TE Vfgh Beschluss 1996/11/26 V153/95, V154/95

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Veröffentlicht am 26.11.1996
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsumfang
Satzung der Sbg Gebietskrankenkasse
VfGG §15 Abs2
VfGG §57 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung von Anträgen auf Aufhebung einer Wortfolge in einer Satzung einer Gebietskrankenkasse betreffend Zuschuß zu den Kosten für Zahnersatz wegen zu eng gefaßten Aufhebungsbegehrens und mangels Begründung für die Anwendung der zur Aufhebung beantragten Wortfolge durch das antragstellende Gericht

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit Beschluß vom 26. Juli 1995 stellt das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht in fünf verbundenen Sozialrechtssachen (Z18 Cgs 109/95 b, 18 Cgs 111/95, 18 Cgs 113/95, 18 Cgs 116/95 und 18 Cgs 117/95) gemäß Art89 Abs2 B-VG den - zu V153/95 protokollierten - Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art139 Abs1 B-VG

"die Bestimmung der Satzung der Salzburger Gebietskrankenkasse (Punkt II b des Anhanges 1 zur Satzung) bezüglich der Worte 'ein Zuschuß in Höhe von S 1.000,-- je Einheit' als gesetzwidrig aufheben."

Die angefochtene Norm gibt das Landesgericht Salzburg in seinem Antrag wörtlich wieder wie folgt:

"Anhang 1 zur Satzung: II Festsitzender Zahnersatz (§39 Abs8) b: Für Kronen anderer Art, Stiftzähne und Brückenglieder wird von der Kasse je Einheit ein Zuschuß in Höhe von S 1.000,-- geleistet (Stand der Satzung 1993)."

Zu den ihm zugrunde liegenden Sachverhalten und damit mittelbar zur Präjudizialität der bekämpften Wortfolge enthält der Antrag die folgenden Ausführungen:

"Mit den vorliegenden Klagen begehrten die klagenden Parteien den vollständigen bzw. teilweisen Ersatz für unentbehrlichen Zahnersatz, da der beklagte Sozialversicherungsträger aufgrund ihrer Anträge lediglich den Zuschuß laut Satzung gewährt habe. Die klagenden Parteien beriefen sich im wesentlichen auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.10.1993, mit welchem der Verfassungsgerichtshof eine idente Regelung in der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse bezüglich des Zuschusses als gesetzwidrig aufgehoben habe.

Die beklagte Gebietskrankenkasse beantragte Klagsabweisung und brachte vor, daß die Gewährung des Zuschusses der gegenwärtigen Rechtslage entspreche und eine Rechtsgrundlage für einen den Zuschuß übersteigenden Betrag nicht gegeben sei."

Im übrigen legt das antragstellende Gericht, gestützt auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.10.1993, V21,22/92 (= VfSlg. 13571/1993), seine Bedenken gegen die bekämpfte Bestimmung kurz dar.

1.2. Aus Anlaß von zehn verbundenen Sozialrechtssachen (Z18 Cgs 89/95, 18 Cgs 91/95, 18 Cgs 92/95 b, 18 Cgs 93/95, 18 Cgs 94/95, 18 Cgs 95/95, 18 Cgs 101/95, 18 Cgs 103/95, 18 Cgs 107/95 und 18 Cgs 108/95) stellt das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht mit Beschluß vom 8. August 1995 wieder einen Antrag auf Aufhebung der

"Bestimmung der Satzung der Salzburger Gebietskrankenkasse (Punkt II b des Anhanges 1 zur Satzung) bezüglich der Worte 'ein Zuschuß in Höhe von S 1.000,-- je Einheit' als gesetzwidrig".

Der Antrag ist zu V154/95 protokolliert. Seine Begründung ist - bis auf die letzten beiden Sätze - textgleich mit der des Antrages zu V153/95. Der zu V154/95 protokollierte Antrag enthält über das oben (Punkt 1.1.) wiedergegebene Vorbringen im Antrag zu V153/95 hinaus noch zwei Sätze zu den Prozeßvoraussetzungen. Diese lauten wie folgt:

"Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Prüfungsantrages liegen vor. Das Gericht hätte die betreffende Norm anzuwenden."

