Entscheidungsdatum
17.04.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2214548-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Sudan, vertreten durch Mag. Brigitte TCHOUKWE TCHOUA, Peter-Jordan-Str. 117/15, 1180 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019, Zl. 1205756705/180856791, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sudan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von einem Jahr erteilt.
IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine sudanesische Staatsbürgerin, reiste mit einem bis 24.01.2018 gültigem Visum in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 10.09.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie erklärte in der Erstbefragung am selben Tag, dass sie im Jahr 2011 in Österreich eine Tochter bekommen habe, im folgenden Jahr aber von ihrem Mann gezwungen worden sei, wieder in den Sudan zurückzukehren. Ihr Mann habe sich dann von ihr getrennt. Sie selbst sei eine außereheliche Beziehung eingegangen und daraufhin von ihrem Vater verstoßen worden. Sie habe versucht für ihre Tochter in Ägypten wieder einen österreichischen Reisepass zu erlangen, dies sei ihr aber nicht gelungen. Ihre Tochter sei Österreicherin.
Die Beschwerdeführerin wurde am 04.12.2018 niederschriftlich durch eine Organwalterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter Heranziehung einer Dolmetscherin für die arabische Sprache einvernommen. Sie wiederholte ihr Vorbringen und wies darauf hin, dass sie nicht in den Sudan zurück wolle. Sie habe den Sudan verlassen müssen, weil sie befürchtet habe, von ihrem Vater getötet zu werden, nachdem sie dieser gemeinsam mit ihrem Freund entdeckt habe. Zudem befürchte sie, dass ihre Tochter Opfer einer Genitalverstümmelung werde; es sei ihr aber nicht gelungen, die Ausreise ihrer Tochter zu ermöglichen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 10.09.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sudan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Sudan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Das Fluchtvorbringen wurde für nicht glaubhaft befunden.
Gegen den am 16.01.2019 zugestellten Bescheid wurde fristgerecht am 12.02.2019 Beschwerde erhoben.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2019 vorgelegt. Am 09.04.2019 wurde eine mündliche Verhandlung duchgeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige des Sudan. Ihre Identität steht fest. Sie ist unbescholten und leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, allerdings an den Folgen der bei ihr im Alter von zehn Jahren vorgenommenen weiblichen Genitalverstümmelung. Die Beschwerdeführerin ist erwerbsfähig.
Die Beschwerdeführerin war mit einem aus dem Sudan stammenden österreichischen Staatsbürger verheiratet und lebte von 2011 bis Ende 2012 mit ihm in Österreich. Sie wurde von ihm körperlich misshandelt. In Österreich wurde am 02.09.2011 die gemeinsame Tochter geboren, die ebenfalls österreichische Staatsbürgerin ist. Danach kehrte die Familie in den Sudan zurück, wo es im Juni 2013 zur Scheidung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem früheren Ehemann kam. Die gemeinsame Tochter blieb bei der Familie der Beschwerdeführerin in AL XXXX, während die Beschwerdeführerin in Khartum ein Wirtschaftsstudium abschloss und am Flughafen arbeitete. Die Beschwerdeführerin begann zu dieser Zeit eine Beziehung zu einem Mann von einem anderen Stamm. Die Eltern der Beschwerdeführerin wären mit einer Eheschließung der Beschwerdeführerin mit ihrem Freund nicht einverstanden. Vor ihrer Ausreise lebte die Beschwerdeführerin wieder bei ihrer Familie im Dorf AL XXXX.
Es ist nicht glaubhaft, dass sie von ihrem Vater bei sexuellen Handlungen mit ihrem Freund entdeckt wurde und dass ihr Leben im Sudan aus diesem Grund bedroht ist.
Die Beschwerdeführerin hielt sich 2016 und 2017 jeweils für einen kürzeren Zeitraum in Deutschland bzw. Österreich auf und versuchte, die Ausreise ihrer Tochter aus dem Sudan zu organisieren. Sie befindet sich seit Jänner 2018 im Bundesgebiet. Im September 2018 stellte sie einen Antrag auf internationalen Schutz. Seit Jänner 2019 hält sich auch ihr früherer Ehemann in Österreich auf, doch leben die beiden weiterhin getrennt. Der frühere Ehemann stimmte der Bitte der Beschwerdeführerin, die Ausreise der Tochter aus dem Sudan nach Österreich zu ermöglichen, nicht zu.
In AL XXXX leben ihre Eltern und zwei Schwestern sowie ihre Tochter. Die Eltern ihres früheren Mannes sind die Nachbarn ihrer Familie. Die Beschwerdeführerin steht in Kontakt mit einer Schwester und gelegentlich mit ihrer Mutter. Ihr Vater verweigert den Kontakt mit ihr.
