Entscheidungsdatum
17.04.2019Norm
BFA-VG §9Spruch
L502 1302615-3/94E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RAe GRUBER & CALAYAN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.01.2017, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.03.2017, 21.06.2017 und 01.04.2019, zu Recht erkannt:
A) In Stattgebung der Beschwerde wird der Bescheid gemäß § 28 Abs. 5
VwGVG ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein türkischer Staatsangehöriger, reiste, im Alter von fünf Jahren, im November 2005 gemeinsam mit seiner Mutter illegal in das österr. Bundesgebiet ein und stellte in der Folge durch diese als seine gesetzliche Vertreterin einen Asylantrag. Der Vater des BF hatte bereits am 13.01.2005 im Gefolge seiner illegalen Einreise einen Asylantrag gestellt. Für eine im Jahr 2006 in Österreich geborene Schwester des BF stellte deren Mutter am 06.09.2006 einen Antrag "auf Gewährung desselben Schutzes".
Der Asylantrag des BF wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.05.2006 gemäß § 7 AsylG abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde die Abschiebung des BF in die Türkei für zulässig erklärt und dieser gemäß § 8 Abs. 2 AsylG in die Türkei ausgewiesen. Inhaltlich gleichlautende Bescheide wurden vom Bundesasylamt zeitgleich gegen die Angehörigen des BF erlassen.
2. In Erledigung der gegen diese erstinstanzlichen Entscheidungen fristgerecht in vollem Umfang erhobenen Beschwerden wies der Asylgerichtshof, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2011, mit Erkenntnis vom 28.06.2011, unter einem mit den auch in den Rechtssachen der Angehörigen des BF getroffenen Entscheidungen, die Beschwerde des BF gegen die Spruchpunkte I und II des bekämpften Bescheides gemäß §§ 7 und 8 AsylG als unbegründet ab, der Beschwerde gegen den Spruchpunkt III des Bescheides wurde stattgegeben und festgestellt, dass die Ausweisung des BF aus dem österr. Bundesgebiet in die Türkei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 5 auf Dauer unzulässig ist. Inhaltlich gleichlautende Entscheidungen erließ der AsylGH über die Beschwerden der Mutter und der Schwester des BF, während die Beschwerde des Vaters des BF in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen wurde.
Die Entscheidung in der Sache des BF erwuchs mit 01.07.2011 in Rechtskraft.
3. Einem entsprechenden Antrag seiner Mutter folgend wurde dem BF vom Magistrat der Stadt XXXX ein erstmaliger Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2011 bis 28.09.2012, erteilt. Einem Verlängerungsantrag vom 27.11.2012 folgend wurde dem BF ein Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2012 bis 28.09.2013, einem Verlängerungsantrag vom 01.10.2013 folgend ein weiterer Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2013 bis 15.08.2016, erteilt.
4. Mit Schreiben vom 04.11.2014 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) sowie das Magistrat der Stadt XXXX gab die LPD NÖ bekannt, dass die Staatsanwaltschaft XXXX gemeinsam mit dem Landesamt für Verfassungsschutz NÖ gegen den BF Ermittlungen wegen des Verdachts nach § 278b StGB führt und über ihn im Gefolge der Beschuldigtenvernehmung am 28.10.2014 die Festnahme angeordnet und am 29.10.2014 die Untersuchungshaft verhängt wurden. Unter einem wurde um Prüfung bzw. Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen ersucht.
5. Nachdem der BF am 11.11.2014 aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, wurde gegen ihn vom BFA mit gleichem Tag ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG erlassen und dieser im Gefolge der Festnahme dem BFA zur Durchführung eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot vorgeführt.
6. Am gleichen Tag wurde die Mutter des BF als dessen gesetzliche Vertreterin vor dem BFA, RD NÖ, in türkischer Sprache zu diesem Vorhaben der Behörde niederschriftlich einvernommen. In der Folge wurde der BF aus der Anhaltung entlassen.
7. Am 16.01.2015 wurde der BF neuerlich festgenommen und gegen ihn die Untersuchungshaft vollstreckt.
8. Mit 15.05.2016 bzw. 28.05.2015 bzw. 02.06.2015 gaben die Mutter des BF bzw. sein Bewährungshelfer bzw. die Kinder- und Jugendanwaltschaft NÖ schriftliche Stellungnahmen zum Vorhaben des BFA ab.
9. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen
XXXX XXXX zu einer XXXX , verurteilt.
10. Mit Beschluss des LG XXXX vom XXXX wurde der BF nach Verbüßung des unbedingten Teils der Haftstrafe, dies unter Anrechnung der Vorhaftzeiten, am XXXX aus der Haft bedingt entlassen.
11. Mit Schreiben vom 17.02.2016 an das BFA gab die LPD NÖ bekannt, dass die Staatsanwaltschaft XXXX gemeinsam mit dem Landesamt für Verfassungsschutz NÖ gegen den BF (neuerlich) Ermittlungen wegen des Verdachts nach XXXX führe und über ihn am 27.01.2016 die Festnahme angeordnet sowie die Untersuchungshaft verhängt wurden. Unter einem wurde wiederum um Prüfung bzw. Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen ersucht.
12. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen
XXXX zu einer XXXX verurteilt.
Unter einem wurde die mit Urteil des LG XXXX vom XXXX festgesetzte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
13. Bezug nehmend darauf regte die LPD NÖ mit Schreiben an das BFA vom 29.04.2016 neuerlich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot an.
14. Mit 03.06.2016 wurde der BF in die Justizanstalt XXXX überstellt.
15. Mit Schreiben vom 12.07.2016 teilte das Magistrat der Stadt XXXX dem BFA iSd § 25 Abs. 1 NAG mit, dass dort seit 23.06.2016 ein Verlängerungsantrag des BF betreffend die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus anhängig sei und diesbezüglich im Lichte der strafgerichtlichen Verurteilungen des BF die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 1 iVm Abs. 4 NAG fehle.
Bereits mit 04.07.2016 brachte das Magistrat dem BF zur Kenntnis, dass im Hinblick auf seinen Verlängerungsantrag die genannte Erteilungsvoraussetzung fehle und das BFA darüber informiert werde, welches in weiterer Folge eine Aufenthaltsbeendigung zu prüfen habe.
16. Mit Schreiben vom 07.07.2016 an das Magistrat nahm die Mutter des BF dazu schriftlich Stellung.
17. Mit 10.11.2016 verständigte das BFA die Mutter des BF vom Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme und räumte ihr hierzu Parteigehör ein.
18. Mit Schreiben vom 21.11.2016 an das BFA nahm diese dazu Stellung.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 an das BFA nahm die Bewährungshelferin des BF dazu Stellung.
19. Mit Schreiben vom 13.01.2017 ersuchte das LG XXXX das BFA um Mitteilung, ob bzw. welche aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den BF ergriffen werden, welches vom BFA mit Schreiben vom 19.01.2017 beantwortet wurde.
20. Mit Bescheid des BFA vom 25.01.2017 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 Z. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 6 FPG wurde gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).
21. Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Tag wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) beigegeben.
22. Gegen diesen der Mutter des BF am 26.01.2017 zugestellten Bescheid erhob der zugleich bevollmächtigte anwaltliche Vertreter des BF mit 08.02.2017 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang, verbunden mit dem Antrag, der gg. Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Beantragt wurden weiter die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache des BF, die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung des Verfahrens zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde, in eventu die Feststellung, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.
23. Die Beschwerdevorlage des BFA langte mit 10.02.2017 beim BVwG ein und wurde in der Folge der nun für die Entscheidung zuständigen Abteilung zugewiesen, wo sie wiederum mit 13.02.2017 einlangte.
24. Dem Ersuchen des BVwG an die Anstaltsleitung der JA XXXX vom 17.02.2017 um Übermittlung des Ergebnisses einer sogen. Sozialnetzkonferenz in der Sache des BF im Hinblick auf die Vorbereitung einer Haftentlassung folgend wurde von dieser mit 20.02.2017 ein Kurzbericht übersandt.
Eine telefonische Nachfrage des BVwG vom 17.02.2017 an die Anstaltsleitung wurde dahingehend beantwortet, dass eine vorzeitige Haftentlassung XXXX mit 09.03.2017 abgelehnt wurde, zumal der BF in der JA bis Juni 2017 seine Malerlehre abschließen wolle. Mit 07.03.2017 langte beim BVwG eine Kopie des Beschlusses des LG XXXX , mit dem die vorzeitige bedingte Entlassung des BF aus der Haft abgelehnt wurde, ein.
