TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/29 W148 2155457-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2019
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Entscheidungsdatum

29.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W148 2155457-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. KEZNICKL als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, 1160 Wien, vom 17.04.2019 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.04.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., IV., V., und VII. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 12 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste gemeinsam mit zwei seiner Cousins und einem seiner Onkel mütterlicherseits samt dessen Familie unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.11.2015 erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt vor, dass die Sicherheitslage in seiner Herkunftsprovinz aufgrund der Taliban sehr schlecht sei. Er gehöre der Volksgruppe der Sadat an, die von den Taliban nicht gemocht und getötet werden würden. Er habe deshalb Afghanistan verlassen.

2. Am 13.03.2017 fand eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er eines Tages von den Taliban auf der Straße aufgefordert worden sei mit ihnen zusammenzuarbeiten. Er hätte von einem Mullah unterrichtet werden und einen Anschlag durchführen sollen. Da der BF dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, hätten ihn ca. 8 oder 9 Tage später 10 Mitglieder der Taliban auf seinem Weg zur Universität angehalten und geschlagen, wobei sein Bein gebrochen worden sei. Sein Vater habe ihn ins Krankenhaus nach Kabul gebracht. Nach seinem Krankenhausaufenthalt habe er bei seiner Tante in Kabul geschlafen und sei dann mit seiner Tante und deren Familie aus Afghanistan ausgereist.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2017 wies dieses den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seine Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte. Es drohe dem BF auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der BF verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Gegen den oben genannten Bescheid erhob der BF am 02.05.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Beschwerde.

6. Mit dem Erkenntnis vom 09.05.2018 (W252 2155457-1) wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des BF als unbegründet ab. Er sei in der Provinz Logar im Dorf XXXX aufgewachsen. Er habe 12 Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Danach habe er zwei Jahre an der Universität in Logar Jus studiert. Er habe auch in der Landwirtschaft seiner Familie mitgeholfen. Die Familie des BF verfüge nach wie vor über die Landwirtschaft und ihr Haus in seiner Heimatprovinz. Seine Eltern, seine zwei Schwestern und vier Brüder lebten im Iran, wo sie selbstständig arbeiteten. Der BF habe regelmäßig Kontakt zu ihnen. Weiters verfüge er über eine Tante mütterlicherseits samt deren Familie im Iran und einen Onkel mütterlicherseits in Afghanistan. Es habe weder festgestellt werden können, dass der BF von den Taliban aufgefordert worden sei mit ihnen zusammenzuarbeiten noch, dass die Taliban von ihm verlangt hätten, dass er von einem Mullah unterrichtet werde und einen Anschlag ausüben sollte. Der Vorfall, wonach der BF von Mitgliedern der Taliban geschlagen worden sei, könne ebenfalls nicht festgestellt werden. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass der BF von den Taliban konkret und individuell mit der Ausübung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht worden sei. Darüber hinaus könne nicht festgestellt werden, dass dem BF wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zu einer Untergruppe der Volksgruppe der Hazara konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan drohe. Ebenso wenig könne festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt seien. Ferner könne nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten habe in Afghanistan als westlich orientiert gelte. Es könne ebenso nicht festgestellt werden, dass der BF in Afghanistan aufgrund seines Aufenthaltes in Europa bzw. seines angeblichen "Abfalls vom Islam" psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre. Ebenso könne nicht festgestellt werden, dass afghanische Staatsangehörige, die aus Europa nach Afghanistan zurückkehren, in Afghanistan allein aufgrund ihres Aufenthaltes außerhalb Afghanistans psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt seien. Ihm drohe bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz Logar ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Kabul könne der BF jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er könne (anfänglich) von seiner Familie aus dem Iran finanziell unterstützt werden und könne dann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen. Daher sei es dem BF möglich nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedelung in Kabul Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. In Österreich habe der BF Deutschkurse besucht und die ÖSD Deutschprüfung für die Stufe A2 bestanden und er verfüge bereits über gute Deutschkenntnisse. Er lebe von der Grundversorgung. Er habe für einen städtischen Bauhof freiwillige Tätigkeiten erbracht und an Integrationsprojekten teilgenommen. In seiner Freizeit besuche er ein Fitnessstudio und spiele Futsal (Hallenfußball). Er verfüge über zwei Cousins sowie seinen Onkel samt dessen Familie, bestehend aus seiner Frau, seinen drei Söhnen und seiner Tochter, in Österreich, zu denen er auch regelmäßig Kontakt habe. Dem Onkel des BF sowie dessen Familie sei mit Bescheid des BFA der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Der BF stehe jedoch weder zu seinen Cousins noch zu seinem Onkel oder dessen Familie in einem Abhängigkeitsverhältnis. Darüber hinaus habe er keine weiteren Verwandten oder sonstige enge soziale Bindungen in Österreich. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

