TE Bvwg Erkenntnis 2019/3/19 L504 2149483-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2019
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Entscheidungsdatum

19.03.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L504 2149483-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF, §§ 57, 10 AsylG 2005, §§ 52 Abs 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 55 Abs. 1a FPG idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 06.08.2018 zum zweiten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

"[...]

Sie stellten am 08.07.2015 in Österreich Ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

- Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat IRAK gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung in den IRAK gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für Ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Gegen diese Entscheidung brachten Sie fristgerecht Beschwerde ein.

Mit Erkenntnis BVwG Zl. L521 2149483-1/10E vom 19.01.2018 wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

Ihr Verfahren erwuchs mit 24.01.2018 in Rechtskraft II. Instanz.

Mit Schreiben vom 05.04.2018 wurde seitens der deutschen Behörden ein Wiederaufnahmegesuch an Österreich gestellt.

Mit Antwortschreiben vom 16.04.2018 stimmte Österreich einer Übernahme Ihrer Person gem. 18.1.d Dublin III VO zu.

Am 06.08.2018 wurden Sie gem. Dubliner Übereinkommen von Deutschland nach Österreich überstellt und stellten am selbigen Tag einen Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz.

Am 06.08.2018 stellten Sie gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Dabei machten Sie folgende Angaben:

...

"4.1. wenn ja, welche? Sind Medikamente erforderlich?

Ich habe einen erhöhten Blutdruck und nehme deshalb Medikamente. Im Moment geht es mir gut und ich kann der Einvernahme ohne Probleme folgen.

...

6. Ihr Verfahren wurde am 24.01.2018 bereits rechtskräftig entschieden.

Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren - in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat - verändert?

Erläutern Sie umfassend und detailliert sämtliche Gründe für Ihre neuerliche Asylantragstellung und legen Sie nun alle Ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden (neuen) Bescheinigungsmittel vor.

Ich habe keine neuen Asylgründe. Ich halte aber, meine bei meinem früheren Verfahren angegeben Gründe aufrecht.

Ich stellte den erneuten Asylantrag deshalb, da ich nicht in meine Heimat zurückkehren kann. Ich fürchte, dass ich dort von der Regierung und von meiner Familie umgebracht werden könnte. Ich stammte von den XXXX ab, das sind Verwandte von Saddam Hussein.

7. Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?

Ich habe alle Flucht und Asylgründe genannt und habe ansonsten keine weiteren Gründe.

8. Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat? (unbedingt auszufüllen)

Ich fürchte, dass ich dort von der Regierung und von meiner Familie umgebracht werden könnte.

9. Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung,

unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben? (ja, welche?/keine)

Ja, ich habe hierüber bereits Schriftstücke vorgelegt.

10. Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?

(genaues Datum oder überprüfbarer Anlass) keine neuen Fluchtgründe"

...

Am 11.09.2018 wurden Sie von einem Organwalter des BFA, in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines beeideten Dolmetscher niederschriftlich einvernommen. Dabei machten Sie folgende Angaben:

Gegenstand d. Einvernahme: Parteiengehör

"LA: Wie verstehen Sie den/ die anwesende(n) Dolmetscher(in)?

VP: Ja. Sehr gut.

...

Anm.: Dem ASt wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt.

Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

Wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Ich habe die Wahrheit gesagt, es wurde alles richtig protokolliert.

...

LA: Habe Sie bis jetzt im Verfahren zu Ihrer Person und den Fluchtgründen die Wahrheit gesagt?

VP: Ja. Alles entsprach der Wahrheit. Fluchtgründe habe ich bereits gesagt. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Name und das Geburtsdatum, was ich in Österreich angegeben habe der Wahrheit entsprechen (Anm. Erstbefragung wird vorgehalten). Kopie Reisepass und Staatsbürgerschaftsnachweis habe ich bereits abgegeben.

LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP: Nein.

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.

VP: Habe verstanden.

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

VP: Ja. Ich bin in der Lage einvernommen zu werden.

