Entscheidungsdatum
17.04.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W166 2174147-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ,
StA. Afghanistan, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017,
Zahl: XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchem nach Zulassung des Verfahrens mit Bescheid vom 20.11.2013 stattgegeben und gemäß § 3 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Mit Bescheid vom 14.09.2017 nahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol (in der Folge: belangte Behörde), gemäß § 69 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) das Verfahren zur Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz vom 22.07.2013 von Amts wegen wieder auf.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Asylantrages in ihrer Einvernahme am 20.11.2013 angegeben habe, ledig zu sein und von ihrem Onkel mit einem alten Mann zwangsverheiratet hätte werden sollen. Da sich die Beschwerdeführerin geweigert hätte diesen Mann zu heiraten, sei sie von ihrem Onkel vergewaltigt worden. Der Beschwerdeführerin sei aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe mögliches Opfer von Zwangsverehelichung und schweren familiären Übergriffen zu werden, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Am 24.03.2015 sei ein Einreiseantrag ihres angeblichen Ehemannes Herr XXXX bei der Behörde eingelangt. Auch in seinem Asylantrag vom 26.06.2015 gab sich dieser als ihr Ehemann aus und auch die Beschwerdeführerin selbst gab in mehreren Stellungnahmen (vom 05.05.2015 und vom 27.04.2016) an, mit Herrn XXXX verheiratet zu sein. Zu diesem Mann habe die Beschwerdeführerin damals in der Einvernahme zu ihrem Asylantrag am 20.11.2013 angegeben, dass ihr Onkel sie mit XXXX verlobt hätte, sie XXXX nicht gekannt hätte und er nach einer Woche verschwunden wäre, daraufhin ihr Onkel wütend gewesen sei und gemeint hätte, dass er sie nun erneut versuchen müsse, zu verheiraten. Zu ihren Lebensumständen habe sie damals angegeben ledig und schwanger zu sein. Sie habe sich damit mehrmals bei den Kernaussagen ihres Fluchtvorbringens widersprochen und sei aufgrund ihrer nunmehrigen Behauptungen davon auszugehen, dass ihr gesamtes Fluchtvorbringen - die Zwangsverheiratung und Vergewaltigung durch ihren Onkel - nicht den Tatsachen entspreche. Die Beschwerdeführerin habe sich durch falsches Zeugnis den Status der Asylberechtigten erschlichen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin vor, dass ein Mullah XXXX und sie getraut hätte. Es sei aber noch keine richtige Hochzeit gefeiert worden. Da sie nicht offiziell verheiratet gewesen seien, hätten sie keinen Geschlechtsverkehr haben dürfen. Bei dem Widerspruch handle es sich jedoch in keinster Weise um die Kernaussauge des Fluchtvorbringens. Die belangte Behörde lege dies auch nicht dar. Der Grund für die Gewährung des Status der Asylberechtigten sei die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der möglichen Opfer von Zwangsverehelichung sowie von schweren familiären Übergriffen betroffenen Frauen gewesen. Die Tatsache, ob die Beschwerdeführerin bereits verheiratet gewesen sei oder nicht spiele daher keine Rolle hinsichtlich des Vorbringens, der Beschwerdeführerin, welches abgesehen vom Familienstand der Beschwerdeführerin gleichbleibend und nachvollziehbar gewesen sei. Die belangte Behörde sei nicht darauf eingegangen, inwiefern diese Tatsachen zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und warum daher das Verfahren zu Recht wiederaufzunehmen gewesen sei.
Am 20.10.2017 langte die verfahrensgegenständliche Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Über Aufforderung durch das erkennende Gericht legte die belangte Behörde dem übermittelten Verwaltungsakt nicht einliegende Stellungnahmen der Beschwerdeführerin sowie des XXXX vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsangehörige und stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 20.11.2013 brachte die Beschwerdeführerin zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz vom 22.07.2013 über Befragen vor, dass vor zirka sieben Jahren ein Mann namens XXXX aufgetaucht sei und ihr Onkel sie für "verlobt" erklärt hätte. XXXX sei für zirka eine Woche im Dorf gewesen und sei dann verschwunden. Wohin er gegangen sei, wisse die Beschwerdeführerin nicht. Ihr Onkel sei dann wütend gewesen und habe daraufhin versucht die Beschwerdeführerin erneut, diesmal mit einem siebzigjährigen Mann zu verheiraten. Er hätte dafür 14.000 US Dollar bekommen. Um die Beschwerdeführerin zur Hochzeit zu zwingen, habe sie ihr Onkel vergewaltigt.
Die belangte Behörde erkannte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 20.11.2013 gemäß § 3 AsylG 2005 den Status einer Asylberechtigten aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe zu. Sie habe glaubwürdig vorbringen können, dass sie von einer Zwangsheirat betroffen sei und von ihrem Onkel väterlicherseits misshandelt und vergewaltigt werde, weshalb in einer Gesamtbetrachtung des Falles davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohe.