Einer alleinstehenden Frau ohne familiärem Rückhalt ist es im Sudan nicht möglich, sich eine Existenz zu sichern.
1.2. Zur Situation im Sudan:
1.2.1. Auf Basis des Länderinformationsblattes zum Sudan (Stand: 04.09.2018) können folgende Feststellungen getroffen werden:
Politische Lage
Der Sudan ist eine Republik, deren Macht in den Händen des autoritären Präsidenten Omar Hassan al-Bashir konzentriert ist (USDOS 20.4.2018). Der Sudan ist der Verfassung nach ein Bundesstaat, der 17 Bundesstaaten umfasst. Das Zentralstaatsprinzip ist gleichwohl stark ausgeprägt. Staatspräsident ist Feldmarschall Omar Hassan Ahmad al-Baschir. Er ist zugleich Premierminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des obersten Richterrates und Befehlshaber der Polizei. Er kann die Verfassung aussetzen und den Ausnahmezustand erklären (AA 12.2017a).
1983 erklärte Präsident Nimeiri den Sudan zum islamischen Staat und führte die Scharia ein. Der südsudanesische Autonomiestatus wurde aufgehoben. Dies führte zu einem 22 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Mehr als zwei Millionen Menschen verloren durch den Krieg und seine direkten Folgen ihr Leben, und mehr als vier Millionen wurden, zum Teil mehrmals, vertrieben. Unter hohem internationalem Druck verhandelten beide Seiten ein Friedensabkommen, das im Januar 2005 unterschrieben und als Comprehensive Peace Agreement (CPA) bekannt wurde. Am 9.7.2011 erklärte der Südsudan unter großer internationaler Aufmerksamkeit und friedlicher Beteiligung des Nordens seine Unabhängigkeit. Der Sudan hat diesen neuen Staat umgehend anerkannt (GIZ 8.2018b).
Die sudanesische Innenpolitik ist maßgeblich durch die notwendigen wirtschaftlichen und politischen Anpassungen nach der Sezession des Südsudan bestimmt (AA 12.2017a; vgl. GIZ 8.2018a). Nach der Unabhängigkeit des Südsudan soll für den Sudan eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Die Neufassung ist immer wieder verschoben worden, soll aber Plänen zufolge stark islamisch geprägt sein. Eine neue Verfassung ist nach wie vor nicht in Sichtweite. Anfang 2015 wurden jedoch Pläne bekannt, umfangreiche Verfassungsänderungen vorzunehmen, die vor allem die Machtbefugnisse des Präsidenten stärken sollen. Die von der Opposition heftig kritisierten und Ende 2016 ratifizierten Vorhaben betreffen u.a. die Ernennung der Provinzgouverneure durch den Präsidenten, die seit den Regionalwahlen im Jahr 2010 erstmalig von der Bevölkerung direkt gewählt wurden und eine Aufwertung des Nationalen Sicherheitsdienstes (NISS) (GIZ 8.2018a).
Sudans Langzeitpräsident Omar Hassan Al-Bashir wurde am 2.6.2015 wiedergewählt und bleibt für weitere fünf Jahre im Amt (GIZ 8.2018a). Der seit 1989 amtierende Präsident Omar Al-Bashir siegte haushoch mit 94,05% der abgegebenen Stimmen. Der zweitplatzierte Kandidat erhielt 1,43%. Da alle ernst zu nehmenden Kandidaten und Parteien der Opposition die Wahl boykottierten, galt bei den Präsidentschaftswahlen die Wiederwahl von Omar Al-Bashir als reine Formsache. Wegen des Wahlboykotts der wichtigsten Oppositionsparteien, wie der Umma-Partei des früheren Ministerpräsidenten Sadiq al-Mahdi und der SPLM-Nord, des sudanesischen Ablegers der südsudanesischen SPLM, gehören unabhängige Kandidaten zu den Gewinnern der Parlamentswahlen. Die Oppositionsparteien und Rebellenorganisationen forderten die internationale Gemeinschaft zur Nichtanerkennung der Wahlergebnisse auf, da diesen die politische Legitimation fehlen würde. Politische Analysten sehen im Boykott der Wahlen durch die wichtigsten Oppositionsparteien eine Gefahr für die demokratischen Strukturen und in den hohen Wahlergebnissen für Präsident und Regierungspartei eher eine Tendenz zum Einparteienstaat (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018).
