TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/30 I406 2104112-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2019
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Entscheidungsdatum

30.04.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I406 2104112-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. SUDAN, vertreten durch den Verein Legal Focus und RA Mag. Eva Velibeyolu, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2015, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.10.2016 und am 11.12.2018, zu Recht erkannt:

A)

1. Der Antrag von XXXX auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

2. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXXder Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat SUDAN zuerkannt.

3. Gemäß § 8 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 30.04.2020 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein sudanesischer Staatsangehöriger, reiste spätestens im November 2013 in das österreichische Bundesgebiet ein.

Er stellte am 13.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab im Rahmen der Erstbefragung am 15.11.2013 zum Fluchtgrund an, "Ich habe das Land aufgrund des Bürgerkrieges im Sudan verlassen. Ich konnte dort nicht mehr bleiben, weil ich den Druck nicht mehr ausgehalten habe."

Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 03.03.2015 gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus der Stadt XXXX in der Region XXXX, die nächst größere Stadt heißer XXXX. Er habe dort Viehzucht betrieben, jedoch im Jahr 2011 alles verloren.

Zum Fluchtgrund gab er an, im September 2011 hätten in seinem Heimatort El Damazien Kämpfe zwischen der Regierungspartei und den namentlich genannten örtlichen Machthaber begonnen, er, der Beschwerdeführer sei von der sudanesischen Regierung verhaftet und von September bis November in einem Gefängnis festgehalten worden, man habe ihn beschuldigt, zum "Geheimdienst von Darfur" zu gehören.

Da er "von den Stämmen in Dafur" sei, habe er schwere Arbeiten verrichten müssen, einige anderen seien umgebracht worden. Er habe schwere Lasten über eine Brücke tragen müssen und sei schließlich in den Fluss gesprungen, um zu fliehen.

Seine Familie sei in die Region XXXXgegangen.

Wenn der sudanesische Geheimdienst seiner habhaft geworden wäre, wäre er getötet worden. Im Dezember 2011 habe er sich nach Libyen begeben.

Seine Familie habe sich zu dieser Zeit im Sudan aufgehalten.

Mit Bescheid vom 05.03.2015, Zl. XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.11.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sudan (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Sudan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Ziffer 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 05.03.2015 stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den Verein Menschrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite.

Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 19.03.2015 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den MigrantInnen Verein St. Marx, gegen den vorangeführten Bescheid der belangten Behörde vollumfänglich Beschwerde.

Am 11.10.2016 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Am 11.12.2018 fand eine weiter mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, zu der der Beschwerdeführer nicht erschien.

Mit Mail vom 28.01.2019 wurde die vom Beschwerdeführer dem Verein Legal Focus sowie dessen Obfrau RA Mag. Eva VELIBEYOGLU erteilte Vertretungs- sowie Zustellvollmacht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer ist sudanesischer Staatsbürgerschaft sowie Herkunft und stammt aus der Region XXXX.

Der Beschwerdeführer war im Herkunftsstaat als Landwirt berufstätig und verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, in Österreich verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer hat sein Fluchtvorbringen, im Herkunftsstaat aufgrund vermeintlicher Zugehörigkeit zu einer regierungsfeindlichen Gruppe von Regierungskräften inhaftiert und am Körper verletzt worden zu sein, nicht glaubhaft gemacht und hat auch im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit Verfolgungshandlungen zu rechnen.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Politische Lage

Der Sudan ist eine Republik, deren Macht in den Händen des autoritären Präsidenten Omar Hassan al-Bashir konzentriert ist (USDOS 20.4.2018). Der Sudan ist der Verfassung nach ein Bundesstaat, der 17 Bundesstaaten umfasst. Das Zentralstaatsprinzip ist gleichwohl stark ausgeprägt. Staatspräsident ist Feldmarschall Omar Hassan Ahmad al-Baschir. Er ist zugleich Premierminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des obersten Richterrates und Befehlshaber der Polizei. Er kann die Verfassung aussetzen und den Ausnahmezustand erklären (AA 12.2017a).

