TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/8 I416 2194267-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2019
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Entscheidungsdatum

08.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

S C H R I F T L I C H E A U S F E R T I G U N G D E R A M 0 5. 0 3. 2 0 1 9

M Ü N D L I C H V E R K Ü N D E T E N E N T S C H E I D U N G

I416 2194267-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 12.03.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen von Ungarn kommend ins Bundesgebiet ein und stellte am 26.09.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und gab im Zuge seiner Erstbefragung am 27.09.2015 zu seinem Fluchtgrund befragt Folgendes an: "Ich habe Angst um mein Leben da ich von der Terroristengruppe Boko Haram verfolgt wurde. Sie haben bereits meinen Vater umgebracht." Im Falle einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst um sein Leben. Hinweise, dass ihm bei seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde oder er mit Sanktionen zu rechnen habe, gebe es keine.

Am 08.03.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen führte er aus, dass er XXXX heißen würde, am XXXX in XXXX in River State in Nigeria geboren und Staatsangehöriger von Nigeria sei. Er gehöre der Volksgruppe Igbo an, sei christlichen Glaubens, gesund, ledig, habe keine Kinder und habe in Nigeria sechs Jahre die Grundschule und sechs Jahre die Hauptschule besucht. Er habe in Nigeria als Verkäufer von Telefonwertkarten seinen Lebensunterhalt bestritten und sei es ihm finanziell gut gegangen. Er gab weiters an, dass sein Vater getötet worden sei und seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder noch in Nigeria leben würden, Kontakt habe er keinen mehr, da die Behörden in Nigeria über seine Familie erfahren könnten, wo er sei. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er im Wesentlichen an, dass er und sein Vater aktive Mitglieder bei IPOB gewesen seien und dass sein Vater im April 2015 von der nigerianischen Regierung getötet worden sei, wobei er nicht wissen würde von wem. Auf die Frage, wie er denn erfahren habe, dass sein Vater ermordet worden sei, gab er an, dass ihn jemand angerufen habe und ihm gesagt habe, dass dies passiert sei. Er führte weiters aus, dass er wegen seiner Mitgliedschaft bei IPOB verfolgt worden sei, man hab ihm gesagt, dass er still sein und nicht protestieren solle und dass er aufhören solle IPOB Mitglied zu sein. Bei IPOB sei er Sprecher gewesen, er habe über die Wiederherstellung von Biafra gesprochen. Auf Vorhalt, dass er anlässlich seiner Erstbefragung angegeben habe, dass er Angst um sein Leben habe, da er von der Terroristengruppe Boko Haram verfolgt worden sei, die auch bereits seinen Vater getötet habe, führte er wörtlich aus: "Boko Haram ist die nigerianische Regierung. Die Fulani arbeiten mit der Regierung zusammen." Gefragt, was in konkret veranlasst habe sein Heimatland zu verlassen gab er wörtlich an: "Ich war Mitglied von IPOB und die Regierung war hinter mir her. Die Regierung sagte ich solle aufhören zu protestieren. Mein Leben ist in Gefahr, weil ich IPOB Mitglied