In seiner Antrittsrede bot Al-Bashir den Rebellengruppen in Darfur eine Amnestie an, sollten diese Friedensverhandlungen zustimmen und kündigte Maßnahmen gegen die grassierende Korruption im Land an (GIZ 8.2018a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2017a): Länderinformationen, Sudan, Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/-/203304, Zugriff 9.8.2018
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018b): Südsudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/suedsudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018
-
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 10.8.2018
Sicherheitslage
Die Lage ist in weiten Teilen des Landes angespannt (EDA 10.8.2018). Der Sudan ist seit Loslösung des Südens und dem Verlust eines Großteils seines Öleinkommens in einer schwierigen Situation, die wiederum zu inzwischen chronischen Phasen sozialer Unruhe führt (GIZ 8.2018a). Aufgrund sozialer Spannungen sind Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen daher immer wieder möglich (EDA 10.8.2018; vgl. FD 10.8.2018).
In einigen Landesteilen finden bewaffnete Konflikte statt. In mehreren Landesteilen besteht die Gefahr von Landminen und Blindgängern (EDA 10.8.2018). Es besteht weiterhin eine erhöhte Terrorismusgefahr im gesamten Sudan, auch wenn die letzten Anschlagsversuche einige Jahre zurückliegen. In verschiedenen Landesteilen wurden in den vergangenen Jahren vereinzelte Zellen, die Anschläge geplant hatten, durch sudanesische Behörden aufgedeckt (AA 10.8.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/sudansicherheit/203266, Zugriff 10.8.2018
-
EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2015): Reisehinweise für den Sudan, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/sudan.html, Zugriff 10.8.2018
-
FD - France Diplomatie (10.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Soudan - Sécurité,
https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/soudan/, Zugriff 10.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018
Rechtsschutz / Justizwesen
In rechtsstaatlicher Hinsicht weist der Sudan gravierende Mängel auf. Es gibt keine funktionierende Gewaltenteilung (AA 6.11.2017). Die Justiz ist ineffizient und korrupt (USDOS 20.4.2018). Auch wenn die Interimsverfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, ist diese größtenteils dem Präsidenten oder den Sicherheitskräften unterworfen (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 6.11.2017) vor allem in Fällen von angeblichen Verbrechen gegen den Staat. Manchmal zeigen die Gerichte einen gewissen Grad an Unabhängigkeit. Allerdings ist politische Einflussnahme allgemein üblich und einige hochrangige Mitarbeiter der Justiz sind gleichzeitig für das Innenministerium oder andere Teile der Exekutive tätig (USDOS 20.4.2018). Die Folge ist, dass Richter oftmals bemüht sind, mit ihren Urteilen politisch nicht anzuecken. Es fehlt u.a. an hinreichender Ausbildung der Mitarbeiter im Justizbereich. Das "Public Grievances Board", das nominell die Funktion eines Ombudsmanns ausübt, hat in der Praxis keine Bedeutung (AA 6.11.2017).
Das sudanesische Strafrecht basiert auf der Scharia und es können Strafen wie Auspeitschen, Amputationen und Steinigungen trotz verfassungsmäßigen Verbots verhängt werden (USDOS 20.4.2018).
Die verfassungsmäßig zugesicherten Rechte auf ein faires und zügiges Gerichtsverfahren sowie die Unschuldsvermutung werden häufig nicht geachtet. Verhandlungen sind normalerweise öffentlich, außer wenn es sich um Vergehen gegen den Staat oder die Staatssicherheit handelt. Der Angeklagte hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, jedoch gibt es Berichte darüber, dass Angeklagten dieses Recht manchmal verweigert wird. Militärprozesse, die manchmal geheim und rasch ablaufen, beinhalten keine prozessualen Rechtsstandards. Auf dem Special Courts Act beruhende Sondergerichte bestehen meist aus Zivilrichtern, behandeln jedoch oft sicherheitsrelevante Fälle. Bei diesen Gerichten gibt es nur eingeschränkte Möglichkeiten der Rechtshilfe (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018
Sicherheitsbehörden
Mehrere Regierungsorganisationen sind für die innere Sicherheit verantwortlich: der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst NISS, das Innenministerium und das Verteidigungsministerium. Der NISS ist in allen wichtigen Städten vertreten. Das Innenministerium kontrolliert Polizeikräfte, wie unter anderem die Nationale Polizei, polizeiliche Spezialeinheiten und die Central Reserve Police (CRP) (USDOS 20.4.2018). Die im Jahr 2013 gegründeten Rapid Support Forces (RSF), als Teil des Sicherheitsapparates, fiel mit 2016 unter die Sudanese Armed Forces (SAF), welche direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Es handelt sich dabei um eine Einheit, die größtenteils aus ehemaligen Angehörigen darfurischer Milizen (Janjaweed) besteht (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 6.11.2017).
