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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des ODN in Frankenmarkt, geboren am 4. März 1968, vertreten durch Dr. Maximilian Hofmaninger, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1995, Zl. 4.287.869/6-III/13/95, betreffend Feststellung gemäß § 37 Abs. 5 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes 2. wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsbürger, als Flüchtling im Sinn des Asylgesetzes aus 1968 anerkannt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1995 wurde 1. gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, festgestellt, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers die in Art. 1 Abschnitt C Z. 1 und Z. 5 und in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. Nr. 55/1955, genannten Tatbestände eingetreten seien und
2. gemäß § 37 Abs. 5 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien zulässig sei.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 1. wurde der angefochtene Bescheid zusammengefaßt damit begründet, daß der Beschwerdeführer im Hinblick auf das totalitäre rumänische Staatssystem Asyl erhalten hätte; dieses Staatssystem bestehe jedoch nicht mehr, sodaß die seinerzeitigen Asylgründe weggefallen seien. Der Beschwerdeführer habe sich wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt. Er sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Leoben vom 11. April 1994 wegen gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls verurteilt worden und stelle daher eine Gefahr für die Gemeinschaft Österreichs dar, wodurch er den Tatbestand des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention verwirklicht habe.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. begründete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer schon im Hinblick auf die zu Spruchpunkt 1. gegebene Begründung auch eine Gefahr für die Gemeinschaft im Sinn des § 37 Abs. 4 FrG darstelle und seine Abschiebung nach Rumänien bereits aus diesem Grund jedenfalls zulässig sei. Ferner ergebe sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Anhaltspunkt, daß etwa eine Bedrohung seiner Person im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG vorliege bzw. seien die diesbezüglichen Behauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig gewesen. Seine Behauptung, daß ihm im Fall seiner Aufgreifung durch die Polizei in Rumänien Inhaftierung drohen könnte, sei deswegen unglaubwürdig, weil der Beschwerdeführer mehrfach nach Rumänien zurückgekehrt sei und hiebei schon an der Grenze Kontakt zu rumänischen Sicherheitsorganen gehabt habe. Seine Behauptung, im rumänischen Niemandsland bereits einen Reisestempel erhalten zu haben, ohne aber nach Rumänien eingereist zu sein, sei nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, sehr oft Medikamente nach Rumänien gebracht zu haben; seine Angaben seien daher widersprüchlich. Selbst unter der Fiktion der Glaubwürdigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers, daß er in Rumänien von der Polizei gesucht werde, könne dies die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers nicht mehr indizieren, da ja schließlich auch die rumänische Polizei sicherheitspolizeiliche Ermittlungen gegen ihn anstellen könne, was ganz besonders im Fall des Beschwerdeführers keineswegs von der Hand gewiesen werden könne. Ein Indiz hiefür liefere der Beschwerdeführer in seiner Berufung, wo er ausführe, insbesondere auch wegen der Aktivitäten seines Vaters und seiner anschließenden Flucht (also auch noch aus anderen Gründen) im Fall seiner Abschiebung nach Rumänien inhaftiert zu werden. Die Angaben des Beschwerdeführers seien im übrigen unzutreffend. Er habe im Asylverfahren nicht angegeben, wegen gegen das Regime gerichteter Aktivitäten seines Vaters mehrfach in Haft genommen worden zu sein. Vielmehr habe er angegeben, nie konkret die Gründe für die Inhaftierung seines Vaters erfahren zu haben. Er sei lediglich einmal im Zusammenhang mit seinem Vater zu Ermittlungszwecken angehalten gewesen und es sei in der Folge zu einer Hausdurchsuchung gekommen (die im übrigen einen Liter durch seine Mutter von deren Arbeitsstelle gestohlenen Möbellack zutage gefördert habe). Es lägen somit keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, daß das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG bedroht wären.
Die vorliegende, gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit sie gegen dessen Spruchpunkt 1. gerichtet ist, mit Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0219, abgewiesen und dies damit begründet, daß die belangte Behörde darin zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sei, der Beschwerdeführer habe sich im Sinn des Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt, weshalb die Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 zu Recht ergangen sei. Auf das genannte Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Fremdengesetzes lauten wie folgt:
"Verbot der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung
§ 37. (1) ...
(2) Die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).
(3) ...
(4) Die Abschiebung eines Fremden in einen Staat, in dem er im Sinne des Abs. 2 bedroht ist, ist nur zulässig, wenn der Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder wenn er nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).
(5) Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 4 ist mit Bescheid festzustellen. Dies obliegt in den Fällen des § 5 Abs. 1 Z 3 des Asylgesetzes 1991 der Asylbehörde, sonst der Sicherheitsdirektion."
§ 5 des Asylgesetzes 1991 lautet:
"§ 5. (1) Ein Flüchtling verliert das Asyl, wenn festgestellt wird, daß
1.
ihm in einem anderen Staat Asyl gewährt wurde;
2.
ihm in einem anderen Staat ein dauerndes Aufenthaltsrecht gewährt wurde;
3.
hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F lit. a oder c oder Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist.
(2) Eine Feststellung gemäß Abs. 1 ist mit Bescheid der Asylbehörde von Amts wegen zu treffen."
Die hier zur Beurteilung stehende Feststellung der belangten Behörde, es lägen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 4 FrG vor, beruht offensichtlich auf der verfehlten Rechtsansicht, daß bei einem Ausspruch gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 jedenfalls auch eine Feststellung gemäß § 37 Abs. 4 FrG zu erfolgen habe. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 96/21/0058, ausgeführt hat, besteht für einen Ausspruch gemäß § 37 Abs. 5 FrG aber nur in solchen Fällen eine gesetzliche Grundlage, in denen eine Abschiebung zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung erforderlich ist, also nur aus Anlaß eines Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes. Soweit aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens ersichtlich, wurden derartige Verfahren nicht durchgeführt. Im übrigen setzt die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 37 Abs. 5 FrG im Grunde des § 37 Abs. 4 FrG die Feststellung voraus, daß der Fremde in jenem Staat, in welchen er abgeschoben werden soll, im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG bedroht ist. Gerade dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall aber verneint; auch deshalb durfte eine Feststellung gemäß § 37 Abs. 5 FrG nicht getroffen werden.
Der angefochtene Bescheid war daher mangels Zuständigkeit der belangten Behörde für die unter Spruchpunkt 2. getroffene Entscheidung in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 6. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997210070.X00Im RIS seit
20.11.2000