bin. Mein Leben war in Gefahr." .... "Sie wollen mich verhaften. Sie

wollen mich einsperren, sie betrachten mich als Abtrünnigen." Er gab weiters an, dass er von der Polizei gesucht werde, es aber keinen Haftbefehl gegen ihn geben würde. Er könne auch nicht in einem anderen Ort in Nigeria leben, da die Regierung, die Fulani und Boko Haram zusammenarbeiten würden und er keinen Ort hätte an dem er sich verstecken könnte. Im Hintergrund würden sie alle zusammenarbeiten und wenn man Mitglied von IPOB sei, sei man dem Tode geweiht. Im Falle seiner Rückkehr würde er sofort getötet oder lebenslänglich eingesperrt werden. Er wisse auch nicht, ob seine Familie noch in Nigeria leben würde, sein Bruder sei auch bei IPOB involviert. Zu seinen persönlichen Lebensumständen in Österreich führte er aus, dass er weder in der EU noch in Österreich Familienangehörige habe, dass er einen Deutschkurs A1 besucht habe, dass er von der Grundversorgung lebe und die Straßenzeitung XXXX verkaufen würde, dass er in keiner Partnerschaft oder eheähnlichen Beziehung leben würde und dass die Mitglieder der Kirche am Vogelweidplatz und die anwesende Vertrauensperson seine Freunde und Helfer seien. Auf die Möglichkeit zu den Länderfeststellungen zu Nigeria Einsicht und Stellung zu nehmen, gab er wörtlich an: "Nein. Ich bin nicht interessiert." Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme legte der Beschwerdeführer diverse schwarz-weiß Fotos, drei Empfehlungsschreiben aus 2017, eine Bestätigung der Pfarre "XXXX" über seine Teilnahme an Gottesdiensten und Mithilfe bei Veranstaltungen vom März 2018, eine Terminbekanntgabe für die Teilnahme am Jugendcollege für den 29.07 2016, eine Bestätigung über seine Verkaufstätigkeit der Straßenzeitung XXXX ab April 2017 vom 22.02.2018, eine Arbeitsbescheinigung des Magistrates der Stadt XXXX betreffend seiner fallweisen Tätigkeit zwischen Juni 2016 und Jänner 2018 als geringfügig Beschäftigter Stundenaushelfer beim XXXX (Straßenreinigung) und ein ÖSD Zertifikat über Die Prüfung ÖSD A1 vom 14.06.2017 vor.

Mit Bescheid vom 12.03.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III.). "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 17.04.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe, insbesondere sei das Protokoll der Erstbefragung nicht rückübersetzt worden, und dass die Länderfeststellungen mangelhaft seien und sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen auseinandergesetzt hätten und wurden ergänzende Berichte vorgelegt. Weiters wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen habe und begründete dies mit unrichtigen Feststellungen und mangelhafter Beweiswürdigung. Letztlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe, dass er im Falle seiner Rückkehr in eine ausweglose Situation geraten würde und dass der sich sehr um seine Integration bemühende Beschwerdeführer durch die Rückkehrentscheidung in seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt werde. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und Asyl zuerkennen, in eventu, angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und subsidiären Schutz zuerkennen, feststellen, dass die Abschiebung nach Nigeria auf Dauer unzulässig ist, sowie die erlassene Rückkehrentscheidung beheben in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 03.05.2018 vorgelegt.

Am 05.03.2019 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht. Im Verlauf der Verhandlung legte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen und Empfehlungsschreiben vor. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit Schriftsatz vom 19.03.2019, beim Bundesverwaltungsgericht per Fax eingelangt am 19.03.2019, wurde die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig, volljährig, gehört der Volksgruppe der Ibo an und bekennt sich zum Christentum.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. In Nigeria leben noch die Mutter und seine Schwester und sein Bruder. Nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer Kontakt zu Ihnen hat.

Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schulbildung auf und hat in Nigeria seinen Lebensunterhalt als selbstständiger Telefonkartenverkäufer bestritten.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.

Der Beschwerdeführer geht keiner legalen Beschäftigung nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Integration ein Deutschzertifikat A1 vom 14.06.2017, Bestätigungen der Pfarre "XXXX" über seine Teilnahme an Gottesdiensten und Mithilfe bei Veranstaltungen, Bestätigungen über seine Verkaufstätigkeit der Straßenzeitung XXXX ab April 2017, eine Arbeitsbescheinigung des XXXX betreffend seiner fallweisen Tätigkeit zwischen Juni 2016 und Jänner 2018 als geringfügig Beschäftigter Stundenaushelfer beim XXXX (Straßenreinigung), einen Spielerpass des Vereines "XXXX" vom 01.04.2016 und diverse Empfehlungsschreiben vorgelegt. In Ermangelung von Unterlagen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer an sonstigen beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer Deutsch spricht, es wird aber auch festgestellt, dass der Beschwerdeführer während der gesamten Verhandlung auf einen Dolmetscher angewiesen war. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine nennenswerten sozialen Kontakte und ist abgesehen von seiner Mitgliedschaft beim "FC XXXX" auch kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Institution.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Die vom Beschwerdeführer angegeben Gründe für das Verlassen seines Herkunftslandes sind nicht glaubhaft. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, darüberhinaus verfügt er noch über familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Heimat.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria übermittelt. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Nach den Wahlen im Jahr 2015, die von der internationalen Öffentlichkeit als beispielhaft für die Demokratie Afrikas gelobt wurden, kam es zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit Nigerias zu einem demokratischen Machtwechsel, im Zuge dessen die lange regierende "People¿s Democratic Party (PDP)" erstmals seit 1999 in die Opposition musste und ist seither die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unsicherheiten und Spannungen geprägt.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert. Die nigerianischen Streitkräfte konnten den Großteil der von Boko Haram eingenommenen Territorien wieder zurückerobern, allerdings gelingt es ihnen kaum, diese Gebiete zu sichern; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) sorgt mit seinen Öl- und Gasreserven für 95 Prozent der Exporterlöse Nigerias. Die Lage im Nigerdelta hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, ist aber noch nicht vollständig stabil und bleibt volatil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen und Piraten bleibt ein Risiko, ebenso wie die Verschlechterung der ökologischen Grundlagen der Region. Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelt es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen und der Staatsgewalt, als auch um Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Interessen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind bis heute teils unter Kontrolle von separatistischen und kriminellen Gruppen. Die JTF, auch Operation Pulo Shield genannt, wurde im Juni 2016 umstrukturiert und mit der neuen Operation Delta Safe ersetzt, damit die derzeitigen Sicherheitsprobleme im Nigerdelta angegangen werden können