1983 erklärte Präsident Nimeiri den Sudan zum islamischen Staat und führte die Scharia ein. Der südsudanesische Autonomiestatus wurde aufgehoben. Dies führte zu einem 22 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Mehr als zwei Millionen Menschen verloren durch den Krieg und seine direkten Folgen ihr Leben, und mehr als vier Millionen wurden, zum Teil mehrmals, vertrieben. Unter hohem internationalem Druck verhandelten beide Seiten ein Friedensabkommen, das im Januar 2005 unterschrieben und als Comprehensive Peace Agreement (CPA) bekannt wurde. Am 9.7.2011 erklärte der Südsudan unter großer internationaler Aufmerksamkeit und friedlicher Beteiligung des Nordens seine Unabhängigkeit. Der Sudan hat diesen neuen Staat umgehend anerkannt (GIZ 8.2018b).

Die sudanesische Innenpolitik ist maßgeblich durch die notwendigen wirtschaftlichen und politischen Anpassungen nach der Sezession des Südsudan bestimmt (AA 12.2017a; vgl. GIZ 8.2018a). Nach der Unabhängigkeit des Südsudan soll für den Sudan eine neue Verfassung ausgearbeitet werden. Die Neufassung ist immer wieder verschoben worden, soll aber Plänen zufolge stark islamisch geprägt sein. Eine neue Verfassung ist nach wie vor nicht in Sichtweite. Anfang 2015 wurden jedoch Pläne bekannt, umfangreiche Verfassungsänderungen vorzunehmen, die vor allem die Machtbefugnisse des Präsidenten stärken sollen. Die von der Opposition heftig kritisierten und Ende 2016 ratifizierten Vorhaben betreffen u.a. die Ernennung der Provinzgouverneure durch den Präsidenten, die seit den Regionalwahlen im Jahr 2010 erstmalig von der Bevölkerung direkt gewählt wurden und eine Aufwertung des Nationalen Sicherheitsdienstes (NISS) (GIZ 8.2018a).

Sudans Langzeitpräsident Omar Hassan Al-Bashir wurde am 2.6.2015 wiedergewählt und bleibt für weitere fünf Jahre im Amt (GIZ 8.2018a). Der seit 1989 amtierende Präsident Omar Al-Bashir siegte haushoch mit 94,05% der abgegebenen Stimmen. Der zweitplatzierte Kandidat erhielt 1,43%. Da alle ernst zu nehmenden Kandidaten und Parteien der Opposition die Wahl boykottierten, galt bei den Präsidentschaftswahlen die Wiederwahl von Omar Al-Bashir als reine Formsache. Wegen des Wahlboykotts der wichtigsten Oppositionsparteien, wie der Umma-Partei des früheren Ministerpräsidenten Sadiq al-Mahdi und der SPLM-Nord, des sudanesischen Ablegers der südsudanesischen SPLM, gehören unabhängige Kandidaten zu den Gewinnern der Parlamentswahlen. Die Oppositionsparteien und Rebellenorganisationen forderten die internationale Gemeinschaft zur Nichtanerkennung der Wahlergebnisse auf, da diesen die politische Legitimation fehlen würde. Politische Analysten sehen im Boykott der Wahlen durch die wichtigsten Oppositionsparteien eine Gefahr für die demokratischen Strukturen und in den hohen Wahlergebnissen für Präsident und Regierungspartei eher eine Tendenz zum Einparteienstaat (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018).

In seiner Antrittsrede bot Al-Bashir den Rebellengruppen in Darfur eine Amnestie an, sollten diese Friedensverhandlungen zustimmen und kündigte Maßnahmen gegen die grassierende Korruption im Land an (GIZ 8.2018a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2017a): Länderinformationen, Sudan, Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/-/203304, Zugriff 9.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018b): Südsudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/suedsudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 10.8.2018

Sicherheitslage

Die Lage ist in weiten Teilen des Landes angespannt (EDA 10.8.2018). Der Sudan ist seit Loslösung des Südens und dem Verlust eines Großteils seines Öleinkommens in einer schwierigen Situation, die wiederum zu inzwischen chronischen Phasen sozialer Unruhe führt (GIZ 8.2018a). Aufgrund sozialer Spannungen sind Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen daher immer wieder möglich (EDA 10.8.2018; vgl. FD 10.8.2018).

