TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 W159 2149662-2

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Veröffentlicht am 02.04.2019
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Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z3
FPG §92 Abs1 Z5
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

W159 2149662-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, Zl. IFA: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 93 Absatz 1 Z 1 iVm § 92 Absatz 1 Z 3 und 5 FPG, sowie § 13 Absatz 2 und 5 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe, stellte am 04.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 30.01.2017, Zl. XXXX , wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Antragsteller jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.01.2018 erteilt. Diese wurde bis zum 30.01.2020 verlängert.

Auf Grund eines diesbezüglichen Antrages vom 27.04.2017 wurde dem Antragsteller vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Fremdenpass mit der Nummer XXXX , gültig vom 30.06.2017 bis zum 29.06.2022 ausgestellt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.07.2018, XXXX , wurde der nunmehrige Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Absatz 2 a SMG iVm § 15 StGB (Verkauf von Marihuana, teilweise beim Versuch geblieben), verurteilt, jedoch gemäß § 12 Absatz 1 JGG von einem Strafausspruch abgesehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 09.10.2018, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Raubes und des Verbrechens des versuchten schweren Raubes gemäß §§ 15, 142 Absatz 1 und 143 Absatz 1 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Daraufhin wurde sowohl ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes, als auch die Entziehung des Fremdenpasses eingeleitet und in letzterem dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2018 im schriftlichen Wege das Parteiengehör eingeräumt. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 28.02.2019, Zl. XXXX , wurde gemäß § 93 Absatz 1 FPG der Fremdenpass entzogen und gemäß § 93 Absatz 2 leg.cit. dem Bescheidadressaten aufgetragen, den Fremdenpass unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, sowie die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Absatz 2 VwGVG ausgeschlossen. In der Begründung des Bescheides wurde (nach kurzer Darstellung des bisherigen Verfahrensganges) insbesondere auf die oben erwähnten Verurteilungen eingegangen und darauf hingewiesen, dass zwischen den beiden Verurteilungen nur ein sehr kurzer Zeitraum vergangen ist und der Antragsteller derzeit eine Haftstrafe verbüße. Der Suchtgiftkriminalität wohne überdies eine hohe Wiederholungsgefahr inne und sei eine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit gegeben. Aus dem Verhalten trete ein deutlicher Mangel an Unrechtsbewusstsein hervor und sei der Bescheidadressat nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung und die bestehenden Rechtsgüter zu halten. Es könne auch keine positive Zukunftsprognose abgegeben werden. Rechtlich wurde nach Darlegung der diesbezüglichen Bestimmung insbesondere darauf hingewiesen, dass bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls ein Versagungsgrund vorliege, wobei Haftzeiten (für eine Zukunftsprognose) außer Betracht zu bleiben hätten. Die Versagung eines Reisepasses sei auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen. Dies müsse auch für die Versagung eines Fremdenpasses gelten. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde auf das überwiegende öffentliche Interesse am sofortigen Entzug des Bescheides hingewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch die XXXX , Beschwerde in vollem Umfang, wobei zunächst der Verfahrensgang und der angefochtene Bescheid dargestellt wurden. Zu dem Argument der Behörde, dass zwischen beiden Verurteilungen lediglich drei Monate liegen würden, wurde entgegnet, dass den beiden Delikten nicht die gleiche schädliche Neigung zugrunde liege und sei bei der Verurteilung nach dem SMG bloß ein Schuldausspruch ohne Strafe getätigt worden. Der Beschwerdeführer lerne nun zum ersten Mal das Haftübel kennen und sei auf Grund der Tatumstände von einer geringen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers auszugehen. Die Gefahr für die Allgemeinheit sei derzeit nicht gegeben, da der Beschwerdeführer sein Dokument auf Grund der Haftsituation nicht verwenden kann, um damit gegen das Suchtmittelgesetz zu verstoßen und sei durch die Haftdauer und die damit in Zusammenhang hängende Abstinenz von einer Besserung des Beschwerdeführers auszugehen, sodass das Entziehungsverfahren aus rechtsstaatlichen und verfahrensökonomischen Gründen einzustellen wäre. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nunmehr nach Entziehung des Fremdenpasses über kein identitätsnachweisendes Reisedokument mehr verfüge und könne er eine Karte für "Asylberechtigte" in der Haftsituation nicht beantragen und bestünde die Gefahr der Begehung von Straftaten in der Haftsituation derzeit nicht. Es liege daher ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die obige Darstellung des Verfahrensganges wird zu Feststellungen erhoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte maßgebende Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere der belangten Behörde zur Zl. XXXX , beinhaltend insbesondere den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017 zur Zl. IFA XXXX das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.07.2018 zur

