TE Bvwg Beschluss 2019/3/25 W253 2146701-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.03.2019
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Entscheidungsdatum

25.03.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §62 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W253 2146701-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Jörg C. BINDER über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2019, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX, StA. Afghanistan beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 12 a Abs. 2 iVm § 22 Absatz 10 AsylG und § 62 Absatz 1 AVG stattgegeben und der mündliche verkündete Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Zum Erstverfahren:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 18. Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Im Zuge der am 19. Jänner 2015 erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er sei am XXXX geboren, gehöre der Volksgruppe der Hazara an, und sei schiitischer Moslem. Er stamme aus Afghanistan, allerdings sei er bereits im Iran in Qom geboren worden, und habe er dort auch seine ersten 10 Lebensjahre verbracht. Danach sei er gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester für ca. drei Jahre nach Kasachstan gezogen, wo sein Vater verstorben sei. Nach diesen drei Jahren seien seine Familie und er nach Kabul abgeschoben, und von einem Schlepper sofort nach 1 1/2 Monaten wieder in den Iran nach Qom zurückgebracht worden. Vor ca. sechs Monaten habe er den Iran nach Europa verlassen. Fünf Monate davor habe er den Entschluss gefasst auszureisen. Der Beschwerdeführer habe drei Jahre die Grundschule in Qom besucht, und er spreche die Sprachen Dari, Kasachisch und Russisch. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, er könne nicht nach Afghanistan zurück, weil seine ganze Familie im Iran lebe. Er sei im Iran geboren, und habe keinen Bezug zu Afghanistan. Im Iran drohe ihm die Abschiebung nach Afghanistan. Er habe nicht arbeiten dürfen, und er sei schlecht behandelt worden. Persönlich verfolgt oder bedroht werde er im Iran nicht. Sein Leben sei im Iran nicht in Gefahr. Das sei sein einziger Flucht- und Asylgrund. Sonst habe er keine anderen religiösen, ethnischen oder politischen Flucht- und Asylgründe. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in seiner Heimat befürchte, führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm im Iran die Abschiebung drohe, in Afghanistan habe er niemanden.

Über Auftrag der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer am 13. März 2015 einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für medizinische Begutachtung in Asylverfahren vorgestellt, der beim Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt anhand einer multifaktoriellen Untersuchung ein Mindestalter von 17,5 Jahren errechnete. Zusammenfassend erbrachte die beim Beschwerdeführer durchgeführte Befunderhebung ein spätmöglichstes fiktives Geburtsdatum mit XXXX Unter Zugrundelegung des zitierten Gutachtens wurde das Geburtsdatum des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme am 23. April 2015 mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde mit " XXXX " festgesetzt. Auch wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers als zulässig erklärt. Befragt zu Personen, zu denen im Bereich der EU eine besonders enge Beziehung bestehe, führte der Beschwerdeführer zunächst aus, dass nur ein Cousin von ihm in Frankreich lebe. Er lebe derzeit alleine in einem Lager. Nach der Rückübersetzung des Einvernahmeprotokolls merkte der Beschwerdeführer ergänzend an, dass er auch noch zwei Cousins in Österreich habe.

Am 9. November 2016 langte die Säumnisbeschwerde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.

Am 6. Februar 2017 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt vor und führte dazu aus, eine Erledigung sei aufgrund "des steigenden Migrationsdrucks" und den damit verbundenen "enormen Antragsentwicklungen" nicht möglich.

