TE Bvwg Beschluss 2019/4/5 W216 2167175-1

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Veröffentlicht am 05.04.2019
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Entscheidungsdatum

05.04.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs4
B-VG Art. 130 Abs1 Z3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28
VwGVG §8 Abs1

Spruch

W216 2167175-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Einzelrichterin über die Säumnisbeschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen, Regionaldirektion Niederösterreich, beschlossen:

A)

Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 28 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige Afghanistans und laut vorgelegter afghanischer Ehebescheinigung der Ehemann von Frau XXXX (im Folgenden: Frau A.). Frau A. stellte am 07.08.2014 unter Anschluss diverser Unterlagen bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Mit Bescheid vom 22.06.2016 verweigerte die ÖB Islamabad die Erteilung des Einreisetitels aufgrund einer negativen Prognoseentscheidung des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde).

Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde behob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 08.09.2016, XXXX , den genannten Bescheid wegen Verletzung des Parteiengehörs und verwies die Angelegenheit an die ÖB Islamabad zurück.

Aufgrund dieses Beschlusses ersuchte die ÖB Islamabad die belangte Behörde am 15.09.2016 um eine erneute Prognoseentscheidung. Mangels Entsprechung dieses Ersuchens urgierte die ÖB Islamabad am 21.03.2017 und am 17.05.2017 die Erlassung der Prognoseentscheidung. Trotz dieser Ersuchen blieb die belangte Behörde diesbezüglich untätig.

Mit Schreiben vom 12.07.2017 erhob der Beschwerdeführer, welcher in Österreich den Status eines Asylberechtigten besitzt, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER, für Frau A. eine Säumnisbeschwerde, welche sich auf einen "Befangenheitsantrag" vom 12.12.2016 gegen die für den Fall von Frau A. zuständige Referentin der belangten Behörde, sowie auf die nach wie vor nicht erlassene Prognoseentscheidung bezieht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die gegenständlichen Anträge entscheidungsreif seien, aber bis dato nicht entschieden worden sei. Weiters liege ob der Befangenheit der Referentin der belangten Behörde, welche selbst angegeben habe, dass sie nicht entscheiden werde, jedenfalls Verschulden vor.

Mit Schreiben vom 09.08.2017 legte die belangte Behörde die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Schreiben vom 14.12.2017 und vom 20.12.2017, gerichtet an die belangte Behörde, wurde erneut die Erlassung einer Prognoseentscheidung urgiert. Eine Antwort der belangten Behörde ist nicht ersichtlich.

Mit Schreiben vom 15.01.2018, gerichtet an die belangte Behörde, wurde auch seitens der ÖB Islamabad erneut die Erlassung einer Prognoseentscheidung urgiert. Eine Antwort der belangten Behörde ist auch zu diesem Schreiben nicht ersichtlich.

Mit Schreiben vom 23.08.2018 teilten die bisherigen Rechtsvertreter mit, dass das Vollmachtsverhältnis aufgelöst sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass kein Anspruch auf eine Prognoseentscheidung durch die belangte Behörde bzw. auf Entscheidung über einen "Antrag auf Befangenheit" besteht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum maßgeblichen Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt.

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Säumnisbeschwerde:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. Gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

Gemäß § 73 Abs. 1 sind Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 7 Abs. 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane in folgenden Fällen der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

Daraus folgt im gegenständlichen Fall:

Eine "Verletzung der Entscheidungspflicht" kann nur geltend machen, wer als Partei in einem Verwaltungsverfahren Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat (vgl. auch VwGH 25.11.2015, Ra 2015/08/0102, wonach Zweck des Rechtsbehelfes der Säumnisbeschwerde es ist, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen [vgl. Pabel, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, Rz 82 in Fischer/Pabel/N. Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit]).

Die gegenständliche Säumnisbeschwerde bezieht sich einerseits auf die bis dato nicht erlassene Prognoseentscheidung, welche für die Erledigung des Visaverfahrens von Frau A. notwendig ist und andererseits auf einen "Befangenheitsantrag" vom 12.12.2016.

Eine Prognoseentscheidung ist jedoch keine nach außen hin zu erlassende Entscheidung, gegen welche ein Rechtsmittel erhoben werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005, in welcher der über die Ausstellung eines Visums entscheidenden Stelle mitgeteilt wird, ob eine Gewährung von internationalem Schutz im jeweiligen Fall als wahrscheinlich gilt oder nicht. Diese Entscheidung bildet dann die Grundlage für die Entscheidung im Visaverfahren. Aus diesem Grund besteht auf die Erlassung einer Prognoseentscheidung kein Rechtsanspruch, weshalb dagegen auch keine Säumnisbeschwerde statthaft ist. Eine solche wäre gegenständlich nur gegen eine schuldhafte Säumnis der ÖB Islamabad über die Entscheidung im fortgesetzten Visaverfahren selbst möglich. Ein solche ist aber aufgrund des Umstands, dass diese Entscheidung von der (noch nicht erlassenen) Prognoseentscheidung abhängt und die ÖB Islamabad diese bereits mehrmals bei der belangten Behörde urgiert hat, nicht gegeben.

Hinsichtlich des "Befangenheitsantrags" vom 12.12.2016 ist auszuführen, dass das AVG keinen Befangenheitsantrag kennt und Verwaltungsorgane eine etwaige Befangenheit nach § 7 AVG von Amtswegen wahrzunehmen haben. Die Parteien des Verfahrens können lediglich eine mögliche Befangenheit rügen, eine bescheidmäßige Absprache über einen etwaigen diesbezüglichen "Antrag" ist nicht vorgesehen. Daher ist auch hinsichtlich des "Befangenheitsantrags" keine Säumnisbeschwerde statthaft. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, welcher die Säumnisbeschwerde durch seine frühere anwaltliche Vertretung erhoben hat, nicht Partei des Visaverfahrens ist, weshalb die Säumnisbeschwerde auch aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die gegenständlich maßgeblichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs wurden bei Bedarf zitiert. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einreisetitel, Entscheidungspflicht, Prognoseentscheidung,
Rechtsanspruch, Säumnisbeschwerde, Unzulässigkeit der Beschwerde,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W216.2167175.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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