Die Polizei agiert häufig willkürlich; eine richterliche Kontrolle polizeilichen Handelns findet kaum statt. Der mächtige NISS ist innerstaatlich de facto ohne demokratische und rechtsstaatliche Kontrolle tätig. Willkürliche Verhaftungen ohne richterlichen Haftbefehl sind Praxis (AA 6.11.2017). Straffreiheit stellt in allen Teilen der Sicherheitskräfte ein verbreitetes Problem dar (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Verfassung gewährt allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte. In jüngerer Vergangenheit kam es zu keiner nennenswerten Verbesserung der Menschenrechtslage im Sudan (AA 6.11.2017). Die Menschenrechtslage bleibt im ganzen Land weiterhin prekär (GIZ 8.2018a). Der Regierung und regierungsnahen Organisationen wird eine systematische Missachtung der grundlegendsten Menschenrechte vorgeworfen. Die Menschenrechtslage wird durch die im Land herrschenden bewaffneten Konflikte in Darfur und in den Grenzregionen zum Südsudan verschärft (GIZ 8.2018a).
Meinungs- und Pressefreiheit werden von der Übergangsverfassung gewährleistet. In der Praxis wird auf private oder öffentliche Kritik seitens des Staates mit Repressalien wie etwa Verhaftungen reagiert (USDOS 20.4.2018). Medien - Presse, Radio, und Fernsehen - werden vom Staat kontrolliert. Falls sie nicht der Regierungspartei gehören oder staatlich sind, unterliegen sie einer Zensur (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). So werden regelmäßig die Veröffentlichungen von Artikeln verboten oder gleich ganze Zeitungsauflagen konfisziert. Sowohl die Verbote von Zeitungsauflagen, die das wirtschaftliche Überleben von Zeitungsverlagen massiv erschweren als auch komplette Schließungen von Zeitungen lassen viele Journalisten arbeitslos werden. Auch wird Druck auf Zeitungsherausgeber ausgeübt, um die Inhalte von Nachrichten zu steuern oder Berufsverbote für Journalisten verhängt. Bei unerwünschter Berichterstattung auch ausländischer Medien reagiert die Staatsgewalt mit der Schließung von deren Büros. Nach Berichten von Reporter ohne Grenzen gehören zu den zahlreichen Tabuthemen z.B. die Berichterstattung über Militäraktionen in den Unruheprovinzen des Landes, Meldungen zu Versorgungsengpässen und Korruptionsvorwürfe gegen Amtsträger (GIZ 8.2018a). Zwar wurde die Pressezensur 2009 formell aufgehoben, weiter bestehende Selbstzensur und administrative Hindernisse verhindern eine wirkliche Pressefreiheit (AA 12.2017a; vgl. AA 6.11.2017).
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind gemäß der Verfassung gewährleistet, werden jedoch seitens der Regierung massiv eingeschränkt. Versammlungen von mehr als fünf Personen ohne Genehmigung werden seitens der Regierung als illegal betrachtet (USDOS 20.4.2018). Menschenrechtsorganisationen werden geschlossen oder an ihrer Arbeit gehindert (AA 12.2017a; vgl. USDOS 20.4.2018). Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger haben das Land verlassen. Der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst (National Intelligence and Security Service - NISS) überwacht politische Gegner und kann missliebige Personen ohne richterlichen Beschluss verhaften (USDOS 20.4.2018).