Über Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes führte die belangte Behörde am 31. Mai 2017 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch. Dabei führte dieser ergänzend aus, seine Eltern würden aus Afghanistan aus der Provinz Maidan Wardak stammen. Sein Vater sei in Kasachstan an Krebs verstorben. Seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester würden derzeit gemeinsam in einer Mietwohnung im Iran in Qom leben. Seine Mutter arbeite als "Putzfrau", sein Bruder arbeite in einer Fabrik. Er habe ca. 3 bis 4 Mal in der Woche mit seiner Familie über Whats App Kontakt. Im Iran würden auch 3 Tanten, 1 Onkel sowie sein Großvater leben. In Afghanistan habe er niemanden. Die finanzielle Situation seiner Familie sei mittelmäßig. Die Kosten seiner Ausreise nach Europa in Höhe von ca. EUR 3.000 habe er aufgrund seiner Arbeit im Iran selbst finanziert. Er sei nicht verheiratet, habe keine Kinder, und er halte sich seit 17. Jänner 2015 in Österreich auf. Die 1 1/2 Monate in Kabul habe er in einer Schlepperunterkunft verbracht. Anschließend habe er ca. 2,5 bis 3 Jahre bis zu seiner Ausreise im Iran in einer Schuhfabrik gearbeitet. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, er selbst habe keine Probleme mit Privatpersonen gehabt, aber sein Vater habe Feinde im Herkunftsstaat. Konkret führte er dazu (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes aus: "Die Geschichte habe ich von meiner Mutter gehört, dass wir in Afghanistan Feinde haben. Als meine Mutter ein Kind war wurde sie von ihren Eltern zur Heirat versprochen. Der Mann (Haji Qafil) der meine Mutter heiraten sollte war ein Zocker und bei den Jabbas. Meine Mutter wollte ihn nicht heiraten, sie lernte meinen Vater kennen. Mein Großvater bereute meine Mutter versprochen zu haben. Mein Großvater sagte zu meinen Eltern, dass sie in den Iran flüchten müssen. Es kam zu einem Streit zwischen meiner Familie und der, der meine Mutter versprochen wurde. Mein Großvater und Großonkel väterlicherseits wurden in diesem Streit umgebracht. Wir haben im Iran gelebt. Als ich ca. 8-9 Jahre alt war kam Haji Qafil in den Iran und bedrohte meinen Vater. Er sagte zu ihm, dass er ihn umbringen will, weil er seine Ehre und die Ehre seiner Familie beschädigt hat, weil er mit seiner Frau weggelaufen ist. Nach diesen Drohungen sagte er auch, dass sein Bruder wegen meinem Vater getötet wurde. Sie haben meinen Vater gefunden und so viel geschlagen, dass er im Koma war. Wir haben dies bei der Polizei angezeigt, aber Haji Qafil hat nicht im Iran gelebt, sondern in Afghanistan. Als er erfuhr, dass mein Vater noch lebt kam er ca. 8 Monate später zurück in den Iran und drohte meinem Vater mit dem Tod. Mein Vater bekam Angst und entschloss, dass wir den Iran verlassen müssen und nach Kasachstan gehen. Wir haben dort gelebt, mein Vater arbeitete in einer Bäckerei. Nach ca. 2 bis 2,5 Jahren bekam mein Vater Krebs, dann starb er. Wir haben ihn in Kasachstan begraben. Wir haben illegal in Kasachstan gelebt. Da wir unser Visum nicht verlängert haben wurden wir nach Afghanistan abgeschoben. Wir sind dann illegal in den Iran zurück. Meine Mutter hatte Angst in Afghanistan, wir waren ca. 1 Woche unterwegs in den Iran. Im Iran haben wir illegal gelebt." Weiters führte er aus, dass er und seine Familie zu der Zeit, als Haji Qafil die Familie das erste Mal aufgesucht habe, im Iran in Qom, Khayam gelebt hätte. Sie seien auch nicht umgezogen. Zum zweiten Besuch von Haji Qafil sei es ca. 7 bis 8 Monate später gekommen, wiederum 2 Monate später seien sie nach Kasachstan gezogen. Befragt, wann er von seiner Mutter erfahren habe, warum diese damals aus Afghanistan geflüchtet sei, führte der Beschwerdeführer folgendes (wortwörtlich wiedergegeben) aus: " Als wir in Afghanistan in den Iran gekommen sind ist Haji Qafil wieder im Iran aufgetaucht. Ich habe gesehen, dass meine Mutter mit ihm diskutiert hat, daraufhin hat sie mir die Geschichte erzählt. Haji Qafil wollte immer, dass meine Mutter wieder nach Afghanistan zurückkehrt. Vor der Ausreise aus dem Iran Richtung Österreich habe ich davon erfahren. Genau 6 Monate bevor ich nach Österreich gekommen bin, das war das 3. Mal als Haji Qafil bei uns war."