Mit Schreiben an das BFA vom 06.03.2017 teilte die Anstaltsleitung mit, dass der BF voraussichtlich mit 27.09.2017 enthaftet werde.
25. Am 24.03.2017 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF im Beisein seines Vertreters durch, in welcher lediglich die Mutter des BF zeugenschaftlich befragt wurde.
26. Mit 21.04.2017 richtete das BVwG ein Rechtshilfeersuchen an die Österr. Botschaft in Ankara zur Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsortes des Vaters des BF, der sich seit 2012 wieder in der Türkei aufhalte, sowie der aktuellen Lebensumstände desselben.
Einem vorerst abschlägigen Antwortschreiben des Verbindungsbeamten des BM f. Inneres an der ÖB Ankara vom 16.05.2017 und weiteren Schreiben des BVwG vom 06.06.2017 sowie vom 19.06.2017 folgend verwiesen die türkischen Behörden schließlich auf den Rechtshilfeweg über das österr. Justizministerium, der jedoch grundsätzlich nur für strafgerichtliche Ermittlungen zur Verfügung steht. In weiterer Folge gab der Vertreter des BF auf Ersuchen des BVwG mehrere Telefonnummern von Verwandten des BF in der Türkei bekannt, die an den VB an der ÖB Ankara übermittelt wurden, der daraufhin seinerseits mit zwei Tanten des BF mütterlicherseits in Kontakt trat und deren mündliche Auskünfte am 05.07.2017 an das Gericht weiterleitete. Das Ergebnis dieser Erhebungen wurde mit 13.07.2017 im Rahmen des Parteigehörs dem Vertreter des BF zur Kenntnis gebracht.
27. Eine Informationsanfrage des BVwG an die Anstaltsleitung der JA
XXXX vom 19.06.2017 zu den persönlichen Kontakten des BF während seiner Inhaftierung wurde von dieser mit Schreiben vom 19.06.2017 beantwortet.
28. Am 21.06.2017 führte das BVwG eine weitere mündliche Verhandlung in der Sache des BF in dessen Beisein sowie dem seines Vertreters durch, in welcher der BF als Partei befragt bzw. gehört wurde.
29. Mit Beschluss des BVwG vom 10.07.2017 wurde der Beschwerde des BF gegen den erstinstanzlichen Bescheid in seiner Sache im Hinblick auf eine nahende Haftentlassung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
30. Mit 13.07.2017 langten beim BVwG im Wege des Vertreters des BF ein Betreuungsbericht des Bewährungshelfers vom 07.07.2017 und ein solcher des Vereins XXXX vom 03.07.2017 ein.
31. Mit 20.07.2017 langte beim BVwG eine handschriftliche Stellungnahme des BF vom 10.07.2017 ein.
32. Mit 09.08.2017 langte beim BVwG im Wege des Vertreters sowie des Bewährungshelfers des BF eine schriftliche Stellungnahme des sogen. " XXXX " vom 19.07.2017 ein.
33. Einem Ersuchen des BVwG vom 24.08.2017 an die Anstaltsleitung der JA XXXX folgend, sämtliche weiteren verfügbaren Stellungnahmen von Betreuungspersonen des BF, insbesondere des sozialen und psychologischen Dienstes der JA, zur Verfügung zu stellen, langten diese mit 30.08.2017 und 08.09.2017 ho. ein, welche wiederum mit 03.10.2017 dem Vertreter des BF im Rahmen des Parteigehörs zur Kenntnis gebracht wurden.
Ablichtungen zweier zur Person des BF erstellter forensischer Stellungnahmen vom 01.09.2016 sowie 04.01.2017 langten am 16.10.2017 beim BVwG ein, welche wiederum mit 20.10.2017 dem Vertreter des BF im Rahmen des Parteigehörs zur Kenntnis gebracht wurden.
34. Eine Anfrage des BVwG vom 20.10.2017 an die Anstaltsleitung der JA XXXX zum Zeitpunkt einer allfälligen bedingten Entlassung des BF aus der Haft wurde mit Schreiben vom 23.10.2017 dahingehend beantwortet, dass der BF bereits am XXXX aus der Haft entlassen wurde.
