Entscheidungsdatum
02.05.2019Norm
AVG §56Spruch
W170 2214004-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichts Salzburg vom 28.09.2018, Zl. Jv 360/18b, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 und § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019, nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX wurde im zu Zl. 41 Ps 63/13d geführten Pflegschaftsverfahren vor dem Bezirksgericht Salzburg von Rechtsanwalt Dr. Rémy HORCICKA als Verfahrenshelfer vertreten. Diese Verfahrenshilfe erstreckte sich nur auf dieses Pflegschaftsverfahren. RA Dr. HORCICKA vertritt XXXX nicht im gegenständlichen Verwaltungsverfahren und liegt auch keine dahingehende Vollmacht vor.
1.2. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichts Salzburg wurde über XXXX hinsichtlich des Bezirksgerichts Salzburg ein Hausverbot mit näher bestimmten Ausnahmen verhängt.
Die Zustellverfügung richtet sich (u.a.) an folgende Empfänger: " XXXX über zuständiges engl. Gericht" (mit dem Vermerk "offen"), "RA DR. Horcicka", "Sicherheitsbeauftragter LG ( XXXX )" und "OLG Linz".
1.3. XXXX hat eine Kopie des angefochtenen Bescheides von RA Dr. HORCICKA per E-Mail erhalten, der Bescheid selbst ist ihm nie zugegangen.
1.4. XXXX ist seit 28.09.2018 im Inland zur Festnahme ausgeschrieben und konnte bislang nicht festgenommen werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. zu 1.1.: Aus dem Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 11.12.2017, Zl. 41 Ps 63/13d - 457 ergibt sich folgende Begrenzung der Verfahrenshilfe: "Die Beigebung des Rechtsanwalts gilt für: neu anhängig gemachtes Verfahren über die Regelung der persönlichen Kontakte mit Ausnahme der noch offenen Entscheidung über die Begleitung der Übergaben der bereits geregelten Kontakte; Regelung der Obsorge und das weitere Verfahren (einschließlich eines nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleiteten Vollstreckungsverfahrens)."
Die Feststellung, dass sich die Verfahrenshilfe nur auf dieses Pflegschaftsverfahren erstreckte, ergibt sich aus den eigenen Angaben des RA Dr. HORCICKA in seinem an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Schreiben vom 19.02.2019, in dem er näher ausführte, die Verfahrenshilfe habe am 21.11.2018 ausdrücklich geendet, was RA Dr. HORCICKA dem Bezirksgericht Salzburg auch mitgeteilt habe.
Die Feststellung, dass RA Dr. HORCICKA keine Vollmacht hat, XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) im gegenständlichen Verfahren zu vertreten, ergibt sich daraus, dass im Akt keine solche einliegt und jener dies auch ausdrücklich bestreitet.
2.2. zu 1.2.: Die Feststellung über den Inhalt und die Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides ergeben sich aus diesem selbst.
2.3. zu 1.3.: Über Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Zustellnachweises des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde an, nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers habe er am 05.10.2018 durch seinen Rechtsvertreter vom Hausverbot Kenntnis erlangt; eine Zustellung an den Beschwerdeführer selbst habe nicht erfolgen können, da zum damaligen Zeitpunkt keine zustellungsfähige Anschrift bekannt gewesen sei; auch der Verfahrenshelfer habe bestätigt, das Hausverbot dem Beschwerdeführer, allerdings per E-Mail, weitergeleitet zu haben und legte den Rückschein der Zustellung des angefochtenen Bescheides an RA Dr. HORCICKA am 03.10.2018 vor.
2.4. zu 1.4.: Die Feststellung hinsichtlich der Ausschreibung des Beschwerdeführers zur Festnahme ergibt sich aus einem an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Schreiben der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 19.02.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2019 (in Folge: B-VG), dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens eines Bescheides zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 2).
Zu A)
3.1. Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2011, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).
3.2. Eine Bevollmächtigung zeitigt ungeachtet ihres Umfangs zwar nur in dem Verfahren, in dem der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist oder sich als Rechtsanwalt oder Notar auf die ihm erteilte Vollmacht berufen hat, verfahrensrechtliche Wirkungen. In anderen Verfahren kann auf eine Vollmacht, die in einem bei der Behörde anhängigen oder anhängig gewesenen Verfahren ausgewiesen ist, aber verwiesen werden. Die Entscheidung, ob von einer schon beigebrachten Vollmacht auch in anderen Verfahren Gebrauch gemacht wird, bleibt der Partei und ihrem Vertreter überlassen. (VwGH 6.05.1998, 97/21/0341; VwGH 28.08.2008, 2008/22/0607). Grundsätzlich hat eine Bevollmächtigung in dem Verfahren, in dem der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist, verfahrensrechtliche Wirkungen (VwGH 29.05.2013, 2011/22/0130). Der Verfahrenshelfer kann nur in jenen Rechtsachen in seiner Eigenschaft als Vertreter des Beschwerdeführers tätig werden, für die der Beschwerdeführer die Verfahrenshilfe beantragt und bewilligt hat (VwGH 24.05.1996, 95/17/0630). Im gegenständlichen Verfahren ist deswegen nicht davon auszugehen, da der Bestellungsbeschluss die Bevollmächtigung des Verfahrenshelfers ausdrücklich auf das Pflegschaftsverfahren beschränkt und sich darüber hinaus auch weder der Beschwerdeführer noch sein Verfahrenshelfer aus dem pflegschaftsrechtlichen Verfahren darauf berufen, dass dieser den Beschwerdeführer auch in diesem Verfahren vertritt.