Befragt, weshalb er von diesen Vorfällen im Rahmen der Erstbefragung nicht erzählt habe, führte er aus, er habe deshalb nichts gesagt, weil er sehr müde und unter Stress gewesen sei. Auch sei er nicht so genau nach Afghanistan befragt worden. Davon abgesehen habe er auch als Schiite in Afghanistan allgemein Probleme, weil diese dort getötet werden würden. Nach der Rückübersetzung durch den Dolmetscher führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass ihm Haji Qafil bei seinem letzten Besuch ebenfalls gedroht habe, dass er ihn töten wolle. Die Frage, ob seine Mutter mit seinen Geschwistern noch immer im selben Haus, wie im Zeitpunkt seiner Flucht wohne, wurde vom Beschwerdeführer bejaht.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 30. August 2017 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Darin führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ergänzend aus, er sei von seinem 7. bis zu seinem 10. Lebensjahr im Iran in die Schule gegangen, und habe er zu dieser Zeit seinen Vater, der in einer Konditorei gearbeitet habe, unterstützt. Die letzten 2,5 bis 3 Jahre vor seiner Ausreise nach Europa habe er als Schuster in einer Fabrik gearbeitet. Als seine Mutter, seine Geschwister und er von Kasachstan nach Kabul abgeschoben worden seien, habe sein Großvater umgehend einen Schlepper organisiert, der die Familie am Flughafen abgefangen und in ein Schlepperquartier gebracht habe. Dieses Quartier hätten sie 1 1/2 Monate nicht verlassen dürfen, dann seien sie in den Iran gebracht worden. Im Iran würden neben seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern, seine beiden Tanten väterlicherseits sowie seine Tante, seine Großeltern und sein Onkel mütterlicherseits leben. Die finanzielle Situation seiner Familie sei so, dass "sie gerade damit auskommen". Seine Mutter arbeite als "Putzfrau", sein Bruder sei - so wie er vor seiner Ausreise - Schuster in derselben Fabrik. Auch seine beiden Tanten väterlicherseits würden als Schuster Patschen herstellen. Seine Tante mütterlicherseits sei Hausfrau, ihr Mann sei Bauarbeiter. Sein Onkel mütterlicherseits sei Schneider. Sein Großvater sei Aufsichtsperson in einem Krankenhaus. Er glaube nicht, dass seine Familie Ersparnisse oder sonstiges Eigentum besitzen würde. Auch glaube er nicht, dass es seiner Familie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan möglich wäre, ihn finanziell zu unterstützen, aber er wisse es nicht. Sie könnten ihn - so vermute er - höchstens soweit unterstützen, indem sie ihm einen Schlepper bezahlen, der ihn in den Iran bringen würde. Das sei die maximale Unterstützung, die er von seinen Verwandten bekommen könne. Er wisse auch nicht, wieviel ein solcher Schlepper kosten würde. Das erste Mal habe dies sein Opa übernommen. Es sei auch nur hypothetisch gemeint. Er glaube auch, dass sie kein Geld hätten. Er könne sich aber vorstellen, dass sie sich von jemandem Geld ausborgen, um den Schlepper zu bezahlen. So habe es auch sein Großvater beim ersten Mal gemacht. Dieser habe einen Teil selbst gehabt, und einen anderen Teil sich ausgeborgt. In Österreich hätten bislang zwei Cousins gelebt. Ein Cousin sei zwischenzeitig nach Finnland geschickt worden. Der andere würde nicht mit ihm leben, sondern habe dieser seine eigene Familie. Zu seinen Fluchtgründen befragt, wiederholte der Beschwerdeführer sein - bereits im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde erstattetes - Vorbringen in Bezug auf XXXX . Ergänzend brachte er vor, dass dieser, als der Beschwerdeführer ca. 9 bis 10 Jahre gewesen sei, seinen Vater das erste Mal im Iran bedroht, und diesen mit einem Messer in den Bauch gestochen habe. Erst 7 bis 8 Monate später habe XXXX , als er gemerkt habe, dass sein Vater überlebt habe, neuerlich die Familie aufgesucht und bedroht. Daraufhin hätte die Familie ihren Wohnsitz nach Teheran verlegt, und sei diese von dort ca. 2 Monate später nach Kasachstan ausgereist. Ca. 6 Monate bevor der Beschwerdeführer aus dem Iran nach Europa ausgereist sei, habe die 3. Bedrohung durch XXXX stattgefunden. Konkret führte der Beschwerdeführer dazu (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes aus : "Ich habe eines Tages meine Mutter gesehen, die vor der Tür mit einem Mann diskutiert. Ich bin hingegangen und der Mann hat angefangen, mich zu beschimpfen und zu beleidigen. In meinen Adern fließt das Blut der Mörder, der ihm seine Frau wegnahm und seinen Bruder umgebracht hat. Ich war verwirrt. Ich habe ihn nicht gekannt. Ich habe nachgefragt, warum er mit mir so redet. Zu meiner Mutter hat er gesagt, du bist meine Ehre und musst nach Afghanistan