35. Mit Schreiben des BVwG vom 30.10.2017 an die Anstaltsleitung der JA XXXX wurde diese um Übermittlung allfälliger weiterer Betreuungsinformationen und -berichte bis zur Haftentlassung des BF sowie um Mitteilung allfälliger Besuche beim sowie Haftausgänge des BF ersucht.
Ein Antwortschreiben der Anstaltsleitung der JA XXXX langte am 31.10.2017 beim BVwG ein.
36. Mit 02.11.2017 langte eine weitere handschriftliche Stellungnahme des BF vom 30.10.2017 im Wege seines Vertreters beim BVwG ein.
37. Einem Auskunftsersuchen des Gerichtes vom 06.11.2017 zur nunmehrigen Wohnsitznahme, allfälligen Beschäftigungsaufnahme sowie Inanspruchnahme weiterer Betreuungsleistungen zur Resozialisierung des BF und der Aufforderung zur Vorlage entsprechender Nachweise folgend übermittelte der Vertreter des BF mit Eingabe vom 22.11.2017 eine Stellungnahme der Bewährungshilfe vom 20.11.2017 und mit Eingabe vom 27.11.2017 ein Schreiben der Mutter des BF sowie Lohnabrechnungen des seit 23.10.2017 als Lehrling beschäftigten BF.
Einer weiteren Aufforderung des BVwG vom 30.11.2017 folgend übermittelte der Vertreter des BF mit 12.12.2017 einen Bericht des Vereins XXXX vom 07.12.2017 den BF betreffend sowie eine Stellungnahme des Arbeitsgebers des BF vom 07.12.2017.
38. Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.01.2018, GZ. XXXX , wurde der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde vom 25.01.2017 gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG ersatzlos behoben. Die Entscheidung erwuchs mit der Zustellung an die Verfahrensparteien in Rechtskraft.
39. Mit Erkenntnis des VwGH vom 26.04.2018, Zl. XXXX , über die von der belangten Behörde erhobene a.o. Revision wurde die Entscheidung des BVwG vom 03.01.2018 aufgehoben.
40. Mit Schreiben vom 27.07.2018 brachte das BVwG den Verfahrensparteien seine Absicht der Bestellung einer psychiatrischen Sachverständigen zur Begutachtung des BF zu Gehör.
41. Mit Beschluss vom 08.08.2018 bestellte das BVwG eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie zur nichtamtlichen Sachverständigen im gg. Verfahren. Unter einem wurde der BF zur Beweisaufnahme mittels Begutachtung durch diese geladen.
42. Am 30.07. und am 10.08.2018 langten beim BVwG im Wege des BFA Berichte des SPK XXXX vom 25.07. und vom 09.08.2018 über den jeweiligen XXXX gegen den BF den Wohnsitz seiner Angehörigen betreffend sowie im erstgenannten Fall über seine vorläufige Festnahme ein.
43. Mit Eingabe an das BVwG vom 04.09.2018 gab der vormalige anwaltliche Vertreter des BF die Vollmachtsauflösung bekannt.
44. Mit 19.02.2019 langte beim BVwG das in Auftrag gegebene Gutachten ein.
45. Mit Eingabe an das BVwG vom 29.03.2019 gab die nunmehrige anwaltliche Vertretung des BF ihre Bevollmächtigung bekannt.
46. Am 01.04.2019 führte das BVwG eine weitere mündliche Verhandlung in der Sache des BF in seinem Beisein, dem eines Vertreters, einer Bewährungshelferin, eines Betreuers vom Verein XXXX , seiner Mutter und eines Vertreters der belangten Behörde durch.
In der Verhandlung wurden das eingeholte Gutachten sowie die aktuellen Lebensumstände des BF erörtert und gaben die übrigen Anwesenden mit Ausnahme der Mutter Stellungnahmen ab.
47. Einem Antrag des Behördenvertreters in der Verhandlung folgend ersuchte das BVwG das BG XXXX um Übermittlung einer Kopie seiner Entscheidung vom 08.01.2019 über einen Antrag des BF auf Aufhebung des gegen ihn ausgesprochenen Betretungsverbots.
48. Nach Einlagen derselben beim BVwG wurde der belangten Behörde und dem Vertreter des BF dazu per 04.04.2019 Parteiengehör eingeräumt.