7. Nach Erhalt dieses Erkenntnisses reiste der BF illegal nach Deutschland aus, wo er sich von 31.05.2018 bis 04.12.2018 aufhielt.

8. Der BF hat am 25.06.2018 in Deutschland den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) gestellt, der am 05.12.2018 in Österreich eingebracht wurde.

Im Zuge der Erstbefragung zum Folgeantrag am 05.12.2018 gab der BF zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung an, dass es ihm nicht möglich sei nach Afghanistan zurückzukehren, da seine Familienangehörigen, die zuvor im Iran gelebt hätten, nach Afghanistan abgeschoben worden seien und in Kabul bei einem Selbstmordanschlag ums Leben gekommen seien. Die Sicherheitslage in Afghanistan, Kabul sei sehr schlecht. Außerdem würden die Schiiten in Afghanistan verfolgt und getötet werden. Er gehöre zu einer Untergruppe der Hazara.

9. Am 19.02.2019 erfolgte zum Folgeantrag eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (in Folge: "BFA"). Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte er aus, dass er bei den zwei Söhnen seiner Tante mütterlicherseits in Österreich wohne, aber diese unterstützten ihn nicht finanziell. Zu seinem Onkel, dessen drei Söhnen und dessen Tochter, die sich ebenfalls in Österreich befänden, bestehe ebenfalls kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis.

Zu den Umständen, die sich seit dem negativen Abschluss seines letzten Verfahrens auf internationalen Schutz geändert hätten gab der BF an, dass seine Familie vor ca. 6,5 bis 7 Monaten aus dem Iran nach Afghanistan abgeschoben worden sei. Als sie am Kabuler Flughafen angekommen seien, sei dort ein Selbstmordanschlag passiert. Bei diesem Anschlag sei seine gesamte Familie ums Leben gekommen. Er könne keine Details nennen, da er nicht vor Ort gewesen sei. Der BF könne nicht zurückkehren, da sein Leben in Gefahr sei. Er habe niemanden in Afghanistan. In der Provinz Logar herrsche Krieg. Ein Freund habe den BF über den Anschlag auf Facebook unterrichtet. Die Einvernahme wurde abgebrochen, um dem BF zwei Wochen Zeit zu geben diese Nachricht, die eine integrales Beweismittel darstelle, wiederzuerlangen und vorzulegen.

10. Am 18.03.2019 erfolgte zum Folgeantrag eine weitere niederschriftliche Einvernahme des BF vor der belangten Behörde. Der BF erklärte, dass er keinen Zugriff auf die Facebook-Messenger-Konversation betreffend den Anschlag, bei dem seine Familie getötet worden sei, erlangen habe können. Er wiederholte sein Vorbringen von der Befragung am 19.02.2019.

11. Mit Bescheid des BFA vom 04.04.2019, Zl. XXXX , wurde der Folgeantrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) Es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.).

