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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
FamLAG 1967 §35a idF 1991/367 ;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/08/0056 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/08/0057 E 10. November 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden des K in W, vertreten durch Mag.Dr. Michael Kreuz, Rechtsanwalt in 1010 Wien,
Herrengasse 6-8/3,gegen die Bescheide der Wiener Landesregierung vom 29. Jänner 1997, Zl. MA 12 - 17136/84-3, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für den Zeitraum vom 9. November 1995 bis einschließlich 10. April 1996 und vom 29. Jänner 1997, Zl. MA 12 - 17136/84-4, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für den Zeitraum vom 11. April bis 10. Juli 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den in Beschwerde gezogenen angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 9. November 1995 bis 10. Dezember 1995 eine Geldaushilfe in der Höhe von S 4.668,--, für die Zeit vom 11. Dezember 1995 bis 10. Februar 1996 eine Geldaushilfe in der Höhe von S 1.592,--, für die Zeit vom 11. Februar 1996 bis einschließlich 10. April 1996 eine Geldaushilfe in der Höhe von S 5.725,--, für die Zeit vom 11. April 1996 bis 10. Juni 1996 eine Geldaushilfe von S 8.447,-- und für die Zeit vom 11. Juni 1996 bis 10. Juli 1996 eine Geldaushilfe von S 2.084,-- gewährt. Bei Berechnung dieser Geldaushilfen ging die belangte Behörde - und insoweit besteht zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde kein Streit - von Sozialhilferichtsätzen im Sinne des § 13 Abs. 2 WSHG für zwei Erwachsene und zwei Kinder aus, erhöhte diese um die "tatsächliche Miete" und zog sodann von dem so ermittelten Gesamtrichtsatz die Wohnbeihilfe in der Höhe von S 2.066,-- und einen "im ASVG-Richtsatz enthaltenen Mietenselbstbehalt" in der Höhe von monatlich S 794,-- ab. Diese Summe stellte sie dann dem Einkommen des Beschwerdeführers (dieses bestand in Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung) gegenüber und ermittelte so den jeweiligen Sozialhilfeanspruch. Dazu gewährte die belangte Behörde zur Deckung des Heizbedarfes eine zusätzliche "Heizbeihilfe". Diese Heizbeihilfe errechnete die belangte Behörde in der Weise, daß sie - ausgehend vom monatlichen Aufwand des Beschwerdeführers - den "im ASVG-Richtsatz enthaltenen Heizkostenselbstbehaltes für 1995 von S 466,--" in Abzug brachte und die Heizbeihilfe in der Höhe von nur S 99,--monatlich errechnete.
Überdies rechnete die belangte Behörde den von der Ehegattin des Beschwerdeführers bezogenen "Zuschlag zur Geburtenbeihilfe" in der Höhe von monatlich S 1.000,-- jeweils nach Maßgabe der Auszahlungstermine (Dezember 1995 sowie März und Juni 1996) in der jeweils zur Auszahlung gelangenden (für mehrere Monate akkumulierten) Höhe an.
Im übrigen enthalten die angefochtenen Bescheide eine nähere Darstellung der jeweiligen Berechnungen.
In seiner Beschwerde gegen diese Bescheide erhebt der Beschwerdeführer zusammengefaßt nur zwei Einwände, nämlich gegen die Anrechnung des Zuschlages zur Geburtenbeihilfe als Einkommen und gegen die Berücksichtigung eines "Heizkostenselbstbehaltes". Er beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; ferner hat sie die Verwaltungsakten vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 WSHG hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
Gemäß § 10 Abs. 1 WSHG ist Hilfe insoweit nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern.
Gemäß § 10 Abs. 3 WSHG darf die Verwertung des Einkommens oder Vermögens nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden würde.
Gemäß § 12 WSHG umfaßt der Lebensunterhalt insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Gemäß § 13 Abs. 1 WSHG hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen, wobei § 13 Abs. 2 Richtsätze für den Alleinunterstützten, für den Hauptunterstützten und für den Mitunterstützten vorsieht. Die in den Z. 2 und 3 für den Hauptunterstützten bzw. für den Mitunterstützten bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfesuchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten oder der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfang des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfesuchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für den Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen (§ 13 Abs. 2 letzter Satz WSHG idF der 5. WSHG-Novelle, LGBl. Nr. 50/1993)
Gemäß § 13 Abs. 3 WSHG ist der Richtsatz so zu bemessen, daß er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme an kulturellem Leben deckt.
