Entscheidungsdatum
01.04.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W274 2216097-1/2E
W274 2216098-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerden von
1.) XXXX , geb. XXXX , derzeit Sondertransit Flughafen Wien, StA Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2019, Zl. 1220859902 - 190206620, und
2.) XXXX , geb. XXXX , wie oben, StA Iran, vertreten durch seine Mutter XXXX , wiederum vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.03.2019, Zl. 1220857701 - 190206646,
zu Recht:
Den Beschwerden wird nicht Folge gegeben.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Beschwerdeführerin (BF1) stellte am 26.02.2019 für sich und ihren minderjährigen Sohn (BF2), ebenso wie ihre volljährige Tochter XXXX 2216100-1 W274 des BVwG), am Flughafen Wien-Schwechat im Zuge einer Identitätsfeststellung gemäß § 12 Grenzkontrollgesetz bei der LPD Niederösterreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 27.02.2019 gab die BF1 an, vor etwa sieben bis acht Monaten sei sie von ihrem Ehemann überredet worden, eine Hauskirche zu besuchen. Bei diesem Besuch sei die Haukirche von der Revolutionsgarde gestürmt worden. Die BF1 habe zwar eine Verletzung am Bein erlitten, habe aber mit ihrem Ehemann flüchten können.
Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in der Erstaufnahmestelle Flughafen am 04.03.2019, bei der auch eine Vertreterin des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (in der Folge: UNHCR) anwesend war, gab die BF1 an, sie sei als schiitische Muslimin geboren, habe aber nach fünf Minuten ihres einzigen Hauskirchenbesuches gewusst, dass sie fortan Christin sein wolle. Als die BF1 dieses eine Mal zum Treffen der Hauskirche mitgegangen sei, sei die Hauskirche nach fünf oder zehn Minuten gestürmt worden. Viele der Teilnehmer seien verhaftet worden. Die BF1 habe versucht, durch das Fenster oder die Tür zu flüchten und habe dabei einen Schlag auf das Bein bekommen. Dennoch sei es ihr gelungen, zu flüchten. Fortan hätten sich die BF1 und ihr Mann nur mehr in der Nähe ihrer Wohnung aufgehalten. Nachgefragt gab die BF1 an, in der Hauskirche seien etwa 80 Personen gewesen, von denen ein Drittel festgenommen worden sei. Bei ihrer Flucht von der Hauskirche habe ihr Ehemann ihr aus dem Fenster geholfen. Während der sieben bis acht Monate nach diesem Ereignis sei nichts mehr vorgefallen. Auf weitere Nachfrage gab die BF1 an, dass den iranischen Behörden ihre (beabsichtige) Konversion nicht bekannt geworden sei. Im Zuge einer weiteren Erörterung des Treffens in der Hauskirche führte sie aus, sie habe die Sprache, die der Pastor oder Leiter gesprochen habe, nicht verstanden. Betreffend den BF2 gab die BF1 an, dass dieser keine eigenen Fluchtgründe bzw Rückkehrbefürchtungen habe.
Mit Schreiben des BFA vom 05.03.2019 wurde das Büro des UNHCR in Österreich gemäß § 33 Abs 2 AsylG 2005 um Erteilung der Zustimmung zur Abweisung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ersucht.
Mit Schreiben des UNHCR vom 07.03.2019 wurde mitgeteilt, dass eine Zustimmung gemäß § 33 Abs 2 AsylG 2005 erteilt werde, da das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.
Das BFA wies mit den angefochtenen Bescheiden die Anträge der BF1 und des BF2 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.).
Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden mit den primären Anträgen, den BF den Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt:
Festgestellt wird:
Die Situation im Iran stellt sich derzeit wie folgt dar:
Allgemeine Lage:
Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitasapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muß im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.
Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.
Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:
99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).
Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.
Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.
Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.
Rückkehr:
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein.
Zu den BF:
Die BF1 wurde am XXXX in Shiraz als schiitische Muslimin geboren und besuchte elf Jahre lang die Grundschule. Sie ist verheiratet und war im Iran als Hausfrau tätig. Sie hat einen minderjährigen Sohn, den am XXXX geborenen BF2, sowie eine volljährige Tochter ( XXXX , W274 2216100). Bis zur Ausreise lebte die BF1 mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern gemeinsam in einer Wohnung in Shiraz. Der Ehemann der BF1, ihre Mutter sowie ihre Geschwister leben weiterhin im Iran. Seit ihrer Ankunft in Österreich hatte die BF1 zu ihrem Ehemann, ihrer Mutter und ihrer Schwester Kontakt. Beide BF sind gesund.