In einigen Landesteilen finden bewaffnete Konflikte statt. In mehreren Landesteilen besteht die Gefahr von Landminen und Blindgängern (EDA 10.8.2018). Es besteht weiterhin eine erhöhte Terrorismusgefahr im gesamten Sudan, auch wenn die letzten Anschlagsversuche einige Jahre zurückliegen. In verschiedenen Landesteilen wurden in den vergangenen Jahren vereinzelte Zellen, die Anschläge geplant hatten, durch sudanesische Behörden aufgedeckt (AA 10.8.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-

node/sudansicherheit/203266, Zugriff 10.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.12.2015): Reisehinweise für den Sudan, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/sudan.html, Zugriff 10.8.2018

-

FD - France Diplomatie (10.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Soudan - Securite,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-

destination/soudan/, Zugriff 10.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 10.8.2018

Spezifische regionale Risiken

Süden: Nach einem mehr als 21 Jahre dauernden Bürgerkrieg wurde das Land getrennt. Am 9.7.2011 ist im Süden der Südsudan entstanden. Wichtige Fragen bleiben aber noch ungeklärt, wie z.B. der genaue Grenzverlauf, die Zuteilung der Region Abyei zum Norden oder zum Süden, die Aufteilung der Erdöleinnahmen sowie Status und zukünftige Rechte der Südsudanesen, die zurzeit im Norden wohnen und umgekehrt. Die Sicherheitslage in der Grenzregion zwischen Sudan und Südsudan bleibt weiterhin instabil. Es kommt immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Betroffen sind vor allem die Provinzen Südkordofan und Blue Nile. In Abyei sind seit August 2011 UN-Friedenstruppen stationiert. In diesen Gebieten besteht auch Minengefahr (EDA 27.8.2018).

Westen (Darfur): Die schwelenden Stammeskonflikte im Westen des Landes sind seit Ende 2003 zu schweren Kämpfen eskaliert (EDA 10.8.2018). Die Sicherheitslage ist noch immer prekär. Es besteht das Risiko von Entführungen. Von Reisen in alle fünf Darfur-Teilregionen - Nord-, West- und Süd- Darfur sowie nach Nordkordofan wird wegen militärischer Auseinandersetzungen und hoher Bandenkriminalität abgeraten (BMEIA 27.8.2018; vgl. EDA 27.8.2018, FD 27.8.2018). Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen sind wiederkehrend. Außerdem kommt es zu einer Zunahme von Zusammenstößen zwischen den Gemeinschaften und der Zunahme krimineller Gewalttaten (FD 27.8.2018). Zwei Rebellengruppen (Justice and Equality Movement - JEM; Sudan Liberation Army - SLA), hervorgegangen aus schwarzafrikanischen Volksgruppen in Darfur, warfen der sudanesischen Regierung vor, die Region zu marginalisieren und die Bevölkerung zu unterdrücken. Die sudanesische Regierung reagierte, unterstützt von arabischen Milizen (den Janjaweed), auf diesen Angriff mit einem bewaffneten Feldzug (GIZ 8.2018a).

Zudem hat die Regierung sich zu einem Friedensschluss mit der bewaffneten Opposition in diesen Gebieten verpflichtet. Hierüber wird im Augenblick unter der Leitung des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Mbeki verhandelt (AA 6.11.2017).

Die an diesen Verhandlungen beteiligte bewaffnete Opposition besteht zurzeit aus "Sudanese People's Liberation Movement-North"(SPLM-N, aktiv in den "Two Areas"), "Justice and Equality Movement" (JEM/in Dafur) und "Sudanese Liberation Army-Minni Minnawi"(SLA-MM, in Dafur). Zu größeren Kampfhandlungen ist es zuletzt Mitte 2016 in den Marra-Bergen in Dafur gekommen, bei denen noch einmal ca. 100.000 Menschen vertrieben wurden. Seit dieser Zeit kam es nur noch zu kleineren bewaffneten Auseinandersetzungen, da infolge der Kampfhandlungen in 2016 sowohl JEM und SLA-MM, als auch die sich jeder Verhandlung bis jetzt verweigernde Rebellengruppe von Abdul Wahid Nuer über nur noch unbedeutende militärische Präsenz in Dafur verfügen. Trotz der derzeit ruhigen militärischen Lage ist Dafur noch weit von Frieden und Sicherheit für die dortige Bevölkerung entfernt. Diese Landesteile sind keineswegs befriedet. Die von ihrem Land Vertriebenen haben noch keine Möglichkeit, in ihre Heimat zurückzukehren, da weite Teile Dafurs von Gesetzlosigkeit und der Herrschaft von lokalen Milizen geprägt sind. Die gemeinsame Friedensmission der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in Darfur (UNAMID) vermag nur in sehr begrenztem Umfang zur Verbesserung der Sicherheitslage beizutragen (AA 6.11.2017). Seit März 2018 haben erneute Kämpfe zwischen der sudanesischen Befreiungsarmee Abdul Wahid (SLA-AW) mit der sudanesischen Armee und den Rapid Support Forces (RSF) jedoch zu einer weiteren Vertreibung von Hunderttausenden von Menschen geführt, die sich in Jebel Marra in schweren humanitären und Menschenrechtskrisen befinden (AI 28.6.2018)