2. Der Anhang 1 zur Satzung der Salzburger Gebietskrankenkasse, Punkt II. litb), Soziale Sicherheit 1983, Amtliche Verlautbarung Nr. 31/1983, idF Soziale Sicherheit 1988, Amtliche Verlautbarung Nr. 100/1988, lautet wie folgt:

"b) Für Kronen anderer Art, Stiftzähne und Brückenglieder wird von der Kasse je Einheit ein Zuschuß in Höhe von

S 1.000,-

geleistet."

Die Satzung 1995 der Salzburger Gebietskrankenkasse, Soziale Sicherheit Nr. 6/1995, Amtliche Verlautbarung Nr. 66/1995, trat am 1. Juli 1995 in Kraft (§50 Abs1 der Satzung). Gleichzeitig damit trat die bisher geltende Satzung außer Kraft. Gemäß §50 Abs2 der Satzung 1995 der Salzburger Gebietskrankenkasse ist die aufgehobene Satzung jedoch auf eingetretene Versicherungsfälle sowie bereits geltend gemachte Leistungsansprüche, die vor ihrer Aufhebung verwirklicht wurden, weiterhin anzuwenden.

3. Die Salzburger Gebietskrankenkasse und der Bundesminister für Arbeit und Soziales sowie einige beteiligte Parteien haben Äußerungen erstattet.

4. Die - zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Anträge sind unzulässig.

4.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesvorschrift sind - wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren (VfSlg. 8155/1977, 8461/1978, 12464/1990) schon wiederholt darlegte - notwendig so zu ziehen, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und daß anderseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen (mit) erfaßt werden. Ein (Individual-)Antrag iSd Art140 B-VG, der diese Grundsätze mißachtet, ist formell unzulässig:

Die hier in den Anträgen umschriebenen Satzteile des Punktes II. b) des Anhanges 1 zur Satzung der Salzburger Gebietskrankenkasse sind - ungeachtet der Tatsache, daß infolge eines offenkundigen Schreibfehlers bei der Wiedergabe dieser Wortfolge die Wendung "je Einheit" nachgestellt wurde - nun für das Verständnis des Punktes II. b) des Anhanges 1 zur Satzung insgesamt unentbehrlich: Der laut Auffassung der antragstellenden Partei (nach der angestrebten Aufhebung) verbleibende Rest dieser Verordnungsstelle wäre nämlich als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar; er ist daher mit den aufzuhebenden Normteilen untrennbar verbunden.

4.2. Demgemäß richten sich die in Behandlung stehenden Anträge gegen eine Verordnungsstelle, die einer isolierten Prüfung und Aufhebung unzugänglich ist.

Daraus folgt, daß die Aufhebungsanträge unzulässig sind.

Schon aus diesen Erwägungen waren die (Gerichts-)Anträge zurückzuweisen.

4.3. Zu bemerken bleibt noch, daß das Gericht die Aufhebung der Worte "ein Zuschuß in Höhe von S 1.000,-- je Einheit" des Punktes II. b) des von Kronen, Stiftzähnen und Brückengliedern handelnden Anhanges 1 der Satzung beantragt hat, in der Begründung seiner Anträge aber nicht dartut, wofür unentbehrlicher Zahnersatz begehrt wird, sodaß nach den Antragsvorbringen das Vorliegen eines Zusammenhanges zwischen dem unentbehrlichen Zahnersatz und Kronen, Stiftzähnen und Brückengliedern nicht zu ersehen ist. Da somit den Anträgen zufolge eine Bestimmung aufgehoben werden soll, die sich auf Kronen, Stiftzähne und Brückenglieder bezieht, ohne daß aus den Vorbringen zu ersehen ist, daß sich die Klagen auf solche Zahnersatzteile beziehen, entsprechen die Anträge auch insofern nicht den Erfordernissen des §57 Abs2 iVm §15 Abs2 VerfGG (vgl. VfGH 13.6.1995 V74/94).

5. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V153.1995

Dokumentnummer

JFT_10038874_95V00153_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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