Nicht festgestellt werden konnte, dass die BF1 gemeinsam mit ihrem Ehemann im Sommer 2018 einmal ein hauskirchliches Treffen besuchte und diese Hauskirche an jenem Tag von der Revolutionsgarde gestürmt wurde, die BF1 und ihr Ehemann einer Verhaftung aber entgehen konnten. Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass die BF1 aufgrund der Erzählungen ihres Ehemannes und einer kurzen Teilnahme an Hauskirchentreffen derart vom Christentum überzeugt war, dass sie sofort gewusst habe, dass sie in Zukunft als Christin leben wolle. Die BF1 wurde bzw wird nicht aufgrund von Hauskirchenbesuchen oder anderweitiger christlicher Praxis im Iran gesucht. Weder im Iran noch In Österreich fand eine derartige Hinwendung der BF1 zum Christentum statt, dass sie eine innere Wandlung zum Christentum vollzogen und auch unter geänderten Rahmenbedingungen wie einer Rückkehr in den Iran das Bedürfnis hätte, innerlich und äußerlich als Christin zu leben.
Auch der BF2 wurde bzw wird im Iran nicht aufgrund (unterstellter) christlicher Gesinnung gesucht und ist im Falle einer Rückkehr in den Iran aus diesem Grund auch keinen Übergriffen ausgesetzt. Weder im Iran noch in Österreich fand eine derartige Hinwendung des BF2 zum Christentum statt, dass er eine innere Wandlung zum Christentum vollzogen und auch unter geänderten Rahmenbedingungen wie einer Rückkehr in den Iran das Bedürfnis hätte, innerlich und äußerlich als Christ zu leben.
Die BF1 reiste gemeinsam mit ihren beiden Kindern am 25.02.2019 unter Verwendung gefälschter Visa mit dem Flugzeug von Teheran nach Wien. Seit der Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat befinden sich die BF in der Sondertransitzone des Flughafens.
Beweiswürdigung:
Die Länderfeststellungen folgen dem LIB der Staatendokumentation Iran in der (aktuellen) Fassung von Juni 2018, basierend auf den dort genannten Quellen.
Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt, zumal sich aus der Beschwerde keine begründeten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des BFA ergaben noch die erstinstanzlich vorgebrachten Ausreisegründe in substantiierter Weise ergänzt wurden. Die Beweisrüge erschöpft sich in einem Verweis auf die Glaubwürdigkeit der Aussagen der BF1.
Die Feststellungen zur Person der BF1, ihrer Lebensbiographie und ihrem Gesundheitszustand sowie die Feststellungen zur Person des BF2, dem Familienverhältnis und dem gemeinsamen Familienleben ergeben sich aus den diesbezüglich nachvollziehbaren Angaben der BF1 vor dem BFA. Damit übereinstimmend erweisen sich auch die Aussagen der Tochter der BF1 vor dem BFA im Verfahren zu GZ. W274 2216100-1. Die Feststellungen zur Einreise und dem bisherigen Aufenthalt der BF in der Sondertransitzone des Flughafens Wien-Schwechat ergeben sich aus den im Akt befindlichen Unterlagen.