Osten (Gedaref, Kassala, Red Sea): Im Oktober 2006 schlossen die lokalen Rebellen und die Regierung ein Friedensabkommen (EDA 27.8.2018). Seit dem East Sudan Peace Agreement (ESPA) von 2006 gibt es im Ostsudan keine bewaffneten Auseinandersetzungen mehr (AA 6.11.2017) . Zudem sind nach dem Friedensschluss zwischen der ostsudanesischen "Eastern Front" und der Regierung in Khartum in der Region viele Sicherheitskräfte präsent (AA 27.8.2018). Grenzgebiete zu Ägypten und Libyen: In den Grenzgebieten zu Ägypten und Libyen sind Banditen und Schmuggler aktiv (EDA 27.8.2018). Dort kontrollieren ehemalige, jetzt in die Armee integrierte Milizen ("Rapid Support Forces") das Grenzgebiet und liefern sich mit aus Libyen einsickernden Rebellen und Schleuserbanden Gefechte (AA 27.8.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 27.8.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (27.8.2018): Sudan: Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/sudansicherheit/203266, Zugriff 27.8.2018

-

AI - Amnesty International (28.6.2018): Sudan: Down-sized UN Mission for an over-sized human rights crisis, https://www.ecoi.net/en/file/local/1436980/1226_1530258742_afr5486802018english.pdf, Zugriff 10.8.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (27.8.2018): Reisehinweise für den Sudan, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-undreisehinweise/sudan.html, Zugriff 27.8.2018

-

FD - France Diplomatie (27.8.2018): Conseils aux Voyageurs - Soudan - Securite,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-paysdestination/soudan/, Zugriff 27.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 27.8.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

In rechtsstaatlicher Hinsicht weist der Sudan gravierende Mängel auf. Es gibt keine funktionierende Gewaltenteilung (AA 6.11.2017). Die Justiz ist ineffizient und korrupt (USDOS 20.4.2018). Auch wenn die Interimsverfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, ist diese größtenteils dem Präsidenten oder den Sicherheitskräften unterworfen (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 6.11.2017) vor allem in Fällen von angeblichen Verbrechen gegen den Staat. Manchmal zeigen die Gerichte einen gewissen Grad an Unabhängigkeit. Allerdings ist politische Einflussnahme allgemein üblich und einige hochrangige Mitarbeiter der Justiz sind gleichzeitig für das Innenministerium oder andere Teile der Exekutive tätig (USDOS 20.4.2018). Die Folge ist, dass Richter oftmals bemüht sind, mit ihren Urteilen politisch nicht anzuecken. Es fehlt u.a. an hinreichender Ausbildung der Mitarbeiter im Justizbereich. Das "Public Grievances Board", das nominell die Funktion eines Ombudsmanns ausübt, hat in der Praxis keine Bedeutung (AA 6.11.2017).

Das sudanesische Strafrecht basiert auf der Scharia und es können Strafen wie Auspeitschen, Amputationen und Steinigungen trotz verfassungsmäßigen Verbots verhängt werden (USDOS 20.4.2018). Die verfassungsmäßig zugesicherten Rechte auf ein faires und zügiges Gerichtsverfahren sowie die Unschuldsvermutung werden häufig nicht geachtet. Verhandlungen sind normalerweise öffentlich, außer wenn es sich um Vergehen gegen den Staat oder die Staatssicherheit handelt. Der Angeklagte hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, jedoch gibt es Berichte darüber, dass Angeklagten dieses Recht manchmal verweigert wird. Militärprozesse, die manchmal geheim und rasch ablaufen, beinhalten keine prozessualen Rechtsstandards. Auf dem Special Courts Act beruhende Sondergerichte bestehen meist aus Zivilrichtern, behandeln jedoch oft sicherheitsrelevante Fälle. Bei diesen Gerichten gibt es nur eingeschränkte Möglichkeiten der Rechtshilfe (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018