LA: Sind Sie derzeit in ärztlicher Behandlung und oder Therapie und nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Ich habe Bluthochdruck und nehme Medikamente. (Amelior plus HCT mg/5/12,5mg Filmtabletten.

LA: Seit wann sind Sie in Behandlung?

VP: Über 10 Jahren.

LA: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen und sind Sie mit dem Rechtsberater einverstanden?

VP: Ja. Gestern.

LA: Haben Sie eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen?

VP: Ja, habe ich.

LA: Werden Sie in Ihrem Asylverfahren vertreten? Haben Sie einen Anwalt bzw. Zustellbevollmächtigten?

VP: Nein. Momentan habe ich keinen.

(Anm. Falls Vertretungsverhältnis vorhanden, bitte aktuelle Vollmacht der Behörde übermitteln.

LA: Zu Ihrer Person: Ihre Identität steht fest.

Sie sind irakischer Staatsbürger, gehören der Volksgruppe der Araber an, und sprechen Arabisch.

Sie leiden an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankung oder sonstigen Beeinträchtigung.

Es wurde bereits festgestellt, dass Sie unter Bluthochdruck leiden, Sie erhielten eine medikamentöse Einstellung dahingehend.

In Österreich haben Sie keine familiären Anknüpfungspunkte behauptet. Sie sind ledig, nicht geschieden, haben nie geheiratet und sind nicht der biologische Vater eines Kindes. Es wurde bis dato auch kein Kind adoptiert.

Sie halten sich seit 08.07.2015 in Österreich auf. Sie wurden gem. Dublin Übereinkommen am 06.08.2018 von Deutschland überstellt, da die Zuständigkeit bei Österreich liegt. Sie haben seither Österreich nicht verlassen. Sie beziehen kein geregeltes Einkommen. Sie leben seit Ihrer Einreise von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Sie waren und sind nicht erwerbstätig.

VP: Das ist korrekt.

LA: Wurden Sie in Österreich straffällig?

VP: Nein.

LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

VP: Nein.

LA: Führen Sie eine Beziehung zu einer in Österreich aufhältigen Person?

VP: Nein.

LA: Welche Familienangehörigen befinden sich in Ihrem Heimatland?

VP: Eltern im Irak. Sämtliche Familie befindet sich im Irak. Auch im Irak.

LA: Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Familienangehörigen?

VP: Nein. Nachgefragt habe ich seit der Ausreise vom Irak keinen Kontakt zur Familie. Ich habe meinen jüngsten Bruder kontaktiert. Seit 2016 habe ich auch keinen Kontakt mehr zu ihm.

LA: Wissen Sie den Grund warum kein Kontakt mehr besteht?

VP: Das Problem ist, das ich meine Religion umgeändert habe. Ich bin zu Christentum konvertiert. Deshalb möchte meine Familie keinen Kontakt mehr zu mir.

LA: Wann haben Sie Ihre Religion geändert?

VP: Am XXXX 2014 bin ich vom Islam zum Christentum übergetreten.

LA: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Das weiß ich nicht. Aber ich habe mitbekommen das ein Cousin bzw. eine Person der Familie sich evtl in Deutschland befinden würde.

LA: Wovon wollen Sie leben, wenn Sie in Österreich weiter bleiben wollen?

VP: Ich möchte in Sicherheit und Geborgenheit leben, weil mein Leben im Irak gefährdet ist und nicht sicher ist.

LA: Was haben bis dato gemacht bzw. gearbeitet (Vor Ausreise Deutschland, nach Überstellung aus Deutschland)?

VP: Ich habe in Österreich gemeinnützige Arbeit gemacht und eine Zeitung in Österreich hat über meine Tätigkeit berichtet. Ich habe auch einen Integrationspass.

LA: Sie waren in Deutschland aufhältig. Haben Sie in Deutschland mal gearbeitet bzw. eine kleine Nebenbeschäftigung ausgeübt in Deutschland?

VP: In Deutschland hatte ich nicht die Möglichkeit.

LA: Welche Integrationsschritte haben Sie bis jetzt getätigt?