Ihre Fluchtgründe betreffend behauptete die BF1 einerseits, sie habe im Iran an einem hauskirchlichen Treffen teilgenommen, welches aufgedeckt worden sei, mehrere Teilnehmer, darunter auch ein Freund ihres Ehemannes, seien dabei festgenommen worden. Die BF1 habe Angst, dass dieser Freund sie und ihren Ehemann verraten würde. Die mangelnde Glaubhaftigkeit dieser Fluchtgeschichte liegt bereits darin begründet, dass nicht nachvollziehbar ist, aus welchem Grund die BF1 an diesem Treffen der Hauskirche teilnehmen hätte sollen. Sie gab dazu zwar an, ihr Ehemann selbst sei von einem Freund überredet worden, an einem Treffen teilzunehmen, und habe dann nach etwa drei bis vier Treffen auch die BF1 zu einer Teilnahme überredet, indem er ihr von seinen Erlebnissen erzählt habe. Dem Ersuchen, die Erzählungen des Ehemannes näher darzulegen, konnte die BF1 jedoch nicht nachkommen. Vielmehr führte sie im Widerspruch dazu aus, dass ihr Ehemann nicht viel erzählt habe, sondern nur gesagt habe, dass es ihm gefalle (BFA S. 127). Nicht nachvollziehbar ist daher, wie es ihrem Ehemann mit dieser "Erzählung" gelungen sein soll, die BF1 zu einem (durchaus nicht ungefährlichen) Hauskirchenbesuch zu überreden. Auch die näheren Schilderungen zu den Umständen des Hauskirchenbesuches erweisen sich, wie bereits das BFA aufzeigte, als vage und nicht nachvollziehbar. So gab die BF1 an, bereits nach fünf Minuten dieses Besuches gewusst zu haben, dass sie Christin sein möchte (BFA S. 113), obwohl sie angeblich nicht verstanden habe, was der Pastor bzw Leiter der Hauskirche vorgelesen habe (BFA S. 125). Die Angabe der BF1, bei dem Hauskirchentreffen seien etwa 80 Personen anwesend gewesen, steht in Widerspruch zu den Länderberichten, wonach sich Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen organisieren. Die Schilderungen der BF1 zur "Stürmung" der Hauskirche erweisen sich als oberflächlich und widersprüchlich. Zum einen erscheint es nicht nachvollziehbar, wie es möglich gewesen sein soll, dass die BF1 bei ihrer Flucht, bei der sie auf ein Möbelstück gestiegen und so durch ein Fenster habe fliehen können, von einem Beamten der Sepah geschlagen worden sei, während ihr Ehemann, der ihr durch das Fenster geholfen habe, unverletzt geblieben und auch nicht festgenommen worden sei (BFA S. 117, 119). Hätte es sich tatsächlich um eine derart schwere Verletzung gehandelt, dass eine Narbe sogar heute - mindestens sieben Monate nach dem Vorfall - noch sichtbar sei, kann auch dem weiteren Vorbringen, die BF1 sei unmittelbar nach dem Entkommen aus dem Gebäude noch 20 bis 30 Minuten bis zur Hauptstraße gerannt, kein Glauben geschenkt werden (BFA S. 119). Selbst wenn die BF1 daher eine Verletzung am linken Bein aufweist, kann daraus ihre Anwesenheit bei einer Hauskirche nicht abgeleitet werden. Unplausibel erscheint auch die Aussage der BF1, sie habe die Festnahme des Freundes ihres Ehemannes "beobachtet" und dies ihrem Mann gesagt (BFA S. 121) - hätte die BF1 in dieser Situation doch längst selbst die Flucht antreten müssen, um sich zu retten.
Die Furcht vor den iranischen Behörden begründete die BF1 damit, dass sie Angst habe, dass der bei dem Vorfall festgenommene Freund ihres Ehemannes namens "Gehasem" sie verraten habe. Nachgefragt führte die BF1 aus, sie wisse nicht mehr über diesen Freund (BFA S. 119). Nach den Angaben in der Beschwerde sei dieser Freund seit dem Vorfall verschwunden. Dieses Vorbringen der BF1 zum angeblichen Verrat durch den Freund ihres Mannes steht im Widerspruch zum Vorbringe der Tochter der BF1, die in der Erstbefragung angab, "[d]er Freund meines Vaters namens XXXX hat uns Österreich empfohlen" (W274 2216100, BFA S. 49). Darüber hinaus gab die BF1 in diesem Zusammenhang zwar an, sie und ihr Ehemann hätten aufgrund der Furcht, verraten worden zu sein, "ihre Gegend" nicht mehr verlassen. Wären die BF1 und ihr Ehemann durch den Vorfall aber in das Visier von Behörden oder regimefreundlichen Gruppierungen gelangt, wären sie wohl gerade "zuhause" gesucht worden. Selbst wenn die BF1 an einem hauskirchlichen Treffen teilnahm, so konnte sie ihren eigenen Angaben zu Folge trotzdem noch mehrere Monate lang unbehelligt in Shiraz leben (BFA S. 121). Dass der konkrete Vorfall in der Hauskirche daher tatsächlich stattfand und die BF1 aus diesem Grund gesucht wurde, erscheint bei einer Gesamtbetrachtung der vorgebrachten Umstände nicht plausibel. Dies steht auch in Einklang mit dem Vorbringen, die BF1 und ihr Ehemann hätten ursprünglich nicht vorgehabt, auszureisen. Hätten die BF1 und ihr Ehemann tatsächlich Angst gehabt, von ihrem angeblich festgenommenen Freund als Christen verraten zu werden und dadurch Probleme zu bekommen, wäre eine unmittelbar auf den Hauskirchenbesuch folgende Ausreise die logische Konsequenz gewesen. Dass die BF1 aber erst im Dezember 2018 entschied, den Iran zu verlassen, weist darauf hin, dass die behauptete Angst vor einer konkreten Verfolgungshandlung nicht gegeben war. Dies bestätigte die BF1 auch selbst, indem sie im späteren Verlauf der Einvernahme angab, dass den iranischen Behörden ihre (beabsichtigte) Konversion nicht bekannt worden sei.