Die Abweisung des Folgeantrages begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass das Vorbringen des BF nicht glaubhaft sei, da es nicht beweisbar sei und auch in sich widersprüchlich und unschlüssig sei. Selbst bei Wahrunterstellung komme seinem Vorbringen keine Asylrelevanz zu. Es habe sich kein Hinweis auf einen seit der Rechtskraft des Erstverfahrens entscheidungsrelevanten geänderten Sachverhalt, weder im Hinblick auf seine persönliche Situation, noch bezüglich der allgemeinen Lage in Afghanistan, ergeben. Es liege auch kein schützenswertes Familienleben des BF vor. Zur Erlassung des Einreiseverbotes führte das BFA begründend aus, der BF sei nicht in der Lage, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen.

10. Dagegen erhob der BF durch seine Rechtsvertretung am 17.04.2019 fristgerecht Beschwerde an das BVwG, die am 23.04.2019 beim BVwG anhängig gemacht wurde. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde, habe sich der Fluchtgrund des BF im Gegensatz zum ersten Asylverfahren definitiv geändert. Es stelle in Afghanistan einen gravierenden Unterschied dar, ob man über Familienangehörige und ein soziales Netzwerk verfüge, oder ob dies nicht der Fall sei. Dazu wurde auf Länderberichte und auf die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 verwiesen. Aus der zitierten Berichtslage gehe hervor, dass dem BF eine Rückkehr nach Afghanistan ohne soziales Netzwerk, definitiv nicht zumutbar sei und er bei einer Rückkehr dorthin, in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK beeinträchtigt wäre. Das BVwG möge zudem, mit Verweis auf das Urteil "Gnandi" des EuGH, der Beschwerde des BF die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Betreffend das verhängte Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass nach der österreichischen Judikatur, sowohl Mittellosigkeit eines auf Grundversorgungsleistung Anspruch habenden Fremden, als auch ein rechtswidriger Aufenthalt alleine nicht geeignet sei, ein Einreiseverbot zu rechtfertigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Name des BF ist XXXX und er wurde am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Weiters ist er Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, der Untergruppe der Sadat, und bekennt sich zum muslimisch-schiitischen Glauben. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vom muslimisch-schiitischen Glauben abgefallen ist. Er ist ledig und hat keine Kinder. Die Muttersprache des BF ist Dari. Die Feststellungen zur Identität des BF gelten ausschließlich für die Identifizierung seiner Person im Asylverfahren.

1.1.2. Der BF wurde in der Provinz Logar im Dorf XXXX geboren und ist dort aufgewachsen. Er hat 12 Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Danach hat er zwei Jahre an der Universität in Logar Rechtswissenschaft studiert. Die Familie des BF hat ihren Lebensunterhalt in Afghanistan durch ihre Landwirtschaft und Viehzucht bestritten. Der BF hat in der Landwirtschaft seiner Familie mitgeholfen. Die Familie des BF verfügt nach wie vor über die Landwirtschaft und ihr Haus in seiner Heimatprovinz.

1.1.3. Die Familie des BF besteht aus seinen Eltern, seinen zwei Schwestern und vier Brüdern, die sich derzeit in Teheran im Iran aufhalten und dort selbstständig arbeiten. Er hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie. Er verfügt weiters über eine Tante mütterlicherseits samt deren Familie im Iran und über einen Onkel mütterlicherseits in Afghanistan, zu dem er jedoch keinen Kontakt hat.

1.1.4. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Sein Gesundheitszustand steht daher seiner Rückkehr nicht entgegen.

1.1.6.In Österreich leben derzeit zwei Cousins mütterlicherseits sowie sein Onkel mütterlicherseits samt dessen Familie, bestehend aus seiner Frau, seinen drei Söhnen und seiner Tochter, zu denen er auch regelmäßig Kontakt hat.

Dem Onkel des BF sowie dessen Familie wurde mit Bescheid des BFA vom 07.04.2017 bzw. 10.08.2017 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (W252 2155059 -1; W252 2155065 -1; W252 2155060 -1; W252 2155056 -1; W252 2155061 -1; W252 2170777-1).

