Entscheidungsdatum
29.03.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I405 2216562-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA. Marokko, beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Marokko, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 24.04.2017 unter dem Namen XXXX, geb. XXXX, einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Der BF wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Als Fluchtgrund brachte der BF dabei vor, dass er seinen Vater nicht kenne. Seine Mutter habe ihn alleine gelassen. Er habe in Casablanca nichts gehabt, keine Familie und keine Unterstützung und hätte bei seinem Chef, einem Fischer gelebt, welcher ihn auch nach Europa geschickt habe. Die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, verneinte der BF.
3. Aufgrund der Zweifel an den Altersangaben des BF holte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zur Feststellung dessen Alters ein gerichtsmedizinisches Gesamtgutachten des Ludwig Boltzmann Instituts vom 09.07.2017 ein, welches zu einem Mindestalter des BF von 19 Jahren (zum Untersuchungszeitpunkt) gelangte. Das vom BF behauptete Alter könne aufgrund der erhobenen Befunde aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht belegt werden. In der Folge wurde das Alter des BF auf den 02.06.1998 festgelegt.
4. Eine weitere Einvernahme konnte in der Folge aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des BF nicht mehr durchgeführt werden.
5. Mit Bescheid vom XXXX, wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, über den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und des Weiteren festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte zudem fest, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.) und erkannte sie einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).
Diese Entscheidung erwuchs mit ihrer Zustellung am 12.02.2018 in Rechtskraft.
6. Nach seiner Rücküberstellung am 14.03.2019 aus den Niederlanden stellte der BF in weiterer Folge im Stande der Schubhaft den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
7. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF an, dass er seit seinem ersten Asylantrag das Bundesgebiet verlassen habe und von Juni 2018 bis Oktober 2018 in Deutschland sowie von Oktober 2018 bis heute in den Niederlanden gewesen sei. Nach den Gründen für den neuen Antrag befragt, führte er an, dass es keine neuen Gründe geben würde und seine alten Gründe aufrechthalte.
8. Mit Mitteilung vom 18.03.2019 wurde dem BF schriftlich zur Kenntnis gebracht, dass gemäß §§ 29 Abs. 3 Z 6 iVm 12a Abs. 2 AsylG beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.
9. Am 22.03.2019 wurde der BF vor dem BFA, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen. Eingangs führte er zu seinem Gesundheitszustand aus, dass er Medikamente (Dicabam, Lirika [phonetisch]) einnehme, da er aufgrund eines Verkehrsunfalls Schmerzen am linken Arm und im linken Bein habe. Nach entsprechender Rücksprache in der Einvernahme wurde von der Sanitätsstelle PAZ XXXX mitgeteilt, dass der BF die genannten Beruhigungsmittel, bekomme, er im offenen Vollzug untergebracht sei sowie eine Suizidgefährdung nicht aufgefallen sei.
Zu seinen familiären Verhältnissen brachte er vor, dass seine Familie und Tanten mütterlicherseits in der Heimat seien. Wo seine Mutter sei, wisse er nicht. Sie sei verheiratet. Sein Vater sei bereits verstorben. Die Fragen zum Besuch eines Deutschkurses oder zu einer möglichen ehrenamtlichen Tätigkeit verneinte der BF. Er sei eine Weile in Österreich gewesen, habe aber keine Arbeit gehabt, weshalb er nach Deutschland gegangen sei. Dort habe er eine Arbeit gefunden. Er habe in seinem Beruf (als Fischverkäufer) gearbeitet. Er habe Fisch aus Rotterdam eingekauft und in Deutschland verkauft.
Den gegenständlichen Antrag stelle er, damit man ihn ein wenig unterstütze, wie zum Beispiel eine Arbeitsstelle ermögliche. Er habe in seiner Heimat nichts zu befürchten, außer dass er keine Familie habe.
Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab der BF keine Stellungnahme ab. Er verzichtete auch auf die Möglichkeit der Rückübersetzung der Länderfeststellungen zu Marokko durch den anwesenden Dolmetscher sowie Abgabe einer Stellungnahme. Befragt, ob er Gelegenheit gehabt hätte, alles vorzubringen, was ihm wichtig erscheine, entgegnete der BF, dass er nichts mehr sagen wolle.
Der anwesende Rechtsberater stellte keine Fragen oder Anträge.
10. Mit dem verfahrensgegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 22.03.2019 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.
11. Mit Schreiben vom 25.03.2019, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I405 am 28.03.2019, informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Akt zur Beurteilung der Aufhebung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF trägt den im Spruch genannten Namen. Seine Identität steht nicht fest. Er ist Staatsangehöriger von Marokko. Er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Er ist jung und in einem arbeitsfähigen Alter. Der BF absolvierte eine mehrjährige Schulbildung. Die Mutter und Geschwister des BF leben nach wie vor in Marokko.
Der BF leidet weder an einer schweren körperlichen Krankheit noch haben sich im Verfahren schwere psychische Störungen ergeben. Der BF nimmt zur Beruhigung Medikamente ein. Er ist haftfähig.
Der BF reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und hält sich seit Ende April 2017 (mit Unterbrechung aufgrund seiner Aufenthalte in den Niederlanden und in Deutschland) in Österreich auf.