Andererseits behauptete die BF1, sie sei zum Christentum konvertiert und im Falle einer Rückkehr in den Iran drohe ihr und ihrem Sohn eine Festnahme, Steinigung oder sogar Hinrichtung. Im Hinblick auf die von der BF1 behauptete Konversion mangelt es der BF1 jedoch an einer Glaubenspraxis und jeglichem Wissen zum Christentum. Abgesehen von einem einzigen, nicht plausibel geschilderten Hauskirchenbesucht artikulierte die BF1 im Verfahren keinerlei Praktizierung des christlichen Glaubens. Sie konnte, wie das BFA bereits zutreffend ausführte, nicht angeben, wann bzw was sie zuletzt gebetet habe und wusste nichts über die Taufe; auch habe sie - ihren eigenen Angaben zufolge - bisher nichts zum Christentum gelesen (BFA S. 123). Ihr Wissen zum Christentum beschränkt sich darauf, dass Jesus der Prophet der Christen sei. Auch die von der BF1 angeführten Konversionsmotive (BFA S. 123: "Wegen meinen Ehemann und weil mir der Islam auch nicht gefällt") überzeugen nicht. Die bewusste Entscheidung, "Christin zu sein", setzt jedenfalls ein Basiswissen zur christlichen Religion voraus, aber auch eine darüberhinausgehende Auseinandersetzung mit der Glaubenslehre und einen positiven Einfluss des Christentums auf die eigene Person. All diese Elemente konnte die BF1 nicht glaubhaft darlegen.
Aus den Länderfeststellungen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass den BF alleine aufgrund ihrer Asylantragstellung in Österreich eine asylrelevante Verfolgung drohe. Diesen ist vielmehr explizit zu entnehmen, dass allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen auslöst. Ein substantiiertes Vorbringen, weshalb den BF aus diesem oder anderen Gründen im Falle einer Rückkehr in den Iran dennoch Verfolgung drohe, wurde in der Beschwerde nicht erstattet.
Die persönliche Glaubwürdigkeit der BF1 wird auch dadurch, dass sie eine Einreise mit mit gefälschten Reisedokumenten, die sie im Iran von einem Schlepper besorgte, zumindest in Kauf genommen hat, erheblich beeinträchtigt.
Für das Gericht war es daher - wie für das BFA - nicht glaubhaft, dass die BF1 im Iran aufgrund einer Teilnahme an einem hauskirchlichen Treffen bzw aufgrund sonstiger christlicher Praxis Verfolgungshandlungen oder Ermittlungsschritten der iranischen Behörden oder regimefreundlicher Gruppierungen ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr sein wird. Wie für das BFA ergaben sich aus einer Gesamtschau des Vorbringens der BF1 auch für das BVwG keinerlei Anhaltspunkte, dass diese innerlich vom Christentum durchdrungen ist und der christliche Glaube für ihren Lebenswandel von wesentlicher Bedeutung ist. Die BF1 war im gesamten Verfahren nicht imstande, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende, konkret gegen die Person des BF1 gerichtete (asylrelevante) Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Im Verfahren sind auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.
Betreffend den BF2 gab die BF1 ausdrücklich an, dass dieser keine eigenen Rückkehrbefürchtungen bzw Fluchtgründe habe. Dieser sei auch weder bei dem behaupteten Hauskirchentreffen dabei gewesen noch habe er Bescheid gewusst (BFA S. 127). Das Vorliegen eigener Fluchtgründe wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet und kam im gesamten Verfahren nicht hervor.
Damit übereinstimmend kam auch das UNHCR, welches bei der Einvernahme ebenfalls vertreten war, zu dem Schluss, dass das Vorbringen der BF1 zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet sei.
Rechtlich folgt:
Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides:
Zur BF1:
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Gemäß Abs 2 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Gemäß Abs 3 ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.
Gemäß § 33 Abs 1 AsylG 2005 ist in der Erstaufnahmestelle am Flughafen die Abweisung eines Antrages nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und
1. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;
2. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht;
3. der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder
4. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt.
