Entscheidungsdatum
23.04.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W242 2194251-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch den RA DR. Thomas Loos, Schönauerstraße 7, 4400 Steyr, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger der Islamischen Republik Pakistan, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid vom 01.03.2018, zugestellt am 09.03.2018 durch Hinterlegung, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und erklärte, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei.
Der Beschwerdeführer erhob, vertreten durch seinen ausgewiesenen Vertreter, gegen den Bescheid am 11.04.2018 Beschwerde.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , GZ: XXXX wurde die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwgVG iVm § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde dazu angeführt, dass die Beschwerdefrist von vier Wochen mit Ablauf des 06.04.2018 abgelaufen sei und daher die am 11.04.2018 eingebrachte Beschwerde verspätet sei.
Der Beschwerdeführer brachte am 05.06.2018 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Begründend brachte der Beschwerdeführer dazu vor, dass es zu einem Missverständnis aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter gekommen sei, weswegen der Rechtsvertreter von einem falschen Fristlauf ausgegangen sei. Außerdem legte der Beschwerdeführer die verspätete Beschwerde erneut vor.
Mit Schreiben von 09.11.2018 brachte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Wiedereinsetzungsantrages ein.
Mit dem gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen und dem Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Begründend wurde vorgebracht, dass die vom Rechtsvertreter vorgebrachten Verständigungsschwierigkeiten mit dem Beschwerdeführer kein geeignetes Ereignis darstellen würde, um dem Antrag stattzugeben. Es würde sich dabei weder um ein unvorhergesehenes unabwendbares Ereignis noch um minderen Grad des Versehens handeln. Da der Beschwerdeführer über einen berufsmäßigen Parteienvertreter verfüge, wäre es diesem zumutbar gewesen, sich nach dem eigentlichen Zustelldatum des Bescheides zu erkunden und sei der Antrag auf Wiedereinsetzung daher abzuweisen gewesen.
Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 16.11.2018 eine Stellungnahme ein in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass er unbescholten sei und selbst für seinen Unterhalt aufkommen würde. Er sei Angehöriger der Volksgruppe Punjabi und Anhänger der XXXX -Gruppe. Eine Abschiebung nach Pakistan würde daher den Beschwerdeführer an Leib und Leben gefährden. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Religionszugehörigkeit in seinem Heimatstaat einer Verfolgung ausgesetzt. Die Lage hätte sich in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert und sei der stärker werdende Extremismus in seinem Heimatland Ursache für die mittlerweile herrschende Progromstimmung gegenüber den Ahmadis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verfahrensaktes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:
BFA-VG
§ 16. (1) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes beträgt in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 7 zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. § 7 Abs. 4 erster Satz Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 ist, sofern es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, diesfalls nicht anwendbar.
VwGVG
§ 7. (1) Gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren ist eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie können erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.
(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
(3) Ist der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,
2. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,
3. in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung,
4. in den Fällen des Art. 132 Abs. 4 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem die Schulbehörde, an die die Weisung gerichtet ist, von dieser Kenntnis erlangt hat, und
5. in den Fällen des Art. 132 Abs. 5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat, beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.
Soweit der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in der Beschwerde vorbringt, dass die Verspätung lediglich auf einem minderen Grad des Versehens beruht, ist anzumerken, dass der Rechtsvertreter in der Beschwerde weiter ausführt, dass der Beschwerdeführer angab, sich an das Zustelldatum nicht zu erinnern, er sich aber sicher sei, dass er den Bescheid am "letzten Freitag" direkt vom Briefträger bekommen hätte. Diese Annahme hätte sich in weiterer Folge als Missverständnis herausgestellt, welches (rückblickend) offenbar auf die Mischung aus Deutsch, Englisch und Punjabi zurückzuführen sei, welche bei der Besprechung verwendet worden sei. Bei der Besprechung selbst sei jedoch dieses Missverständnis nicht aufgekommen.
Der Verwaltungsgerichtshof führt regelmäßig aus, dass insbesondere der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten muss, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u.a. dafür Sorge zu tragen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl zB VwGH vom 29. April 2011, 2011/02/0111, mwN).
Der Wiedereinsetzung schadet ein solches Versagen dann nicht, wenn dem Rechtsanwalt nur ein minderer Grad des Versehens vorgeworfen werden kann. Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (vgl zB VwGH vom 15. Juni 2010, 2010/22/0078, mwN).
Liegt ein minderer Grad des Versehens im Sinne leichter Fahrlässigkeit nach § 1332 ABGB vor, so schließt dies eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aus. Leichte Fahrlässigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. An rechtskundige Parteienvertreter ist hiebei ein strengerer Maßstab anzulegen als an am Verfahren beteiligte, rechtsunkundige Parteien.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten. Für diesen gilt ein strengerer Maßstab für die Einhaltung von Terminen und Fristen und unterliegt dieser auch aufgrund seiner beruflichen Qualifikationen einer besonderen Sorgfaltspflicht.
Vor diesem Hintergrund kann dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgeht, dass im Verhalten des Vertreters des Beschwerdeführers kein leicht fahrlässiges Handeln erkennen zu können.
Für den Vertreter muss nach seinen Ausführungen erkennbar gewesen sein, dass es in Bezug auf den Zustellzeitpunkt Unklarheiten sowie Unsicherheiten gab und dass Verständigungsschwierigkeiten bestanden. Ein Rechtsvertreter kann nach Ansicht des Gerichtes unter den gegebenen Bedingungen nicht auf die Feststellung des genauen Zustellzeitpunktes verzichten. Ein Gegenteiliges Verhalten muss als ein den minderen Grad des Versehens überschreitende auffallende Sorglosigkeit im Sinne der oben angeführten Judikatur betrachtet werden.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Aufgrund der gegenständlichen Entscheidung kann eine Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde unterbleiben.
Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall, Fristversäumung, Rechtsmittelfrist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W242.2194251.3.00Zuletzt aktualisiert am
08.10.2019