VP: AW legt vor: Integrationspass, Teilnahmebestätigung Deutsch Kurs, E-Mail bezüglich Arbeitssuche, 1x Empfehlungsschreiben vom 13.12.2017, 1x Bestätigung gemeinnütziger Arbeit vom 14.12.2017;

LA: Haben Sie in Österreich Deutschkurse absolviert?

VP: Ja, A1 besucht aber nicht absolviert.

LA: Können Sie in deutscher Sprache einen durchschnittlichen Tagesablauf beschreiben?

VP: Ich kann mich verständigen... Ja. Ich stehe auf um 08:00 Uhr. Ich habe 1 Tablette in der Früh. Ich machen Frühstück...und sprechen mit meinen Kollegen.

Anm. Einvernahme auf Deutsch nicht möglich.

LA: Wovon bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt? Bekommen Sie zusätzlich irgendwelche Geldleistungen?

VP: Ich bekomme 40 Euro monatlich von Traiskirchen. Den Rest bekomme ich von Freunden, die helfen mir aus. Sie stehen zu mir und unterstützen mich finanziell.

LA: Sind Sie in Österreich Mitglied in Vereinen oder Organisationen?

VP: Nein. Ich bin kein Mitglied.

LA: Sie haben eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG erhalten, womit Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen bzw. faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des Bundesamtes Stellung zu nehmen. Was spricht gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist?

VP: Ich werde bedroht von den Milizen im Irak und der Regierung. Außerdem habe ich ein Problem mit der Familie, da werde ich auch bedroht weil ich meine Religion gewechselt habe. Nicht nur von meiner Familie, sondern auch von meinem Stamm.

AW legt vor: Zettel Seite 23/ 183. Der Name meines Onkels steht darauf. Es ist ein Ausdruck (Kopie) von einer Fahndungsliste. Er war Oberleutnant beim Militär vom Zeitraum Saddam Hussein.

LA: Sie stellten am 08.07.2015 Ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 16.02.2017 Zahl Zl.: XXXX wurde Ihr Antrag hinsichtlich Zuerkennung Status Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 AsylG. abgewiesen.

Gemäß § 8 Absatz 1 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Irak abgewiesen.

Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG wurden Sie von Österreich nach Irak ausgewiesen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde Ihnen gem. § 57 AsylG. nicht erteilt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis BVwG vom 19.01.2018 Zl. L521 2149483-1/10E nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

Am 06.08.2018 stellten Sie Ihren zweiten bzw. gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

LA: Haben Sie damals betreffend den Fluchtgründen und Ihrer persönlichen Angaben die Wahrheit gesagt?

VP: Ja.

LA: In der Erstbefragung am 06.08.2018 haben Sie zu Protokoll gegeben, dass sich Ihre Grundsituation seit Ihrer Flucht nicht geändert hat. Sie haben dieselben Gründe, welche Sie bereits angegeben haben. Ihr Fluchtgrund ist aufrecht.

Möchten Sie dazu etwas angeben?

VP: Ja, die alten Gründe bleiben aufrecht.

LA: Die Fluchtgründe bestehen daher noch immer. Gibt es Änderungen bzw. Neuigkeiten zu Ihrem Fluchtgrund, die Sie der Behörde nun mitteilen möchten?

VP: Ich möchte noch etwas hinzufügen: Eine Bestätigung das ich meine Religion auf das Christentum umgeändert habe. 1x Bestätigung vom 28.01.2017 Übersetzung und Original.

LA: Haben Sie diese Dokumente der Behörde bereits vorgelegt?

VP: Ja beim BVwG.

LA: Sie haben Beweismittel bereits schon in Ihrem Vorverfahren/ Erstverfahren eingebracht. Gibt es noch Beweismittel die Sie bezüglich Ihrem Fluchtgrund noch einbringen möchten?

VP: Nur 1 Bestätigung von Kirche (10.08.2018), darin steht das ich am XXXX 2014 zum Christentum konvertiert bin, den Namen Markus erhalten habe und das ich aufgrund des Religionswechsels mein Leben in Gefahr ist. Eine weitere Bestätigung (22.03.2016): Bestätigung des Stammes, dass ich von meinen Stamm ausgeschlossen wurde wegen Religionswechsels.