Gemäß § 33 Abs 2 AsylG 2005 darf die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz nach Abs 1 durch das Bundesamt nur mit Zustimmung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erfolgen.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 und 12 ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.
Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach Art 9 der Statusrichtlinie (2011/95/EU) muss eine Verfolgungshandlung iSd Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.
Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:
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Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,
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gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,
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unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
-
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
-
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und
-
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
Der Begriff der Religion umfasst nach Art 10 insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist nach Art 10 insbesondere zu verstehen, dass der Antragsteller in einer Angelegenheit, die die potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Nach den alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Absatz 1 b, RL 2011/95/EG, kann einem Flüchtling nicht zugesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das "Forum Internum" zu beschränken, somit seinen Glauben heimlich auszuüben. Diesem muss die öffentliche Ausübung des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein ("Forum Externum").
Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB. Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).
Wie festgestellt konnte die BF1 weder eine Verfolgung im Herkunftsland noch eine innere Konversion glaubhaft machen, sodass weder Flucht- noch Nachfluchtgründe vorliegen.
Zum BF2:
Gemäß § 34 Abs 2 AsylG 2005 ist aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ist nach der nunmehr in Geltung stehenden Rechtslage u.a. Familienangehöriger, wer Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder Fremden ist, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei den Ehegatten bereits vor der Einreise des Asylberechtigten in das Österreichische Bundesgebiet bestanden hat.
Der BF2 ist der minderjährige ledige Sohn der BF1 und somit iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 Familienangehöriger des BF1. Die Verfahren der BF waren daher als Familienverfahren in einem zu führen.
Verfolgungsgründe wurden in Bezug auf den BF2 nicht einmal behauptet und ergaben sich auch aus dem sonstigen Vorbringen nicht, sodass - mangels Asylgründen der Mutter - auch kein abgeleiteter Asylgrund vorliegt.
Im Sinne der obigen Überlegungen sind auch keine Hinweise hervorgekommen, die die Erledigung der Anträge im Flughafenverfahren iSd § 33 Abs 1 AsylG unzulässig machen würden. Es fand sich kein Hinweis darauf, dass den Asylwerbern der Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen wäre und das - als asylrelevant zu qualifizierende - Vorbringen entsprach offensichtlich nicht der Wahrheit. Insoferne stufte UNHCR das Vorbringen - wie ausgeführt - als offensichtlich unbegründet ein. Die Beschwerde wendet sich gar nicht ausdrücklich gegen den Abspruch innerhalb des Flughafenverfahrens.
Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden bei Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und 13 bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("sufficiently real risk") im Herkunftsland zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muß sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu erreichen (zB. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294). Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in dem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (zB. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427).
Der VwGH erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (zB. VwGH 26.6.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass ein generelles Abschiebehindernis bzw eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 2 und 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch den aktuellen Länderberichten zu entnehmen, wonach die Sicherheitslage im Iran allgemein als ruhig bezeichnet werden kann und es nur in vereinzelten Regionen unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund oder zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und anderen Gruppierungen kommt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.
Die BF konnten auch darüber hinaus insgesamt keine individuellen Umstände glaubhaft machen, die im Falle einer Rückführung in den Iran die reale Gefahr einer Verletzung aus Art. 2 oder 3 EMRK entspringenden Rechte (oder der anderen im Lichte von § 8 AsylG 2005 relevanten Grundrechte) für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.
Die BF1 wurde in Shiraz geboren, wuchs dort auf, besuchte elf Jahre lang die Schule, gründete eine Familie und lebte bis zu ihrer Ausreise aus dem Iran mit ihrem Ehemann und ihren Kindern zusammen. Zwar war die BF1 im Iran Hausfrau und wurde als solche von ihrem berufstätigen Ehemann versorgt, dennoch handelt es sich bei der BF1 um eine arbeitsfähige und gesunde Frau, bei der die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Überdies spricht sie die Sprache der Majoritätsbevölkerung Farsi. Es ist nicht ersichtlich, dass die BF1 im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht wieder im bisherigen Familienverband gemeinsam mit ihrem Ehemann, mit dem sie auch seit ihrer Ausreise aus dem Iran noch in Kontakt steht, leben könnte. Auch der BF2 wurde in Shiraz geboren und ist dort aufgewachsen. Eine Rückkehr würde gemeinsam mit seiner Mutter in den gewohnten Familienverband zum Vater erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass seine Eltern - wie auch bisher - in der Lage sein werden, ein ausreichendes finanzielles Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus haben die BF noch weitere Verwandte im Iran (Mutter, zwei Brüder und eine Schwester der BF1), auf deren Unterstützung sie im Falle der Rückkehr zurückgreifen können.
