TE Bvwg Beschluss 2019/4/30 L521 2208497-1

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Veröffentlicht am 30.04.2019
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Entscheidungsdatum

30.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
BFA-G §1
BFA-G §2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L521 2208497-1/5E

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. in der Beschwerdesache des XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen die Erledigung des "Leiters der Regionaldirektion Tirol" vom 28.09.2018, Zl. 1080756801-150994386, in einer Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 den

BESCHLUSS

gefasst:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BFA-G als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit der in Beschwerde gezogenen und als Bescheid bezeichneten Erledigung des "Leiters der Regionaldirektion Tirol" vom 28.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3. Die Beschwerdevorlage langte am 29.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Fertigungsklausel der im Verwaltungsakt des belangten Bundesamtes erliegenden und mittels eines Textverarbeitungsprogrammes erstellten Urschrift der Erledigung vom 28.09.2018 weist nachstehendes Erscheinungsbild auf:

Bild kann nicht dargestellt werden

1.2. Der Erledigung vom 28.09.2018 kann kein Hinweis darauf entnommen werden, dass es sich um Erledigung des Direktors des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl handelt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt der seitens der Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Akten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens.

2.2. Das auf der Urschrift der Erledigung vom 28.09.2018 angebrachte (unleserliche) Schriftgebilde kann - ungeachtet der folgenden Erwägungen zur Zurechnung der angefochtenen Erledigung - auch nicht als Unterschrift im Sinn des § 18 Abs. 3 AVG angesehen werden: Eine Unterschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann. Eine Unterschrift muss zwar nicht lesbar, aber ein individueller Schriftzug sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist (VwGH 28.02.2018, Ra 2015/06/0125 mwN; 20.04.2017, Ra 2017/20/0095).

2.3. Fallbezogen entspricht das auf der Urschrift der angefochtenen Erledigung angebrachte (unleserliche) Schriftgebilde - welches im Wesentlichen aus zwei schräggestellten Strichen - diesen Erfordernissen nicht. Dazu tritt, dass das Schriftgebildes vom Stempelabdruck eines Amtssiegels vollständig verdeckt ist und es deshalb nicht einmal erkennbar ist. Eine Paraphe stellt im Übrigen jedenfalls keine Unterschrift dar (VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051), wobei das gegenständliche (unleserliche) Schriftgebilde in Anbetracht von dessen Erscheinungsbild nicht einmal als Paraphe angesehen werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, BGBl. I Nr. 87/2008 idF BGBl. I Nr. 57/2018, ist das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden anzuwenden.

Gemäß § 18 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

3.2. Gemäß § 18 Abs. 4 leg. cit. hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

3.3. Gemäß § 1 des Gesetzes über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-G), BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, besteht das das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als eine dem Bundesminister für Inneres unmittelbar nachgeordnete Behörde mit bundesweiter Zuständigkeit.

Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. steht an der Spitze des Bundesamtes der Direktor. Im Fall seiner Verhinderung sind die Aufgaben von einem seiner beiden Stellvertreter wahrzunehmen.

3.4. Das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist den vorstehenden gesetzlichen Regelungen über die Einreichung und Organisation zufolge ein monokratisch organisierte Bundesbehörde, an deren Spitze der Direktor steht. Alle Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl werden sohin vom Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (oder in seinem Auftrag) erlassen. Der Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist aber nicht Behörde, sondern nur das entscheidende Organ; Behörde ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (vgl. VwGH 27.10.2017, Ra 2016/17/0214, zur insoweit vergleichbaren Organisation einer Bezirkshauptmannschaft).

Dass dem Leiter einer Regionaldirektion (§ 2 Abs. 2 BFA-G) organschaftliche Befugnisse zukommen würden, kann dem Gesetzes über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht entnommen werden.

3.5. Für die Zurechnung eines Bescheids zu der den Bescheid erlassenden Behörde ist mangels ausdrücklicher Angabe in einem Vorspruch oder der Bezugnahme auf das bescheiderlassende Organ in der Begründung des Bescheids in erster Linie die Art der Unterfertigung maßgebend (VwGH 21.03.2017, Ra 2016/12/0064 mwN). Voraussetzung für die Zurechnung einer Erledigung an eine monokratisch organisierte Behörde ist die Genehmigung der Erledigung entweder durch den Leiter der Behörde selbst, oder durch einen zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter (VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0017 mwN).

