TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 I401 2202623-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §2
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I401 2202623-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. am XXXX alias XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria alias Süd-Sudan, vertreten durch Solicitor Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 26.03.2019, Zahl:

XXXX, zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VII. wird stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 02.10.2017 unter einer anderen Identität und Nationalität den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid vom 08.07.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

1.3. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 03.09.2018, I408 2202623-1/2E, als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

2.1. Am 12.12.2018 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

2.2. Mit dem bekämpften Bescheid vom 26.03.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurück (Spruchpunkt I. und II.), erteilte keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG (Spruchpunkt VI.) und erließ ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG (Spruchpunkt VII.)

2.3. Mit dem am 16.04.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangten Schreiben vom 11.04.2019 übermittelte die belangte Behörde die rechtzeitig und zulässig gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers.

3. Auf telefonische Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.04.2019 teilte ein Mitarbeiter des Standesamtes Stockerau mit, dass die zwischen dem Beschwerdeführer und I-K S, einer rumänischen Staatsbürgerin, für den 29.03.2019 geplante Eheschließung erfolgt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der aus dem Delta State stammende, volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Ibo an. Seine Identität steht fest.

Er ist gesund und arbeitsfähig. Er verfügt über keine hinreichenden Deutschkenntnisse.

Er reiste illegal nach Österreich ein und hält sich seit zumindest 02.10.2017 im Bundesgebiet auf. Sein erster Antrag auf internationalen Schutz vom selben Tag wurde letztlich mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2018 als unbegründet abgewiesen.

Er ging und geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog bis 21.09.2018 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung (wie Unterbringung, Verpflegung, Taschengeld und Krankenversicherung).

Der Beschwerdeführer absolvierte in Österreich eine katholische Kirche. Darüber hinaus weist er in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Er schloss die jeweils sechs Jahre dauernde Grundschule und Sekundarschule in Nigeria ab. Anschließend studierte er Kunst. Dieses Studium brach er nach drei Jahren ab. Vor seiner Ausreise aus Nigeria arbeitete er als Friseur.

Seine Familie, bestehend aus einer Schwester, einem Bruder und seiner Mutter, zu der er per Telefon regelmäßig Kontakt pflegt, sowie weitere Verwandte leben in Nigeria.

Der Beschwerdeführer hat in Nigeria traditionell geheiratet und hat zwei Kinder im Alter von ca. 3 1/2 und 5 1/2 Jahren. Ob er Vater eines dritten Kindes geworden ist, konnte nicht festgestellt werden.

Am 29.03.2019 hat er am Standesamt Stockerau die Ehe mit I-K S, die rumänische Staatsbürgerin ist und seit 11.05.2015 mit Unterbrechungen bzw. seit 01.10.2016 bis laufend in Österreich eine selbständige Erwerbstätigkeit nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) ausübt, geschlossen. Der Beschwerdeführer ist infolge der Eheschließung begünstigter Drittstaatangehöriger.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe, welche nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Verfahrens entstanden sind und denen ein glaubhafter Kern innewohnt, vor.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im ersten Asylverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten. Im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen bekannt geworden.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Zur Behandlung bei einer Rückkehr:

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reise-ausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitorings der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei der keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem in Kopie vorliegenden, bis 16.09.2019 ausgestellten nigerianischen Reisepass.

Soweit Feststellungen zur Religionszugehörigkeit, zur nigerianischen Staatsangehörigkeit, zur strafrechtlichen Unbescholtenheit und dem Bezug von Leistungen der Grundversorgung getroffen wurden, beruhen diese auf seinen im ersten Asylverfahren und im gegenständlichen Verfahren getätigten Angaben sowie auf den aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, dem Informationssystem Zentrales Fremdenregister, dem Grundversorgungssystem und dem Strafregister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Nigeria traditionell geheiratet und zwei Kinder im Alter von ca. 3 1/2 und 5 1/2 Jahren hat, fußt auf seinen im ersten Asylverfahren gemachten Angaben. Ob er - wie er damals vorbrachte - Vater eines dritten Kindes geworden ist, konnte mangels Vorlage von Dokumenten nicht festgestellt werden.

Dass er am 29.03.2019 am Standesamt Stockerau die Ehe mit der im Bundesgebiet aufhältigen rumänischen Staatsbürgerin I-K S, die von ihrem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht hat und in Österreich selbständige erwerbstätig ist, geschlossen hat, beruht auf einer telefonischen Nachfrage bei einem Mitarbeiter der Standesamtes Stockerau vom 18.04.2019 und der Abfrage im Zentralen Melderegister vom selben Tag, wonach beim Beschwerdeführer und bei seiner Ehefrau am 29.03.2019 ein Eintrag ins Ehebuch (mit derselben Dokumentennummer) erfolgt ist, sowie - die selbständige Erwerbstätigkeit der Ehefrau betreffend - auf einem Versicherungsdatenauszug vom 03.05.2019.

Die mangelnden Deutschkenntnisse ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme vom 30.01.2019, bei der er die auf Deutsch gestellte Frage "Wie gut sprechen Sie Deutsch" mit "nein" beantwortete (AS 197).