49. Am 11.04.2019 langte beim BVwG eine Stellungnahme des BFA ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der aus der Türkei stammende und die türkische Staatsangehörigkeit innehabende BF reiste im November 2005, im Alter von etwas mehr als fünf Jahren, gemeinsam mit seiner Mutter illegal in das österr. Bundesgebiet ein und stellte im Anschluss daran durch diese als seine gesetzliche Vertreterin einen Asylantrag, der im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 28.06.2011 gemäß §§ 7 und 8 AsylG rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde, unter einem wurde jedoch festgestellt, dass die Ausweisung des BF aus dem österr. Bundesgebiet in die Türkei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 5 auf Dauer unzulässig ist.
Einem entsprechenden Antrag seiner Mutter folgend wurde dem BF vom Magistrat der Stadt XXXX erstmals ein Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2011 bis 28.09.2012, erteilt. Einem Verlängerungsantrag vom 27.11.2012 folgend wurde dem BF neuerlich ein Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2012 bis 28.09.2013, einem Verlängerungsantrag vom 01.10.2013 folgend ein weiterer Aufenthaltstitel in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, gültig von 29.09.2013 bis 15.08.2016, erteilt. Am 23.06.2016 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus, dieses Verfahren ist bei der zuständigen Niederlassungsbehörde bis dato anhängig.
Der BF hat in Österreich die Volksschule und im Anschluss daran die Sonderschule sowie den polytechnischen Lehrgang besucht. Im Rahmen eines nachfolgenden Haftaufenthalts begann er einen Lehrgang zur Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss und eine Malerlehre. In der Folge absolviert er ab 23.10.2017 das zweite Lehrjahr und wurde ihm vom Arbeitgeber in diesem Rahmen eine gute allgemeine Führung sowie eine positive Arbeits- und Lernleistung mit einer entsprechenden Erfolgsperspektive bescheinigt. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete jedoch mit 21.12.2017. Eine Fortsetzung der Malerlehre scheiterte in der Folge am nach Ansicht des zuständigen Arbeitsmarktservice ungeklärten Aufenthaltsstatus des BF angesichts seines seit 2016 bei der zuständigen Niederlassungsbehörde offenen Verlängerungsantrags und der Behebung der im ersten Verfahrensgang vom BVwG getroffenen Entscheidung. Der BF ist seither beschäftigungslos. Er hielt sich vorerst bei seiner Mutter und seiner Schwester am gemeinsamen Wohnsitz und nach dem Ausspruch von Betretungsverboten gegen ihn bei Freunden in XXXX , XXXX und XXXX auf.
Im Zusammenhang mit den erwähnten XXXX wurden gegen ihn am 02.08.2018 wegen XXXX und am 09.08.2018 wegen XXXX Verwaltungsstrafen im Ausmaß von XXXX verhängt, die er in Form von Ersatzhaftstrafen verbüßte. Ein Antrag des BF auf Aufhebung des XXXX wurde mit Beschluss des zuständigen XXXX vom 08.01.2019 abgewiesen.
Ungeachtet der beiden XXXX bestand bzw. besteht aktuell weiterhin regelmäßiger Kontakt des BF mit seiner Mutter.
Er verfügt über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache und ausreichende Kenntnisse der türkischen Sprache für den Alltagsgebrauch.
In Österreich legal niedergelassen sind die Mutter und eine jüngere Schwester des BF. Die Mutter geht seit 2013 einer Erwerbstätigkeit als Reinigungskraft in Vollzeitbeschäftigung nach, die Schwester besucht die Schule. Der BF bewohnte mit diesen Angehörigen seit 2012, unterbrochen durch die unten genannten Zeiten seiner Inhaftierung in Untersuchungs- und Strafhaft zwischen XXXX , einen gemeinsamen Wohnsitz. Der Vater des BF, der ebenfalls 2005 als Asylwerber nach Österreich gekommen war, wurde mit Erkenntnis des AsylGH vom 28.06.2011 rechtskräftig aus dem Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen, er verließ mutmaßlich im Jahr 2012 Österreich und hält sich seither in XXXX auf, wo er keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und bei seinem Vater seinen Wohnsitz hat. Der BF hat seit dessen Ausreise aus Österreich keinen Kontakt mit seinem Vater, dieser hatte sich schon vor der Ausreise von der Mutter des BF getrennt und in der Folge nur sporadisch Kontakt mit ihr. Weitere Verwandte des BF halten sich in XXXX und in XXXX auf, mit denen er in gelegentlichem Kontakt steht.