Zl. XXXX und des Landesgerichtes Leoben vom 09.10.2018 zur Zl. XXXX den angefochtenen Bescheid, sowie die Beschwerde des Antragstellers.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchteil A):

3.2.1. Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs. 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

Gemäß § 92 Abs. 1 ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Gemäß § 92 Abs. 1a FPG gelten die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.

Gemäß § 92 Abs. 2 FPG ist die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.

Gemäß § 92 Abs. 3 FPG ist zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wenn den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde liegen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.

Nach § 14 Abs. 1 Z 5 Passgesetz, BGBl. I Nr. 839/1992 idgF, sind die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

Der für die Beurteilung in diesem Zusammenhang wesentliche Begriff der "Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit" wird im genannten Gesetz nicht näher bestimmt. Welcher Inhalt ihm zukommt, ergibt sich insbesondere aus § 16 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, der den sicherheitspolizeilichen Gefahrbegriff definiert (so auch VwGH 24.03.1998, Zl. 96/18/0475; VwGH 04.05.1983, Zl. 83/01/0029). Danach besteht eine die öffentliche Sicherheit gefährdende "allgemeine Gefahr" gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 SPG idgF bei einem "gefährlichen Angriff" (Z 1) oder "sobald sich drei oder mehr Personen mit dem Vorsatz verbinden, fortgesetzt gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen (kriminelle Verbindung)" (Z 2). Gemäß § 16 Abs. 2 leg. cit. ist ein gefährlicher Angriff die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, sofern es sich etwa um einen Straftatbestand nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§ 278, 278a und 278b StGB (Z 1), oder nach dem FPG (Z 3) handelt, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird. Damit ist klargestellt, dass sowohl eine kriminelle Verbindung als auch Delikte nach dem FPG solcherart eine "allgemeine Gefahr" gemäß § 16 Abs. 1 SPG begründen. Diese Qualifizierung führt unter Zugrundelegung der Auslegung der im § 92 Abs. 1 Z 5 bezeichneten "Gefährdung" mit Hilfe des Gefahrbegriffes des § 16 Abs. 1 und 2 SPG dazu, dass die Beteiligung als Mitglied einer kriminellen Verbindung oder ein dem FPG zu subsumierendes Vergehen oder Verbrechen eine Gefahr für die "innere oder äußere Sicherheit" der Republik Österreich bewirkt (vgl. VwGH 24.03.1998, Zl. 96/18/0475 zu der inhaltlich mit § 92 Abs. 1 Z 5 FPG im Wesentlichen übereinstimmenden Bestimmung des § 14 Abs. 1 Z 4 Passgesetz 1992 idF BGBl. I Nr. 507/1995).

Der Verfassungsgerichtshof kam zu § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 (Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) hinsichtlich des dort als Tatbestandsvoraussetzung normierten Begriffes "Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich" zum Ergebnis, dass dieser Aberkennungstatbestand nur dahingehend verstanden werden könne, dass zur Verwirklichung dieser Bestimmung die Gefährdung der Existenz oder territorialen Integrität oder zumindest besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (bspw. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorliegen müssten. Zu diesem Ergebnis gelangte das Höchstgericht allerdings in einer spezifischen, an § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 gebundenen Weise, als es dazu mittels einer richtlinienkonformen Interpretation vor dem Hintergrund, dass der Aberkennungstatbestand in Umsetzung der Statusrichtlinie (Art. 17 Abs. 1 Statusrichtlinie) ergangen sei, gelangt ist (vgl. VfGH 13.12.2011, Zl. U1907/10). Nach dem Wortlaut der Bestimmung ("...ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen...") ist der Behörde auch kein Ermessen eingeräumt, das ein Absehen von der Versagung erlaubt (VwGH 17.2.2006, 2006/18/0030; 24.9.2009, 2009/18/0155; vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, S. 1303, K8 zu § 92; absolute Versagungsgründe).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 04.06.2009, 2006/18/0204, VwGH vom 27.01.2004, 2003/18/0155, VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0504 und VwGH vom 16.05.2013, 2013/21/0003), stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, weshalb bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Konventionsreisepass (oder Fremdenpass) zu benutzen wäre, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) zu verstoßen. Es ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob der Beschwerdeführer seinen Reisepass (oder Fremdenpass) tatsächlich bei der Begehung der ihm angelasteten Straftat nach dem SMG verwendet hat (VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0609). Es ist eine Erfahrungstatsache, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist und würde ein Reisepass bzw. Fremdenpass einen (weiteren) Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (VwGH vom 15.11.2005, 2005/18/0609). Außerdem besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Verhinderung des Suchtgifthandels (z.B. VwGH vom 22.11.2012, 2011/23/0556, VwGH vom 30.08.2017, Ra 2017/18/0155 u.a.). Bei der Suchtgiftkriminalität handelt es sich um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität (VwGH vom 27.11.2002, 2002/18/0058).