Fallbezogen liegen auch keine Hinweise für das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) vor und die Grundversorgung der Bevölkerung ist gesichert, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw 3 EMRK abgeleitet werden kann.
An dieser Stelle ist gleichfalls auf die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in welcher dieser darauf hinweist, dass - ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zur Statusrichtlinie - vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden, sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt umfasst sind. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher, etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. Dem nationalen Gesetzgeber ist es verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten, unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Herkunftsstaat, zuerkennen. Die Bestimmung des § 8 AsylG 2005 ist daher richtlinienkonform auszulegen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
Die BF sind durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat daher nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt. Weder droht ihnen im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat die BF weder glaubhaft gemacht, noch ist eine solche von Amts wegen hervorgekommen oder dem BVwG bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Letztlich war zu berücksichtigen, dass die BF1 weder in der Einvernahme noch in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Iran substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre und die individuelle Situation des BF2 auswirken würde, insbesondere inwieweit die BF1 und der BF2 durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
Auch unter Beachtung der besonderen Vulnerabilität der BF als Familie, insbesondere der Minderjährigkeit des BF2, kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Zu Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides:
Unter den in § 57 Abs 1 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der BF weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 FPG wurden. Weder haben die BF das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art 6 EMRK, dessen Garantien nach Art 47 Abs 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).
Der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Absehen von einer mündlichen Verhandlung- sofern zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde - jedenfalls in jenen Fällen im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC steht, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist (zuletzt VfGH 09.10.2018, E2449/2018).
Im Zusammenhang mit der gemäß § 24 Abs 1 VwGVG 2014 und Art. 47 Abs 2 GRC bestehenden Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der VwGH ausgesprochen, dass gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG - trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Voraussetzung für die Annahme eines in diesem Sinn geklärten Sachverhalts ist, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden ist und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, mit Hinweis auf 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).
Das BFA führte ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durch und kam seiner Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung der BF1 nach. Dabei räumte das BFA der BF1 ausreichend Möglichkeit ein, ihre persönlichen Fluchtgründe sowie die Fluchtgründe des BF2 in Bezug auf den gemeinsamen Herkunftsstaat Iran geltend zu machen. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde der BF1 nach Mitteilung des voraussichtlichen Ergebnisses des Verfahrens auch die Möglichkeit eines Parteiengehörs eingeräumt. Der Sachverhalt wurde unter schlüssiger und nachvollziehbarer Beweiswürdigung des BFA vollständig festgestellt, die Grundlage des bekämpften Bescheides ist aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes unzweifelhaft nachvollziehbar. Das BFA legte die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offen; das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung an. Der Sachverhalt wurde vom BFA am 04.03.2019 durch niederschriftliche Befragung der BF1 erhoben. Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG weist der vom BFA erhobene Sachverhalt daher die gebotene Aktualität auf. Das BFA legte - entgegen dem Beschwerdevorbringen - seinen Entscheidungen das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 03.07.2018 zugrunde, welches in der Einvernahme am 04.03.2019 in das Verfahren eingebracht und gemeinsam mit der BF1 mündlich erörtert wurde. Auch die Entscheidung des BVwG stützt sich auf diese Länderinformationen.
In der Beschwerde wurde auf Sachverhaltsebene nichts Entscheidungsrelevantes mehr vorgebracht, dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit den BF mündlich zu erörtern gewesen wäre. Der Beschwerde konnten keine neuen Sachverhaltselemente entnommen werden, welche geeignet wären, die vom BFA getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Das Vorbringen in der Beschwerde ist daher nicht geeignet, eine Verhandlungspflicht auszulösen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte.
Ergänzend wird auf den Beschluss des VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/20/0002, hingewiesen, woraus hervorgeht, dass die im Erkenntnis des VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des § 21 Abs 7 BFA-VG nicht erfüllt sind, wenn zwar das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, jedoch ergänzend einen weiteren - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Widerspruch in den bisherigen Angaben des BF aufzeigt.
Der maßgebliche Sachverhalt ist sohin aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde iSd § 21 Abs 7 BFA-VG als geklärt anzusehen, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Unzulässigkeit der Revision gründet auf Art. 133 Abs 4 B-VG, wobei zur asylrechtlichen Bedeutung von Konversion allgemein und speziell bei Iranern bereits umfangreiche höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt und im Wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen waren.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Flughafenverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2216097.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.10.2019