Die Cousins des BF besitzen keinen Aufenthaltsstatus in Österreich. Es wurde am 24.04.2019 ein Festnahmeantrag bezüglich der beiden erlassen. Der Abschiebetermin wurde mit 01.05.2019 festgelegt.

Der BF steht jedoch weder zu seinen Cousins noch zu seinem Onkel oder dessen Familie in einem Abhängigkeitsverhältnis. Darüber hinaus hat er keine weiteren Verwandte oder sonstige enge soziale Bindungen in Österreich.

Er hat Deutschkurse besucht, die ÖSD Deutschprüfung für die Stufe A2 absolviert und er verfügt bereits über gute Deutschkenntnisse. Eine besondere Integrationsverfestigung des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht ist nicht feststellbar. Er geht keiner legalen Beschäftigung nach und verfügt nicht über eigene, den Lebensunterhalt deckende Mittel. Er ist strafrechtlich unbescholten.

1.1.7. Zwischen rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens mit Erkenntnis vom 09.05.2018 (W252 2155457-1) und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 04.04.2019 ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.

Der BF brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, denen zumindest ein glaubhafter Kern innewohnt.

1.1.8. Die individuelle Situation des BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Afghanistan hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert.

Dem BF ist eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Logar aufgrund der angespannten Sicherheitslage in dieser Provinz nicht möglich. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedlung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Kabul und in Mazar-e Sharif, liefe der BF nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Die wesentlichen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat lauten:

Diesbezüglich verweist das BVwG auf die Feststellungen der belangten Behörde im verfahrensgegenständlichen Bescheid (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018):

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten. In der Provinz Kandahar entstand die Befürchtung, die Sicherheitsbedingungen könnten sich verschlechtern, nachdem der Polizeichef der Provinz und der Leiter des National Directorate for Security (NDS) im Oktober 2018 ermordet worden waren (UNGASC 7.12.2018). Gemäß dem Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) fanden bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt. Von Oktober bis Dezember 2018 verzeichneten Farah, Helmand und Faryab die höchste Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe (SIGAR 30.1.2019).

Nach dem Taliban-Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018, bestand weiterhin die Befürchtung, dass die Taliban großangelegte Angriffe im Südosten des Landes verüben könnten. Dies war zwar nicht der Fall, dennoch setzten Talibankämpfer die afghanischen Sicherheitskräfte am Stadtrand von Ghazni, in Distrikten entlang des Highway One nach Kabul und durch die Einnahme des Distrikts Andar in Ghazni im Oktober weiterhin unter Druck. Im Westen der Provinz Ghazni, wo die ethnische Gruppierung der Hazara eine Mehrheit bildet, verschlechterten sich die Sicherheitsbedingungen wegen großangelegter Angriffe der Taliban, was im November zur Vertreibung zahlreicher Personen führte. In Folge eines weiteren Angriffs der Taliban im Distrikt Khas Uruzgan der Provinz Uruzgan im selben Monat wurden ebenfalls zahlreiche Hazara-Familien vertrieben. Des Weiteren nahmen Talibankämpfer in verschiedenen Regionen vorübergehend strategische Positionen entlang der Hauptstraßen ein und behinderten somit die Bewegungsfreiheit zwischen den betroffenen Provinzen. Beispiele dafür sind Angriffe entlang Hauptstraßen nach Kabul in den Distrikten Daymirdad und Sayyidabad in Wardak, der Route Mazar - Shirbingham und Maimana - Andkhoy in den nördlichen Provinzen Faryab, Jawzjan und Balkh und der Route Herat - Qala-e-Naw im westlichen Herat und Badghis (UNGASC 7.12.2018). Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.1.2019).

