Entscheidungsdatum
25.04.2019Norm
AVG §68 Abs2Spruch
I412 2142541-1/5E
I412 2142541-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, gegen die Bescheide des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BAG) vom jeweils 15.11.2016, Zlen. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I) In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid Zl. XXXXersatzlos
behoben.
II) Die Beschwerde gegen den Bescheid Zl. XXXX wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 1997 illegal ins österreichische Staatsgebiet ein und stellte unter dem Namen XXXX StA. Sierra Leone, am 30.10.1997 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des UBAS vom 08.06.1998 letztlich negativ entschieden wurde.
Am 01.07.1999 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig vom Landesgericht XXXX, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten gemäß § 178 StGB verurteilt.
Aufgrund dessen wurde gegen den Beschwerdeführer von der BPD XXXX am 06.07.1999, Zl. XXXX, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gemäß dem damaligen § 36 Abs 1 Z 1 und 2, Abs 2 Z 1 Fremdengesetz 1997 erlassen.
Am 13.08.1999 wurde der Beschwerdeführer bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen. ein Heimreisezertifikat konnte aufgrund der Angabe einer falschen Identität nicht erlangt werden. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und beging weitere
Straftaten:
Er wurde vom Landesgericht XXXX wie folgt rechtskräftig verurteilt:
-am 07.05.2003 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren wegen neuerlicher vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertagbare Krankheiten, gefährlicher Drohung, Körperverletzung, versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwerem gewerbsmäßigem Betruges. Zudem wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widerrufen.
-am 30.09.2005 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten wegen gefährlicher Drohung.
-am 01.04.2006 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten wegen gefährlicher Drohung und schwerer Sachbeschädigung.
Vom Landesgericht XXXX wurde er außerdem am 07.12.2006 (Zusatzstrafe zur Verurteilung des LG XXXX am 01.04.2006) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten wegen gefährlicher Drohung, versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt, absichtlicher schwerer Körperverletzung, schwerer Sachbeschädigung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Aus der Anstaltsunterbringung wurde er am 18.11.2013 bedingt entlassen.
Mit Eingabe vom 13.05.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer Karte für Geduldete. Seit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sei keine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen ihn durchgesetzt worden, über ein Reisedokument verfüge er nicht. Er sei durch seine HIV-Infektion auf dauernde Medikation angewiesen und habe sich sein Gesundheitszustand seit der Entlassung aus der JA verschlechtert. Aus den genannten Gründen sei es ihm unmöglich, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren und sei ihm dieser Umstand auch nicht vorwerfbar.
In einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit bekannt. Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, keine Medikamente einzunehmen, da er nicht krankenversichert sei. Ein gültiges Reisedokument konnte vorgelegt werden.
Da nunmehr die Staatsangehörigkeit feststand, wurde dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria übermittelt und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, von der er nicht Gebrauch machte. Kurz darauf wurde der Beschwerdeführer neuerlich festgenommen und am 23.08.2016 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX rechtskräftig zu einer weiteren Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und sechs Monaten wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruch und dauernder Sachentziehung verurteilt.
Die belangte Behörde erließ am 15.11.2016 die im Spruch angeführten Bescheide. Im Bescheid Zl. XXXX änderte sie das "mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 21.04.2010, Zl. XXXX, über Sie verhängte unbefristete Aufenthaltsverbot" "aufgrund der Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 38/2011, gemäß § 53 Abs. 3 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz idgF. iVm. § 68 Abs. 2 AVG von Amtswegen auf die Dauer von 10 Jahren (Einreiseverbot)" ab.
Mit Bescheid Z. XXXX wies die belangte Behörde den Antrag vom 13.05.2014 auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a FPG ab.
Beide Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 18.11.2016 zugestellt. Die am 06.12.2016 eingelangte Eingabe ist sohin rechtzeitig und bezieht sich die Beschwerde auf beide Bescheide. Die Zeit in Österreich ohne Aufenthaltserlaubnis und im Gefängnis seien für ihn sehr schmerzhaft gewesen und wolle er sich wieder eine Existenz aufbauen. Er bemühe sich um Arbeit und sei er als Verkäufer einer Straßenzeitung eingetragen. Er könne auch als Elektriker arbeiten und wolle die Chance ergreifen, sich in Österreich endlich auf legale Art und Weise zu verfestigen. In Nigeria habe er alles verloren, auch leben keine Familienangehörigen mehr dort.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Pkt. I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigeria und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht fest.