1.2. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen XXXX zu XXXX , verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF i XXXX hatte.
Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX wurde der BF rechtskräftig wegen XXXX zu XXXX verurteilt. Unter einem wurde die mit Urteil des LG XXXX vom XXXX festgesetzte Probezeit auf XXXX verlängert. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der BF XXXX XXXX XXXX XXXX wurde.
Der BF befand sich von XXXX jeweils in Untersuchungs- bzw. Strafhaft, zuletzt von XXXX in der XXXX XXXX , aus der er am XXXX bedingt entlassen wurde. Dort absolvierte er neben den og. Bildungsauch verschiedene Betreuungsmaßnahmen mit dem Ziel der Resozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung, die von Mitarbeitern des sozialpädagogischen und psychologischen Dienstes der JA, des Vereins XXXX und des ‚ XXXX ' erbracht wurden. Seit der Haftentlassung nimmt er bis dato regelmäßig Betreuungsleistungen von XXXX sowie der Bewährungshilfe durch den Verein XXXX in Anspruch.
1.3. Vor dem Hintergrund einer schwierigen innerfamiliären Situation, die im Gefolge der Einreise der Familie des BF nach Österreich vor allem durch eheliche Konflikte seiner Eltern, diese wiederum ausgelöst durch die fehlende Erwerbstätigkeit seines Vaters, dessen Neigung zum Glückspiel und zu gewalttätigen, letztlich die elterliche Trennung bewirkenden, Übergriffen auf die Mutter, belastet war, geriet der BF in seiner Jugend in eine Entwicklungskrise, die geprägt war vom Fehlen positiver väterlicher Identifikation und Autorität, einem Mangel an schulischen Erfolgserlebnissen durch die Nichtzulassung zum Hauptschullehrgang bzw. die - aus subjektiver Sicht trotz Befähigung zum Hauptschulbesuch erfolgte - Beschränkung auf den Sonderschulbesuch, und demgegenüber einer individuellen Überforderung in der Position des nach der elterlichen Trennung alleinigen männlichen Familienmitglieds im öffentlichen wie auch im familiären Kontext. Die Summe aller Faktoren führte in der Folge - neben fortschreitender subjektiver Frustration - beim BF zu einem Selbstwertdefizit, welches er mit zunehmendem Alter durch positive Erlebnisse im Freundes- und Bekanntenkreis zu kompensieren suchte. Im Zuge dessen gelangte er auch in Kontakt mit Personen, die sich - vor dem Hintergrund der entsprechenden globalen politischen Entwicklung - mit XXXX befassten und dem BF im Rahmen der sozialen Interaktion mit ihm ein Gefühl der Zugehörigkeit und Wertschätzung vermittelten. Aus dieser Erfahrung heraus geriet der BF jedoch auch in eine, damals subjektiv von ihm nicht wahrgenommene, Manipulierbarkeit durch diesen XXXX Personenkreis, die schließlich dazu führte, dass er dazu animiert wurde und sich auch dazu bereit erklärte, eventuell XXXX zu verüben, ehe das frühzeitige Einschreiten der Sicherheitsorgane allfällige weitere Aktivitäten des BF unterband. Während seines ersten mehrmonatigen Haftaufenthalts im Alter von ca. 14 bis 15 Jahren vermochte sich der BF trotz angelaufener Betreuungsmaßnahmen noch nicht vom erwähnten XXXX zu distanzieren, sodass er nach der ersten bedingten Haftentlassung neuerlich über das Internet mit Personen aus seinem früheren einschlägigen Bekanntenkreis in Kontakt trat und XXXX XXXX positiv kommentierte. Im Gefolge dessen kam es zur zweiten Inhaftierung und Verurteilung des BF. Erst während des nachfolgenden Aufenthalts in der JA XXXX , unter Einwirkung der dortigen sozialpädagogischen und psychologischen Betreuungsmaßnahmen, gelang dem BF eine sukzessive und nunmehr anhaltende Distanzierung von seinem früheren XXXX und seinem dazugehörigen Bekanntenkreis, einhergehend mit einer unter fachlicher Begleitung vorgenommenen Reflexion seines persönlichen Werdegangs und familiären Umfelds, und die Entwicklung einer positiven Zukunftsperspektive in individueller, familiärer und beruflicher Hinsicht. Diese Entwicklung setzte sich nach der Haftentlassung durch seine Einbindung in das Familienleben mit seiner Mutter und seiner Schwester, die Fortsetzung seiner beruflichen Ausbildung als Malerlehrling, die Abstandnahme von persönlichen Kontakten zum früheren Bekanntenkreis und die weitere Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen der Bewährungshilfe und des Vereins XXXX fort. Trotz des zwischenzeitig eingetretenen Endes seiner Beschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber Ende 2017 und der fehlenden Möglichkeiten zur Fortsetzung seiner Lehrlingsausbildung sowie der daraus resultierenden Beschäftigungslosigkeit blieb die auf Seiten des BF erfolgte Distanzierung von XXXX aufrecht. Es liegen aktuell weder in psychiatrischer noch in sonstiger Hinsicht stichhaltige Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass auf Seiten des BF die Gefahr der Begehung von durch dieses XXXX indizierten Straftaten besteht.