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten und. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Vor September 2015 erlaubten die Behörden gemäss einem Bericht von Amnesty International (24. November 2016) von der Gruppe Indigenous People of Biafra (IPOB) organisierte Demonstrationen. Seitens der Regierung wird IPOB als terroristische Gruppierung bzw. illegaler Interessenverband eingestuft, demungeachtet konnten keine weiteren offiziellen Sanktionen aufgrund einer IPOB Mitgliedschaft gefunden werden. Seit September 2015 sähen sie die IPOB jedoch als Bedrohung der Sicherheit Nigerias an, obwohl die von Amnesty International dokumentierten Proteste und Versammlungen der IPOB überwiegend gewaltfrei waren. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll. Am 30.5.2017 jährte sich die Erklärung einer unabhängigen Republik Biafra im Südosten Nigerias, die den nigerianischen Bürgerkrieg ausgelöst hatte, zum fünfzigsten Mal. Gemäß AFP blieben Läden, Schulen und Geschäfte im Südosten Nigerias geschlossen, und die staatlichen Sicherheitskräfte waren sichtbar präsent. Der Anführer der Bewegung IPOB, Nnamdi Kanu, erklärte, es ginge ihm um zivilen Ungehorsam, um ein Referendum über die Selbstbestimmung der Region herbeizuführen. Die nigerianische Polizei hatte angekündigt, bei einem Bruch des Friedens oder unrechtmäßigen Protesten entschieden zu handeln. Gemäß einem von AFP zitierten Sprecher der Armee seien die Sicherheitsvorkehrungen im Südosten an tatsächlichen oder möglichen Krisenherden verstärkt worden. Laut Amnesty International wurden mehr als 100 Mitglieder zweier Pro-Biafra-Gruppen, des MASSOB und des Biafra Independent Movement (BIM), in den Staaten Enugu, Ebonyi und Cross Rivers am 22.5.2017 während Feiern im Vorfeld des Jahrestages festgenommen.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind.

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden. Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der "Kern"-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa, Yoruba, Igbo) durch Wanderungsbewegungen sowie aufgrund inter-ethnischer Heirat stattgefunden hat. So ist insbesondere eine starke Nord-Südwanderung, mit den sichtbaren Zeichen von vielen neuen Moscheen, feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternativen.

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann allerdings mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, in dem keine Mitglieder ihrer Familie bzw. erweiterten Verwandtschaft oder der Dorfgemeinschaft leben: Angesichts der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage und der Bedeutung großfamiliärer Bindungen in der nigerianischen Gesellschaft ist es für viele Menschen praktisch unmöglich, an Orten ohne ein solches soziales Netz erfolgreich Fuß zu fassen.

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden. Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen". Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen und konnte in den letzten Jahren auch dank verschiedener Reformen ein hohes einstelliges Wirtschaftswachstum verzeichnen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus, wobei 60% davon Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige, wobei allgemein festgestellt werden kann, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird. Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt zwar keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer, aber es kann Reintegrationshilfe durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe an.