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) hat im Jahr 2009 für den sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bashir einen Haftbefehl aufgrund vorgeworfener Kriegsverbrechen in Darfur ausgestellt. 2010 wurde dieser um den Tatbestand des Völkermordes erweitert. Omar Al-Bashir ist der einzige amtierende Staatschef, gegen den ein Verfahren am ICC wegen Völkermordes anhängig ist. Haftbefehle des ICC bestehen seit einigen Jahren auch gegen den ehemaligen Innenminister und jetzigen Gouverneur von Südkordofan Ahmad Harun und einen ehemaligen Anführer der Janjaweed-Milizen. Gegen den amtierenden Verteidigungsminister Abdul Rahim Hussein wurde im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen in Darfur im März 2012 ebenfalls seitens des ICC ein Haftbefehl ausgestellt. Ende 2014 stoppte der ICC die Ermittlungen zu den Kriegsverbrechen in Darfur wegen mangelnder Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft für eine Festnahme Al-Bashirs. Die Verfahren wurden bisher als endgültig gescheitert angesehen (GIZ 8.2018a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018
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AA - Auswärtiges Amt (12.2017a): Länderinformationen, Sudan, Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/-/203304, Zugriff 13.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 13.8.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018
Todesstrafe
Der Sudan gehört zu den Staaten, in denen Todesurteile vollstreckt werden. Auch ein Urteil durch Steinigung kann verhängt werden. Im Jahr 2017 und auch im laufenden Jahr sind keine Todesstrafen vollstreckt worden (AI 2018; vgl. GIZ 8.2018a). Mindestens 17 Todesurteile wurden verhängt und 66 Begnadigungen ausgesprochen (AI 2018). 2017 tötete eine junge Frau in Notwehr Ihren Ehemann, als dieser versuchte sie zu vergewaltigen. Am 10.5.2018 wurde die junge Frau zum Tode verurteilt. Das Gericht hat das Todesurteil allerdings wieder aufgehoben und sie stattdessen zu fünf Jahren Gefängnis und einem "Blutgeld" (Dia) in Höhe von 337'500 Sudanesischen Pfund (etwa 7.500 Euro) verurteilt (AI 26.6.2018). Das Strafgesetzbuch sieht für verschiedene Delikte, einschließlich Abfall vom Islam, Ehebruch, homosexuelle Handlungen (bei der dritten Verurteilung), Vergewaltigung und verschiedene Drogendelikte die Todesstrafe vor. Das Recht sieht auch Amputation von Gliedmaßen bei Eigentumsdelikten sowie Steinigung bei Ehebruch vor. Untere Gerichtsinstanzen verhängen derartige Strafen auch, die jedoch im Instanzenzug aufgehoben werden. Amputationen und Steinigungen haben in den letzten Jahren nicht mehr stattgefunden (AA 6.11.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),
https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 16.8.2018
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AI - Amnesty International (26.6.2018): Todesurteil für Noura Hussein in Haftstrafe umgewandelt, https://www.amnesty.ch/de/laender/afrika/sudan/dok/2018/todesurteil-fuer-noura-hussein-in-haftstrafe-umgewandelt, Zugriff 3.9.2018
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AI - Amnesty International (2018): Global Report - Death Sentences and Executions 2017,
https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5079552018ENGLISH.PDF, Zugriff 16.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 16.8.2018
Frauen
Aufgrund der Anwendung vieler traditioneller Rechtspraktiken und einiger Bestimmungen der islamischen Rechtsprechung in der Auslegung und Anwendung durch die Regierung, ist die Lage von Frauen von Rechtlosigkeit und arbiträren Gerichtsurteilen geprägt (USDOS 20.4.2018). Die Situation der Frauen im Sudan ist durch starke Restriktionen gekennzeichnet. So wird ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sowohl durch kulturell bedingte traditionelle Strukturen als auch, seit der Machtergreifung durch Omar Al-Bashir im Jahr 1989, durch eine sehr strenge Interpretation des Islam und sich daraus ergebende Vorschriften und Verhaltensregeln erheblich erschwert (GIZ 8.2018b).
FGM/C weiterhin ein Problem im ganzen Land. Es gibt kein nationales Gesetz, welches Genitalverstümmelung verbietet. Seit 2008 haben fünf Staaten Gesetze erlassen, die FGM/C verbieten: Süd-Kordofan, Gedaref, Rotes Meer, Süd-Darfur und West-Darfur. Die Regierung hat mit Unterstützung der First Lady die "Saleema"-Kampagne (unbeschnitten), die das öffentliche Bewusstsein für FGM/C geschärft hat, weiter in den Vordergrund gerückt. Die Regierung arbeitete auch weiterhin mit UNICEF, dem UN Population Fund (UNFPA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen, um die FGM/C zu beenden (USDOS 20.4.2018).
Bekleidungsvorschriften wie z.B. die Verwendung einer Kopfbedeckung oder das Verbot, Hosen zu tragen, deren Einhaltung von der Religionspolizei überwacht wird und regelmäßig mit drakonischen Bestrafungen wie auch durch Auspeitschen verfolgt wird, bestimmen den Frauenalltag (GIZ 8.2018b). Unterschiedliche Behörden haben beschieden, dass sich Frauen den islamischen und kulturellen Standards entsprechend zu bekleiden haben. Die Polizei für öffentliche Ordnung in Khartum bringt gelegentlich Frauen wegen Verletzung islamischer Standards vor Gericht (USDOS 20.4.2018). Die Bildungschancen für Frauen sind zumindest in den Städten nicht signifikant schlechter als für Männer. Bei der Berufswahl sind Benachteiligungen weiterhin üblich. Frauen sind nur selten in herausgehobenen Funktionen tätig. Sudan hat das VN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen (CEDAW) nicht unterzeichnet (AA 6.11.2017; vgl. GIZ 8.2018b). Ebenso steht weiter die Ratifizierung des vom Sudan 2008 unterschriebenen "Protocol on the Rights of Women in Africa" aus. Versuche im sudanesischen Parlament die Frauenrechte zu stärken, werden von radikalen Strömungen vehement bekämpft (GIZ 8.2018b).
