TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/4 W192 1258894-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2019
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Entscheidungsdatum

04.04.2019

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52

Spruch

W192 1258894-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom "16.08.2018", Zahl 733832704160913375, zu Recht erkannt:

A) In Erledigung der Beschwerde wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, auf Dauer unzulässig ist. Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 wird

XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Vorangegangenes Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste mit seiner früheren Ehefrau am 19.12.2003 illegal in das Bundesgebiet ein. Am selben Tag beantragte er unter Angabe einer falschen Identität die Zuerkennung von Asyl.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen des Bundesasylamtes, den Beschwerdeführer für den 04.02.2004, 27.02.2004 sowie 18.03.2004 zu den Gründen der Antragstellung zu befragen, wurde das Verfahren gemäß § 30 Abs. 1 AsylG eingestellt.

Nachdem der Beschwerdeführer in weiterer Folge in Norwegen, Schweden und in Deutschland Asylanträge unter einer weiteren falschen Identität gestellte hatte, wurde er auf Grundlage des Dubliner Übereinkommens am 27.10.2004 von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Im Rahmen der Einvernahme am 01.03.2005 berichtigte der Beschwerdeführer seine Identität. Die fälschlich angegebenen Identitäten rechtfertigte er damit, dass er Angst gehabt und nicht gewusst habe, ob er in Österreich bleiben werde. Seine Identität könne er mangels Dokumente nicht nachweisen, er habe sowohl seinen Reisepass, mit welchem er von Georgien bis in die Ukraine legal gereist sei, wie auch seinen Personalausweis und Dienstausweis beim Schlepper gelassen. Zu seinen Fluchtgründen behauptete der Beschwerdeführer im Wesentlichen, er sei als Leiter eines Waffenlagers fälschlich der Abzweigung von Waffen bezichtigt und auch bedroht und aufgefordert worden, sich selbst durch ein falsches Geständnis zu belasten

1.2. Mit Bescheid vom 08.03.2005 hat das Bundesasylamt den gegenständlichen Asylantrag gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen, die Zulässigkeit der Abschiebung des nunmehrigen Beschwerdeführers nach Georgien gem. § 8 AsylG 1997 festgestellt und diese Entscheidung mit einer Ausweisung verbunden. Begründend führte die belangte Behörde im Ergebnis aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig sei.

1.3. Eine gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.05.2009 gemäß §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 1997 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen, wobei die Ausweisung behoben wurde, da diese einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben mit seiner Ehefrau, deren Asylerstreckungsantrag unter einem abgewiesen wurde, bewirken würde.

1.4. Der Beschwerdeführer leistete einem Ladungsbescheid der zuständigen Polizeibehörde vom 31.08.2009 keine Folge. Gegen ihn wurde am 21.09.2009 ein Festnahmeauftrag gemäß § 74 Abs. 1 Z 1 F begegnen 2005 erlassen.

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des zuständigen Landesgerichts vom 01.06.2010 wegen gefährlicher Bedrohung seiner Ehefrau nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer für die Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Beschwerdeführer war vom 03.09.2010 bis 09.07.2015 laut Eintragungen im ZMR nicht gemeldet.

2. Gegenständliches Verfahren über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005:

2.1. Am 01.07.2016 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK und führte im Rahmen des Antragsformulars insbesondere aus, er halte sich seit 19.12.2003 durchgehend in Österreich auf. Er bestreite seinen Lebensunterhalt durch selbstständige Tätigkeit und private Zuwendungen in der Höhe von €

400 bis € 500 und sei bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichert. Er werde eine Beschäftigungszusage sowie einen Nachweis über Deutschkenntnisse nachreichen. Dem Antrag wurde eine Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs angeschlossen, weiters Empfehlungsschreiben, eine Versicherungsbestätigung, ein Mietvertrag über eine Wohnung sowie die Vollmacht des nunmehrigen Rechtsvertreters.

Zu einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 29.08.2016 brachte der Beschwerdeführer durch seinen nunmehrigen Rechtsvertreter vor, dass er sich seit mehr als zwölf Jahren durchgehend in Österreich aufhalte. Sein Asylverfahren sei am 29.05.2009 rechtskräftig entschieden und mit einer Ausweisung verbunden worden. Der Beschwerdeführer habe mittlerweile einen großen Freundeskreis, erhalte private Zuwendungen von Freunden, sei krankenversichert, beherrsche die deutsche Sprache und könne nach Erteilung eines Aufenthaltstitels eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen, wie aus einem Arbeitsvorvertrag hervorgehe. In Österreich würde sich die aufenthaltsberechtigte Tochter des Beschwerdeführers befinden und die Schule besuchen. Eine Rückkehrentscheidungen gegen den Beschwerdeführer würde zu irreparablen Schäden bei der Tochter führen. Die Ausweisung aus 2009 sei "untergegangen", da sich die Beurteilungsgründe im Sinne des Art. 8 EMRK geändert hätten.