Darüberhinaus gibt es Programme zur Armutsbekämpfung, sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Local Economic Em-powerment and Development Strategy (LEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv.

Nigeria verfügt über ein sehr kompliziertes Gesundheitssystem. Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen. Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor. In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden.

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen. Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitorings der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es kann allgemein festgestellt werden, dass der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria nicht ausreicht, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen.

Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, wobei festgestellt wird, dass seine Mutter und seine Geschwister in Nigeria leben.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria, einer Accord-Anfrage vom 19.08.2016, einem Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe vom Juni 2017 und dem Menschrechtsreport Nr. 82 vom Mai 2017.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgegriffen werden.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit und seinem Religionsbekenntnis gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner beruflichen Tätigkeit und seinen familiären Anknüpfungspunkten in Nigeria ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben. Dass nicht festgestellt werden konnte, ob noch Kontakt zu diesen besteht ergibt sich insbesondere aus seinen widersprüchlichen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen vor dem BFA (Protokoll der Einvernahme vom 08.03.2018, Seite 3) und in der mündlichen Verhandlung. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem und seiner damit übereinstimmenden Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte und über kein schützenswertes Privatleben im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben, ebenso, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht, wobei dahingehend auch ein Auszug aus dem AJ-WEB eingeholt wurde.

Der Beschwerdeführer hat unbestritten im Laufe seines Aufenthaltes integrative Schritte gesetzt. Es wird vom erkennenden Richter auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse aufweist, es wird aber auch nicht verkannt, dass er nach seiner Deutschprüfung A1 im Juni 2017, keine weiteren Deutschkurse mehr besucht hat und während der gesamten mündlichen Verhandlung auf einen Dolmetscher angewiesen war. Es ist auch durchwegs positiv zu werten, dass der Beschwerdeführer beim XXXX der Stadt Wien (XXXX) vom Juni 2016 bis Jänner 2018 fallweise als geringfügig beschäftigter Stundenaushelfer gearbeitet hat und die Straßenzeitung der XXXX verkauft, es wird aber auch nicht verkannt, dass diese Integrationsmaßnahmen bereits vor dem Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde gesetzt wurden und dementsprechend berücksichtigt wurden. Nach diesem Zeitpunkt wurden abgesehen von der Vorlage des Spielerpasses beim Verein "XXXX" keine weiteren integrativen Schritte mehr nachgewiesen. Der Beschwerdeführer hat keine sonstigen Kurse besucht bzw. an Aus- und Weiterbildungen teilgenommen, sodass diese Integrationsbemühungen insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK entsprechen.

Auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für Ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.

Der zeitliche Faktor ergibt sich aus der Dauer seines Aufenthaltes und dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst, hinsichtlich der Intensität hat er weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie etwa Heirat oder Vaterschaft) behauptet, um eine Entscheidungsrelevanz daraus abzuleiten.

Dabei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass der Großteil der von ihm vorgelegten Unterstützungsschreiben einerseits auf seinen Wunsch hin verfasst worden sind und andererseits von Personen kommt, die ihn durch seine Tätigkeit als Zeitungsverkäufer kennen, wobei sonstige private Kontakte keine entscheidungsmaßgebliche Intensität aufweisen. Dies zeigt sich auch in seinen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo er auf die Fragen, wie er seine Freizeit verbringe und ob er Freunde in Österreich habe, im Rahmen der mündlichen Verhandlung wörtlich antwortete: "Dann gehe ich zum

Fußballtraining" ... "Ich habe XXXX, der war mit mir beim ersten

Interview. Außerdem gibt es einige Leute dort, wo ich die "XXXX" verkaufe. Ihre Namen kenne ich zwar nicht, aber sie sind auch meine Freunde." Es ist auch nach Ansicht des erkennenden Richters keineswegs nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer keine der Personen namentlich nennt, die die Empfehlungsschreiben für ihn ausgestellt haben.