Im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl am 20. und am 21. Oktober wurden zahlreiche sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die Taliban und den Islamischen Staat - Provinz Khorasan (ISKP) beansprucht wurden (UNGASC 7.12.2018; vgl. UNAMA 10.10.2018, UNAMA 11.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar, die wegen Sicherheitsbedenken auf den 27. Oktober verschoben worden war, wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Die afghanischen Sicherheitskräfte entdeckten und entschärften einige IED [Improvised Explosive Devices - Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen] in Kandahar-Stadt und den naheliegenden Distrikten (UNAMA 11.2018). Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) hatte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) registriert (UNAMA 10.10.2018). Am offiziellen Wahltag, dem 20. Oktober, wurden 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) registriert, darunter 117 Kinder (21 Tote und 96 Verletzte) und 48 Frauen (2 Tote und 46 Verletzte). Am folgenden Wahltag, dem 21. Oktober, wurden 47 weitere zivile Opfer (4 Tote und 43 Verletzte) verzeichnet, inklusive 17 Kinder (2 Tote und 15 Verletzte) und Frauen (3 Verletzte). Diese Zahlen beinhalten auch Opfer innerhalb der Afghan National Police (ANP) und der Independet Electoral Commission (IEC) (UNAMA 11.2018). Die am 20. Oktober am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul. Auch wenn die Taliban in den von ihnen kontrollierten oder beeinflussten Regionen die Wählerschaft daran hinderten, am Wahlprozess teilzunehmen, konnten sie die Wahl in städtischen Gebieten dennoch nicht wesentlich beeinträchtigen (trotz der hohen Anzahl von Sicherheitsvorfällen) (UNGASC 7.12.2018).

Die Regierung kontrolliert bzw. beeinflusst - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 22.10.2018 53,8% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 bedeutet. 33,9% der Distrikte sind umkämpft und 12,3% befinden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 63,5% der Bevölkerung leben in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befinden; 10,8% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 25,6% leben in umkämpften Gebieten. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen sind Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).

Der ISKP ist weiterhin im Osten des Landes präsent und bekennt sich zu Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen in Nangarhar und zu sechs Angriffen in Kabul-Stadt. Des Weiteren finden in den Provinzen Nangarhar und Kunar weiterhin Kämpfe zwischen ISKP- und Talibankämpfern statt. Die internationalen Streitkräfte führten Luftangriffe gegen den ISKP in den Distrikten Deh Bala, Achin, Khogyani, Nazyan und Chaparhar der Provinz Nangarhar aus (UNGASC 7.12.2018).

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte), eine allgemeine Steigerung von 5% sowie eine Steigerung der Zahl der Toten um 11% gegenüber dem Vorjahreswert. 42% der zivilen Opfer (4.627 Opfer;

1.361 Tote und 3.266 Verletzte) wurden durch IED im Zuge von Anschlägen und Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich ISKP) verursacht. Die Anzahl der Selbstmordanschläge unter Einsatz von IED stieg dabei um 22% und erreichte somit einen Rekordwert. Diese Art von Anschlägen verursachte 26% aller zivilen Opfer, während IED, die bei Nichtselbstmordanschlägen verwendet wurden, 16% der zivilen Opfer forderten. Kabul war mit insgesamt 1.866 Opfern (596 Tote und 1.270 Verletzte) die Provinz mit der höchsten Anzahl an Selbstmordanschlägen durch IED, während die Zahl der Opfer in Nangarhar mit insgesamt 1.815 (681 Tote und 1.134 Verletzte) zum ersten Mal fast die Werte von Kabul erreichte (hauptsächlich wegen des Einsatzes von IED bei Nichtselbstmordanschlägen). Kabul-Stadt verzeichnete insgesamt 1.686 zivile Opfer (554 Tote und 1.132 Verletzte) wegen komplexen und Selbstmordangriffen (UNAMA 24.2.2019).