Weiters habe der Beschwerdeführer zu seinen Angehörigen in Georgien keinen Kontakt und könne auf kein Versorgungsnetzwerk zurückgreifen, weshalb er bei einer Rückkehr mittellos wäre, was einer unmenschlichen Behandlung gleichkommen würde.

Am 25.01.2017 wurde der Beschwerdeführer zum verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, dass er sich seit 2004 im österreichischen Bundesgebiet aufhalte. Er habe 2004 einen Asylantrag gestellt, welcher 2010 rechtskräftig abgelehnt worden sei, wobei eine Ausweisung erlassen worden sei. Der Beschwerdeführer lege die Kopie eines 2010 für ihn ausgestellten Reisepass vor. Das Original habe er am Vortag gesucht und nicht gefunden, er werde ihn aber weitersuchen und dann vorlegen.

Zum Vorhalt, dass der Beschwerdeführer von 2010 bis 2015 nicht gemeldet gewesen sei, brachte er vor, dass er an einer näher bezeichneten Adresse wohnhaft gewesen sei. Er wurde aufgefordert, dafür einen Nachweis zu erbringen.

Der Beschwerdeführer sei geschieden und für eine Tochter sorgepflichtig. Diese wohne bei der früheren Gattin und der Beschwerdeführer habe durch wöchentliche Besuche zu seiner Tochter Kontakt. Er lege eine Beschäftigungszusage vor.

Am 12.04. 2018 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers. Dabei legte er seinen Reisepass, eine Anmeldebestätigung für eine Deutschprüfung sowie einen Arbeitsvorvertrag für die Tätigkeit als Hilfskraft in einer Bäckerei vor.

Dem Verwaltungsakt liegen ein Mietvertrag sowie ein Energieliefervertrag und Netznutzungsvertrag vom März 2013 für die ab 09.07.2015 bestehende Meldeadresse des Beschwerdeführers ein.

Im Juli 2018 legte der Beschwerdeführer die Kopie eines Sprachzertifikates ÖSD A2 vor.

Am 12.07.2018 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Der Beschwerdeführer räumte dabei ein, dass er sich seit dem negativen Abschluss des Asylverfahrens im Jahr 2009 unrechtmäßig in Österreich aufhalte. Er habe mit Gelegenheitsarbeiten seinen Unterhalt verdient und auf seine Kinder aufgepasst. Der Beschwerdeführer könne die Frage, warum er trotz gültigen Reisedokuments Österreich nicht verlassen habe, nicht beantworten. Der Beschwerdeführer sei geschieden und wohne in einer Mietwohnung. In Österreich seien die beiden Töchter des Beschwerdeführers im Alter von 13 und 18 Jahren aufhältig und er sehe diese vor allem am Wochenende. Er sei nicht unterhaltspflichtig und es würden die Töchter bei der früheren Ehegattin des Beschwerdeführers leben. Auf Nachfrage räumte der Beschwerdeführer ein, dass eine Rückkehr nach Georgien für ihn keine negativen Folgen hätte. Der Beschwerdeführer legte eine Versicherungsbestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für Krankenversicherung und Unfallversicherung ab 13.06.2016 vor.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte jener Entscheidung umfassende Länderfeststellungen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zugrunde und hielt begründend im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer sich seit 2003 als Asylwerber in Österreich aufgehalten habe, wobei sein Antrag 2009 rechtskräftig abgewiesen wurde. Trotzdem habe er Österreich nicht verlassen und sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass der Aufenthalt unrechtmäßig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Versuche unternommen, den Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Weiters sei sein Aufenthalt von 2010 bis 2015 fast fünf Jahre unbekannt gewesen. Der Beschwerdeführer sei seit 2010 im Besitz eines georgischen Reisepasses gewesen und es wäre ihm somit eine Rückkehr nach Georgien zuzumuten gewesen. Er habe aber den Aufenthalt im Verborgenen bis 2015 fortgesetzt, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu verhindern. Es würden zwar in Österreich familiäre Bindungen bestehen, doch seien diese nicht so gravierend, dass ein wesentlicher Eingriff stattfinden würde. Der Beschwerdeführer werde zwar regelmäßig von seinen zwei Töchtern besucht, komme jedoch nicht für deren Unterhalt auf und würden die Töchter ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt bei der Exgattin des Beschwerdeführers haben. Die restliche Familie des Beschwerdeführers lebe in Georgien.

Der Bescheid wurde offenkundig irrtümlich mit 16.08.2018 datiert, tatsächlich aber bereits am 17.07.2018 expediert.