zurück. Du musst mit mir nach Afghanistan kommen. Deine Kinder werde ich einzeln umbringen". Nochmals dazu befragt führte der Beschwerdeführer (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes aus: "Ich war zu Hause, als ich eine laute Stimme gehört habe. Meine Mutter hat geweint. Es wurde gesagt: "Was willst du von mir, lass mich doch in Ruhe". Ich habe gesehen, dass ein fremder Mann mit meiner Mutter diskutiert. Das war XXXX . Ich habe meine Mutter gefragt, wer das ist und ich habe die Person gefragt: " Wer bist du, dass du dir erlaubst, mit meiner Mutter so zu reden"? Er hat zu mir gesagt: "Du bist das unreine Blut, das mir die Ehre gestohlen hat. Wegen dir wurde mein Bruder umgebracht". Er hat meinen Vater gemeint. Ich stamme von ihm. Ich bin sein Blut sozusagen. Er sagte: "Du bist der Sohn von Reza", so heißt mein Vater. Ich werde dich umbringen, wenn du in Afghanistan ankommst". Wir haben zu ihm gemeint, wir werden die Polizei rufen, wenn du nicht gehst. Er sagte, ruft doch die Polizei an, sie wird euch auch mitnehmen. Ihr habt keine Dokumente. Ich würde mich sogar darüber freuen, wenn ihr die Polizei anruft. Die Polizei wird euch nach Afghanistan abschieben und das ist das, was ich möchte." Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er ca. 6 Monate später nach Europa ausgereist sei. In der Zwischenzeit sei er arbeiten gegangen. Auch habe er an der gleichen Adresse gewohnt. Zu weiteren Bedrohungen sei es innerhalb dieser Zeit nicht gekommen. Auf die Frage, wie er sich das erklären könne, führte der Beschwerdeführer (wörtlich wiedergegeben) aus: "Er wollte ja meine Mutter, aber meine Mutter war nicht bereit, mit ihm nach Afghanistan zu gehen. Er hat gesagt, er will ihre Kinder nicht, sondern nur sie selbst. Wenn die Kinder nach Afghanistan kommen, wird er sie einzeln umbringen, wenn sie ihre Kinder nach Afghanistan mitnimmt." Befragt, wie er und seine Mutter der 3. Bedrohung durch XXXX entgehen hätten können, führte der Beschwerdeführer aus, es hätten sich, als XXXX laut vor der Tür geworden sei, Nachbarn versammelt; dadurch hätte er sich bedroht gefühlt und sei er deshalb weggegangen. Nach dieser 3. Bedrohung sei es zu keiner weiteren gegen seine Familie gerichteten Bedrohung gekommen. Auf die Frage, weshalb seine Familie nach wie vor im Iran leben könne, führte er aus, dass diese in Angst leben würden, und keine andere Wahl hätten. Seine ursprüngliche im Rahmen der Verhandlung - in Widerspruch zu seiner Erstbefragung - erstattete Aussage, seine Mutter hätte nach dem Vorfall der 3. Bedrohung ihren Wohnsitz geändert, wurde vom Beschwerdeführer, nachdem ihm das Verhandlungsprotokoll rückübersetzt wurde, insofern korrigiert, als sie lediglich eine andere Unterkunft gesucht, aber nicht gefunden habe. Befragt nach seinen Angaben zu seinen Fluchtgründen im Rahmen der Erstbefragung führte er aus, dass er bei der Einvernahme unter Stress gestanden sei. Es sei nicht auf der Frage beharrt worden, warum er nicht nach Afghanistan zurückgehe oder zurückgehen könne. Er habe grob die Frage beantwortet, dass er niemanden in Afghanistan habe. Zu dem ihm mit der Ladung übermittelten Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 5. März 2017 zu BvwG 160.000/0001-Kammer A/2017 führte der der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers - soweit hier wesentlich - aus, dieses sei objektiv, teilweise sehr tendenziös. Darin seien Sätze enthalten, die politische Argumentaion seien und nichts in einem Gutachten zur Rückkehrfrage verloren hätten. Auch sei das Gutachten widersprüchlich. Darin werde zur Versorgung mit Nahrungsmittel unter anderem angeführt, dass Kabul mit Lebensmittel aus Pakistan versorgt werde. Tatsächlich sei - wie aus einem Zeitungsartikel hervorgehe - die pakistanisch-afghanische Grenze derzeit aber geschlossen, und Händler könnten ihre Waren nicht über die Grenze bringen. Die Versorgungslage sei tatsächlich schlecht. In Bezug auf Arbeit sei dem Gutachten nach ebenfalls unklar, wie viele offene Stellen es gebe, wie solche besetzt werden würden, wie man Arbeit finden könne ohne Kontakte und wie viele Menschen Arbeit suchen würden. Welche besonderen Anstrengungen im privaten Sektor zur Arbeitssuche erforderlich seien, bleibe im Dunkeln. Anzumerken sei auch, dass die im Gutachten genannte Arbeitslosenrate zuletzt für das Jahr 2014 angegeben werde. Seit 2014 habe sich die Wirtschaftslage und damit auch die Arbeitslosigkeit verschlechtert. Es sei daher entgegen der Ansicht von Ing. Mahringer davon auszugehen, dass die Existenzsicherung in Kabul und anderswo ohne familiären Rückhalt und sozialem Netzwerk nicht möglich sei.