LA: Diese 2 Dokumente haben Sie noch nicht der Behörde vorgelegt, ist das korrekt?

VP: Ja, das stimmt.

LA: In Linz, bei Ihrer mündlichen Verhandlung beim BVwG wurde da Ihre Religionsänderung thematisiert?

VP: Ja.

LA: Hat sich seit dem Vorbringen im Vorverfahren bzgl. Ihrer Fluchtgründe etwas verändert?

VP: Nein. Es sind dieselben Gründe und Probleme.

LA: Warum haben Sie jetzt neuerlich einen Asylantrag gestellt?

VP: Weil ich nicht in den Irak zurück kann. Ich wurde bereits im Irak angeschossen. Das kann ich Ihnen auch vorzeigen. Mein Leben im Irak ist in Gefahr. Außerdem werde ich von der Regierung und der Familie gefahndet.

LA: Dass Sie angeschossen wurden, das haben Sie bereits erzählt?

VP: Ja das stimmt.

LA: Das waren alle Ihre Fluchtgründe?

VP: Ja. Es gibt nichts Neues.

(kurze Unterbrechung: 10 Min Pause.)

LA: Gehen Sie regelmäßig in die Kirche?

VP: Ich bin öfters regelmäßig gegangen. (Bestätigung vom 10.12.2017 wird vorgelegt.)

LA: Wie oft besuchten Sie heuer die Kirche?

VP: Seitdem ich in Traiskirchen bin kann ich sie nicht besuchen weil die Kirche in Wien befindet.

LA: Seit wann weiß Ihre Familie, dass Sie nun Christ sind?

VP: 6 Monate nachdem ich getauft wurde. Nachgefragt war das 2014 wo ich getauft wurde. 6 Monate danach kam meine Familie drauf.

LA: Der Religionswechsel hat im Heimatland stattgefunden?

VP: Ja. In Kurdistan. Nachgefragt in "Sulymanya".

LA: Bezüglich der Fahndungsliste, die Sie lediglich als Kopie einbrachten: Seit wann ist Ihr Onkel Offizier in der irakischen Armee?

VP: Schon lange her..... Ich kann mich nicht erinnern.

LA: Was machten Ihre Brüder:

VP: Ein Bruder war Polizeioffizier, andere war Student.

LA: Bereits in Ihren Vorverfahren wurde von der erstinstanzlichen Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht erkannt, dass Ihr Fluchtvorbringen einerseits nicht zur Gänze den Tatsachen entspricht und andererseits eine Rückkehr nach Irak nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung bzw. Gefährdung im asylrelevanten Ausmaß nach sich zieht. Was sagen Sie dazu?

VP: Das ist jetzt die Wahrheit.

Vorhalt:

LA: Das von Ihnen dargebrachte Vorbringen (ohne Original Beweismittel) ist insgesamt dennoch nicht geeignet, einen neuen, entscheidungs-, nonrefoulement- bzw. asylrelevanten Sachverhalt zu begründen, es gibt keinen glaubhaften Kern, es ist beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung steht Ihnen nicht zu.

Es ist die Absicht, Ihren neuerlichen Antrag negativ zu bescheiden und Sie in den Irak auszuweisen.

Möchten Sie dahingehend eine Stellungnahme abgeben?

VP: Mein Leben ist in Gefahr. Ich würde getötet werden. Nach der ersten negativen Entscheidung bin ich nach Deutschland gegangen, weil ich auf der Suche nach Sicherheit war und nachdem das Verfahren negativ ausgegangen ist. Die Polizei hat mich auf die Ausreise hingewiesen. Das habe ich abgelehnt. Da bin ich nach Deutschland.

LA: Haben Sie ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, die Gründe für den Asylantrag vollständig und umfassend zu schildern und auch alle sonstigen Hindernisse darzulegen, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstehen?

VP: Ja. Ich habe alles gesagt.

LA: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr ins Heimatland?

VP: Vor dem Tod.

LA: Warum und von wem?