Weiter sind für Frauen vor allem die Reisefreiheit sowie das Recht auf Arbeit und der Besitz von Land stark eingeschränkt. Frauen stellen im Sudan nur 13,6 % der Vollzeitbeschäftigten dar.. Diese stark eingeschränkten Rechte für Frauen zeigen sich auch im schlechten Abschneiden des Landes im Vergleich der Geschlechtergleichheit auf regionaler oder kontinentaler Ebene wie auch weltweit. Die staatlichen Repressionen bieten auch im Internet und den Sozialen Medien nur wenig Raum zur Sensibilisierung für Frauenrechte. Frauen sind in der sudanesischen Politik vergleichsweise überdurchschnittlich repräsentiert. Dieses ist im Wesentlichen einer Frauenquote zu verdanken, die für die sudanesische Nationalversammlung einen Anteil von 25 % vorschreibt. Frauen werden dazu über eine separate Liste gewählt. Bei den letzten Wahlen des Jahres 2015 konnte der Frauenanteil unter den Abgeordneten auf über 30 % erhöht werden. Damit liegt der parlamentarische Frauenanteil im Sudan über dem mancher europäischer Länder. Die Arbeit des hohen Frauenanteils unter den Volksvertretern macht sich jedoch nur wenig bei einer Verbesserung der Frauenrechte im Land bemerkbar (GIZ 8.2018b).
Ungeachtet öffentlicher Absichtserklärungen der sudanesischen Regierung Vergewaltigunen zu verfolgen und der damit einhergehenden Aufforderung an die Betroffenen, die Straftaten zur Anzeige zu bringen, melden sich Vergewaltigungsopfer nur in Ausnahmefällen bei der Polizei, weil sie befürchten, des - in Sudan strafbaren und mit Steinigung sanktionierten - Ehebruchs beschuldigt zu werden. Abgesehen von Traumatisierung führen die Vergewaltigungen auch zu gesellschaftlicher Stigmatisierung der Opfer.
Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass Polizeidienststellen oftmals die Aufnahme von Strafanzeigen zu Gewalt gegen Frauen verweigern (AA 6.11.2017). Vergewaltigung in der Ehe ist gesetzlich nicht geregelt, im Februar 2015 wurde die Definition von Vergewaltigung in Artikel 149 des Strafgesetzbuchs geändert und Absatz 3 zu Artikel 151 hinzugefügt, um den Straftatbestand der sexuellen Belästigung zu kriminalisieren. Nach der neuen Definition von Vergewaltigung kann das Vergewaltigungsopfer nicht mehr wegen Ehebruchs strafrechtlich verfolgt werden (USDOS 20.4.2018). Ehebruch ist strafbar und kann mit dem Tod durch Steinigung geahndet werden. Zwar kommt es vereinzelt zu Urteilen auf dieser Grundlage, diese sind jedoch - soweit hier bekannt - seit mehr als 20 Jahren nicht mehr vollstreckt worden. Körperstrafen (Hiebe) sind dagegen gängige Form der Bestrafung. Über die Zahl der Verurteilungen liegen, auch wegen der gesellschaftlichen Tabuisierung, keine Erkenntnisse vor, oder ihnen wird schlichtweg die Aufnahme der Strafanzeige verweigert (AA 6.11.2017). Häusliche Gewalt ist üblich und ist nicht unter Strafe gestellt. Frauen, die sich an Behörden wenden, werden oftmals der Lüge oder Falschaussage bezichtigt, drangsaliert oder inhaftiert. Die Polizei interveniert normalerweise nicht bei häuslichen Auseinandersetzungen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 27.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018b): Sudan - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sudan/gesellschaft/, Zugriff 27.8.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 27.8.2018
Kinder
Nach muslimischer Gesetzgebung ist die Verheiratung von Mädchen weiterhin nach richterlichem Beschluss ab dem 10. Lebensjahr erlaubt - das niedrigste Heiratsalter in ganz Afrika. Diese Frühehen verschärfen die Problematik der Gesundheitsgefährdung durch Geburtsfisteln mit einhergehender Inkontinenz und führen auch zu einem verkürzten Bildungsweg. Im Sudan werden ein Drittel der Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag und 7% vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet. Auch ist der leichte Rückgang der flächendeckend verbreiteten weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) nicht auf politische Entscheidungen, sondern nur der Duldung der Arbeit von starken zivilgesellschaftlichen Frauenbewegungen mit internationaler Unterstützung zu verdanken. Versuche ein Verbot von FGM im nationalen Parlament zu beschließen, sind im Jahr 2009 gescheitert. Gelungen ist dieses in einigen Regionalparlamenten, z.B. im Red Sea State. Das Gesetz wird hier jedoch nicht angewendet und muss als Papiertiger bezeichnet werden. Der Sudan gehört zu den Ländern mit einer der höchsten Prävalenzen von FGM: fast 90% der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren wurden beschnitten (GIZ 8.2018b).