Am 24.04.2017 stellte er einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz und brachte dabei ausschließlich familiäre Beweggründe vor, die ihn zum Verlassen seines Herkunftsstaates Marokko bewegt hätten.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom XXXX, als unbegründet abgewiesen und wuchs mit seiner Zustellung an den BF am XXXX in Rechtskraft.
Es liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und befindet sich seit dem 14.03.2019 in Schubhaft. Er ist haftfähig.
Im gegenständlichen Asylfolgeverfahren wiederholt der BF sein bisheriges Vorbringen und erklärt ausdrücklich, dass er keine neuen Fluchtgründe habe.
Es wurden auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Im Übrigen hat nicht einmal der BF selbst vorgebracht, dass ihm im Falle einer Abschiebung nach Marokko eine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand drohen würde.
Entscheidungswesentliche Änderungen bzgl. des Privat- und Familienlebens des BF in Österreich bzgl. seines Gesundheitszustandes oder der allgemeinen Lage in Marokko konnten ebenfalls nicht erkannt werden.
Der BF verfügt in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Er verfügt auch weder über eine gesicherte (stete) Unterkunft noch ausreichende Existenzmittel. Er geht auch keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, wegen § 15 StGB, § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der BF keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.
Der BF brachte in seinem vorherigen Verfahren vor, dass er wegen fehlender familiärer Unterstützung seine Marokko verlassen habe. Das Fluchtvorbringen des BF wurde vom BFA als nicht asylrelevant qualifiziert.
Im nunmehrigen Verfahren wiederholt der BF dieselben Fluchtgründe und erklärt ausdrücklich, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien.
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des BF in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Falle seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in Marokko aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des BF nach Marokko eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der BF verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Marokko ist nicht eingetreten.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person und Fluchtmotiven des BF:
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person des BF, seinem ersten Asylverfahren und zur Situation in Marokko ergeben sich aus der Aktenlage. Die den BF betreffende Sicherheitslage in Marokko, einem sicheren Drittstaat, welcher willens und fähig ist, seine Staatsbürger zu schützen, ergibt sich unzweifelhaft aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko samt den dort genannten Quellen. Der BF bringt keine Anhaltspunkte vor, die eine andere Beurteilung erlauben würden.
Das Fluchtvorbringen des BF wurde bereits im ersten Verfahren als nicht asylrelevant beurteilt. Im gegenständlichen Verfahren wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und führt ausdrücklich aus, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht seien und er keine neuen Fluchtgründe hätte.
Somit hat der BF im zweiten Rechtsgang anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung beziehungsweise Einvernahme vor dem BFA keine seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Asylverfahrens neu hervorgetretenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Vielmehr liegt es aufgrund der Tatsache, dass der BF bei der Stellung seines gegenständlichen Antrages in Schubhaft angehalten wurde, nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln.
Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
Es wurden auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Im Übrigen hat nicht einmal der BF selbst vorgebracht, dass ihm im Falle einer Abschiebung nach Marokko eine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand drohen würde.
Aus den Angaben des BF kann nicht auf ein Privat- oder Familienleben derart hoher Intensität geschlossen werden, dass eine Rückkehrentscheidung einen Eingriff in die durch die EMRK geschützten Rechte bedeuten würde.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde und den entsprechenden Feststellungen im Bescheid.
Die Feststellungen zu der Anhaltung des BF in Schubhaft und seiner strafgerichtlichen Verurteilung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Auskünfte aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung und dem Strafregister).
2.2. Zum Herkunftsstaat:
Dass es sich bei Marokko um einen "sicheren Herkunftsstaat" handelt, leitet sich aus der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016, ab.
Die im vorangegangenen Asylverfahren getroffenen nach wie vor aktuellen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des BF wurden dem "Länderinformationsblatt" zu Marokko entnommen, das nach Auskunft der Staatendokumentation als weiterhin aktuell anzusehen ist.
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie beispielsweise dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen, wie zB der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1.-gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2.-kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3.-im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4.-eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1.-gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2.-der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3.-die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) ...
Entscheidungen
§ 22. ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
...".
§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2015, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zunächst ist festzuhalten, dass der BF einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat.
Es liegt auch kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vor und die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 sind gegeben:
So besteht gegen den BF in Gestalt des rechtskräftigen Bescheides des BFA vom 12.02.2018 eine erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG.
1.2. Zugleich wurde mit dem eben erwähnten Bescheid des BFA vom 12.02.2018 der Erstantrag des BF auf internationalen Schutz als unbegründet abgewiesen.
Dem BF droht demzufolge in Marokko keine asylrelevante Verfolgung. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt, zumal der BF grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist sowie über familiären Anschluss in Marokko verfügt.
Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein im Herkunftsstaat derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Auch führt der BF in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und sein Privatleben weist keine besonders ausgeprägte Intensität auf.
Vielmehr zeigt die strafrechtliche Verurteilung des BF deutlich auf, dass ein dringendes öffentliches Interesse an seiner unverzüglichen Rückführung besteht.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I405.2216562.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.10.2019