Zusammenstöße am Boden (hauptsächlich zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Gruppierungen) verursachten 31% der zivilen Opfer (insgesamt 3.382; davon 814 Tote und 2.568 Verletzte), was einen Rückgang um 3% im Vergleich mit dem Vorjahreswert bedeutet. Grund dafür war der Versuch regierungsfreundlicher Gruppierungen, die zivile Bevölkerung zu schonen. Die Verlagerung der Kämpfe in dünn besiedelte Gebiete, die Vorwarnung der lokalen Zivilbevölkerung bei Kampfhandlungen und die Implementierung von Strategien zum Schutz der Bevölkerung waren einige der bestimmenden Faktoren für den Rückgang bei zivilen Opfern. Jedoch ist die Opferzahl bei gezielt gegen die Zivilbevölkerung gerichteten komplexen Angriffen und

Selbstmordanschlägen regierungsfeindlicher Gruppierungen gestiegen (plus 48% gegenüber 2017; 4.125 Opfer insgesamt, davon 1.404 Tote und 2.721 Verletzte). Sowohl der ISKP als auch die Taliban griffen gezielt Zivilisten an: Der ISKP war für 1.871 zivile Opfer verantwortlich, darunter waren u.a. Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft, und die Taliban für 1.751. Obwohl die Gesamtzahl der zivilen Opfer durch gezielte Tötungen von Einzelpersonen (hauptsächlich durch Erschießung) zurückging, blieben Zivilisten inklusive religiöser Führer und Stammesältester weiterhin Ziele regierungsfeindlicher Gruppierungen. Die Gesamtzahl der durch Luftangriffe verursachten zivilen Opfer stieg im Vergleich mit dem Vorjahreswert um 61% und die Zahl der Todesopfer erreichte 82%. 9% aller zivilen Opfer wurden Luftangriffen (mehrheitlich der internationalen Luftwaffe) zugeschrieben, der höchste Wert seit 2009 (UNAMA 24.2.2019).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 31.12.2018) für 6.980 zivile Opfer (2.243 Tote und 4.737 Verletzte) verantwortlich. Das entspricht 63% der gesamten zivilen Opfer. 37% davon werden den Taliban, 20% dem ISKP und 6% unbestimmten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Laufe des Jahres 2018 wurden vermehrt Anschläge gegen Bildungseinrichtungen verzeichnet, meist durch Talibankämpfer, da in Schulen Registrierungs- und Wahlzentren untergebracht waren. Der ISKP attackierte und bedrohte Bildungseinrichtungen als Reaktion auf militärische Operationen afghanischer und internationaler Streitkräfte. UNAMA berichtet auch über anhaltende Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, welche Auswirkungen auf einen Großteil der zivilen Bevölkerung haben. Trotzdem die Taliban nach eigenen Angaben Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ergriffen haben, attackierten diese weiterhin Zivilisten, zivile Einrichtungen und regierungsfreundliche Gruppierungen in Zivilgebieten (UNAMA 24.2.2019).

Ungefähr 24% der zivilen Opfer (2.612, davon 1.185 Tote und 1.427 Verletzte), werden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 14% den afghanischen

Sicherheitskräften, 6% den internationalen Streitkräften und 4% unbestimmten regierungsfreundlichen Gruppierungen. Die Steigerung um 4% gegenüber dem Vorjahr geht auf Luftangriffe der internationalen Streitkräfte und Fahndungsaktionen der afghanischen Sicherheitskräfte und regierungsfreundlicher Gruppierungen zurück (UNAMA 24.2.2019).

Die verbleibenden 13% der verzeichneten zivilen Opfer wurden im Kreuzfeuer während Zusammenstößen am Boden (10%), durch Beschuss aus Pakistan (1%) und durch die Explosion von Blindgängern verursacht (UNAMA 24.2.2019).