Die in der Haft verbrachte Zeit kann für die Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH vom 18.09.2001, 2001/18/0169), zudem ist nur jener Zeitraum zu berücksichtigen, in dem sich jemand in Freiheit befunden hat und aus eigenem Antrieb wohlverhalten hat (VwGH vom 26.05.2003, 2003/18/0021).

Zu dem Beschwerdevorbringen, dass beiden Delikte nicht die gleiche schädliche Neigung zugrunde liege, ist entgegen zu halten, dass es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Form der Kriminalität handelt und andererseits der Beschwerdeführer durch den (versuchten) schweren Raub ein besonders schweres Verbrechen verübt hat (z.B. VwGH vom 06.10.1999, 99/01/0288 u.a).

Gemäß § 13 Absatz 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und den Interessen der anderen Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergangenen Bescheid aufzunehmen.

Gemäß Absatz 5 leg.cit. hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Absatz 2 oder 3 keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Beschwerde dem Verwaltungsgericht unter Anschluss des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Einer solchen Beschwerde kann - mangels entsprechender Rechtsgrundlage - die aufschiebende Wirkung auch nicht zuerkannt werden. Allerdings trifft die Behörde die Verpflichtung zur unverzüglichen Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht, das daraufhin ebenso unverzüglich und ohne weiteres Verfahren über die Beschwerde zu entscheiden hat (VwGH vom 19.06.2017, Fr 2017/19/0023). Unverzüglich ist im Sinne von ohne schuldhaftes Zögern oder ohne unnötigen Aufschub zu stehen (VwGH vom 06.07.2011, 2008/08/0160). Eine mündliche Verhandlung ist grundsätzlich nicht durchzuführen (VwGH vom 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer eine Karte für Asylberechtigte (offenbar: subsidiär Schutzberechtigte) derzeit in der Haftsituation nicht beantragen könne, kann nicht nachvollzogen werden.

Mag auch dem Beschwerdevorbringen insofern zu folgen sein, als die Gefahr der Begehung von Straftaten in der Haftsituation derzeit nicht (oder kaum) bestehe und daher auch in Anbetracht der unbedingt ausgesprochenen Haftstrafe von drei Jahren und einer (selbst bedingten) Entlassung nicht vor 2020 zu rechnen ist, kann die "Gefahr in Verzug" nicht nachvollzogen werden, andererseits jedoch fällt das Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zur Entscheidung über die Hauptsache weg (z.B. VwGH vom 07.04.2016, Ra 2015/03/0046, VwGH vom 20.10.2016, Ra 2015/21/0091 u.a.) und ist daher die Frage des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung durch die nunmehrige inhaltliche Entscheidung in der Hauptsache das Bundesverwaltungsgericht obsolet geworden (vergleiche auch BVwG vom 18.09.2018, W 170 2205272-1).

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und weiters das Neuerungsverbot zur Anwendung gelangt. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG und wurde eine mündliche Verhandlung auch nicht ausdrücklich beantragt.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage (insbesondere den zitierten Strafurteilen) und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in den Erwägungen zu A) oben wiedergegeben; soweit die rechtliche Beurteilung zu früheren Rechtslagen ergangen ist, so ist sie nach Ansicht des erkennenden Gerichtes auch die inhaltlich weitgehenden gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, besonders schweres Verbrechen,
Entziehung, Entziehungsbescheid, Entziehungsgrund, Fremdenpass,
Reisedokument, strafrechtliche Verurteilung, Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W159.2149662.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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