Mit Erkenntnis vom 20.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § drei Abs. 1 Asylgesetz 2005 als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt und wurde gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Afghanistan wurde für zulässig erklärt Und unter einem eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Erkenntnisses festgelegt.

Mit Schreiben vom 20.11.2017 erhob der Beschwerdeführer eine außerordentliche Revision.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 09.10.2018 Behandlung der Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Beschluss vom 06.12.2018 wurde die Revision vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Zum Folgeantrag:

Mit Mandatsbescheid vom 08.03.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs 2 Z2 FPG iVm § 57 Abs.1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der der Abschiebung verhängt.

Am 13.03.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag. Am selben Tag erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Befragt zu den Gründen der neuerlichen Antragstellung führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits drei Monate zuvor die Entscheidung getroffen habe zum Christentum zu konvertieren. Er würde am 24.03.2019 in Wels bei der freien christlichen Gemeinde getauft werden. Über seine Kirchenbesuche habe er auch eine Bestätigung. Seine Eltern wollten aufgrund seines Entschlusses nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Am 18.03.2019 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. In dieser wurde der Beschwerdeführer wiederholt zu seiner Konversion befragt. Fragen des Rechtsberaters zu weiteren Zeugen des Konversionsprozesses wurden nicht zugelassen. Der Beschwerdeführer kam weiters um eine Frist zur Namhaftmachung weiterer Zeugen ein. Im Zuge der Einvernahme erfolgte die mündliche Verkündung des beschwerdegegenständlichen Bescheids.

Begründend führte das Bundesamt aus, dass unter Berücksichtigung des Vorbringens in den Vorverfahren und des Folgeantrags sich die allgemeine Lage wich auch die persönlichen Verhältnisse und der körperliche Zustand des Beschwerdeführers nicht entscheidungswesentlich geändert hätten.

Am 20.03.2019 langte eine Beschwerdeergänzung zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG iVm § 22 Abs 10 AsylG zum mündlich verkündeten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht ein. Der Beschwerdeführer führte in diesem Schreiben aus, dass es entgegen der Ansicht der belangten Behördenicht auf der Hand liege, dass der Folgeantrag mit Sicherheit zurückgewiesen werde. Sein Konversionsvorbringen sei ein neuer Sachverhalt. , welcher im Erstverfahren noch nicht Verfahrensgegenstand war. Schon aus dem Bestätigungsschreiben der freien Christengemeinde und dem Umstand, dass seine Taufe für den 24.03.2019 avisiert sei, würde hervorgehen, dass der Beschwerdeführer den Antrag keinesfalls rechtsmissbräuchlich gestellt habe. Die Behörde habe es weiter unterlassen sich mit der inneren Überzeugung des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen und den für die Konversion relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Die belangte Behörde habe es aktiv vereitelt den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, weil sie dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Benennung weiterer Zeugen versagt habe. Ebenso wäre das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der Christengemeinde nicht als Beweismittel im Bescheid angeführt.