KI vom 31.1.2019, Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban

Am Samstag dem 26.1.2019 endete die sechstägige Friedensgesprächsrunde in Doha, Katar, zwischen dem U.S.-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad und den Taliban-Vertretern (DP 28.1.2019; vgl. NYT 28.1.2019, CNN 27.1.2019, Tolonews 28.1.2019). Quellen zufolge wurde ein erster Vertragsentwurf ausgehandelt, wonach sich die Taliban dazu verpflichten würden, ausländische Terrororganisationen von Afghanistan fernzuhalten, und die USA würden im Gegenzug dazu ihren Truppenabzug aus Afghanistan innerhalb von 18 Monaten garantieren. Dieser sei jedoch an weitere Bedingungen gebunden, die noch genau besprochen werden müssen, wie die Ausrufung eines Waffenstillstands zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung sowie die Forderung von direkten Gesprächen zwischen diesen beiden Akteuren (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, FP 29.1.2019). Inoffiziellen Quellen zufolge wurde bei den Gesprächen u.a. die Schaffung einer Interimsregierung, in der auch die Taliban vertreten sein sollen, angedacht, was jedoch von Khalilzad dementiert wurde (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019). Die nächste Friedensgesprächsrunde wird voraussichtlich Ende Februar 2019 stattfinden (NYT 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019). Der afghanische Präsident Ashraf Ghani äußerte während einer Fernsehansprache am 28.1.2019 sein Unbehagen bzgl. eines voreiligen Abzugs der U.S.-Truppen aus Afghanistan und erinnerte an die dramatischen Auswirkungen des sowjetischen Abzuges Ende der 1980er Jahre, dem Anarchie und die Ermordung des ehemaligen Präsidenten Mohammad Najibullah folgten (NYT 28.1.2019). Ghani, der die Taliban mehrmals dazu aufgefordert hatte, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln, zeigte sich des Weiteren über den Ausschluss der afghanischen Regierung aus den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, IM 28.1.2019). Während sich einige Quellen hinsichtlich gründlicher Friedensgespräche und eines effizient ausgehandelten Abkommens optimistisch zeigen (Internazionale 30.1.2019; vgl. WP 30.1.2019), fürchten andere, dass ein Abzug der amerikanischen Truppen den Zusammenbruch der afghanischen Regierung wegen der Taliban und vorhersehbarer Machtkämpfe zwischen den verschiedenen lokalen Akteuren zur Folge haben könnte (DP 28.1.2019; vgl. FP 29.1.2019).

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.- amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Katar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018 - LIB 23.11.2018, S.42).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 23.11.2018, S. 42).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 23.11.2018, S. 45).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 23.11.2018, S. 53).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 23.11.2018, S. 46).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 19.10.2018, S. 40). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 23.11.2018, S.46 ff).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).

Balkh

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Logar

Logar befindet sich 65 km südlich von Kabul. Die Provinz grenzt im Norden an Kabul, im Osten an Nangarhar, im Süden an Paktia, im Westen an Maidan Wardak und im Südwesten an Ghazni. Logar besteht aus folgenden Distrikten: Mohammad Agha/Mohammadagha, Sarkh/Charkh, Kharwar, Baraki Barak/Barakibarak, Khwaki/Khoshi, Azrah/Azra und Pole Alam/Pul-e-Alam. Die Provizhauptstadt ist Pole Alam und befindet sich im gleichnamigen Distrikt (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o. D., UN OCHA 4.2014). In Barakibarak befindet sich ein Militärflughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation, Kapitel 3.35.). Verschiedene Teilstämme der Paschtunen, Tadschiken, Hazara und Kuchi leben in der Provinz (Pahjwok o.D.; vgl. NPS o.D.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 405.109 geschätzt (CSO 4.2017).