Sicherheitsbehörden

Mehrere Regierungsorganisationen sind für die innere Sicherheit verantwortlich: der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst NISS, das Innenministerium und das Verteidigungsministerium. Der NISS ist in allen wichtigen Städten vertreten. Das Innenministerium kontrolliert Polizeikräfte, wie unter anderem die Nationale Polizei, polizeiliche Spezialeinheiten und die Central Reserve Police (CRP) (USDOS 20.4.2018). Die im Jahr 2013 gegründeten Rapid Support Forces (RSF), als Teil des Sicherheitsapparates, fiel mit 2016 unter die Sudanese Armed Forces (SAF), welche direkt dem Präsidenten unterstellt ist. Es handelt sich dabei um eine Einheit, die größtenteils aus ehemaligen Angehörigen darfurischer Milizen (Janjaweed) besteht (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 6.11.2017).

Die Polizei agiert häufig willkürlich; eine richterliche Kontrolle polizeilichen Handelns findet kaum statt. Der mächtige NISS ist innerstaatlich de facto ohne demokratische und rechtsstaatliche Kontrolle tätig. Willkürliche Verhaftungen ohne richterlichen Haftbefehl sind Praxis (AA 6.11.2017). Straffreiheit stellt in allen Teilen der Sicherheitskräfte ein verbreitetes Problem dar (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Übergangsverfassung von 2005 Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, foltern und belästigen Sicherheitskräfte, Regierungsmilizen und Rebellengruppen politische Gegner weiterhin (USDOS 20.4.2018). Polizei- und Sicherheitskräfte gehen generell mit Härte vor. Konzepte wie Rechtsstaatlichkeit oder Verhältnismäßigkeit sind vielen Sicherheitskräften unbekannt oder werden bewusst außer Acht gelassen. Von rüdem polizeilichem Handeln sind in Khartum lebende afrikanischstämmige Südsudanesen und Binnenvertriebene aus Darfur und den Nubabergen besonders stark betroffen gewesen. Die meisten Südsudanesen haben das Land inzwischen verlassen (AA 6.11.2017). In Darfur und anderen Konfliktregionen kommt es durch Regierungstruppen, Rebellen und Stammesfraktionen zu außergerichtlichen Hinrichtungen (USDOS 20.4.2018). Vor allem der sudanesischen Armee werden systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung als eine zentrale Strategie der Kriegsführung vorgeworfen. So kommt es immer wieder zu Bombardierungen von Dörfern durch die sudanesische Luftwaffe. Weiter stellen sexuelle Gewalt in den Konfliktregionen durch Milizen der Regierung und der sudanesischen Armee und die Rekrutierung von Kindersoldaten, vor allem durch die verschiedenen Rebellenorganisationen, ein immenses Problem dar (GIZ 8.2018a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der

Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 13.8.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018

Korruption

Trotz Antikorruptionsgesetzen (USDOS 20.4.2018) ist die Korruption im Land allgegenwärtig (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018) und durchzieht sämtliche Sektoren der Wirtschaft (GIZ 8.2018a) und des Staatsapparates (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). Behördenmitarbeiter sind oftmals in korrupte Aktivitäten involviert. Die Regierung unternimmt nur wenig Bemühungen, um Gesetze zur Vermeidung und Verfolgung von Korruption anzuwenden (USDOS 20.4.2018). So rangiert das Land im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International im weltweiten Vergleich seit Jahren traditionell auf den letzten Rängen, aktuell (CPI 2017), mit Rang 175 von 180. Am meisten wird von Sudanesen die Korruption in Polizei und Behörden beklagt. Die sudanesische Polizei wird unter den weltweit zehn korruptesten Polizeikräften geführt, aber auch die Korruption in der Wirtschaft ist enorm. Nachdem Präsident al-Bashir Anfang 2012 eine Anti-Korruptionsbehörde ins Leben gerufen hatte, wurde deren Vorsitzender nach einem Jahr wegen Untätigkeit wieder abgesetzt und dessen Posten bis heute nicht wieder besetzt. Stattdessen wurde von der sudanesischen Regierung eine Untersuchungskommission zur vorherigen Prüfung von Presseveröffentlichungen, in denen Amtsträgern Korruption vorgeworfen wird, eingeführt (GIZ 8.2018a). Fälle von Korruption bei öffentlich Bediensteten werden von einem speziellen Antikorruptionsstaatsanwalt untersucht. Verhängte Strafen werden allerdings kaum exekutiert (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 13.8.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Verfassung gewährt allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte. In jüngerer Vergangenheit kam es zu keiner nennenswerten Verbesserung der Menschenrechtslage im Sudan (AA 6.11.2017). Die Menschenrechtslage bleibt im ganzen Land weiterhin prekär (GIZ 8.2018a). Der Regierung und regierungsnahen Organisationen wird eine systematische Missachtung der grundlegendsten Menschenrechte vorgeworfen. Die Menschenrechtslage wird durch die im Land herrschenden bewaffneten Konflikte in Darfur und in den Grenzregionen zum Südsudan verschärft (GIZ 8.2018a).