VP: Von der Regierung (Milizen) die Zugehörigkeit zu meinem Stamm. Wegen des

Religionswechsel fürchte ich um mein Leben von meinem Stamm. Deshalb möchte ich Sie um Schutz bitten.

LA: Sie haben doch heute ein Stammesschreiben vorgelegt, dessen Inhalt ist, dass Sie nicht mehr zum Stamm gehören angeblich. Möchten Sie dazu etwas angeben?

VP: Nein, das Schreiben wurde vom Oberhaupt vom Stamm ausgestellt und gemacht. Ich bestätige die Richtigkeit des Schreibens.

LA: Was haben Sie dann zu befürchten, wenn Sie nicht mehr zum Stamm gehören?

VP: Darauf steht das Blutrache ist.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

VP: Ja. Alles was dazu gehört habe ich gesagt und vorgelegt. Es ist ein Faktum was mit mir im Falle einer Rückkehr geschehen wird.

LA: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die aktuellen allgemeinen LFST des BFA Irak samt dem darin enthalten Quellen Einsicht und Stellung zu nehmen. Wollen Sie die Länderfeststellungen ausgefolgt bekommen?

VP: Nein. Interesseiert mich nicht.

LA: Der RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen und/ oder Anträge zu stellen.

VP: Nein, Keine Frage und/ oder Anträge.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben was Ihnen wichtig erscheint? Wollen Sie noch etwas vorbringen oder ergänzen?

VP: Nein. Mir fällt nichts mehr ein. Ich habe die Wahrheit gesagt.

LA: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche andere Probleme, außer den genannten, mit privaten Personen, Personengruppen, Banden oder kriminellen Organisationen im Heimatland?

VP: Nein.

LA: Gibt es außer den genannten Problemen und Befürchtungen sonst noch irgendwelche Sie betreffende Schwierigkeiten, die noch nicht zur Sprache gekommen sind?

VP: Nein.

LA: Auf die Vertraulichkeit der von Ihnen angegebenen Daten wird nochmals hingewiesen. Sind Sie damit einverstanden, dass nötigenfalls Erhebungen zum Sachverhalt in Ihrem Heimatland durchgeführt werden? Es werden keine persönlichen Daten an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergegeben.

VP: Ja, ich bin einverstanden.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

VP: Ja.

(...)"

Anm. Rechtschreibfehler wurden nachträglich ausgebessert.

Ihren Vorbringen und Stellungnahmen im Zuge der Erstbefragung, der Mitwirkung an einer Einvernahme vor dem BFA sowie den Beweismitteln B konnten keine Umstände entnommen werden, die die beabsichtigte Vorgehensweise der erkennenden Behörde in Zweifel zu ziehen in der Lage wären, woraus sich in weiterer Folge als Punkt C bezeichnete Feststellungen ergeben.

-

Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

• Sie brachten folgende Beweismittel in Vorlage

o Integrationspass

o Teilnahmebestätigung Deutsch Kurs

o E-Mail bezüglich Arbeitssuche

o Bestätigung Ausschluss Stamm (Stammesschreiben)

o Kopie (Auszug) Fahndungsliste Onkel

o Empfehlungsschreiben vom 13.12.2017

o Bestätigung gemeinnützige Arbeit vom 14.12.2017

[...]"

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt entschieden:

" I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 06.08.2018 wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

II. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 06.08.2018 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

IV. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in den IRAK zulässig ist.

VI. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise."

Dagegen hat die bP durch ihre gewillkürte Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes werden unterlassene Ermittlungstätigkeiten moniert. Sie habe nunmehr Bescheinigungsmittel in Original, welche im Erstverfahren nicht vorgelegt werden konnten. Die generelle Sicherheitslage sei im Irak nach wie vor sehr schlecht. Die bP habe sich bemüht seit ihrem Aufenthalt Deutsch zu lernen, sei sehr gut integriert, habe gemeinnützige Arbeit geleistet und habe einen sozialen Bereich aufgebaut.

