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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Beatrix Wollner, Rechtsanwalt in Wien II, Hollandstraße 12/6, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 20. Jänner 1997, Zl. 1539-1111/91E/97, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß §§ 15 Abs. 1 und 23 Abs. 2 Wehrgesetz 1990 (WG) die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst mit "Tauglich" festgestellt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wurden beim Beschwerdeführer migränoide Cephalea, Amblyopie des linken Auges (Visus 0,30), Senk- und Spreizfuß beiderseits, Lumbalgie bei Beckenschiefstand und Skoliose diagnostiziert. Aufgrund dieser Befunde bestünden aus militärärztlicher Sicht für die Leistung des Grundwehrdienstes gesundheitliche Einschränkungen, die bei der Beurteilung der Wehrdienstfähigkeit des Beschwerdeführers berücksichtigt worden seien. Diese Einschränkungen seien allerdings nach Art und Grad nicht so schwerwiegend, daß dem Beschwerdeführer deshalb das Bedienen einer Waffe sowie ein für eine zumindest eingeschränkte militärische Ausbildung erforderliches Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit nicht zumutbar sei. Seinen gesundheitlichen Einschränkungen werde bei der Heranziehung zu einzelnen Ausbildungsvorhaben Rechnung getragen werden, und zwar nach Maßgabe der militärärztlichen Verfügung bei Beginn des Präsenzdienstes.
Der Beschwerdeführer hält die Beurteilung seiner Eignung zum Wehrdienst mit "Tauglich" für nicht ausreichend begründet. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, weshalb er nach mehreren früheren Beurteilungen als "Vorübergehend untauglich" trotz weiterer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes (zusätzlich Schiefstellung des Beckens) nunmehr für "Tauglich" befunden werde. Die Vorgangsweise, ihn trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen für tauglich zu erklären und die Beurteilung seiner Eignung für einzelne Ausbildungsvorhaben der militärärztlichen Untersuchung bei Beginn des Präsenzdienstes vorzubehalten, widerspreche dem § 15 Abs. 1 WG und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zumal er uneingeschränkt nur für systemerhaltene Funktionen als volltauglich angesehen werde. Die Vorgangsweise der belangten Behörde laufe letztlich auf eine Verlegung der militärärztlichen Untersuchung vom Stellungsverfahren in den Bereich der Grundausbildung hinaus.
Gemäß § 15 Abs. 1 WG darf in das Bundesheer nur einberufen werden, wer unter anderem die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzt. Demnach genügt nunmehr (im Unterschied zu der bis zum Inkrafttreten des Wehrrechtsänderungsgesetzes 1988 mit 1. Juli 1988 bestandenen Rechtslage, wonach bis dahin die volle körperliche und geistige Eignung zum Dienst im Bundesheer Voraussetzung für die Aufnahme in dieses war) die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung. Dies setzt unter anderem das erforderliche Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit für eine zumindest eingeschränkte militärische Ausbildung mit der Waffe voraus (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1989, Zl. 89/11/0072, vom 19. April 1994, Zl. 93/11/0272, und vom 26. März 1998, Zl. 97/11/0053).
Im Lichte dieser Rechtslage vermag das Beschwerdevorbringen keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Bedenken dagegen zu erwecken, daß die Stellungskommission der die Ergebnisse fachärztlicher Untersuchungen des Beschwerdeführers berücksichtigenden militärärztlichen Beurteilung gefolgt ist, der Beschwerdeführer weise die für den Wehrdienst erforderliche (Mindest-)Eignung auf. Die fehlende "Volltauglichkeit" des Beschwerdeführers für seine militärische Ausbildung schließt keineswegs die Feststellung seiner Tauglichkeit aus. Daß er wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen auch nicht für eine eingeschränkte militärische Ausbildung geeignet wäre, behauptet er selbst nicht, jedenfalls nicht explicit. Er hat auch keine medizinischen Gutachten vorgelegt, aus denen sich derartiges ergäbe. Die vorgelegte ärztliche Verordnung von Heilgymnastik und Massagen wegen Dorsolumbalgie schließt das Bestehen seiner Eignung zum Wehrdienst (im besagten eingeschänkten Sinn) nicht aus. Den festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen wurde nach der Aktenlage dadurch Rechnung getragen, daß der der Stellungskommission angehörende Arzt die für die Verwendungstauglichkeit des Beschwerdeführers bestimmende Wertzahl nicht wie vom orthopädischen Facharzt empfohlen mit 6, sondern mit 4 festgelegt hat. (Nach den heeresinternen Richtlinien bedeutet dies die Herabstufung von "volltauglich" auf "eingeschränkt tauglich".) Im übrigen wurde bei der Festlegung des Gesundheitsprofils des Beschwerdeführers durch die vorgesehenen Ausnahmen (Heben, Tragen von über 15 kg und Springen) der Gefahr einer unzumutbaren körperlichen Belastung des Beschwerdeführers vorgebeugt.
Auch das Fehlen der vom Beschwerdeführer vermißten Auseinandersetzung mit früheren Beschlüssen der Stellungskommission bedeutet keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Es kommt im gegebenen Zusammenhang nicht darauf an, welche Gründe die Stellungskommission damals zum (jeweils befristeten) Ausspruch der vorübergehenden Untauglichkeit des Beschwerdeführers bewogen haben. Entscheidend ist allein, ob gegen die nach neuerlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erfolgte Feststellung seiner Eignung zum Wehrdienst Bedenken bestehen. Dies ist nach dem Gesagten nicht der Fall.
Daß die konkrete Verwendung des Beschwerdeführers entsprechend seinen physischen Möglichkeiten im Rahmen der seine Tauglichkeit begründenden allgemeinen Voraussetzungen aufgrund der militärärztlichen Beurteilung bei Beginn des Grundwehrdienstes verfügt wird, steht im Einklang mit der gegebenen Rechtslage (§ 10 Abs. 2 ADV; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 93/11/0272).
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. November 1998
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110046.X00Im RIS seit
20.11.2000