Meinungs- und Pressefreiheit werden von der Übergangsverfassung gewährleistet. In der Praxis wird auf private oder öffentliche Kritik seitens des Staates mit Repressalien wie etwa Verhaftungen reagiert (USDOS 20.4.2018). Medien - Presse, Radio, und Fernsehen - werden vom Staat kontrolliert. Falls sie nicht der Regierungspartei gehören oder staatlich sind, unterliegen sie einer Zensur (GIZ 8.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). So werden regelmäßig die Veröffentlichungen von Artikeln verboten oder gleich ganze Zeitungsauflagen konfisziert. Sowohl die Verbote von Zeitungsauflagen, die das wirtschaftliche Überleben von Zeitungsverlagen massiv erschweren als auch komplette Schließungen von Zeitungen lassen viele Journalisten arbeitslos werden. Auch wird Druck auf Zeitungsherausgeber ausgeübt, um die Inhalte von Nachrichten zu steuern oder Berufsverbote für Journalisten verhängt. Bei unerwünschter Berichterstattung auch ausländischer Medien reagiert die Staatsgewalt mit der Schließung von deren Büros. Nach Berichten von Reporter ohne Grenzen gehören zu den zahlreichen Tabuthemen z.B. die Berichterstattung über Militäraktionen in den Unruheprovinzen des Landes, Meldungen zu Versorgungsengpässen und Korruptionsvorwürfe gegen Amtsträger (GIZ 8.2018a). Zwar wurde die Pressezensur 2009 formell aufgehoben, weiter bestehende Selbstzensur und administrative Hindernisse verhindern eine wirkliche Pressefreiheit (AA 12.2017a; vgl. AA 6.11.2017).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind gemäß der Verfassung gewährleistet, werden jedoch seitens der Regierung massiv eingeschränkt. Versammlungen von mehr als fünf Personen ohne Genehmigung werden seitens der Regierung als illegal betrachtet (USDOS 20.4.2018). Menschenrechtsorganisationen werden geschlossen oder an ihrer Arbeit gehindert (AA 12.2017a; vgl. USDOS 20.4.2018). Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger haben das Land verlassen. Der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst (National Intelligence and Security Service - NISS) überwacht politische Gegner und kann missliebige Personen ohne richterlichen Beschluss verhaften (USDOS 20.4.2018).

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) hat im Jahr 2009 für den sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bashir einen Haftbefehl aufgrund vorgeworfener Kriegsverbrechen in Darfur ausgestellt. 2010 wurde dieser um den Tatbestand des Völkermordes erweitert. Omar Al-Bashir ist der einzige amtierende Staatschef, gegen den ein Verfahren am ICC wegen Völkermordes anhängig ist. Haftbefehle des ICC bestehen seit einigen Jahren auch gegen den ehemaligen Innenminister und jetzigen Gouverneur von Südkordofan Ahmad Harun und einen ehemaligen Anführer der Janjaweed-Milizen. Gegen den amtierenden Verteidigungsminister Abdul Rahim Hussein wurde im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen in Darfur im März 2012 ebenfalls seitens des ICC ein Haftbefehl ausgestellt. Ende 2014 stoppte der ICC die Ermittlungen zu den Kriegsverbrechen in Darfur wegen mangelnder Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft für eine Festnahme Al-Bashirs. Die Verfahren wurden bisher als endgültig gescheitert angesehen (GIZ 8.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 13.8.2018