Die Beschwerdevorlage unter Anschluss des da. Verwaltungsaktes langte am 22.03.2019 in der hg. Abteilung ein. Das Einlangen wurde dem Bundesamt bestätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Hazara an.

Der Beschwerdeführer hat im Vorverfahren zusammengefasst vorgebracht, dass er bzw. seine Familie von XXXX bedroht worden sei.

Im Zuge der Einvernahme anlässlich des Folgeantrags gab der Beschwerdeführer an sich seit einiger Zeit mit dem Christentum zu beschäftigen, nannte einen Tauftermin, beantragte eine Frist zur Bekanntgabe von Zeugen aus der Freien Christengemeinde und legte ein Schreiben des betreuenden Pastoralassistenten vor.

Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Beschwerdeführer beruhen auf den Feststellungen des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zum Erstantrag.

Die Feststellung hinsichtlich der vom Beschwerdeführers vorgebrachten Änderungen, beruht auf einer Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt, die innliegenden Niederschriften der Einvernahmen, den protokollierten Bescheid und der Beschwerdeergänzung. Aus einer Zusammenschau ergibt sich für den zur Entscheidung berufenen Richter der Eindruck, dass der Beschwerdeführer mehrfach vorgebracht hat, vom inneren Wunsch getragen zu sein, zum Christentum zu konvertieren. Zu diesem Zweck hat der Beschwerdeführer zum einen ein Schreiben der Freien Christengemeinde und zum anderen den Antrag gestellt weitere Zeugen namhaft machen zu dürfen. Für den zur Entscheidung berufenen Richter erhärtet sich aufgrund der Intensität des Vorbringens (Schreiben des Pastoralassistenten, Nennung von Zeugen aus der Gemeinde, Kenntnisstand über das Christentum) der Eindruck, dass sich der Beschwerdeführer zumindest in näherem Kontakt mit einer christlichen Einrichtung befindet. Eine Beschäftigung des Beschwerdeführers mit Christentum zum Zeitpunkt des Abschlusses seines Verfahrens zum Erstantrag ist nicht erkennbar.

Die Feststellung hinsichtlich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers erfolgte auf Grund einer Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ist eine Erledigung als Beschluss vorgesehen.

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten auszugsweise:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

[...]

Entscheidungen

§ 22.

[...]

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

[...]".

2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zur maßgeblichen Judikatur:

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner rezenten Entscheidung vom 12.12.2018, Ra 2018/19/0010 folgendes aus:

"

[...]

30 Mit Erkenntnis vom 10. Oktober 2018, G 186/2018 ua., hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag abgewiesen und ausgeführt, dass die mit § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG angeordnete Rechtsschutzkonstruktion in Form einer fiktiven Parteibeschwerde in ausnahmslos jedem Fall einer Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mit dem in Art. 130 und Art. 132 B-VG vorgesehenen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit vereinbar sei (Pkt. IV.2.4.3. der Begründung). Es liege auch keine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts vor. Vor dem Hintergrund des Art. 130 B-VG sei die Frage der Rechtskraftfähigkeit des gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erlassenen Bescheides unerheblich (Pkt. IV.2.5. der Begründung).

[...]

32 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2017, Ra 2017/18/0451, 0452, darauf hingewiesen, dass die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") ausführen, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.

33 Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Verfahrensrichtlinie - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte.