Das BVwG hat der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Die LPD NÖ hat mit Straferkenntnis vom 31.10.2018 über die bP wegen Verletzung der Wohnsitzauflage gem. § 121 Abs. 1a iVm § 57 FPG eine Geldstrafe von € 100,00 verhängt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Das Bundesamt traf folgende Feststellungen denen sich das BVwG anschließt:

"[...]

zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest.

Sie führen den Namen XXXX , sind Staatsangehöriger des Irak und sind am XXXX geboren.

Sie sind ledig und haben keine Kinder.

Sie gehören der Volksgruppe der Araber und bekannten sich im Irak zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

Am XXXX 2014 empfingen Sie in einer chaldäischen Kirche im Heimatland die Taufe.

Seitdem führen Sie auch den Namen "Markus".

Sie sprechen die in den irakischen Gebieten gängige Sprache Arabisch auf Muttersprachenniveau. Sie sprechen laut Ihren Angaben ein wenig Englisch und wenig Deutsch.

Sie waren politisch nicht aktiv, gehörten keiner politischen Partei bzw. politischen aktiven Gruppierung an.

Sie hatten aufgrund Ihrer Volkszugehörigkeit oder Ihres Religionsbekenntnisses keine Schwierigkeiten zu gewärtigen.

In Ihrem Herkunftsstaat sind Sie laut Ihren Angaben strafrechtlich unbescholten.

Zu Ihrem Gesundheitszustand:

Es konnten keine psychischen Krankheitssymptome festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass in Ihrem Fall schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen, sodass eine Überstellung in den Irak für Sie unzumutbar wäre.

Sie leiden seit dem Jahr 2006 an Hypertonie und nehmen seither Medikamente dagegen.

In Ihrem nunmehrigen Verfahren wurden keine neuerlichen Krankheiten/ Leiden festgestellt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Ihnen eine Überstellung in den Irak schlicht unzumutbar wäre.

Festgestellt wird, dass es Ihnen auch in Irak möglich wäre, medizinisch behandelt zu werden.

-

zu Ihrem Vorverfahren:

Ihr vorheriges Asylverfahren wurde rechtskräftig negativ abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt.

Sie haben bei Ihrem Erstantrag angegeben:

11. Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):

(Die Befragung hat sich gem. § 19 Absatz 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen, ist aber durch den AW in eigenen Worten abschließend zu beantworten. In einer Darstellung von ca 1/2 Seite sollten die 6W (Wer, Wann, Was, Wo, Wie, Wieso) abgedeckt sein)

Ich wurde 2006 von den shiitischen Milizen auf offener Straße angeschossen und von US Soldaten gerettet. Danach zog ich von Bagdad nach XXXX . Dort wurde ich von der IS bedroht weil mein Bruder XXXX Kommandant in der irakischen Armee war. XXXX wurde 2014 von der IS ermordet. Unser Haus wurde verbrannt. Deshalb habe ich beschlossen den Irak zu verlassen und in ein sicheres Land zu fliehen.

Ihr gesamtes Vorbringen, im vorangehenden Asylverfahren wurde bereits einer ausreichenden und sorgfältigen Prüfung unterzogen.

Zusammenfassend haben Sie keine konkrete Verfolgung oder sonstige Umstände vorgebracht, welche bei einer Rückkehr in Ihr Heimatland eine tatsächliche Gefahr für Ihr Leben oder Ihre körperliche Unversehrtheit darstellen könnte.

Sie haben nicht glaubhaft dargelegt und konnte auch sonst nicht festgestellt werden, dass Sie vor Ihrer Ausreise aus Ihrer Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt waren oder Sie im Falle Ihrer Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wären.

Insbesondere wurde festgestellt, dass Sie im Fall einer Rückkehr in den Irak nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung aufgrund der am XXXX 2014 erfolgten Taufe einer Verfolgung im Heimatland unterliegen.

Insgesamt wurde festgestellt dass eine Rückkehr in den Irak möglich und zumutbar ist.

-

zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich seit Rechtskraft Ihres ersten Asylverfahrens nicht geändert.

