu voraus (siehe dazu im Einklang auch die die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung regelnde Bestimmung des Art. 6 DSGVO, für den Bereich der Sicherheitspolizei die Bestimmung des § 38 DSG sowie in Bezug auf die Verarbeitung besonderer das Sexual- und Gesundheitsleben betreffender Daten Art. 9 Abs. 2 DSGVO und in Bezug auf Daten über verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen § 4 Abs. 3 Z 1 DSG).
Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdeführerin - wie festgestellt wurde - in zahlreichen Verfahren gegen die Amtshandlungen der Organe des LPK am 19. Februar 2007 gewendet. Die in diesem Zusammenhang erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin an das Hochkommissariat war Auslöser der beschwerdegegenständlichen Datenweitergabe und damit zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.
Als oberste Sicherheitsbehörde gemäß § 4 Abs. 1 SPG ist der Bundesminister für Inneres mit der Führung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes betraut (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. März 2008, 2008/05/0028 sowie § 2 Abs. 1 Z 1 lit a iVm § 2 Abs. 2 und Anlage Teil 1 Bundesministeriengesetz 1986 - BMG) und steht ihm dementsprechend auch die Möglichkeit offen, sich an Verfahren betreffend Amtshandlungen der ihm untergeordneten Behörden gemäß § 91 SPG zu beteiligen. Auch obliegt ihm in dieser Eigenschaft die aus Art. 6 Abs. 2 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Fakultativprotokoll) ableitbare Pflicht, zur Klärung der Sache in - die Amtshandlung der ihm untergeordneten Behörden und damit seinen Ressortbereich betreffenden - Verfahren vor dem Hochkommissariat beizutragen.
Schon allein zum Zweck der Verteidigung der Rechte und des rechtmäßigen Handelns der dem Bundesminister für Inneres untergeordneten Organe war die mitbeteiligte Partei als dessen Hilfsapparat (siehe dazu § 2 Abs. 2 BMG; siehe zur datenschutzrechtlichen Auftraggebereigenschaft § 4 Z 4 DSG 2000 sowie zur Eigenschaft eines Verantwortlichen Art. 4 Z 7 DSGVO) daher verpflichtet, die die Amtshandlung vom 19. Februar 2007 wiedergebende Niederschrift entsprechend der die Sicherheitsbehörden zur Dokumentation von Amtshandlungen ermächtigenden Bestimmung des § 13 a SPG elektronisch zu verarbeiten (siehe dazu auch ausdrücklich Art. 9 Abs. 2 lit. f DSGVO, wonach die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zur erforderlichen Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen zulässig ist) und in weiterer Folge dem zur Mitwirkung an der Vertretung der Republik Österreich im Beschwerdeverfahren beim Hochkommissariat zuständigen BKA zum Zweck der Abgabe einer Stellungnahme zu übermitteln (siehe zur diesbezüglichen Berechtigung des BKA ausdrücklich das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2018).
Die Beschwerdeführerin stellt die Zulässigkeit der Verarbeitung der Niederschrift durch die mitbeteiligte Partei an sich aber auch gar nicht in Abrede, sondern wendet sich ausschließlich gegen die Rechtmäßigkeit der Erstellung und weiteren Verarbeitung der Niederschrift durch die Organe des LPK (im Hinblick auf dabei erfolgte Rechtsverstöße).
Die Aufnahme und weitere Verarbeitung einer von Organen des LPK veranlassten Niederschrift kann aber aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht der mitbeteiligten Partei zugerechnet werden (siehe zur Begriffsbestimmung des Verantwortlichen Art 4 Z 7 DSGVO und § 36 Abs. 2 Z 8 DSG, wonach in Bezug auf die Qualifikation als Verantwortlicher - wie auch nach der alten Rechtslage - allein auf die Entscheidung zur Verarbeitung abzustellen ist) und damit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des hier gegenständlichen Übermittlungsvorganges nicht herangezogen werden (siehe dazu ausführlich das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2018).
Daran ändert auch nichts, dass die mitbeteiligte Partei - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - als Aufsichtsbehörde Kenntnis von der "unzulässigen" Verarbeitung durch das LPK gehabt habe, weil bei der Qualifikation eines datenschutzrechtlichen Verantwortlichen ausschließlich auf die Entscheidung zur Datenverarbeitung abzustellen ist. Lediglich der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle anzumerken, dass die in diesem Zusammenhang gegen das LPK gerichtete Maßnahmenbeschwerde der Beschwerdeführerin - wie festgestellt wurde - als verspätet zurückgewiesen wurde.
Sofern die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die Verarbeitung der Niederschrift durch die mitbeteiligte Partei "ungeschwärzt" und damit im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG unverhältnismäßig erfolgt sei, ist ihr entgegen zu halten, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2018, Ra 2017/04/0032 in dieser Angelegenheit bereits ausdrücklich klargestellt hat - diese Niederschrift zur Klärung der Sache - und auch Untermauerung des Prozessstandpunktes der Republik Österreich - im Verfahren vor dem Hochkommissariat beitragen kann und die letztendliche Beurteilung der Erforderlichkeit eines Beweismittels dem zur Entscheidung berufenen Organ (und damit dem Hochkommissariat) obliegt.
Es bestehen daher insgesamt gegen die in Zweifel gezogene Verarbeitung der Niederschrift durch die mitbeteiligte Partei aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken.
Daran ändert auch der bloße Verweis der Beschwerdeführerin auf die im Verfahrensgang dargestellten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2014 und vom 12. Dezember 2017 nichts, weil darin keine Aussage über die Zulässigkeit der Verarbeitung der in Rede stehenden Niederschrift durch die mitbeteiligte Partei getroffen werden.
Da die in Rede stehende Datenweitergabe keine Übermittlung von Daten in das Ausland darstellt, gehen auch die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin erstatteten Ausführungen in Bezug auf eine insofern erforderliche Genehmigungspflicht ins Leere und war daher schon allein aus diesem Grund auch darauf nicht einzugehen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt war. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte zur weiteren Klärung des Sachverhaltes daher nicht beitragen und damit unterbleiben, zumal auf eine solche von Seiten der Beschwerdeführerin auch ausdrücklich verzichtet wurde.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die gegenständliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Es war daher spruchgemäß durch Senat zu entscheiden.
Schlagworte
Amtshandlung, Datenschutzbeschwerde, datenschutzrechtlichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W256.2131983.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2019