Am 23.02.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Familienzusammenführung mit Verweis auf einen bereits am 08.02.2015 vor der österreichischen Botschaft in Islamabad gestellten Antrag. Darin erklärte sie, im Jahr 2006 XXXX geheiratet zu haben, wobei die Ehe von ihrem Onkel arrangiert worden sei. Es habe eine Hochzeitszeremonie stattgefunden und ein Dokument sei ausgestellt worden. Danach sei XXXX noch zirka zwei Wochen im Haus ihres Onkels, wo auch die Beschwerdeführerin gelebt habe, verblieben. Da XXXX das vollständige Brautgeld nicht bezahlen habe können, hätten sie in dieser Zeit nicht als Mann und Frau zusammenleben dürfen und sei XXXX deswegen weggefahren. Er habe davon gesprochen in den Iran zu gehen, um das restliche Geld zu besorgen. Vor einigen Monaten habe XXXX Kontakt zur Beschwerdeführerin aufgenommen, der, wie sie jetzt wisse, zunächst im Iran gearbeitet habe und seit 2011 in Pakistan lebe. Sie bitte nunmehr darum, ihrem Mann zu gestatten, zu ihr nach Österreich zu kommen.
In einer weiteren Stellungnahme vom 05.05.2015 schrieb die Beschwerdeführerin an die österreichische Botschaft in Islamabad, dass der Vermerk im Protokoll der Polizei bislang keine Ehe geschlossen zu haben nur auf einem Missverständnis beruhen könne. XXXX und sie hätten traditionell geheiratet und sei dies von einem Mullah beurkundet worden. Die vollständige Bezahlung des Brautgeldes sowie die ganz große Feier hätten aber noch gefehlt.
XXXX schilderte in sämtlichen Einvernahmen und Stellungnahmen den Ablauf der Geschehnisse bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan, zum Zwecke der Besorgung des restlichen Brautgeldes in übereinstimmender Weise.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zur Person der Beschwerdeführerin, ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet und Antragstellung auf internationalen Schutz ergibt sich aus dem unbestrittenen von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Darin sind die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vom 20.11.2013, der der Beschwerdeführerin den Status der Asylberechtigten zuerkennende Bescheid vom 20.11.2013, der Antrag vom 23.02.2015 an die belangte Behörde auf Familienzusammenführung sowie die weitere Stellungnahme vom 5.5.2015 einliegend und basieren die dazu getroffenen Feststellungen auf diesen Dokumenten.
Die Feststellung zu den Schilderungen des XXXX in übereinstimmender Weise ergibt sich aus der seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten und nunmehr im Verwaltungsakt einliegenden niederschriftlichen Einvernahme von XXXX durch das BFA vom 10.08.2015 sowie einer am 05.04.2016 (Anmerkung: im gegenständlich angefochtene Bescheid vom 14.09.2017 versehentlich mit 27.04.2016 datiert) verfassten Stellungnahme. Ob in der niederschriftlichen Einvernahme der Beschwerdeführerin am 20.11.2013 das Wort Verlobung oder Heirat protokolliert wurde, hat für die gegenständliche Entscheidung wenig Gewicht, zumal XXXX den gleichen Handlungsablauf betreffend das Kennenlernen und die zeremoniellen Vorgänge zur Heirat mit der Beschwerdeführerin schilderte. Es ist auch nachvollziehbar und plausibel, wenn die Beschwerdeführerin - wie sie in ihrer Beschwerde ausführte - in ihrer Einvernahme den Dialektausdruck "Kheysir" verwendete, welcher Heirat bedeutet, und dieser Ausdruck jedoch offenbar als "verlobt" übersetzt wurde. Wenn die Beschwerdeführerin darin ein Missverständnis erblickt, welches dem Dialekt der Beschwerdeführerin sowie der kulturell unterschiedlichen Auslegungen der Gebräuche einer islamischen Heirat geschuldet sei, ist dies nach Ansicht des erkennenden Gerichts insbesondere in Berücksichtigung des notorischen Amtswissens darüber, dass in Afghanistan unterschiedlichste Verlobungs- und Heiratstraditionen existieren, nachvollziehbar und ist damit ein Übersetzungsfehler keinesfalls auszuschließen, sondern hingegen als äußerst wahrscheinlich anzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG idF BGBl. I Nr. 82/2015 hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Spruchpunkt A)
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.
Im gegenständlichen Verfahren ist zu prüfen, ob die Wiederaufnahme des mit Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgeschlossenen Verfahrens zu Recht erfolgte.
Die belangte Behörde stützt die amtswegige Wiederaufnahme des gegenständlichen Verfahrens auf § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG und sieht die Angabe der Beschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme am 20.11.2013 betreffend ihren Antrag auf internationalen Schutz, ledig und nicht verheiratet zu sein, wohingegen ihr angeblicher Ehegatte nun in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, als Erschleichung im Sinn der zitierten Gesetzesstelle.