Gemäß § 13 Abs. 6 WSHG ist der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat zunächst die belangte Behörde den der Ehegattin des Beschwerdeführers gemäß § 35a FLAG (idF der Novelle BGBl. Nr. 367/91) gewährten Zuschlag zur Geburtenbeihilfe zurecht als Einkommen in jenem Zeitraum angerechnet, in dem nach den Feststellungen der belangten Behörde der Ehegattin des Beschwerdeführers dieses Einkommen zugeflossen ist (nämlich:die im Dezember 1995 erhaltene Nachzahlung der Zuschläge für Juni bis Dezember 1995 in der Höhe von insgesamt S 7.000.-, die im März 1996 erhaltene Nachzahlung für Jänner bis März 1996 in der Höhe von insgesamt S 3.000,--und die im Juni 1996 erhaltene Nachzahlung für April und Mai 1996 in der Höhe von S 2.000,--). Entgegen den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen in einer ergänzenden Stellungnahme zur Gegenschrift der belangten Behörde stand der Anrechnung dieses Zuschlages zur Geburtenbeihilfe in den jeweiligen Auszahlungszeitpunkten nicht entgegen, daß diese Zuschläge (monatsbezogen) auch für Monate gewährt worden sind, während derer der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes mangels Bestehens einer aufrechten Familiengemeinschaft mit seiner Ehegattin hatte (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 22. April 1997, Zl. 96/08/0248, und das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 96/08/0408), weil es in sozialhilferechtlicher Sicht ausschließlich darauf ankommt, über welches Einkommen der Hilfesuchende in jenem Zeitraum verfügen kann, für welches er eine Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes beantragt hat und diese Verfügungsmöglichkeit somit nicht in jenen Monaten bestanden hat, für welche der Zuschlag zur Geburtenbeihilfe gewährt worden ist, sondern erst mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung.
Hingegen ist der Beschwerdeführer mit jenem Vorbringen im Ergebnis im Recht, welches sich gegen die Berücksichtigung eines "im ASVG-Richtsatz enthaltenen Heizkostenselbstbehaltes" richtet:
Die gemäß § 13 Abs. 2 WSHG festzustellenden allgemeinen Richtsätze decken nach dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 3 WSHG nicht den gesamten Lebensunterhalt im Sinne des § 12 WSHG ab, insbesondere nicht die Beheizung und die Unterkunft. Wenn die belangte Behörde daher mit "ASVG-Richtsätzen" (eine nähere Erläuterung wird auch in der Gegenschrift der belangten Behörde nicht gegeben) die Richtsätze nach dem Wiener Sozialhilfegesetz meinen sollte (welche gemäß § 1 Abs. 2 der SH-Verordnung, LGBl. Nr. 13/1973 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassungen der Verordnungen LGBl. Nr. 68/1994 bzw. 77/1995, die in § 293 ASVG festgelegten Mindestleistungen der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz nicht überschreiten dürfen), so wäre ihr entgegenzuhalten, daß in diesen Richtsätzen die Beheizung gemäß § 13 Abs. 3 WSHG noch gar nicht berücksichtigt, sondern gemäß § 13 Abs. 6 WSHG durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken ist. Ein Selbstbehalt hinsichtlich der Richtsätze des § 13 Abs. 2 WSHG kommt daher nicht in Betracht.
Sollte aber die belangte Behörde mit dem Hinweis auf den ASVG-Richtsatz die dem Beschwerdeführer zufließende Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung im Auge gehabt haben, so wäre ihr zu entgegnen, daß sie ohnehin das gesamte Einkommen des Beschwerdeführers auf die Richtsätze angerechnet und eine Leistung nur im Ausmaß der Differenz gewährt hat, sodaß auch unter diesem Gesichtspunkt für eine Kürzung der zur Deckung der Heizkosten erforderlichen Geldaushilfe um einen "Selbstbehalt" kein Raum bleibt.
Gemäß § 5 Abs. 4 der SH-VO ist vielmehr alleinunterstützten oder hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern in Wohnungen ohne Zentralheizung in den Monaten Jänner bis Dezember eine Heizbeihilfe in der Höhe von S 799,-- (Wert 1995 nach der VO LBGl. Nr. 68/1994) bzw. 817,-- (Wert 1996 nach der VO LGBl. Nr. 77/1995) zu gewähren. In Wohnungen mit Zentralheizung sind die vorgeschriebenen Heizkosten zu gewähren, soweit diese einem angemessenen, durchschnittlichen Heizbedarf entsprechen. Auch hierin ist von einem "Selbstbehalt" keine Rede.
Eine nähere rechtliche Begründung für die vorgenommene Berücksichtigung eines Heizkostenselbstbehaltes findet sich im übrigen auch nicht im angefochtenen Bescheid. Die in der Gegenschrift vor dem Verwaltungsgerichtshof nachgetragene Begründung, die Gewährung einer Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes umfasse gemäß § 12 WSHG "bereits" die Hilfe zur Beheizung, übersieht, daß diese Bestimmung nicht Maßstab für die Ermittlung der Richtsätze ist, dieser in § 13 WSHG festgelegte Maßstab jedoch für Heizung und Unterkunft einerseits, sowie für alle anderen Bedürfnisse andererseits dahin unterschiedliche Regelungen vorsieht: während die Richtsätze nur den letztgenannten Bedarf pauschaliert abdecken sollen, wird jener für Heizung und Unterkunft - innerhalb gewisser näherer Grenzen - individuell zusätzlich berücksichtigt.
Insoweit waren die angefochtenen Bescheide daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. November 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997080055.X00Im RIS seit
27.07.2001