2.3. Gegen den dargestellten Bescheid wurde durch den Vertreter des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 15.08.2018 die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, in welcher ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer seit Dezember 2003 durchgängig in Österreich lebe, wo sich auch seine frühere Gattin und zwei seiner Kinder aufhalten würden. Der Beschwerdeführer habe zu den Kindern ein sehr enges Verhältnis und es seien diese mehrmals in der Woche und fast jedes Wochenende beim Beschwerdeführer. Insbesondere die jüngere Tochter benötige zur gedeihlichen Entwicklung den Vater. Der Beschwerdeführer spreche Deutsch auf Niveau A2 und sei selbsterhaltungsfähig.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 28.05.2009 sei zwar der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden, die vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Ausweisung allerdings zur Wahrung der Familieneinheit ersatzlos behoben worden. Auch danach sei eine Ausweisung/Rückkehrentscheidung nicht erlassen worden.

Es sei unrichtig, dass der Beschwerdeführer von 2010 bis 2015 unbekannten Aufenthalts gewesen sei. Er habe, wie aus einem der Behörde persönlich übergebenen Konvolut an Unterlagen ersichtlich sei, in Wien gelebt und sich um seine Kinder gekümmert. Der Beschwerdeführer trage zum Unterhalt der Kinder nur durch Zahlungen in unterschiedlicher Höhe und in unregelmäßigen Intervallen bei, die Behörde vermeine jedoch zu Unrecht, dass keine Unterhaltspflicht bestehe. Im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels hätte Beschwerdeführer die Möglichkeit, einer regulären Arbeit nachzugehen und würde daraus eine gleichbleibende Unterhaltsleistung folgen.

Die jüngere Tochter des Beschwerdeführers habe im Dezember 2013 einen humanitären Aufenthaltstitel erhalten und spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer darauf vertrauen dürfen, ebenfalls einen Aufenthaltstitel zu erhalten.

Nach einem Aufenthalt von zehn Jahren sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet selbst dann auszugehen, wenn ein Fremder die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genutzt habe, um sich sozial und beruflich zu integrieren.

3. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.09.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung L518 abgenommen und der Gerichtsabteilung W192 neu zugewiesen.

4. Am 31.01.2019 fand eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an welcher die beschwerdeführende Partei, deren bevollmächtigter Vertreter sowie eine Dolmetscherin für die georgische Sprache teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, hatte jedoch bereits im Vorfeld mit Schreiben vom 16.01.2017 mitgeteilt, nicht an der Verhandlung teilzunehmen. Dabei machte der Beschwerdeführer auf Befragen Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich und im Herkunftsstaat und legte eine Einstellungszusage, Einzahlungsbestätigungen der Selbstversicherung, seinen Wohnungsmietvertrag sowie sein Ehescheidungsurteil vom Februar 2010 vor. In der Verhandlung wurde die jüngere Tochter des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger Georgiens, seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer befindet sich nach illegaler Einreise seit Dezember 2003 fast (ausgenommen Auslandsaufenthalte zur Stellung von Asylanträgen in Norwegen, Schweden und Deutschland bis Oktober 2004) durchgehend im Bundesgebiet, und verfügte zunächst über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber bis zum rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens Ende Mai 2009 durch eine Beschwerdeentscheidung des Asylgerichtshofs, wobei dieser Abschluss nicht mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden war.

Der Beschwerdeführer war in der Zeit vom 03.09.2010 bis zum 09.07.2015 nicht polizeilich gemeldet.

Er bewohnt eine eigene Mietwohnung und konnte dartun, dass er in der Lage war, seit Abschluss des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz den Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten und Unterstützung durch seine geschiedene Ehefrau zu erwirtschaften. Er ist selbstversichert. Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer einen Arbeitsvorvertrag vor, der erwarten lässt, dass er auch in Zukunft in der Lage sein werde, den Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er hat im Juli 2018 ein Sprachzertifikat A2 vorgelegt.

Im Bundesgebiet sind auf Grund von Aufenthaltstiteln die frühere (geschiedene) Gattin des Beschwerdeführers und zwei der Töchter des Beschwerdeführers niedergelassen. Der Beschwerdeführer pflegt regelmäßige Besuchskontakte mit seiner jüngeren und gelegentliche mit seiner älteren Tochter.