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AA - Auswärtiges Amt (12.2017a): Länderinformationen, Sudan, Innenpolitik,

https://www.auswaertiqes-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sudan-node/-/203304, Zugriff 13.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.qiz.de/sudan/qeschichte-staat/, Zugriff 13.8.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 13.8.2018

Haftbedingungen

Die Haftanstalten sind überfüllt und weisen landesweit menschenunwürdige Zustände auf (Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung, keine durchgängige Trennung von männlichen, weiblichen und jugendlichen Gefangene (AA 6.11.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Es gibt Berichte über Todesfälle aufgrund von Fahrlässigkeit in Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten, aber umfassende Zahlen liegen nicht vor. Die lokale Presse berichtete von Todesfällen infolge des Verdachts auf Folter durch die Polizei. Das Hauptgefängnis in Khartum, das Kober-Gefängnis, enthielt getrennte Abteilungen für politische Gefangene (USDOS 20.4.2018). Begüterte Gefangene können sich die Haftbedingungen erträglicher machen. Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen ("The Regulation of Prisons and Treatment of Inmates Act") entspricht nach Angaben der Vereinten Nationen nicht den VN- Minimalstandards für die Behandlung von Gefangenen (AA 6.11.2017). Die Regierung genehmigt eingeschränkte Besuche von Gefängnissen durch Menschenrechtsbeobachter. Uneingeschränkter Zugang wird weiterhin verweigert. Das Justizministerium gewährt UNAMID (African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur) gelegentlich Zugang zu Regierungsgefängnissen in Darfur (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 16.8.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430180.html, Zugriff 16.8.2018

Todesstrafe

Der Sudan gehört zu den Staaten, in denen Todesurteile vollstreckt werden. Auch ein Urteil durch Steinigung kann verhängt werden. Im Jahr 2017 und auch im laufenden Jahr sind keine Todesstrafen vollstreckt worden (AI 2018; vgl. GIZ 8.2018a). Mindestens 17 Todesurteile wurden verhängt und 66 Begnadigungen ausgesprochen (AI 2018). 2017 tötete eine junge Frau in Notwehr Ihren Ehemann, als dieser versuchte sie zu vergewaltigen. Am 10.5.2018 wurde die junge Frau zum Tode verurteilt. Das Gericht hat das Todesurteil allerdings wieder aufgehoben und sie stattdessen zu fünf Jahren Gefängnis und einem "Blutgeld" (Dia) in Höhe von 337'500 Sudanesischen Pfund (etwa 7.500 Euro) verurteilt (AI 26.6.2018). Das Strafgesetzbuch sieht für verschiedene Delikte, einschließlich Abfall vom Islam, Ehebruch, homosexuelle Handlungen (bei der dritten Verurteilung), Vergewaltigung und verschiedene Drogendelikte die Todesstrafe vor. Das Recht sieht auch Amputation von Gliedmaßen bei Eigentumsdelikten sowie Steinigung bei Ehebruch vor. Untere Gerichtsinstanzen verhängen derartige Strafen auch, die jedoch im Instanzenzug aufgehoben werden. Amputationen und Steinigungen haben in den letzten Jahren nicht mehr stattgefunden (AA 6.11.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 16.8.2018

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AI - Amnesty International (26.6.2018): Todesurteil für Noura Hussein in Haftstrafe umgewandelt, https://www.amnesty.ch/de/laender/afrika/sudan/dok/2018/todesurteil-fuer-noura-hussein-in-haftstrafe-umgewandelt, Zugriff 3.9.2018

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AI - Amnesty International (2018): Global Report - Death Sentences and Executions 2017,

https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5079552018ENGLISH.PDF, Zugriff 16.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018a): Sudan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/sudan/geschichte-staat/, Zugriff 16.8.2018

Religionsfreiheit

Die offizielle Staatsreligion im Sudan ist der durch große politische und gesellschaftliche Bedeutung gekennzeichnete Islam. Zwar herrscht im Sudan verfassungsmäßig Religionsfreiheit, von der die Realität jedoch weit entfernt ist. Dennoch vermischen sowohl die Anhänger des Islam als auch die des Christentums ihre Glaubensvorstellungen oft mit traditionellen religiösen Praktiken (GIZ 8.2018b). Schätzungen zufolge sind 97 Prozent der Bevölkerung im Sudan Muslime, davon fast alle Sunniten. Die restlichen drei Prozent sind vorwiegend Christen (USDOS 29.5.2018).