Den Antrag auf internationalen Schutz und auch gegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete stellte er unter einer Aliasidentität. Seine wahre Identität klärte er erst im Jahr 2015 auf.
Gegen den Beschwerdeführer besteht seit 06.07.1999 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nach.
In Österreich wurde er sechs Mal wegen zahlreicher Delinquenzen strafgerichtlich verurteilt, insgesamt zu sieben Jahren und acht Monaten unbedingter Freiheitsstrafe. Seit seiner letzten Entlassung aus der Justizanstalt hat der Beschwerdeführer keinen festen Wohnsitz mehr in Österreich und verfügt seit 03.10.2017 über eine Obdachlosenadresse in XXXX.
Beim Beschwerdeführer besteht eine HIV-Infektion und ist eine Dauermedikation empfohlen. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers schließt seine Arbeitsfähigkeit nicht aus.
Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt in Nigeria als Elektriker und sammelte auch Arbeitserfahrungen in der Landwirtschaft. Er spricht Englisch und Deutsch. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären und familienartigen Beziehungen und besteht kein schützenswertes Privat- und Familienleben.
Angesichts des Vorbringens der HIV-Erkrankung wird auf die Situation von HIV-Infizierten in Nigeria Bezug genommen:
Nigeria hat die zweitgrößte HIV-Epidemie der Welt (NACA 2015; vgl. UNAIDS 10.2.2016). Für das Jahr 2015 schätzt UNAIDS, dass etwa 3,5 Millionen (2,6-4,5 Millionen) Menschen mit HIV in Nigeria leben. Davon sind etwa 1,9 Millionen (1,4-2,4 Millionen) Frauen im Alter ab 15 Jahren an HIV erkrankt. Die Anzahl der Kinder im Alter bis 14 Jahren wird auf 260.000 (190.000 bis 360.000) geschätzt (UNAIDS 2015).
Es wird geschätzt, dass im Jahr 2014 etwa 1.665.403 HIV-erkrankte Menschen antiretrovirale Medikamente (ARV) benötigten. Die Anzahl der an HIV erkrankten schwangeren Frauen, die ARV-Prophylaxen bekamen, um die Mutter-Kind-Übertragung von HIV zu verhindern, stieg von 57.871 im Jahr 2013 auf 63.350 im Jahr 2014 (NACA 2015). Laut UNAIDS wurden bis März 2017 1.336.383 Menschen mit HIV und Aids für Behandlungen eingeschrieben. Der UNAIDS Landesdirektor berichtet, dass Nigeria diesen Fortschritt erreichen konnten, da sie eine "Testen und Behandeln Strategie" eingeführt haben. Menschen, die einen positiven Test haben, werden sofort behandelt unabhängig ihrer CD4Werte (DP 1.6.2017). Medikamente gegen HIV/Aids können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben (ÖBA 9.2016).
Laut jüngsten Schätzungen sinkt die Zahl der Neuinfektionen stetig. Im Jahr 2012 waren es 253.506 Neuinfektionen während die Anzahl im Jahr 2014 auf 227.518 sank. Im Jahr 2014 gab es 174.253 AIDS-bedingte Todesfälle (NACA 2015).
Die internationale Organisation AVERT führt vielfältige Kampagnen zur Steigerung der öffentlichen Aufmerksamkeit, Aufklärung und Prävention durch. Zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung von HIV-AIDS wurde 2002 von Seiten der Regierung die National Agency for the Control of HIV/AIDS (NACA) gegründet (GIZ 7.2017b). NACA ist für die Umsetzung des nationalen HIV/AIDS Programms zuständig. Sie koordiniert und kontrolliert die Aktivitäten auf der Ebene der Bundesstaaten und LGAs. Das Programm zielt einerseits auf Aufklärung und Prävention und anderseits auf die Behandlung von HIV/AIDS (SF 26.3.2014; vgl. NACA 2015). Laut NACA gibt es in Nigeria im Jahr 2014 1.047 Zentren (im Jahr 2013 waren es 820), in denen antiretrovirale Behandlung angeboten wird (NACA 2015). Im Jahr 2014 gab es 8.114 HIV-Test- und Beratungszentren in Nigeria (NACA 7.2015). Im Bundesstaat Lagos gab es im Jahr 2013 laut MedCOI 57 kostenlose HIV-Test- und Beratungszentren (UKHO 5.2015).
Für 2016 bis 2020 gibt es von NACA eine eigene Strategie für Jugendliche und junge Erwachsene, nämlich die National HIV Strategy for Adolescents and Young People 2016-2020. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Anzahl neuer HIV-Infektionen unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Nigeria zu verringern (UNESCO o. D.; vgl. NACA 2016).
Personen mit HIV/AIDS verlieren oft ihre Jobs oder es wird ihnen Gesundheitsversorgung verweigert (USDOS 3.3.2017). Der damalige Präsident, Goodluck Jonathan, unterzeichnete 2014 ein neues Gesetz, das Menschen mit HIV und AIDS vor Diskriminierungen schützen soll. Laut dem HIV/AIDS Anti-Discrimination Act 2014 ist es illegal, Menschen aufgrund ihrer Infektion zu diskriminieren. Arbeitgebern, Einzelpersonen oder Organisationen ist es untersagt, einen HIV-Test als Voraussetzung für eine Anstellung oder Zugriff auf Dienste zu fordern (UNAIDS 11.2.2015).
Quellen:
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DAH - Deutsche AIDS-Hilfe (11.4.2014): Nigeria: Keine Diskriminierung von HIV-Positiven, aber hohe Strafen für Homosexuelle,
http://www.aidshilfe.de/de/aktuelles/meldungen/nigeria-keine-diskriminierung-von-hiv-positiven-aber-hohe-strafen-fuer-homosexue, Zugriff 26.6.2017
-
DP - Daily Post (1.6.2017): Nigeria enrolls 1.3m HIV/AIDS victims on antiretroviral drugs in first quarter of 2017 - UNAIDS, http://dailypost.ng/2017/06/01/nigeria-enrolls-1-3m-hivaids-victims-antiretroviral-drugs-first-quarter-2017-unaids/, Zugriff 26.6.2017
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 2.8.2017
-
NACA - National Agency for the Control of AIDS (2016): National HIV Strategy for Ado-lescents and Young People 2016-2020, http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_protect/---protrav/---ilo_aids/documents/legaldocument/wcms_532857.pdf, Zugriff 2.8.2017
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NACA - National Agency for the Control of AIDS (2015): Federal Republic of Nigeria, Global AIDS Response, Country Progress Report, Nigeria GARPR2015,
http://www.unaids.org/sites/default/files/country/documents/NGA_narrative_report_2015.pdf, Zugriff 26.6.2017
-
NACA - National Agency for the Control of AIDS (7.2015):
End-Of-Term Desk Review Report Of The 2010 -2015 National Hiv/Aids Strategic Plan,
http://naca.gov.ng/wordpress/wp-content/uploads/2016/11/NSP-2010-2015-end-term-desk-review-report_0.pdf, Zugriff 26.6.2017
-
ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria
-
SF - Schweizerische Flüchtlingshilfe (26.3.2014): Nigeria:
Behandlung von HIV/Aids,
https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/nigeria/nigeria-behandlung-von-hiv-aids.pdf, Zugriff 26.6.2017
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UKHO - UK Home Office (5.2015): Country Information; Nigeria:
Medical and Healthcare issues,
https://www.medcoi.eu/Source/Detail/8106, Zugriff 26.6.2017
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UNAIDS (2015): HIV and AIDS estimates (2015), http://www.unaids.org/en/regionscountries/countries/nigeria/, Zugriff 26.6.2017
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UNAIDS (11.2.2015): Nigeria passes law to stop discrimination related to HIV,
http://www.unaids.org/en/resources/presscentre/featurestories/2015/february/20150211_nigeria_law, Zugriff 26.6.2017
-
UNAIDS (10.2.2016): Investing in the AIDS response in Nigeria, http://www.unaids.org/en/resources/presscentre/featurestories/2016/february/20160210_Nigeria, Zugriff 26.6.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den umfangreichen Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Der Verwaltungsakt umfasst neben den Teilen des BFA auch sämtliche Aktenteile des vormaligen Bundesasylamtes, der Bundespolizeidirektionen und der fremden- sowie kriminalpolizeilichen Abteilungen.
Ergänzend wurden Auszüge aus dem Strafregister der Republik Österreich, des Betreuungsinformationssystems, des Zentralen Fremdenregisters und des Zentralen Melderegisters eingeholt.
Der festgestellte und unbestrittene Sachverhalt ergibt sich aus dem umfangreichen Verwaltungsakt der belangten Behörde. Ersichtlich sind daraus das unbefristete Aufenthaltsverbot der BPD XXXX vom 06.07.1999, das Auftreten des Beschwerdeführers unter einer Aliasidentität, das abgeschlossene Asylverfahren und die strafgerichtlichen Urteilsausfertigungen. Feststellungen zu den rechtskräftigen Verurteilungen und der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher konnten auch durch Einsicht in das Strafregister der Republik getroffen werden.
Aus dem Zentralen Fremdenregister ergibt sich die Echtheit und fortwährende zeitliche Gültigkeit des vorgelegten nigerianischen Reisedokumentes. Durch Vorlage des identitätsbezeugenden Dokumentes steht auch die Staatsangehörigkeit ohne Zweifel fest.
Feststellungen zum bisherigen und aktuellen obdachlosen Aufenthalt im Bundesgebiet konnten aufgrund der Wohnsitzmeldungen im ZMR nachvollzogen werden.
Die HIV-Infektion und die empfohlene Dauermedikation ergibt sich aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen datiert mit 08.05.2014 bzw. 15.01.2015. Nach eigenen Angaben, auch im Beschwerdeschriftsatz, ist der Beschwerdeführer gewillt, sich durch Annahme einer Tätigkeit seine Existenz zu sichern. Neben der Arbeitswilligkeit ist durch die Eintragung als Verkäufer einer Straßenzeitung auch von seiner Arbeitsfähigkeit auszugehen. Seine HIV-Infektion steht einer Arbeitsaufnahme aus gesundheitlicher Sicht somit nicht im Wege.
Die Feststellungen zu seinen Sprachkenntnissen resultieren aus den bisherigen Verfahren, welche durch Beiziehung eines Dolmetschers in englischer Sprache abgehalten wurde. Zuletzt konnte sich der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde in deutscher Sprache derart gut verständigen, dass kein Dolmetscher notwendig war und konnte der unvertretene Beschwerdeführer seinen Beschwerdeschriftsatz verständlich in deutscher Sprache verfassen.
Sprachzeugnisse oder sonstige Unterlagen, die seine Integration belegen könnten, brachte er allerdings nicht in Vorlage. Außer zu Justizwachepersonal und Mithäftlingen hat der Beschwerdeführer keine maßgeblichen Kontakte oder Beziehungen in Österreich vorzuweisen. Er hat in Österreich weder Familienangehörige, noch sonstige enge Bindungen aufzuweisen. Angesichts der langjährigen Aufenthalte in Justizanstalten bzw. im Maßnahmenvollzug kann nicht von einem schützenswerten Privatleben gesprochen werden, zumal sich seine privaten Interessen bisher nur in schwerwiegenden Delinquenzen unterschiedlichster Art und einer Obdachlosenmeldung äußern. Auch der Bedarf an Medikamenten zur Behandlung seiner HIV-Erkrankung begründet kein schützenswertes Privatleben, weil derartige Medikamente in seinem Herkunftsstaat vorhanden und zugänglich sind. Es liegt jedenfalls keine solche Gesundheitsbeeinträchtigung vor, die im Herkunftsstaat nicht behandelt werden könnte.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat und zur Behandlung von HIV gründet sich auf einen Auszug aus dem aktuellen Länderinformationsblatt für Nigeria. Das LIB setzt sich aus unterschiedlichen staatlichen und nichtstaatlichen Nachrichtenquellen zusammen und bildet so die Situation möglichst umfassend und neutral ab. Für die erkennende Richterin ergibt sich daraus ein nachvollziehbares Bild im Herkunftsstaat und wurde diese Passage des LIB samt Quellenangabe der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu I) Behebung des Bescheides Zl. XXXX:
3.1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im Spruch ein Aufenthaltsverbot anführt, das in keinerlei Zusammenhang mit dem gegenständlichen Beschwerdefall steht und gegenüber dem Beschwerdeführer nicht erlassen wurde. Aus der Bescheidbegründung ergibt sich aber, dass damit das Aufenthaltsverbot der BPD XXXX vom 06.07.1999, Zl. XXXX, gemeint ist und handelt es sich wohl um einen Abschreibfehler beim Verwenden von vorgefertigten Textbausteinen.
3.1.2. § 68 Abs 2 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idF BGBl. I. Nr. 58/2018, lautet:
"(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden."
§ 125 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 56/2018, lautet (soweit im hier gegebenen Zusammenhang relevant):
"(3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Besteht gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot.
[ ]
(16) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.