Der Beschwerdeführer war seit seiner Ausreise 2003 nicht mehr im Herkunftsstaat. Zu seinen dort lebenden Eltern und Geschwistern hat er telefonische Kontakte. Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft darlegen, dass sein Lebensmittelpunkt nunmehr in Österreich liegt. Der Beschwerdeführer ist mittlerweile unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund des vorgelegten Reisepasses steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister. Die Feststellungen über seine Lebensumstände in Österreich sowie in Georgien sowie zu seinem Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den in Vorlage gebrachten Unterlagen zum Beleg der Integrationsbemühungen und aus den Angaben seiner Tochter als Zeugin vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die (auch) künftig zu erwartende Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführer ist auf Grund der Ausbildung und der Sprachkenntnisse in Zusammenhang mit dem Umstand, dass er in Österreich seit Abschluss des Asylverfahrens keine Unterstützungs- und Versorgungsleistungen der öffentlichen Hand in Anspruch genommen hat, prima vista zu erwarten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.2.1. Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

[...]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) ...

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) [...]

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) ...

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. [...]"

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF ist, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) - (2) [...]

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) - (8) [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) - (11) [...]

[...]"

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) - (6) [...]"

3.2.2. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

3.2.2.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

3.2.2.2. Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR 27. 10. 1994, Kroon u.a. gg. die Niederlande, ÖJZ 1995, 296; siehe auch VfGH 28. 6. 2003, G 78/00).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8. 4. 2008, Nnyanzi gg. das Vereinigte Königreich, Appl. 21.878/06; 4. 10. 2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9. 10. 2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16. 6. 2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Im Bundesgebiet sind die frühere geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers sowie die beiden gemeinsamen Töchter auf Grundlage von Aufenthaltstiteln niedergelassen. Der Beschwerdeführer hat häufige Kontakte zur jüngeren, minderjährigen und gelegentlich Kontakte zur älteren Tochter. Weiters wird er seitens seiner früheren Ehegattin materiell unterstützt. Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete aufenthaltsbeendigende Maßnahme würde in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers eingreifen.

3.2.2.3.1. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH).

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen ist insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. 3. 2005, G 78/04, zu erwähnen. Demnach ist das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den privaten Interessen bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern/ Asylwerberinnen, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen. Es ist auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041 mit Hinweis auf E 30.08.2011, 2008/21/0605; E 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; E 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).

3.2.2.3.2. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 1. 7. 2009, U992/08 bzw. VwGH 17. 12. 2007, 2006/01/0216; 26. 6. 2007, 2007/01/0479; 16. 1. 2007, 2006/18/0453; 8. 11. 2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22. 6. 2006, 2006/21/0109; 20. 9. 2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten Umstände in einer Gesamtabwägung aller Umstände - insbesondere im Hinblick auf die lange 10 Jahre weit übersteigende Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich - dennoch die privaten Interessen der beschwerdeführenden Partei an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mit der Entscheidung des Asylgerichtshofs vom 28.05.2009, durch welche der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen worden ist, keine Ausweisung bzw. aufenthaltsbeendigende Maßnahme erlassen worden, sondern in teilweiser Stattgebung der Beschwerde die vom Bundesasylamt verfügte Ausweisung wegen der gebotenen Wahrung der Familieneinheit behoben wurde. Der Beschwerdeführer hat sich danach zwar einerseits nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, es lag allerdings auch keine von der Behörde verfügte durchsetzbare Verpflichtung zur Ausreise vor. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer keinen weiteren im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestellt hat und keine öffentlichen Versorgungsleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes in Anspruch genommen hat.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung ist angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.

Insgesamt kann im Falle des Beschwerdeführers zwar mit Blick auf die lange Dauer seines Aufenthalts nicht von einem erreichten hohen Maß der Integration ausgegangen werden, jedoch kann angesichts der offensichtlich gegebenen Selbsterhaltungsfähigkeit und des erworbenen Sprachdiploms auch nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt, um sich sozial und beruflich zu integrieren. Es beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Auch ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer wegen der langen Abwesenheit kaum mehr Bindungen zum Herkunftsstaat aufweist. Es ist das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der beschwerdeführenden Partei als schützenswert anzusehen und überwiegt im konkreten Einzelfall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen. Daher liegen die Voraussetzungen für eine Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 fallgegenständlich vor.

3.3.1. Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG), idgF, erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

In seinem Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/210203, betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass hinsichtlich der Beurteilung der Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (nunmehr §§ 9 ff Integrationsgesetz) eine formalistische Sichtweise anzuwenden sei und die Vorlage eines der in § 9 der Integrationsvereinbarungs-Verordnung (aF) aufgezählten Zertifikate nicht im Rahmen der freien Beweiswürdigung ersetzt werden könne.

3.3.2. Der Beschwerdeführer hat Verfahren keinen entsprechenden Nachweis für die Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung vorgelegt. Das Sprachzertifikat A2 vom 03.07.2018 stellt keinen solchen Nachweis dar. Daher ist eine "Aufenthaltsberechtigung" nach § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zu erteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung, Deutschkenntnisse, Integration,
Interessenabwägung, Privatleben, Rückkehrentscheidung auf Dauer
unzulässig, Selbsterhaltungsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W192.1258894.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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