TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/24 L506 2188939-2

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Veröffentlicht am 24.04.2019
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Entscheidungsdatum

24.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L506 2188939-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriel über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019, Zl. XXXX , Regionaldirektion Wien, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein iranischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 17.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nach Durchführung einer Einvernahme mit Bescheid vom 06.02.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 24/2016 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab (Spruchpunkt II.)

Weiters erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit., erließ ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit. die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den obzitierten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit Schriftsatz vom 06.03.2018 fristgerecht Beschwerde, die beim Bundesverwaltungsgericht zu GZ L506 2188939-1 protokolliert wurde.

4. Mit Protokolls- und Urteilsvermerk des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 20.03.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2a, zweiter Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt und wurde gem. § 43a Abs. 3 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Monaten unter einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019 erfolgte eine Abänderung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2018 (sic) nach § 68 Abs. 2 AVG. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ dabei gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (Spruchpunkt I.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung in die Islamische Republik Iran gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt II.). Weiters erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem BF gegenüber gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III). Zudem erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.). Schließlich hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass im Fall des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehen würde (Spruchpunkt V.).

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019 fristgerecht Beschwerde, die dem Bundesverwaltungsgericht am 18.04.2019 vorgelegt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 17.02.2016 mit Bescheid vom 06.02.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ ihm gegenüber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fristgerecht Beschwerde, die beim Bundesverwaltungsgericht zur Zl. L506 2188939-1 protokolliert wurde. Das Bundesverwaltungsgericht erließ bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt keine Entscheidung in diesem Beschwerdeverfahren.

Mit Protokolls- und Urteilsvermerk des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 20.03.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2a, zweiter Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt und wurde gem. § 43a Abs. 3 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 Monaten unter einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019 erfolgte eine Abänderung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2018 (Anm.: im Spruch des verfahrensgegenständlichen Bescheides fälschlicherweise 12.12.2018) nach § 68 Abs. 2 AVG. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ dabei dem Beschwerdeführer gegenüber abermals eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Weiters erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ihm gegenüber ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot, erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab und hielt fest, dass im Fall des Beschwerdeführers keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehen würde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, zum Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2017 sowie zu der dagegen erhobenen - beim Bundesverwaltungsgericht protokollierten Beschwerde und zu dem beim Bundesverwaltungsgericht dahingehend anhängigen Beschwerdeverfahren ergeben sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

2.2. Die Feststellungen zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers folgen aus dem im erstinstanzlichen Verwaltungsakt dieses Verfahrens einliegenden und dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Protokolls- und Urteilsvermerk des LG für Strafsachen

XXXX .

2.3. Die Feststellungen zum Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2019 sowie zu der gegen diesen erhobenen Beschwerde ergeben sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Nach § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 22/2018, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Stattgabe der - zulässigen - Beschwerde und ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides:

3.1. § 68 AVG lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Abschnitt: Sonstige Abänderung von Bescheiden

Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68. (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) - (7) [...]"

3.2. Zunächst ist festzuhalten, dass es Ziel und Zweck der Regelung des § 68 AVG ist, die Bestandskraft von Bescheiden zu schützen, oder anders ausgedrückt, eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheides durch die Verwaltungsbehörde, insbesondere der im Spruch des Bescheides getroffenen normativen Anordnung, außerhalb des Rechtsmittelverfahrens nur unter bestimmten, vom Gesetz eng begrenzten Voraussetzungen zuzulassen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, Wien 2018, § 68, RZ 1, mit Literaturhinweis).

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt nach herrschender Auffassung gemäß seinem Abs. 1 weiterhin, daran hat die AVG-Novelle BGBl. I Nr. 2013/33 nichts geändert, das Vorliegen eines "der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides" voraus. Mit "Berufung" sind alle ordentlichen Rechtsmittel iSd AVG gemeint. Die bis zur Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit herrschende Auffassung in Judikatur und Lehre ging davon aus, dass der Bescheid damit in formeller Rechtskraft erwachsen ist. Seit der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nun unter formeller Rechtskraft die Unanfechtbarkeit des Bescheides nicht nur mit ordentlichen Rechtsmitteln iSd AVG, sondern auch mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu verstehen. § 68 leg.cit. stellt nicht auf die formelle Rechtskraft von Bescheiden ab, sondern macht seine Anwendbarkeit ausschließlich davon abhängig, dass der Bescheid der Berufung (gemeint sind alle im AVG geregelten ordentlichen Rechtsmittel) nicht oder nicht mehr unterliegt. Bescheide, die noch mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpft werden können (und gegen die ein im AVG vorgesehenes ordentliches Rechtsmittel iSd § 68 Abs. 1 leg.cit. nicht mehr zur Verfügung steht), können jedoch gemäß § 68 leg.cit. von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit sowie die Anhängigkeit einer zulässigen Beschwerde beim Verwaltungsgericht der Anwendung des § 68 leg.cit. nicht entgegenstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, Wien 2018, § 68, RZ 5, 6, 8 und 9, mit mehreren Hinweisen auf Literatur und Judikatur).

Nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 AVG käme eine amtswegige Aufhebung oder Abänderung von der Berufung nicht (mehr) unterliegenden Bescheiden nach § 68 Abs. 2 leg.cit. nur für rein belastende Bescheide, eben solche, "aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist", in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt allerdings in ständiger Rechtsprechung über den Wortlaut des § 68 Abs 2. leg.cit. hinausgehend die Auffassung, dass es letztendlich nicht darauf ankommt, ob der abzuändernde Bescheid selbst begünstigende oder belastende Wirkung hat. Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 2 leg.cit. ist der Effekt der Aufhebung oder Abänderung. Wirkt sie zugunsten der Partei(en), ist sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht nach § 68 Abs 2 leg.cit. stets zulässig, gleichgültig, ob der Partei aus dem Bescheid ein Recht erwachsen ist oder nicht. Belastende Abänderungen von der Berufung nicht (mehr) unterliegenden Bescheiden können aber nicht auf § 68 Abs. 2 leg.cit. gestützt werden (vgl. VwGH 27.05.2014, 2011/10/0197), auch dann nicht, wenn es sich um Bescheide handelt, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist. Im Ergebnis vertritt der Verwaltungsgerichtshof also den Standpunkt, dass es unmaßgeblich ist, ob es sich um einen begünstigenden oder belastenden Bescheid handelt, die Behörde aber von der ihr in § 68 Abs. 2 leg.cit. eingeräumten Möglichkeit nur dann Gebrauch machen darf, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist, weshalb eine Vorgangsweise, durch welche die Rechtslage - nicht sonstige Umstände - ungünstiger als durch den ursprünglichen, aufgehobenen oder abgeänderten Bescheid gestaltet wird, nicht auf § 68 Abs. 2 leg.cit. gestützt werden kann (s. Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, Wien 2018, § 68, RZ 81 und 84, mit weiteren Judikaturhinweisen unter Anführung von Literatur).

3.3. Mit dem angefochtenen, auf § 68 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid vom 10.04.2019 änderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den zunächst erlassenen Bescheid vom 06.02.2018, gegen den derzeit eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anhängig ist, dahingehend ab, dass gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde und dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Nach den oben getätigten Ausführungen steht zwar die Anhängigkeit einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht der Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG in Form einer Abänderung des zunächst erlassenen Bescheides durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegen, jedoch ist eine Abänderung des zunächst erlassenen Bescheides, die zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung für den Betroffenen führt, nicht zulässig. Da mit dem Ausspruch der Erlassung des auf 10 Jahre befristeten Einreiseverbotes und dem Ausspruch des Nichtbestehens einer Frist für die freiwillige Ausreise unzweifelhaft eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Beschwerdeführers einhergeht, hätte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den angefochtenen Bescheid nicht erlassen dürfen. Dieser Bescheid ist daher vom Bundesverwaltungsgericht ersatzlos zu beheben.

3.4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.5. Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses ist auf den in der Beschwerde erfolgten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht einzugehen.

3.6. Insofern in der Beschwerde Ausführungen zur absoluten Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides gemacht werden, sodass die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides zurückzuweisen wäre, ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall keine solche absolute Nichtigkeit (absolute Nichtigkeitsgründe wären zB die mangelnde Behördenqualität bzw. Nichterkennbarkeit der bescheiderlassenden Stelle, mangelnde Ermächtigung der den Akt genehmigenden Person, Fehlen des Namens des Genehmigenden, Fehlen einer ordnungsgemäßen Fertigung iSd § 18 Abs. 4 AVG, Fehlen eines normativen Gehalts (Spruch) des Aktes, Fehlen eines Adressaten; vgl. dazu Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht 10 (2014) RZ 440) zu erkennen ist, sondern seitens der Behörde ein mit einem berichtigungsfähigen Fehler belasteter Bescheid erlassen wurde.

Der Vollständigkeit halber wird dazu ferner festgehalten, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar auf ein falsches Bescheiddatum, eine falsche Geschäftszahl und auf unzutreffende Spruchpunkte bezuggenommen wurde, jedoch beruhen diese Fehler auf einem offenkundigen Versehen, da der Bescheidbegründung deutlich entnommen worden kann, auf welchen Bescheid sich das BFA tatsächlich bezog.

Eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Gedanke, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergegeben wurde, wenn also die zu berichtigende Entscheidung dem Willen der Behörde offenbar so nicht entsprochen hat, sondern sich diese deutlich erkennbar (bloß) im Ausdruck vergriffen hat. Es muss nicht nur klar erkennbar sein, dass der Behörde ein Fehler unterlaufen ist, sondern auch, welchen Inhalt der Bescheid nach ihrem Willen haben sollte. Bei der Klärung der Frage, ob eine Unrichtigkeit klar erkennbar ist, kommt es letztlich auch auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile sowie auf den Akteninhalt an (VwGH 21.02.2013, Zahl: 2011/06/0161).

Richtigerweise hätte der Spruch zu lauten gehabt wie folgt: ‚Gemäß § 68 Abs. 2 AVG wird der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2018, GZ XXXX , betreffend der Spruchpunkte III. und IV. von Amts wegen aufgehoben', was sich auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt. Aufgrund der nunmehrigen ersatzlosen Behebung des behördlichen Bescheides durch das BVwG war die Notwendigkeit einer hg. Korrektur des Spruches jedoch nicht gegeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, Bescheidabänderung, Einreiseverbot, ersatzlose
Behebung, formelle Rechtskraft, freiwillige Ausreise, Frist,
Gefährdung der Sicherheit, Kassation, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Rechtskraft der Entscheidung,
Rechtskraftwirkung, Rechtsstellung, Straffälligkeit, strafrechtliche
Verurteilung, Suchtmitteldelikt, Unabänderlichkeit, Verschlechterung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L506.2188939.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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