Damit ist die belangte Behörde nicht im Recht:
Unter Erschleichung eines Bescheides ist die Herbeiführung des Bescheids durch die Partei mittels verpönter Einflussnahme auf die Entscheidungsgrundlagen zu verstehen. Ein Erschleichen liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor, wenn der Bescheid in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dem Bescheid zugrunde gelegt wurden, wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (VwGH 22.03.2012, Zl. 2011/07/0228; 20.09.2011, Zl. 2008/01/0777). Zur Annahme einer Erschleichung müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, nämlich objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung, ein Kausalitätszusammenhang zwischen der unrichtigen Angabe der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und letztlich die Irreführungsabsicht der Partei, nämlich eine Behauptung wider besseres Wissen in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen (VwGH 20.06.2006, Zl. 2004/01/0470 mwN).
Die für die Erschleichung eines Bescheides notwendige Irreführungsabsicht setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden (VwGH 17.05.2011, Zl. 2007/01/1144 mwN).
Von einem Erschleichen kann nach der Rechtsprechung hingegen nicht gesprochen werden, wenn die Behörde es verabsäumt hat, von den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung Gebrauch zu machen (VwGH 19.09.2013, Zl. 2011/01/0275 mwN). Dies gilt selbst im Fall objektiv unrichtiger Parteiangaben (VwGH 13.12.2005, Zl. 2003/01/0184).
Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ergibt sich daraus Folgendes:
Von der Erfüllung des Tatbestandes der Erschleichung kann im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden. Die Beschwerdeführerin erwähnte Herrn XXXX in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.11.2013 und ist für das Gericht nicht erkennbar, inwiefern die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht bzw. wesentliche Umstände verschwiegen hat und diese Angaben der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegt worden sind. Die belangte Behörde verabsäumte es in ihrem die Wiederaufnahme anordnenden Bescheid vom 14.09.2017 darzulegen, wie sie durch die vermeintlich vorsätzlich unrichtigen Angaben der Beschwerdeführerin oder durch Verschweigen entscheidungswesentlicher Umstände in ihrer Entscheidung beeinflusst wurde.
Der Status der Asylberechtigten wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 20.11.2013 aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gewährt, da die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung aufgrund der Misshandlungen, der Vergewaltigung sowie der drohenden Zwangsverheiratung durch ihren Onkel glaubhaft machen konnte. Welchen entscheidungswesentlichen Einfluss die Angaben zu XXXX - ob sie beide nun verheiratet oder nur miteinander verlobt wurden - haben hätten sollen, führte die belangte Behörde nicht aus. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann im gegenständlichen Fall nicht von einem generellen Verlust der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin ausgegangen werden, da es wie in der Beweiswürdigung bereits dargelegt in Anbetracht der verschiedensten Heiratsrituale, welche in Afghanistan existieren, nicht als unplausibel betrachtet werden kann, wenn ein Übersetzungsfehler unterlaufen ist und deshalb von einer bloßen Verlobung anstatt von einer Heirat ausgegangen wurde.
Des Weiteren fehlt es nach Ansicht des erkennenden Gerichts aufgrund der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin XXXX in ihren Einvernahmen - wenn auch nur als Verlobten - erwähnte, an einer Irreführungsabsicht. Dies betreffend wäre es auch an der belangten Behörde gelegen an dieser Stelle gegebenenfalls nachzufragen, wie es sein könne, dass sie nach einer erfolgten Verlobung noch an einen anderen Mann verheiratet werden könne. Ein Vorsatz der Beschwerdeführerin, die Entscheidung durch objektiv unrichtige Angaben oder Verschweigen entscheidungswesentliche Umstände oder Tatsachen vorteilhaft für sich zu beeinflussen, lässt sich darin nicht erblicken.
Des Weiteren kommt als asylrelevant gewürdigte Verfolgungshandlung die Vergewaltigung durch den Onkel hinzu, welche unabhängig von einer stattgefundenen Heirat mit XXXX stattgefunden haben kann und es auch diesbezüglich die belangte Behörde verabsäumte darzulegen, wie die Beschwerdeführerin durch vorsätzlich falsche Angaben oder Verschweigen von Tatsachen mit Irreführungsabsicht die Behörde in ihrer dahingehenden Entscheidung beeinflusst haben soll.
Insgesamt ist festzuhalten, dass es im gegenständlichen Fall für den Tatbestand einer Erschleichung am Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen mangelt und ein solcher damit nicht erfüllt ist.
Es war daher der Beschwerde stattzugeben und der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde, mit dem die Wiederaufnahme des mit Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgeschlossenen Verfahrens verfügt worden ist, ersatzlos zu beheben, womit die mit der Verfügung der Wiederaufnahme außer Kraft getretene Entscheidung wiederhergestellt wird (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rz 21).
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welche von den Verfahrensparteien im Übrigen nicht beantragt wurde, entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage festgestellt werden konnte, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
amtswegige Wiederaufnahme, Behebung der Entscheidung, ersatzloseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W166.2174147.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2019