Für das gegenständliche Verfahren hat der Beschwerdeführer auch noch keine Verfahrenshilfe beantragt oder bewilligt bekommen.
3.3. Die im gegenständlichen Bescheid unter "ZV" angeführte Bezeichnung " XXXX über zuständiges engl. Gericht - offen" kann - mangels genaueren Angaben - nicht als wirksame Zustellung angesehen werden, da dem Beschwerdeführer das Dokument nach der Aktenlage auf diesem Wege nicht zugekommen ist; aus den Angaben der belangten Behörde ergibt sich auch, dass offensichtlich nicht einmal versucht wurde, dem Beschwerdeführer selbst zuzustellen ("Eine Zustellung an Herrn XXXX selbst konnte nicht erfolgen, da zum damaligen Zeitpunkt keine zustellungsfähige Anschrift bekannt war."). Vielmehr hat sich die belangte Behörde darauf verlassen, dass RA Dr. HORCICKA dem von ihm in einem anderen Verfahren vertretenen Beschwerdeführer den Bescheid zukommen lassen würde.
Die entsprechend der Zustellverfügung erfolgende Zustellung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, vermag jedoch gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten. Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann auch nicht heilen, weil kein Fall des § 7 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2018 (in Folge: ZustG), vorliegt (VwGH 18.06.2008, 2005/11/0171; VwGH 14.12.2011, 2009/01/0049 mwN; VwGH 26.02.2014, 2013/04/0015).
Für wen nach dem - allein maßgebenden - Willen der Behörde das Schriftstück bestimmt ist, wer also "Empfänger" desselben im Sinn des Zustellgesetzes ist, hängt von der Zustellverfügung ab. Die Zustellung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entsprechend der Zustellverfügung vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten, dies selbst im Fall des tatsächlichen Zukommens an die Partei. Auch bewirkt weder die bloße Kenntnisnahme von einem Bescheid noch die private Anfertigung einer Fotokopie davon noch etwa die Übermittlung einer Telekopie durch eine von der Behörde verständigte andere Person, dass das Schriftstück tatsächlich zugekommen und eine Heilung des Zustellmangels im Sinn des § 7 ZustG eingetreten ist. (VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0013).
Wenn ein unzutreffender Empfänger in der Zustellverfügung genannt wird, so liegt kein Fall vor, bei dem im Sinne des § 7 ZustG durch das tatsächliche Zukommen des Dokumentes an den Empfänger eine Heilung eines Zustellmangels und damit eine wirksame Zustellung erfolgen könnte (VwGH 23.11.2016, Ra 2015/05/0092; VwGH 20.03.2018, Ro 2017/05/0015).
Genau dies ist jedoch gegenständlich der Fall: Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid nur dem vermeintlichen Vertreter zugestellt, der im Verwaltungsverfahren jedoch nicht Zustellungsbevollmächtigter des Beschwerdeführers war. Dieser Mangel kann selbst durch ein tatsächliches Zukommen des Bescheides an den Beschwerdeführer nicht geheilt werden; im gegenständlichen Fall ist jedoch dem Beschwerdeführer selbst bislang nur eine Telekopie des (nicht über eine Amtssignatur verfügenden) Bescheides per E-Mail zugekommen und nicht der zuzustellende Bescheid selbst - dies selbst unter der Annahme, dass die Angabe " XXXX über zuständiges engl.
Gericht" als Zustellverfügung an den Beschwerdeführer ausreicht:
Maßgeblich ist für den Tatbestand des "tatsächlichen Zukommens", dass der Bescheid im Original tatsächlich (körperlich) in Empfang genommen wird (VwGH 16.09.2009, 2006/05/0080; VwGH 18.03.2013, 2011/05/0084; VwGH 16.07.2014; 2013/01/0173).
Gemäß § 7 ZustG gilt, wenn im Verfahren der Zustellung Mängel unterlaufen, die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Dabei muss es sich um das zuzustellende Dokument handeln. Das Gesetz sieht eine Heilung von Zustellmängeln durch tatsächliches Zukommen der - rechtswidrig erfolgten - schriftlichen Verständigung von der Hinterlegung nicht vor. Auch vermag die bloße Kenntnis vom Vorhandensein eines zuzustellenden Dokuments (hier: des Bescheides) Zustellwirkungen nicht zu entfalten (VwGH 03.10.2013, 2013/09/0103; VfGH 26.06.1996, B 793/95; VwGH 19.10.2017; Ra 2017/20/0290).
3.4. Tatsächlich ist der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer selbst nicht zugegangen. Die von der belangten Behörde verfügte und auch durchgeführte Zustellung an RA Dr. HORCICKA war nicht rechtswirksam.
Eine ordnungsgemäße Zustellung fand nicht statt, der Bescheid wurde folglich nicht erlassen. Wird ein Bescheid nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht anfechtbar (Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, RZ 8 zu § 62, S 781).
Da der angefochtene Bescheid bislang nicht rechtswirksam erlassen wurde, und somit mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes, war die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.
Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides und abermaliger Beschwerde ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung dargestellt, in deren Licht sich eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht erkennen lässt.
Schlagworte
Bescheidadressat, Bescheiderlassung, Beschwerdelegimitation,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2214004.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.10.2019