2. Beweiswürdigung:
Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den gg. Verfahrensakt des BFA, die Beschwerde des BF und die Urkundenvorlagen seiner Vertreter und der den BF während seiner Inhaftierung sowie im Gefolge derselben betreuenden Personen und Einrichtungen im Beschwerdeverfahren, durch Erhebungen im familiären Umfeld im Herkunftsstaat des BF, die Durchführung von mündlichen Verhandlungen vor dem BVwG zur zeugenschaftlichen Einvernahme der Mutter des BF, zur persönlichen Befragung des BF selbst sowie der seiner Betreuungspersonen, die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens den BF betreffend, die Einsichtnahme in Tätigkeitsberichte der Betreuungspersonen, in Urkundenvorlagen der belangten Behörde, in eine Entscheidung des für die Schwester des BF zuständigen XXXX und in eine abschließende Stellungnahme der belangten Behörde.
Auf der Grundlage des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme stellten sich die Feststellungen oben unter den Punkten 1.1. und 1.2. als unstrittig dar.
Die Feststellungen unter Punkt 1.3. resultierten aus der Zusammenschau der im Beschwerdeverfahren vorgelegten bzw. vom Gericht beigeschafften Stellungnahmen und Tätigkeitsberichte der Betreuungspersonen des BF, seiner Aussagen vor dem BVwG und seiner schriftlichen Eingaben an das Gericht, der Aussagen seiner Mutter vor dem BVwG und zuletzt dem vom Gericht eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachten, die ein im Wesentlichen konsistentes und in sich stimmiges Gesamtbild ergaben, das auf plausible und nachvollziehbare Weise den persönlichen Werdegang des BF und seine damit einhergehende emotionale und intellektuelle Entwicklung bis zuletzt abbildete.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gem. § 28 Abs. 5 VwGVG ist das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-G obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des 7., 8. und 11. Hauptstücks des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) 2005.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Zu A)
1.
§ 11 NAG lautet:
(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1.-gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2.-gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3.-gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4.-eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5.-eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6.-er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1.-der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2.-der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3.-der Fremde über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4.-der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5.-durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und
6.-der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK) geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.-die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2.-das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3.-die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4.-der Grad der Integration;
5.-die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6.-die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7.-Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8.-die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9.-die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1.-sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2.-der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO) übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 bis 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.
(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.
§ 24 NAG lautet:
(1) Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.
(2) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn
1.-der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und
2.-der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.
Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.
(3) Fremden ist im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für diesen weiterhin vorliegen.
(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann bis zur Erlassung des Bescheides ein Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder auf Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden. Sind die Voraussetzungen für den beantragten anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen und der bisherige Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen.
§ 25 NAG lautet:
(1) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) als zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hierzu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(2) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.
(3) Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels besondere Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles, hat die Behörde den Antrag ohne weiteres abzuweisen.
§ 52 FPG lautet:
(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1.-nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2.-nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.-dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2.-dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3.-ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4.-ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.-nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a.-nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.-ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.-ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4.-der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.-das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.
§ 9 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.-die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.-das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.-die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.-der Grad der Integration,
5.-die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.-die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.-Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8.-die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9.-die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1.-ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2.-er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen