TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/27 I409 2010875-2

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Veröffentlicht am 27.04.2019
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Entscheidungsdatum

27.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I409 2010875-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Mali, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18. März 2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 28. März 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2014 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Zugleich wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§§ 57 und 55 AsylG" nicht erteilt. Gemäß "§ 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß "§ 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen und gemäß "§ 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß "§ 46 FPG" nach Mali zulässig ist und dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß "§ 55 Absatz 1 bis 3 FPG" zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III). Weiters wurde gemäß "§ 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. Juli 2014 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. November 2018 - rechtskräftig seit 12. November 2018 - wurde die Beschwerde im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2019 stellte der Beschwerdeführer einen "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK" und legte einen "Arbeitsrechtlichen Vorvertrag" vom 22. Februar 2019 vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. März 2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß "§ 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen:

Der gesunde und erwerbsfähige Beschwerdeführer ist Angehöriger der Volksgruppe der Sinofo, Staatsangehöriger von Mali und er bekennt sich zum christlichen Glauben.

Feststellungen zu seiner Identität - vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum - können nicht getroffen werden.

Seit (spätestens) 28. März 2013 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf; er verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten oder familiären Anknüpfungspunkte. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass er in Österreich eine homosexuelle Beziehung führt. Seine Familie lebt in Mali.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf A2-Niveau. Er bestritt seinen Lebensunterhalt über die Grundversorgung und unterstützt eine Bekannte unregelmäßig im Haushalt; im Gegenzug erhält er Essen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 26. Juni 2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Gebrauches fremder Ausweise nach § 231 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21. Jänner 2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Besitzes und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag u.a. der gewinnbringende Verkauf von Suchtgift zugrunde.

A) 2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Da der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, eine ladungsfähige Adresse seines angeblichen Lebensgefährten in Österreich zu nennen, kann nicht festgestellt werden, dass er tatsächlich eine homosexuelle Beziehung in Österreich führt.

Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers auf A2-Niveau ergeben sich aus dem vorgelegten ÖSD-Zertifikat vom 6. Juni 2016.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits zweimal von einem österreichischen Strafgericht verurteilt wurde, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 27. April 2019.

A) 3. Rechtliche Beurteilung:

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 55 und § 58 Abs. 10 erster Satz Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) ...

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. ...

(11) ...".

A) 3.2. Zur Zurückweisung des Antrages:

1.1. Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auf § 58 Abs. 10 leg.cit., da aus dem Antragsvorbringen des Beschwerdeführers seit Eintritt der Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung am 12. November 2018 kein geänderter Sachverhalt im Hinblick auf die Berücksichtigung seines Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz hervorgeht, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen würde.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag im Wesentlichen mit Integrationsaspekten, die bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung bestanden, mit Ausnahme des "Arbeitsrechtlichen Vorvertrages" vom 22. Februar 2019.

1.2. Damit hat der Beschwerdeführer allerdings keine maßgebliche Sachverhaltsänderung dargetan, weil der von ihm vorgelegte Arbeitsvorvertrag nicht dazu führt, dass sein privates Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet dadurch wesentlich schwerer wiegen würde (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2011, 2011/22/0065, mwN, sowie zur Gewichtung einer Lehrstelle bzw. einer Berufstätigkeit vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2019, Ro 2019/01/0003, mwN). Schließlich konnte dieser Arbeitsvorvertrag von ihm überhaupt erst durch die Missachtung der gegen ihn ergangenen Rückkehrentscheidung abgeschlossen werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, Rn 24).

Dass der - wegen eines Urkunden- und eines Suchtmitteldeliktes zweifach vorstrafte - Beschwerdeführer den Ausreisebefehl offensichtlich vorsätzlich nicht befolgte und unrechtmäßig in Österreich verblieb, verleiht vielmehr dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise zusätzliches Gewicht.

2. Aus dem Gesagten hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 zurecht unter Berufung auf § 58 Abs. 10 leg.cit. als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war daher als unbegründet abzuweisen.

A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Angesichts der Tatsache, dass der maßgebende Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend ermittelt wurde und auch unter Zugrundelegung der Beschwerdebehauptungen für den Beschwerdeführer nichts gewonnen ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Es handelt sich nämlich um einen "eindeutigen Fall", in dem bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 2018, Ra 2018/19/0082).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK,
geänderte Verhältnisse, Homosexualität, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, sexuelle Orientierung, Straffälligkeit,
Suchtmitteldelikt, Vorstrafe, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I409.2010875.2.01

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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