(25) Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 bleiben bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet aufrecht. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Rückkehrverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben oder für gegenstandslos erklärt werden. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten. [ ]"
§ 125 Abs 25 FPG wurde mit dem Gesetz BGBl. I Nr. 2013/68 eingefügt:
Die EBRV führen zu dieser Bestimmung aus: "Der vorgeschlagene Abs 25 beinhaltet Regelungen, dass bereits vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch nach diesem Zeitpunkt ihre Gültigkeit behalten. So bleiben Ausweisungen gemäß § 62 nach alter Rechtslage bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht. Rückkehrverbote, Aufenthaltsverbote oder Einreiseverbote bleiben bis zum von der Behörde festgesetzten Zeitpunkt gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 aufgehoben, verkürzt oder für gegenstandslos erklärt werden." (EBRV 2144 BlgNR XXIV. GP, 25).
§ 69 Abs. 2 FPG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
"(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind."
3.1.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 10.04.2014, 2011/22/0333, ausgesprochen hat, bleiben nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 16 FPG vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (das war der 01.07.2011) erlassene Aufenthaltsverbote oder Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig. Es bestünden, so der Verwaltungsgerichtshof, keine Zweifel daran, dass von dieser Bestimmung sämtliche - auch unbefristete - Aufenthalts- bzw. Rückkehrverbote nach § 60 bzw. § 62 FPG in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 erfasst sind (Hinweis auf VwGH 11.06.2013, 2012/21/0142). Alte Aufenthaltsverbote nach § 125 Abs. 16 FPG gelten als solche weiter; von einer Überleitung in das neue Recht sei dabei nicht die Rede (Hinweis auf VwGH 28.08.2012, 2012/21/0159, wonach solche Aufenthaltsverbote - auch wenn der Fremde bei seiner Erlassung keinen Aufenthaltstitel innehatte - nicht in Rückkehrentscheidungen samt Einreiseverbot nach der neuen Rechtslage umgedeutet werden können). Somit sei auf solche alten Aufenthaltsverbote § 69 Abs. 2 FPG anzuwenden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in genanntem Erkenntnis daran anknüpfend weiter ausführte, ist gemäß § 69 Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme zu berücksichtigen (Hinweis auf VwGH 07.11.2012, 2012/18/0052, mwN und VwGH 16.05.2013, 2011/21/0272). Da allerdings eine Verkürzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG nicht in Betracht komme, sei dem Umstand, dass auf Grund der geänderten Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Mitbeteiligten erlassen werden dürfte, in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Aufenthaltsverbot (von Amts wegen oder auch auf Antrag) aufzuheben ist, sofern nicht zuvor das Vorliegen einer Gefährdung wegfällt oder aus sonstigen Gründen die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nicht mehr zulässig ist (Hinweis auf VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267).
Diese Vorjudikatur bestätigte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0143: Dem Umstand, dass auf Grund der geänderten Rechtslage kein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen werden dürfte, sei zwingend (also ohne dass im vorliegenden Fall auf nach der Verhängung der Maßnahme eingetretene und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechende Gründe Bedacht genommen werden dürfe) in der Form nachzukommen, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Aufenthaltsverbot (hier: über Antrag des Revisionswerbers) aufzuheben sei (Hinweis auf VwGH 24.01.2012, 2011/18/0267, und VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333).
3.1.4. Das gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 06.07.1999 erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 36 Fremdengesetz 1997 galt bei In-Kraft-Treten des FPG 2005, BGBl. 100/2005, gemäß der damals geltenden Übergangsbestimmung des § 125 Abs 3 FPG als ein nach diesem Bundesgesetz erlassenes Aufenthaltsverbot mit derselben Gültigkeitsdauer.
Der damalige § 36 Fremdengesetz wurde wortgleich als § 60 ins neu geschaffene FPG übernommen und galt das Aufenthaltsverbot nunmehr als ein gemäß § 60 FPG erlassenes Aufenthaltsverbot unbefristet weiter.
Es galt somit nach § 60 Abs FPG in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 als Aufenthaltsverbot. Somit ist vorliegend gemäß § 125 Abs 25 FPG der § 69 Abs 2 FPG in der oben angeführten Fassung anzuwenden (vgl. wiederum VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333).
3.1.5. Vor diesem Hintergrund erweist sich die amtswegige, auf § 68 Abs. 2 AVG gestützte (nachträgliche) Befristung bzw. Verkürzung des gegen den Beschwerdeführer erlassenden unbefristeten Rückkehrverbotes (Aufenthaltsverbotes) als rechtswidrig. Denn auf § 68 Abs. 2 AVG gestützte Entscheidungen müssen in materiell-rechtlicher Hinsicht den dafür maßgeblichen Verwaltungsvorschriften entsprechen; der (abgeänderte) neue Bescheid muss folglich nach den (materiellen) Verwaltungsvorschriften rechtmäßig sein (vgl. nur Hengstschläger/Leeb, AVG², § 68 AVG, Rz 79, und Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 655, beide mwN). Das ist - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - hier nicht der Fall, weil die anzuwendenden Verwaltungsvorschriften, namentlich § 69 Abs. 2 FPG in seiner hier anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, in ihrer Auslegung durch den VwGH in Bezug auf als solche weitergeltenden unbefristeten Aufenthaltsverbote eine (nachträgliche) Befristung bzw. Verkürzung gerade nicht ermöglichen (vgl. wiederum VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333). Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man vorliegend die mit § 69 Abs. 2 FPG wortgleiche, für alte Rückkehrverbote geltende Bestimmung des § 60 Abs. 5 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012, zur Anwendung brächte, zumal sich die angeführte ständige Rechtsprechung des VwGH zu § 69 Abs. 2 FPG auch auf diese - wortgleiche - Bestimmung übertragen lässt.
3.1.6. Der angefochtene Bescheid Zl. XXXX, ist daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts zur Gänze zu beheben.
3.2. Zu II) Abweisung der Beschwerde gegen Bescheid Zl. XXXX
3.2.1. Gemäß § 46a Abs 1 Z 1 und 3 FPG, idgF BGBl. I Nr. 56/2018, ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung
(1) gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig oder
(3) aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.
Gemäß Abs 3 leg cit liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er seine Identität verschleiert, einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.2.2. Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Erlassen eines Aufenthaltsverbotes allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einem durchsetzbaren Aufenthaltsverbot um eine höchstpersönlich wirkende Verpflichtung des Bescheidadressaten zum Verlassen des Bundesgebietes.
Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Pflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.
3.2.3. Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden - sprich:
eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung - ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).
Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.
3.2.4. Aus dem Wortlaut des § 46a Abs 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:
Wird gegen einen Fremden ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen und ist seine Abschiebung nicht unzulässig, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, in dem der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Duldung nach § 46a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, auf die Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise Bezug nimmt). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs 2 FPG verletzt hat, weil er seine Identität und Herkunft nicht wahrheitsgemäß angibt.
3.2.5. Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal er seit dem Jahr 1999 seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist und die Behörde durch Verschleierung seiner wahren Identität und dem Herkunftsstaat die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes verunmöglichte. Da er nun über ein gültiges Reisedokument verfügt, liegen überhaupt keine derartigen Gründe mehr vor, die ihm eine Ausreise in den Herkunftsstaat nicht ermöglichen würden.
3.2.6. Zu prüfen ist abschließend, ob seine Abschiebung gemäß § 50 FPG zulässig ist. Der Beschwerdeführer bringt vor, gesundheitliche Probleme aufgrund seiner HIV-Infektion zu haben und auf ständige medikamentöse Therapie angewiesen zu sein. Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.7. Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, spricht die dortige Landessprache und bei entsprechender Behandlung auch arbeitsfähig. Aus dem LIB ergibt sich eindeutig eine vorhandene und auch zugängliche Möglichkeit zur Behandlung von HIV. Der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit, sich in zahlreichen Einrichtungen beraten zu lassen und werden - zwar nicht flächendeckend - auch entsprechende Medikamente kostenfrei an Patienten abgegeben. Die notwendige medizinische Versorgung ist gegeben und ist Diskriminierung aufgrund einer HIV-Erkrankung im Arbeitsleben per Gesetz verboten. Der Beschwerdeführer hat also die Chance, eine für ihn passende Tätigkeit zu suchen und sich durch Teilnahme am Arbeitsleben eine Existenz sichern können.
Ganz allgemein besteht in Nigeria derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Nigeria, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.
Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in Gesamtschau somit nicht vorliegen, war die Beschwerde gegen Bescheid Zl. XXXX als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung - weder zum Aufenthaltsverbot noch zur Duldung (vgl. insbesondere VwGH 10.04.2014, 2011/22/0333 zum Aufenthaltsverbot); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
amtswegige Aufhebung, Aufenthaltsverbot, Behebung der Entscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I412.2142541.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.10.2019