Aus den obgenannten Unterlagen und Ausführungen ergeben sich insgesamt durchaus Integrationsbemühungen, aus denen jedoch aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer von 3 1/2 Jahren, keine entscheidungsmaßgebliche Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Gemeinschaft abgeleitet werden kann und somit insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers und müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach, seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Der erkennende Richter geht aufgrund des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung, den obigen Ausführungen und aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes davon aus, dass der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte; dies aus den folgenden Erwägungen:

Der Beschwerdeführer hat weder bei seinen Einvernahmen vor der belangten Behörde noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbare und stringente Angaben gemacht, bzw. blieb er insgesamt oberflächlich und widersprüchlich. So führte er noch im Rahmen seiner Einvernahme vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er seine Flucht selbstständig organisiert habe und in XXXX mit dem Schlepper Kontakt aufgenommen habe, sowie dass er von der Terroristengruppe Boko Haram verfolgt werde, die auch seinen Vater umgebracht habe, ohne auch nur ansatzweise zu erwähnen, dass er wegen seiner angeblichen Mitgliedschaft bei IPOB verfolgt werde.

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die bei einer ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen und auch die rechtliche Unbefangenheit nach der Lebenserfahrung als eine gewisse Gewähr für die Übereinstimmung der Erstaussage mit den tatsächlichen Verhältnissen angesehen werden kann (vgl hierzu auch VwGH 21.12.1992, 89/16/0147; 17.10.2012, 2011/08/0064, mwN). Daher spricht auch dieses Verständnis des Verwaltungsgerichtshofes, dass kein Asylwerber eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde, weshalb ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann (vgl hierzu VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Punkte seiner Fluchtgeschichte unerwähnt gelassen hat (hier die Verfolgung aufgrund seiner angeblichen Mitgliedschaft zu IPOB) kann gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen (VwGH 16.09.1992; 92/01/0181). Im gegenständlichen Fall blieben entscheidungsrelevante Umstände - insbesondere die Verfolgung und Bedrohung wegen seiner Mitgliedschaft bei IPOB - in der Erstbefragung unerwähnt, wodurch in einer Gesamtschau des Akteninhaltes und aufgrund des persönlichen Eindruckes des erkennenden Richters davon auszugehen ist, dass er sein Vorbringen aufgrund der Mitgliedschaft bei IPOB verfolgt zu werden, aus rein asyltaktischen Gründen gestellt hat.

Dies zeigt sich insbesondere schon in seinen Angaben vor der belangten Behörde, wo er auf entsprechenden Vorhalt letztlich unsubstantiiert behauptete, dass Boko Haram die nigerianische Regierung sei und die Fulani mit der Regierung zusammenarbeiten würden, wobei dies weder mit den vorliegenden Länderberichten in Einklang zu bringen ist noch sonstige Anhaltspunkte dafür vorliegen, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Regierung maßgebliche Mittel für die Bekämpfung von Boko Haram bereitstellt, wie auch der medialen Berichterstattung zu entnehmen ist. Auch seine Angaben hinsichtlich seiner Verfolgung sind widersprüchlich und nicht nachvollziehbar, so führte er einerseits aus, dass es keinen Haftbefehl gegen ihn geben würde, um andererseits wieder auszuführen, dass ihn die Polizei suchen würde. Auf Vorhalt des erkennenden Richters führte er dazu befragt im Rahmen der mündlichen Verhandlung wörtlich aus:

"RI: Haben Sie oft an Demonstrationen in Nigeria teilgenommen, wurden sie aufgrund ihrer Teilnahme jemals verhaftet?

BF: Ja, wir waren auf verschiedenen Märkten und haben dort zugunsten von Biafra gepredigt. Außerdem sind wir auf einen Markt gegangen, auf den Ibo Leute sind. Ich wurde zwar nie eingesperrt, aber die Polizei jagt einen, wenn man demonstriert. Sie kommen z.B. mit Tränengas und lösen die Demo auf, sodass alle davonlaufen.

RI: Sie haben angegeben, dass Sie von der Polizei gesucht werden, aber auch, dass kein Haftbefehl gegen Sie besteht. Können Sie mir erklären warum genau die Polizei Sie sucht und seit wann?

BF: Ja, es gibt keinen Haftbefehl. Die Polizei sucht mich aber, weil sie alle Anhänger von Biafra und Mitglieder sucht und es generell auf diese Leute abgesehen hat.

RI: Wieso hat Sie die Polizei nicht verhaftet?

BF: Manchmal wusste sie nicht, dass ich es war bzw. wer es war. Wir haben den Leuten oft einfach nur gesagt, dass sie online gehen oder radiohören sollen."