Das sudanesische Schulsystem gliedert sich in eine achtjährige Grundschulbildung (Basic Education, vom 6. bis zum 13. Lebensjahr), die gebührenfrei ist, und drei Jahren in weiterführenden Schulen (Secondary Education, 14-17 Jahre). Laut UNICEF besuchen nur rund 70% der sudanesischen Kinder eine Schule, mit starken regionalen Unterschieden.
Besonders Mädchen ist es nach einem bestimmten Alter (etwa 12 Jahre) kaum möglich, eine weiterbildende Schule zu besuchen (GIZ 8.2018b).
Es gibt keine staatliche Politik der Duldung von Kinderarbeit, jedoch wirken sich Unterentwicklung und verbreitete Armut unmittelbar auf Kinder aus. Die Rekrutierung von Kindern in den bewaffneten Konflikten (durch Regierung und durch Rebellengruppen) bleibt laut den Vereinten Nationen weiterhin ein Problem. Die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren wurde unter Strafe gestellt. Trotz eines Rückgangs an Fällen bleiben die Erfolge beim Schutz von Kindern sowie bei der Reintegration ehemaliger Kindersoldaten ungenügend (AA 6.11.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 27.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018b): Sudan - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sudan/gesellschaft/, Zugriff 27.8.2018
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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 27.8.2018
Bewegungsfreiheit
Verfassung und Gesetze garantieren Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Regierung schränkt diese Rechte in der Umsetzung ein. In Konfliktzonen ist die Bewegungsfreiheit für Staatsbürger, UN-Organisationen und humanitäre Organisationen eingeschränkt. Staatsbürger können sich außerhalb der Konfliktgebiete generell frei bewegen. Staatsbürger brauchen ein Ausreise-Visum, um das Land verlassen zu dürfen. Die Ausstellung verläuft in der Regel ohne Komplikationen, aber die Regierung verwendete weiterhin die Visumspflicht, um die Reisen einiger Bürger einzuschränken, insbesondere von Personen hinsichtlich derer politische oder Sicherheitsinteressen bestehen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Sudan, http://www.ecoi.net/local_link/306273/443549_de.html, Zugriff 11.12.2015
Grundversorgung
Die Versorgungslage ist in großen Teilen des Landes kritisch. Lediglich in der Hauptstadt Khartum existiert ein recht gutes Warenangebot. Über den Mindestbedarf zum Leben hinausgehende Güter sind aber auch hier für den Großteil der Bevölkerung kaum erschwinglich. In der Krisenregion Darfur versorgt die internationale Gemeinschaft im Rahmen humanitärer Hilfe über zwei Millionen Personen mit dem Nötigsten. Die staatliche Daseinsvorsorge ist hier völlig zusammengebrochen (AA 6.11.2017). Die Wirtschaft des Sudan ist durch die Landwirtschaft und die Erdölförderung geprägt. Nach der Abspaltung des Südens musste der Sudan auf 75% seiner Ölfelder verzichten und ist seitdem von einer tiefen wirtschaftlichen Krise erfasst, mit Inflationsraten von über 20%. In der Landwirtschaft des Sudan sind ca. 70% der erwerbsfähigen Bevölkerung, zumeist in Subsistenzwirtschaft, beschäftigt. Ackerbau wird im Land nur an den Ufern des Nils oder im Bewässerungsanbau betrieben. Nur in wenigen Gebieten der südlichen Landesteile ist Regenfeldbau möglich (GIZ 7.2018c). Wassermangel und Wüstenbildung sind charakteristisch für weite Landesteile des Sudan und hemmen die Entwicklung. Gleichzeitig verfügt das Land über reiche Bodenschätze, darunter Öl, Erze, Edelmetalle, insbesondere Gold, das Nilwasser und potenziell fruchtbares Ackerland (AA 12.2017).