34 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 19. Dezember 2018 festgehalten, dass es dem Fremden nicht verwehrt ist, im amtswegig eingeleiteten Beschwerdeverfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch eine Beschwerdeergänzung auf Umstände des Falles hinzuweisen, die ihm entscheidungsrelevant erscheinen (Rn. 25 der Entscheidungsgründe). Ferner ist § 22 Abs. 1 BFA-VG - unionsrechtskonform - so zu verstehen, dass das Bundesverwaltungsgericht zwar ohne Verhandlung entscheiden kann, diese Norm aber kein "Verhandlungsverbot" statuiert, sondern dem Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit offen lässt, erforderlichenfalls eine Verhandlung durchzuführen (Rn. 31 der Entscheidungsgründe), zumal der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Rechtsprechung betont hat, dass der nationale Gesetzgeber das Gericht nicht daran hindern darf, eine Anhörung anzuordnen, wenn es die bei der persönlichen Anhörung des Fremden im erstinstanzlichen Verfahren erlangten Informationen für unzureichend hält und deshalb eine solche Anhörung als erforderlich ansieht, um eine umfassende, sich sowohl auf Tatsachen als auch auf Rechtsfragen erstreckende ex nunc-Prüfung vorzunehmen (Rn. 29 des zitierten Erkenntnisses mit Hinweis auf EuGH 26.7.2017, C-348/16, Sacko).

[...]

37 Schon die Notwendigkeit, sich umfangreich beweiswürdigend mit den Angaben eines Asylwerbers auseinandersetzen und nicht bloß geringfügige ergänzende Ermittlungen durchführen zu müssen, führt dazu, dass nicht mehr davon gesprochen werden könne, es liege noch eine Grobprüfung vor und die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags liege auf der Hand.

38 Es darf nämlich nicht unbeachtet bleiben, dass der Gesetzgeber - auch wenn es nach dem Gesagten dem Bundesverwaltungsgericht nicht untersagt ist, eine Verhandlung durchzuführen oder sonst ergänzende Ermittlungen vorzunehmen - mit den in § 22 Abs. 1 und Abs. 3 BFA-VG enthaltenen Anordnungen, dass das Verfahren (über die vom Gesetz fingierte Beschwerde) ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist, eine auf § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gestützte Zurückverweisung nicht ergehen darf und die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes binnen acht Wochen zu ergehen hat, vor Augen hatte, dass im Rahmen der bei der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorzunehmenden Grobprüfung die Ergänzung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht die Ausnahme bleiben soll. Dies ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine vom betroffenen Fremden erhobene Beschwerde nicht vorliegen muss und nach § 22 Abs. 2 BFA-VG die Aufhebung des Abschiebeschutzes und eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder eine Ausweisung mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar sind. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist von der Behörde (lediglich) bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Aus den genannten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich somit insgesamt das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, dass die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in erster Linie anhand des Ergebnisses der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis dahin vorgenommenen Ermittlungen zu erfolgen hat. Lässt dieses Ermittlungsergebnis aber die einwandfreie Beurteilung im Rahmen der Grobprüfung nicht zu, sondern bedarf es dafür erheblicher ergänzender Ermittlungen, kann diese von der Behörde zu vertretende Mangelhaftigkeit nicht zum Nachteil des Fremden ausschlagen.

[...]"

Zu A)

Die ex-lege automatisch vorgesehene Beschwerde durch Vorlage an das Bundesverwaltungesgericht ist gemäß § 12a AsylG 2005 zu prüfen. Gründe für ein Nichtvorliegen des faktischen Abschiebeschutzes im Sinne des § 12a Abs1 sind nicht hervorgekommen.

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs.2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Gegen den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Wie bereits oben festgestellt hat der Beschwerdeführer erstmals im Zuge seiner Folgeantragstellung eine Konversion zum Christentum behauptet. Der Beschwerdeführer hat überdies einen konkreten Tauftermin genannt und in seiner Befragung vor dem Bundesamt einen Antrag zur Bekanntgabe von Zeugen aus der Christengemeinde gestellt. Ebenso hat der Beschwerdeführer im Verfahren ein Schreiben seines Pastoralassistenten der Behörde vorgelegt. Diesem Schreiben ist zu entnehmen, dass der Priester von der Ernsthaftigkeit des Konversionsprozesses überzeugt sei.