Anhand dieser Angaben wird klar ersichtlich, dass seinen Aussagen auch generell jene Detailliertheit fehlt, die bei einem tatsächlich erlebten Sachverhalt gegeben sein müsste. Das Vorbringen weist in seiner Gesamtheit, insbesondere auch in Bezug auf die Auseinandersetzung und die daraus resultierende Bedrohung im Rahmen der freien Schilderung bei weitem nicht die Realkennzeichen eines wahrheitsgemäßen Vorbringens auf. Es fehlt beispielweise die logische Konsistenz, als auch die strukturierte Darstellung und der quantitative Detailreichtum und blieb der Beschwerdeführer jegliche Interaktionsschilderung bzw. Wiedergabe von Gesprächen die Schilderung ausgefallener und nebensächlicher Einzelheiten, wie sie typischer Weise bei einem wahrheitsgetreuen Vorbringen auftreten, schuldig.

Der Beschwerdeführer berichtet aber auch nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer narrativen und konkludenten Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Diese Feststellung kann insofern getroffen werden, als es aus der Praxis des Bundesverwaltungsgerichts notorisch ist, dass detailreiche Aussagen mit Realkennzeichen in der Regel für die Glaubwürdigkeit des entsprechenden Vortrages sprechen. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, unter Angabe der eigenen Gefühle und unter spontaner Rückerinnerung an unwesentliche Details und Nebenumstände berichten. Beim Erzählen der eigenen Lebensgeschichte ist zu erwarten, dass der Erzählende nicht nur Handlungsabläufe schildert, sondern sich selbst in die Schilderung einbaut; dass eigene Emotionen, Erlebniswahrnehmung und Verhalten zu erklären versucht werden; dass Dialoge und Interaktionen mit anderen Personen geschildert werden. Dies gilt insbesondere bei derart prägenden Ereignissen, die so gravierend auf die Lebenssituation eines Menschen einwirken, dass dieser sich letztlich veranlasst sieht, sein Heimatland zu verlassen.

Gerade aus seinen detailarmen, vagen und oberflächlichen Angaben ergibt sich aufgrund des persönlichen Eindruckes des erkennenden Richters eine konstruierte Geschichte, die hinsichtlich der Organisation zum überwiegenden Teil auf allgemein zugänglichen Informationen aus dem Internet beruhen und fehlt es seinem Vorbringen auch hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes und des Todes seines Vaters an der erforderlichen Stringenz. Auf entsprechende Nachfrage blieb er in seinen Antworten ausweichend bzw. versuchte mittels allgemeiner Floskeln die Fragen zu beantworten. Dies zeigt auch die nachfolgende Gegenüberstellung seiner Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme und der mündlichen Verhandlung, wie die nachfolgenden Auszüge aus den Protokollen zeigen:

"F: Sie haben angegeben Ihr Vater wäre von der Regierung getötet worden? Bitte machen Sie konkrete Angaben dazu?

A: Ich weiß nicht von wem er ermordet wurde, von der Regierung oder von Boko Haram.

F: Aber Sie wissen, dass Ihr Vater wegen seiner Mitgliedschaft bei IPOB getötet wurde?

A: Er wurde von der nigerianischen Regierung ermordet. Von wem kann ich nicht sagen.

F: Woher wissen Sie das?

A: Ich weiß es, weil die nigerianische Regierung alle Leute tötet und verfolgt.

F: Wann wurde Ihr Vater getötet?

A: April 2015.

F: Bitte machen Sie konkrete Angaben zu den Todesumständen Ihres Vaters?

A: Er wurde auf der Straße von XXXX erschossen aufgefunden. Wir sind hingegangen, wir haben meinen Vater gesehen und haben seinen Leichnam weitertransportiert. Nachgefragt gebe ich an, dass XXXX eine Straße ist, die zu meiner Heimatstadt führt.

F: Bitte machen Sie konkrete Angaben zu den Umständen des Todes Ihres Vaters, wie wurde er getötet und wie haben Sie Ihren Vater gefunden?

A: Wir gingen hin mit ein paar Parteimitgliedern, wir haben die Stelle wo mein Vater lag saubergemacht und den Körper meines Vaters aufbewahrt für eine Woche, fürs Begräbnis hergerichtet. Ich war sehr verängstigt und war beim Begräbnis nicht dabei.