Der Sudan gehört immer noch zu den ärmsten und höchst verschuldeten Ländern der Welt. Die Ernährungslage der Bevölkerung ist vielerorts besorgniserregend, insbesondere im Westen, Osten und Süden des Landes. Neben Konflikten führen auch Dürreperioden und Überschwemmungen immer wieder zu Hungerkatastrophen, die humanitäre Hilfe erfordern (AA 12.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 27.8.2018
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AA - Auswärtiges Amt (12.2017): Länderinformation, Sudan, Wirtschaft,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/-/203268, Zugriff 27.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (7.2018c): Wirtschaft und Entwicklung, http://liportal.giz.de/sudan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 27.8.2018
Rückkehr
Es gibt keine Kenntnis von einer etwaigen besonderen Behandlung der in den Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland hat bisher nicht zu staatlichen Repressionen geführt (AA 6.11.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-bericht-ueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 27.8.2018
1.2.2. Auf Basis des Social Institutions & Gender Index der OECD zum Sudan (OECD - Organisation for Economic Co-operation and Development: SIGI - Social Institutions & Gender Index 2019 - Sudan, Dezember 2018, abrufbar unter
https://www.genderindex.org/wp-content/uploads/files/datasheets/2019/SD.pdf (Zugriff am 17. April 2019)) können folgende Feststellungen getroffen werden.
Sudans Regierung wird von internationalen NGOs dafür kritisiert, Frauenrechte nicht ausreichend zu garantieren und eine Umgebung zu ermöglichen, in der Gewalt gegen Frauen nicht verfolgt wird. Frauen und Kinder gehören zu den verletzlichsten Gruppen im Sudan. Speziell alleinstehende oder geschiedene Frauen haben ein erhöhtes Risiko, Opfer von Gewalt zu werden. Häusliche Gewalt ist nicht verboten und erhalten betroffene Frauen auch von ihrer Umgebung meist nur unzureichende Unterstützung.
Auf Basis des "Muslim Personal Law Act" hat im Scheidungsfall eine Mutter eines Mädchens die Obsorge, bis dieses neun Jahre alt wird, im Falle eines Buben erhält sie automatisch die Obsorge, bis dieser sieben Jahre alt wird. Danach erfolgt eine gerichtliche Entscheidung "zum Besten des Kindes". Wenn die Frau wieder heiratet, erhält automatisch der Vater die Obsorge.
Weibliche Genitalverstümmelung soll angeblich mittels eines neuen Gesetzesvorschlages verboten werden; aktuell gehört der Sudan aber zu jenen Ländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung am weitesten verbreitet ist. Frauen, die dieses Ritual nicht vollzogen haben, stehen unter Druck, dies vor ihrer Eheschließung zu machen.
1.2.3. In der Beschwerde wurde zudem ein Bericht von Human Rights Watch Report 2019 (HRW - Human Rights Watch: World Report 2019 - Sudan, 17. Jänner 2019, abrufbar unter https://www.ecoi.net/de/dokument/2002194.html (Zugriff am 17. April 2019)) zitiert, wonach Regierungstruppen sexuelle Gewalt gegen Frauen gezielt einsetzen, insbesondere in Darfur. Insbesondere Bekleidungsvorschriften würden Frauen und Mädchen stark diskriminieren. Eine Eheschließung ist für Mädchen ab dem Alter von 10 Jahren möglich und ist Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar.
1.2.4. Aufgrund aktueller Medienberichte steht fest, dass Präsident Omar al-Bashir nach 30 Jahren an der Macht aufgrund anhaltender Proteste am 11.04.2019 abgesetzt wurde. Die Proteste hatten im Dezember 2018 wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation begonnen und waren teilweise gewaltsam niedergeschlagen worden. Eine interimistische Militärregierung unter Abdel Fattah Abdelrahman Burhan hat die Macht übernommen, doch konnten damit die Proteste nicht beendet werden. Der sofortige Übergang zu einer neuen zivilen Regierung wird gefordert. Die Sicherheitslage bleibt instabil.
Quellen:
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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Sudan Defense Minister:
Longtime Leader Detained, Army Seizes Power, 11. April 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006476.html (Zugriff am 17. April 2019)
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HRW - Human Rights Watch: Sudan: With al-Bashir Ouster, End Authoritarianism, 11. April 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006415.html (Zugriff am 17. April 2019)