Bei Ihrem nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz am 06.08.2018 gaben Sie an Sie würden nochmalig einen Antrag stellen, da Sie nicht in den Irak zurück können. Ihre Fluchtgründe halten Sie aufrecht. Sie haben keine neuen Asylgründe.

Bei einer Rückkehr fürchten Sie den Tod durch Familienmitglieder sowie der irakischen Regierung.

In der Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs am 11.09.2018 haben Sie angegeben, Sie haben in Ihrem ersten Asylverfahren betreffend den Fluchtgründen die Wahrheit gesagt.

Sie wiederholten auf Nachfrage, Ihr Fluchtgrund bestehe nach wie vor.

Nun würden Sie noch etwas hinzufügen wollen:

Eine Bestätigung für die Religionsänderung, welche Sie bereits (laut Ihren Angaben) dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt haben.

Sie brachten eine Bestätigung des Glaubenswechsels sowie eine Bestätigung Ihres Stammes als Beweismittel ein.

Sie wurden von Ihrem Stamm ausgeschlossen und wären nach wie vor in Gefahr.

Die Schriftstücke wurden ins Deutsche übersetzt.

Auf Nachfrage gibt es in Bezug auf Ihre Fluchtgründe nichts "Neues".

Im Grunde genommen steigerten Sie Ihr Vorbringen, indem Sie Beweismittel einbrachten, die ihr früheres Fluchtvorbringen untermauern soll, nachdem Ihr Erstverfahren negativ entschieden wurde.

In weiterer Folge haben Sie keinerlei realen Fluchtgründe vorgebracht, sondern vielmehr wurde festgestellt, dass Sie zusammenfassend keine konkrete Verfolgung darzustellen vermochten.

Somit dient Ihr gesamtes Vorbringen im Wesentlichen dazu eine Besserstellung Ihres Verfahrens zu erwirken.

Ihr gesamtes Vorbringen in diesem Verfahren was Ihre ehemaligen Fluchtgründe für die Antragstellung betrifft wurde bereits in Ihrem Erstverfahren überprüft.

Ihnen wurde nochmalig die Möglichkeit geboten Ihr Recht als Partei zu ergreifen und die Gründe für Ihre Antragstellung zu schildern.

Sie haben keinerlei neuen Fluchtgründe vorgebracht bzw. haben Sie keine aussagekräftigen Beweismittel in Ihr nunmehriges Verfahren eingebracht, die Ihre Glaubwürdigkeit bekräftigen würde.

Ihr nunmehriges Vorbringen, warum Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren könnten, ist nicht glaubhaft.

Bereits in Ihrem Vorverfahren wurde Ihr Vorbringen einer hinreichenden Prüfung unterzogen.

Festgestellt wurde, dass Sie bereits zum Zeitpunkt des Erstverfahrens die Möglichkeit hatten Ihr Fluchtbegehren ausreichend zu schildern.

Festgestellt wird, dass Sie der Behörde nicht glaubhaft darzustellen vermochten, dass Sie aufgrund des neuerlichen Vorbringens irgendwelche Sanktionen seitens des Staates Irak zu befürchten hätten.

Ebenso musste festgestellt werden, dass Sie keine verifizierbaren Beweismittel einbrachten, die Ihr Vorbringen ansatzweise bekräftigen würde.

Bei dem Ausdruck (Kopie) der "Fahndungsliste", worauf Ihr Onkel schriftlich erwähnt ist, handle es sich lediglich um eine Kopie.

Die Bestätigung, welche den Ausschluss von Ihrem Stamm beweisen soll wurde bereits am 22.03.2016 ausgestellt, haben dies Schriftstück angeblich noch nicht der Behörde vorgelegt.

Auf die Frage hin, wie lange Ihr Onkel der irakischen Armee angehöre, konnten Sie nicht beantworten.

-

zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie reisten alleine ins österreichische Bundesgebiet und sind für niemanden sorgepflichtig.

In Österreich sind Sie kein Mitglied von Organisationen oder Vereinen.

Festgestellt wurde durch Ihre Angaben, dass Sie in Österreich keine Bezugsperson behaupteten.