F: Woher wissen Sie, dass Ihr Vater von der Regierung erschossen worden ist, weil er IPOB Mitglied war?

A: Jemand hat mich angerufen und hat mir gesagt, dass das passiert ist. Ich fuhr mit ein paar Mittgliedern dorthin und sah ihn dort liegen.

Vorhalt: Sie sind vage und unkonkret. Sie geben an jemand hätte Sie angerufen, wer war dieser Jemand? Was hat er gesagt? Woher weiß diese Person, dass Ihr Vater von der Regierung erschossen wurde?

A: Der Name der Person war, XXXX und XXXX erklärte mir was passiert ist.

Vorhalt: Sie sind weiter vage und unkonkret. Bitte machen Sie konkrete Angaben zu den Vorfällen rund um den Tod Ihres Vaters. Wie haben Sie davon erfahren, woher wissen Sie, dass er von der Regierung getötet wurde. Wie hat Ihnen XXXX alles über den Tod Ihres Vaters erzählt.

A: In Nigeria ist es nicht so wie hier. Menschen sterben tätlich auf der Straße. Die Leichen bleiben tagelang am Rande der Straße liegen. Es ist nicht wie in Österreich. Ich hatte Angst. Alle hatten Angst und unser Leben war ständig in Gefahr."

"RI: Wie und von Wem haben Sie vom Tod ihres Vaters erfahren?

Der BF schreibt den Namen der Personen die Ihn vom Tod seines Vaters verständigt haben auf. Beilage F

BF: Sie haben mich angerufen und mir von dem Vorfall erzählt bzw. davon wie es passiert ist und dass mein Vater erschossen wurde.

RI: Wann wurde ihr Vater umgebracht?

BF: Es war im April 2015.

RI: Von wem wurde Ihr Vater erschossen?

BF: Ich weiß es nicht, glaube aber, dass es die nigerianische Regierung zusammen mit Boko Haram und den Fulani Herdsmen war. Er ist nämlich Mitglied von IPOB, dann ist sein Leben in Gefahr.

RI: Was haben sie nach dem Tod Ihres Vaters gemacht? Wo haben Sie sich aufgehalten?

BF: Zusammen mit einigen Mitgliedern bin ich dort hingegangen und habe den Leichnam meines Vaters gesäubert und in die Leichenhalle gebracht. Wir haben ihn für die Beerdigung vorbereitet, an der ich aber nicht teilgenommen habe.

RI: Warum haben Sie an der Beerdigung nicht teilgenommen?

BF: Weil sie auch dort hingekommen wären, Buhari rekrutiert sie nämlich. Der ehemalige Präsident Jonathan hatte viele Mitglieder von Boko Haram ins Gefängnis gesteckt, während Buhari ihnen mit seinem Amtsantritt 2015 Amnestie gewährt hat. Er hätte seine Leute im Süd-Osten eingesetzt, wo sie mich mit Sicherheit gefunden hätten.

RI: Wann haben Sie Ihre Familie vom Tod Ihres Vaters verständigt?

BF: Ich selbst habe sie nicht informiert. Ich nehme jedoch an, dass die beiden Personen, die ich zuvor auf den Zettel (Beilage F) geschrieben habe, meine Mutter informiert haben. Sie sind enge Freunde.

RI: Warum haben Sie sie nicht selbst informiert?

BF: Ich hatte große Angst.

RI: Wo haben Sie sich vom Tod Ihres Vaters bis zu Ihrer Ausreise aufgehalten?

BF: Ich habe zusammen mit anderen meinen Vater in die Leichenhalle gebracht und bin dann in einen Vorort bzw. einen Ort in der Region Abuja namens XXXX, wo ich bei XXXX zuhause war."