Im gegenständlichen Fall ist mangels Bezugnahme auf die die Erledigung erlassenden Behörde im Spruch oder in der Begründung der angefochtenen Erledigung die Fertigungsklausel für die Zurechnung der Erledigung (alleine) maßgeblich. Aus der vorstehend abgebildeten Fertigungsklausel geht dahingehend eindeutig hervor, dass die Erledigung dem "Leiter der Regionaldirektion Tirol" zuzurechnen ist. Der Leiter der Regionaldirektion Tirol kommen jedoch im Hinblick auf behördliche Erledigungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl keine organschaftlichen Kompetenzen zu und hätte die Erledigung vielmehr vom Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl selbst oder einem zumindest abstrakt approbationsbefugten Organwalter genehmigt und dieser Umstand in der Fertigungsklausel auch entsprechend zum Ausdruck gebracht werden müssen (etwa im Wege der üblicherweise verwendeten Formulierung "Für den Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl").

Die angefochtene Erledigung wurde daher entgegen § 2 Abs. 1 BFA-G nicht vom dazu befugten Organwalter - nämlich dem Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - genehmigt, sodass eine gegenüber dem Beschwerdeführer wirksame Erlassung eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht zustande gekommen ist (vgl. VwGH 28.06.2011, Zl. 2010/17/0176; 22.04.2008, Zl. 2007/18/0164). Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss nämlich die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).

Aus der Erledigung geht insgesamt nicht klar hervor, welcher Behörde sie zuzurechnen ist (auf die Kopfbezeichnung eines Bescheides kommt es nicht an, vgl. VwGH 08.09.2005, Zl. 2003/18/0238) und ist daher insgesamt vom Vorliegen eines Nichtbescheides auszugehen.

3.6. Dazu tritt, dass § 18 AVG den Grundsatz zum Ausdruck bringt, dass die Identität des Organwalters, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die Urschrift einer Erledigung muss sohin das genehmigende Organ erkennen lassen (VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw. der mangelnden Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070; 14.10.2013, Zl. 2013/12/0079).

Einer Erledigung fehlt die Bescheidqualität, wenn die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist. Gegenteiliges ist nur anzunehmen, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen die Originalunterschrift des Genehmigenden tragen und eine nicht unterschriebene Durchschrift im Akt verbleibt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/06/0022).

Fallbezogen fehlt der angefochtenen Erledigung auch deshalb die Bescheidqualität, da die Urschrift nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden (sondern mit einem unleserlichen Schriftgebilde, welches den Anforderungen an eine Unterschrift nicht genügt und das darüber hinaus durch die Art der Anbringung des Amtssiegels unkenntlich gemacht wurde) versehen ist, diese Erledigung auch nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters genehmigt wurde und sich schließlich im Verwaltungsverfahrensakt der belangten Behörde auch keine Durchschrift oder Kopie der an den Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigung befindet. Die Identität des die angefochtene Erledigung (angeblich) genehmigenden Organwalters ist demgemäß nicht erkennbar und liegt auch deshalb keine wirksame Erlassung eines Bescheides vor.

3.7. Die Frage der (eigenen) sachlichen und örtlichen Zuständigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht in jeder Lage von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 27 K10 unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG).

Die vom Beschwerdeführer gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid, was entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge hat (vgl. auch VwGH 20.04.2017, Ra 2017/20/0095).

Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

3.8. Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde aus den dargestellten Gründen konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen. Darüber hinaus gebietet Art. 6 EMRK bei verfahrensrechtlichen Entscheidungen nicht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0073, mwN).

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere dem Erkenntnissen vom 28.02.2018, Ra 2015/06/0125, und vom 20.04.2017, Ra 2017/20/0095) ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Approbationsbefugnis, Asylverfahren, Behördenbezeichnung,
Bescheiderlassung, Bescheidqualität, Direktor, Fertigungsklausel,
Genehmigung, Identitätsfeststellung, Nichtbescheid, Organwalter,
Unterfertigung, Unterschrift, Unzuständigkeit BVwG, Zurechenbarkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2208497.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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