Es wurde festgestellt, dass Sie zurzeit keine Beziehung zu einer in Österreich aufhältigen Person führen.

Es wurde festgestellt, dass Sie ledig sind und keine Kinder haben.

Des Weiteren wurde durch Ihre Angaben festgestellt, dass sich nach wie vor Angehörige im Heimatland bzw. Heimatdorf befinden zu denen Sie auch Kontakt haben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ausweisungsentscheidung zwischenzeitlich eine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich neu entstanden ist.

Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer derart schweren körperlichen Krankheit oder einer schweren psychischen Störung ergeben.

Sie verfügen über keine nicht auf das Asylgesetz gestützte Aufenthaltsberechtigung.

Es wurde festgestellt, dass Sie im Laufe Ihres Aufenthaltes in Österreich nicht straffällig

geworden sind.

Sie sind nach wie vor hauptsächlich auf die Unterstützung des Staates angewiesen.

Sie gehen keiner Arbeit, auch keiner kleinen Nebenbeschäftigung nach.

Sie können Ihren Aufenthalt aufgrund unzureichender finanzieller Mittel nicht selbst bestreiten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der faktischen Durchsetzung Ihrer Ausweisung ein längerfristiges Hindernis entgegensteht.

Es ist festzustellen, dass das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - insbesondere im Rahmen einer geordneten Zuwanderung - Ihrem privaten Interesse als Antragsteller am Verbleib in Österreich aus Gründen des Privatlebens überwiegen.

Sie sind nachweislich der Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen.

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zur derzeitigen Lage in Ihrem Herkunftsland:

Die maßgebliche und Sie betreffende allgemeine Lage im Herkunftsland hat sich seit rechtskräftigem Abschluss Ihres Erstverfahrens nicht wesentlich relevant geändert.

[...]"

Zum Beurteilung der Lage im Herkunftsstaat stützte sich das Bundesamt auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak, Stand 18.05.2018. Das Bundesamt wahrte diesbezüglich das Parteiengehör und gab die bP im Zuge der Einvernahme an, dass sie "das nicht interessiere". Aus den vom Bundesamt herangezogenen Quellen ergibt sich zusammenfassend im Wesentlichen folgendes Lagebild:

Beim Herkunftsort der bP Sulaimaniyya handelt es sich um eine Universitätsstadt im Irak und mit ca. 1.600.000 Einwohnern eine der größten Städte der Autonomen Region Kurdistan. Die Stadt gilt als Kultur- und Bildungszentrum Kurdistans und entwickelt sich derzeit zu einem Zentrum für den Tourismus der Region. Sie verfügt über einen Flughafen mit internationalem Flugverkehr.

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

Der Irak hat ca. 38 Millionen Einwohner. Etwa 75-80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15-20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

Etwa 97 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch (arabische) Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Christen, Jesiden und andere Religionen bilden mit ca. 3 % eine Minderheit. Die Christen zählen überwiegend zu den orientalisch-christlichen Gemeinschaften: Chaldäisch-katholische Kirche, Assyrische Kirche des Ostens, Alte Kirche des Ostens, Armenische Apostolische Kirche, Römisch-katholische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, Assyrisch-evangelische Kirche und andere.

Sicherheitskräfte - Milizen - Rechtschutz

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes.

Rechtschutz

Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft. Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts. Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen und Einflussnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Personal- und Kompetenzmangel wird zuweilen beklagt.

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte vereinzelt, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, gibt es diesbezüglich Mängel im Verfahren. Urteile ergehen vereinzelt mit überschießend hohen Strafen.

Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich Iraker vereinzelt auch an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt.

Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt.

Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat. Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert. Vereinzelte, untergetauchte IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten für Verbrechen verantwortlich. Ebenso werden vereinzelt Übergriffe seitens schiitischer Milizen verzeichnet. Die allgemeine Kriminalitätsrate ist hoch. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet grds. nicht statt. In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

Wenngleich es zum Teil erhebliche Mängel im Sicherheits- und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt.

Es ergibt sich auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht, dass in der Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei oder im gesamten Irak aktuell eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.

Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsp

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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