Es obliegt einem Asylwerber, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die fehlende Stringenz, Nachvollziehbarkeit und daraus resultierend die Unglaubwürdigkeit seiner Schilderung, erschließt aber auch aus seinen detailarmen und oberflächlichen Angaben zu seiner Bedrohung bzw. Verfolgung die er im Rahmen seiner Einvernahmen steigerte. So konnte oder wollte er im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde gefragt, wann er bedroht worden sei, wie er bedroht worden sei und wer ihn bedroht habe, an, auch auf wiederholtes Nachfragen keine schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben zu seiner Verfolgung machen, sondern blieb bei seiner unsubstantiierten Behauptung, dass die Regierung hinter ihm her gewesen sei und ihm gesagt habe er solle aufhören zu protestieren und dass sein Leben in Gefahr gewesen sei, da er IPOB Mitglied sei. Dazu befragt führte er nunmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlung wie folgt aus:

"RI: Wurden Sie jemals persönlich bedroht und von wem?

BF: Ja, mein Vater und ich. Nicht uniformierte Männer kamen zu uns und forderten uns auf, die Demonstrationen umgehend einzustellen ansonsten wollten sie uns umbringen.

RI: Wann fand diese Bedrohung statt?

BF: Ich wurde sowohl vor den Wahlen im März 2015 als auch danach bedroht. Während diesen Zeitraum war die Situation sehr angespannt.

RI: Von wem wurden Sie persönlich bedroht?

BF: Es waren drei mir unbekannte Männer. Sie waren großgewachsen und dunkelhäutig und haben nicht gesprochen wie wir. Ich weiß mit Sicherheit, dass sie von der Regierung, Boko Haram oder den Fulani Herdsmen waren.

RI: Wo fand diese Bedrohung statt?

BF: Sie sind nach XXXX gekommen, und zwar manchmal auf der Straße und manchmal zum Fußballfeld, wo ich Fußball spielte, nachdem alle anderen gegangen waren.

RI: Wieso wurden Sie nicht verhaftet?

BF: Weil ich mich vor der Polizei versteckt habe und es in Nigeria nicht so ist wie hier, dass man auf der Straße so einfach nach seinem Ausweis gefragt werden kann."

Der Beschwerdeführer konnte auch keine schlüssige Erklärung dafür geben, weshalb die nigerianische Regierung gerade ihn verfolgen sollte, da er keine exponierte Funktion bekleidete, sondern führte dazu lediglich allgemein und ausweichend an, dass die nigerianische Regierung keine Anhänger von Biafra möge und sie als terroristische Organisation betrachten würde.

Es erscheint dem erkennenden Richter auch nicht nachvollziehbar, dass er einerseits angibt, dass sein Bruder bei IPOB involviert gewesen sei, um andererseits anzuführen, dass dieser kein Mitglied bei IPOB gewesen sei und sich nur über Biafra auf dem Laufenden gehalten habe. Auch konnte der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Erklärung dafür angeben, dass er keinen Kontakt mehr in seine Heimat habe, weil er nicht wolle, dass diese wissen wo er sich aufhalte, wie der nachfolgende Auszug aus mündlichen Verhandlung zeigt:

"RI: Sie haben vorhin angegeben, dass Sie keinen Kontakt mit Ihrer Familie haben bzw. nicht wollen, dass jemand weiß wo Sie sich aufhalten. Wie lässt sich diese Einstellung nunmehr mit Ihrer Teilnahme an den Demonstrationen vereinbaren? Erklären Sie mir das.

BF: Ich bin dort hingegangen, weil wir der Welt zeigen müssen, was bei uns vor sich geht. Ich wollte, dass die Welt weiß, wie wir behandelt werden. Dieses Jahr werden wir zu den Vereinten Nationen gehen."

Es spricht aber auf für die fehlende Stringenz seiner Angaben, dass er im Rahmen der mündlichen Verhandlung einerseits ausführt, dass er seine Familie zwar lange Zeit nicht gesehen habe, aber am Telefon mit dieser sprechen würde (Protokoll der mündlichen Verhandlung Seite 8) um, wie oben ausgeführt anzuführen, dass er keinen Kontakt mehr in seine Heimat habe. Auch seine widersprüchlichen Angaben zu "XXXX" konnte der Beschwerdeführer letztlich nicht nachvollziehbar aufklären, sodass auch dahingehend die erforderliche Glaubhaftmachung seines Vorbringens fehlt.

Hier ergibt sich in der Gesamtschau mit den anderen Ausführungen zur Beweiswürdigung ein wesentliches Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des zentralen Asylvorbringens des Beschwerdeführers, dies vor allem aufgrund der Widersprüchlichkeiten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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