Im Distrikt Mohammadagha befindet sich die Ortschaft Mes Aynak, auf Dari "Kupferquelle", ein Ort, der für seine archäologischen Funde und Kupfervorkommen bekannt ist (Tolonews 28.2.2018; vgl. TD 28.2.2018, CNBC 6.4.2017, TaD 3.4.2017). Im Jahr 2007 unterzeichnete Afghanistan ein 30 jähriges Pachtverhältnis mit chinesischen Unternehmen zum Ausbau des Mes Aynak Kupferbergwerks; das Projekt musste jedoch aus verschiedenen Gründen (Probleme seitens der chinesischen Partner, Schwierigkeiten in der Wertschöpfungskette, Sicherheitsgründe usw.) derzeit eingestellt werden (TD 28.2.2018; vgl. FW 15.2.2018, TD 7.1.2017). Abgesehen von zwei Sicherheitsvorfällen in 2008 und 2012 wurde Mes Aynak von direkten Angriffen seitens Aufständischer verschont (FW 15.1.2017; vgl. TD 7.1.2017). Die Taliban versprachen Ende 2016, sich nicht mehr in die Bauarbeiten des Mes Aynak Kupferbauwerks einzumischen und die Regierung erhöhte das Polizeikontingent vor Ort (TD 28.2.2018; vgl. TD 7.1.2017, FW 15.1.2017, DW 1.12.2016 ).

Logar gehörte 2017 zu den Opium-freien Provinzen (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Logar gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017). Einem hochrangigen Polizeibeamten zufolge hat sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Vergangenheit verbessert. Außerdem plane man, Operationen gegen die Taliban zu verstärken (IWPR 5.3.2018). Aufgrund der Nähe zu den Außendistrikten der Stadt Kabul, fanden in Logar heftige Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften statt (Tolonews 12.2.2018).

Im Jahr 2017 gehörte Logar zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge (Pajhwok 14.1.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 156 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Logar 148 zivile Opfer (67 getötete Zivilisten und 81 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Obwohl die Gefechte u.a. in Logar stiegen, sank in der Provinz die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Logar

ANA-Beamten zufolge verstärken afghanische Truppen ihre militärischen Operationen gegen die Taliban in der volatilen Provinz, um die Stellungen der Aufständischen zu zerstören (Tolonews 12.2.2018). So werden in Logar regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 25.3.2018; vgl. Tolonews 3.3.2018, Tolonews 12.2.2018, Pajhwok 21.1.2018, Tolonews 4.2.2018, Khaama Press 4.1.2017, Khaama Press 21.11.2017, TIE 30.10.2017, Pajhwok 14.10.2017); dabei wurden Talibananführer und Mitglieder des Haqqani-Netwerkes getötet (Tolonews 12.2.2018; vgl. Khaama Press 21.11.2017, TIE 30.10.2017, TNI 28.9.2017, Tolonews 11.9.2017). Luftangriffe werden durchgeführt (Pajhwok 25.3.2018; vgl. MENAFN 24.2.2018, Pajhwok 30.8.2017); dabei wurden Aufständische getötet (Pajhwok 25.3.2018; vgl. TNI 28.9.2017, Tolonews 3.8.2017, Pajhwok 4.1.2017). Zusammenstöße zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 12.2.2018; vgl. Gandhara 5.11.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Logar

Talibankämpfer sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Tolonews 12.2.2018; vgl. TP 12.2.2018, Pajhwok 27.12.2017, HT 28.11.2017, Xinhua 25.10.2017, Reuters 29.4.2017). Auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, über eine Präsenz in Teilen der Provinz zu verfügen und verschiedene Angriffe in Logar auszuüben (Tolonews 11.9.2017; vgl. The Diplomat 15.11.2016, Khaama Press 30.5.2016). In einigen abgelegenen Distrikten der Provinz versuchten Taliban, ihre religiösen Ansichten in den Schulen zu verbreiten (Pajhwok 11.3.2018; vgl. IWPR 5.3.2018). Im März 2017 versuchte der IS, junge Männer in der Provinz Logar zu rekrutieren (JF 26.1.2018), auch wurden tschetschenische Staatsbürger, möglicherweise Anhänger des IS, in der Provinz Logar verhaftet (Tolonews 30.11.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in Logar IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) registriert (ACLED 23.2.2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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