Der Beweiswürdigung des Bundesamtes ist zu entnehmen, dass dieses nicht in Frage stellt, dass eine Beschäftigung des Beschwerdeführers mit dem christlichen Glauben erfolgt ist. Das Bundesamt gesteht dem Beschwerdeführer außerdem zu, dass dieser über Abläufe in der christlichen Kirche Bescheid wisse. Weiters führt das Bundesamt beweiswürdigend und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme von Zeugen seines Konversionsprozesses entgegnend aus:

"Was nun der Antrag des Rechtsberaters betrifft, eine Frist zu gewähren, um weitere Personen namhaft zu machen, welche bezeugen können, dass sich dem christlichen Glauben zugewandt haben, geht in der Hinsicht völlig ins Leere, weil ohnehin ein Schreiben des Pastoralassistenten vorliegt, zum anderen auch daher, dass sie die Behörden nicht einmal abstreitet, dass sie sich mit dem christlichen Glauben beschäftigt haben. Fakt ist allerdings, dass sie sich nunmehr seit Dezember 2014 Österreich aufhalten, ihnen bereits seit Ende 2017 aufgrund rechtskräftigen abgeschlossenen Asylverfahren sowie Erhalt eines Ladungsbescheides zwecks Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes, bewusst war, dass ihr weiterer Aufenthalt in Österreich nicht mehr gesichert ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sie sich erst zu einem derart späten Zeitpunkt dazu entschlossen haben sollten, den Glauben zu wechseln. In einer Gesamtschau wird festgehalten, dass sie bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht getauft sind, ihre in Afghanistan weitschichtigen Verwandten über ihre angeblich bevorstehende Konvertierung nichts wissen. Es stellte noch offen, Ihren Aufenthaltsort in Afghanistan frei zu wählen. So haben sie die Möglichkeit sich in den Provinzen Kabul, Herat oder Massey Sharif niederzulassen. Ein Gesamt die Behörde zum Schluss, das gegenständliche Asylantrag einzig und allein darauf abzielt, dass es der Schubhaft entlassen und in weiterer Folge einer möglichen Abschiebung zuerkennen, um somit in Aufenthalt in Österreich weiter verlängern zu können."

Im Lichte der vom zur Entscheidung berufenen Richter oben angeführten höchstgerichtlichen Judikatur wonach "im Rahmen der bei der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorzunehmenden Grobprüfung die Ergänzung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht die Ausnahme bleiben soll" und dem Umstand, dass die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht in erster Linie anhand des Ergebnisses der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis dahin vorgenommenen Ermittlungen zu erfolgen hat, ist für den vorliegenden Fall zu bemerken, dass eine Grobprüfung im Sinne einer Prognoseentscheidung eine entsprechende inhaltliche Auseinandersetzung des Bundesamtes mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers voraussetzt. Eine solche lässt die belangte Behörde aber vermissen.

Auf der einen Seite hat das Bundesamt dem Beschwerdeführer Kenntnisse über das Christentum zugebilligt, wischt jedoch die Angebote zur Benennung von Zeugen vom Tisch, ohne sich tatsächlich mit der unter Umständen vorliegenden inneren Überzeugungslage des Beschwerdeführers substantiell auseinanderzusetzen und versucht diese mit Spekulationen über die vermuteten tatsächlichen Beweggründe des Beschwerdeführers zu entkräften, anstatt angebotene Zeugen oder den Taufpriester tatsächlich zu befragen und somit nachvollziehbare Fakten zu schaffen. Hierzu ist unter Verweis auf die oben angeführte Judikatur weiter zu bemerken, dass die Notwendigkeit, sich umfangreich beweiswürdigend mit den Angaben eines Asylwerbers auseinandersetzen und nicht bloß geringfügige ergänzende Ermittlungen durchführen zu müssen, dazu führt, dass nicht mehr davon gesprochen werden könne, es liege noch eine Grobprüfung vor und die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags liege auf der Hand.

Eine rechtsmissbräuchliche Antragstellung mag der zur Entscheidung berufene Richter aus dem Verhalten des Beschwerdeführers ebenso nicht zu erkennen. (siehe dazu Beweiswürdigung).

Das Ermittlungsergebnis der belangten Behörde lässt aus Sicht des zur Entscheidung berufenen Richters die einwandfreie Beurteilung im Rahmen einer Grobprüfung nicht zu. Das behördliche Ermittlungsergebnis wonach die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liege, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert habe, kann aus Sicht des zuständigen Richter aus den genannten Gründen nicht geteilt werden. Da diese von der Behörde zu vertretende Mangelhaftigkeit nicht zum Nachteil des Fremden ausschlagen kann war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Bezug habende Judikatur wurde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung dargelegt.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, ersatzlose Behebung,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig,
Folgeantrag, Konversion, Prognoseentscheidung, Religion, wesentliche
Sachverhaltsänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W253.2146701.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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