Die Verfassung gewährt Religionsfreiheit (AA 6.11.2017; vgl. USDOS 29.5.2018). Gesetze und Regierungspraxis bevorzugen allerdings den Islam. Das Ministry of Guidance and Endowments (MGE) regelt die islamische Religionspraxis, einschließlich Aktivitäten wie die Überprüfung von Freitagspredigten in Moscheen, überwacht die Kirchen und ist für die Gewährleistung der Gleichbehandlung aller religiösen Gruppen zuständig. Die MGE gibt auch Empfehlungen an die zuständigen Ministerien in Bezug auf religiöse Fragen, mit denen die Ministerien konfrontiert sind (USDOS 29.5.2018). Durch die 2007 eingesetzte "Nationale Kommission zum Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen in der Hauptstadt" ist der Schutz der Rechte nicht-muslimischer Minderheiten jedenfalls in der Hauptstadt institutionalisiert (AA 6.11.2017). Die seelsorgerische und soziale Tätigkeit der christlichen Kirchen in Khartum, die vor Inkrafttreten des Friedensabkommens häufig behindert wurden, ist derzeit weitgehend frei. Aus anderen Teilen des Nordsudans kommen gelegentlich Meldungen über Schikanen gegenüber christlichen Kirchen, die im muslimisch geprägten Umfeld tätig sind (AA 6.11.2017).

Auf Apostasie, insbesondere den Übertritt eines Muslims zum Christentum, steht nach der 1983 eingeführten Scharia die Todesstrafe, deren Vollstreckung bis zum Vollzug der Hinrichtung durch Sprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses abgewendet werden kann (AA 6.11.2017; vgl. USDOS 29.5.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (6.11.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan, (Stand: Oktober 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419907/4598_1513253244_auswaertiges-amt-berichtueber-sudan-stand-oktober-2017-06-11-2017.pdf, Zugriff 16.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (8.2018b): Sudan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sudan/gesellschaft/, Zugriff 16.8.2018

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USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436834.html, Zugriff 16.8.2018

Ethnische Minderheiten

Der Sudan ist ein Vielvölkerstaat mit etwa fünfzehn größeren Ethnien, ihren mehreren hundert Untergruppen und kleineren Ethnien. Durch die Vielzahl von Konflikten und daraus resultierenden Vertreibungen variieren die Informationen und Statistiken zur ethnischen Gliederung des Landes. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung wird zum arabisch-islamischen Bevölkerungsteil gezählt. Größere arabische Gruppen wie z.B. die Ja'aliyin und die Shayqiya, traditionell Bauern und Viehzüchter, stellen zumeist auch die politische und wirtschaftliche Bildungselite der nordsudanesischen Gesellschaft. Größtenteils als Kamel- und Rindernomaden leben die Kababish in Nord-Kordofan und die Baggara im östlichen Darfur und Süd-Kordofan. Immer wieder zu schweren Ausschreitungen führt der Konflikt zwischen den zu den nomadischen Baggara gehörenden Misseriye aus dem Süden Kordofans, die ihre Herden traditionell in die zwischen dem Sudan und Südsudan umstrittene Region Abyei treiben und den hier ansässigen Ngok-Dinka. Zu den bekanntesten nichtarabischen Gruppen des Sudan gehören z.B. die beiderseits der ägyptisch-sudanesischen Grenze am Nil lebenden Nubier und die Volksgruppen Darfurs, darunter die Zaghawa, deren ökologisch bedingte Abwanderung aus Norddarfur u.a. als einer der Gründe des Darfur-Konflikts angesehen wird und die vornehmlich Hirseanbau betreibenden Fur, die der Region den Namen gaben (Dar Fur - Land der Fur), sowie die im ariden Ostsudan am Roten Meer als Kamelnomaden lebenden Beja (GIZ 8.2018b). Es gibt keine Gesetzgebung, die sich diskriminierend gegen ethnisch definierte Gruppen richtet. In der gesellschaftlichen Realität mit vielen hunderten ethnischen Gruppen arabischer und afrikanischer Prägung bei knapp 32 Mio. Einwohnern bestehen allerdings vielfältige Spannungen, die erhebliche ethnische Komponenten aufweisen. Vorurteile, diskriminiere

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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