2.2. Zum Antrag auf internationalen Schutz:

Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer (unter Angabe einer falschen Identität und Nationalität) im ersten Asylverfahren zunächst an, homosexuell und mit seinem Partner bei sexuellen Handlungen in Nigeria erwischt worden zu sein. Aus Angst um sein Leben habe er fliehen müssen.

In der Folge änderte er sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass er als Mitglied einer bestimmten Sekte im Rahmen eines Streites zwischen verfeindeter Sekten verdächtigt worden sei, ein Mitglied einer anderen Sekte in eine tödliche Falle gelockt zu haben, wofür er verantwortlich gemacht worden sei. Daher sei er verfolgt worden.

Im gegenständlichen (Folge-) Verfahren gab er bei der am 12.12.2018 erfolgten Erstbefragung an, seine erstgenannten (gemeint: die im ersten Asylverfahren von ihm dargelegten) Gründe aufrecht erhalten zu wollen. Vor zwei Monaten habe er mit seiner Mutter in Nigeria telefoniert. Gegen ihn laufe ein Gerichtsverfahren. Diesbezüglich habe er alle Angaben bei seiner ersten Befragung gemacht. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass die Entscheidung des Gerichts gefällt worden sei. Er müsse ca. € 19.000,-- zurückzahlen. Dieses Geld könne er unmöglich aufbringen. Zusätzlich sei er zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe in Abwesenheit verurteilt worden. Darüber hinaus machte er geltend, dass die Person, die ihn nach Europa gebracht habe, ihm im Fall des Wiedersehens mit dem Tod gedroht habe, weil er ihm ca. € 6.000,-- schulde. Diese Person übe Druck auf seine Familie aus (AS 11 ff).

Bei seiner Einvernahme vom 30.01.2019 durch die belangte Behörde äußerte der Beschwerdeführer, dass es zwischen der Familie des Verstorbenen und seiner Familie Verhandlungen gegeben habe, das Verfahren abgeschlossen sei und der Richter das Urteil bereits verkündet habe. Er müsse Schulden an das Gericht bezahlen. Er müsse die Bedrohung von C irgendwie bewältigen. Der Hauptgrund, der alles verursacht habe, sei der Tod des Freundes gewesen (AS 177; AS 205). Seine im Erstverfahren angegebenen Fluchtgründe seien noch aufrecht. Das Gerichtsverfahren sei erst nach seiner Ausreise anhängig gemacht geworden. Er wiederholte erneut, aus Nigeria ausgereist zu sein, weil es Probleme mit den "Kult-Leuten" gegeben habe, weil er dafür verantwortlich gemacht worden sei, dass "jemand" gestorben sei.

Sein "neues" Fluchtvorbringen stützt der Beschwerdeführer zum einen auf Umstände, welche er bereits im Rahmen des vorhergehenden Verfahrens auf Gewährung internationalen Schutzes geltend machte, insbesondere nahm er erneut auf die (dort als Schlepper charakterisierte) Person, die ihn nach Europa gebracht habe, ihm im Fall des Wiedersehens mit dem Tod gedroht habe, weil er ihm ca. €

6.000,-- schulde, und Druck auf seine Familie ausübe, Bezug.

Zum anderen legte er dar, dass ein Gerichtsverfahren, welches erst nach seiner Ausreise aus Nigeria anhängig gemacht geworden sei, nunmehr abgeschlossen sei und der Richter das Urteil verkündet habe. Er müsse "Schulden" an das Gericht in der Höhe von ca. € 19.000,-- bezahlen. Zudem sei er zu einer achtjährigen Gefängnisstrafe in Abwesenheit verurteilt und gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden.

Der Beschwerdeführer unterließ es, obwohl er durch die belangte Behörde aufgefordert wurde, Beweismittel (im Original) über die erst nach seiner Ausreise aus Nigeria erfolgte Verurteilung zu einer Geldstrafe und achtjährigen Freiheitsstrafe vorzulegen, wobei er auch einen Antrag auf Fristerstreckung zur Vorlage geeigneter Unterlagen stellte. Er konnte damit nicht seine Behauptung unter Beweis stellen, ob, und - gegebenenfalls - wann sowie wegen welcher (Straf-) Tat(en) er (rechtskräftig) durch ein (Straf-) Gericht in Nigeria verurteilt wurde.

Zudem blieben seine Angaben, wann er von seiner nach der Ausreise aus Nigeria erfolgten Verurteilung Kenntnis erlangte, widersprüchlich. So äußerte er bei seiner am 30.01.2019 erfolgten Einvernahme zunächst, dass der Vorfall, bei dem sein Freund ums Leben gekommen sei, bereits fünf Monate nach seiner Einreise nach Österreich, somit im März 2018, bei einem nigerianischen Gericht anhängig gemacht worden sei. In der Folge berichtigte er jedoch auf Vorhalt, warum er diesen Umstand nicht bereits im ersten Verfahren geltend gemacht habe, seine Aussagen dahingehend, dass zum Zeitpunkt des Erstverfahrens noch kein Gerichtsverfahren anhängig gewesen und der Fall erst im Juli 2018 vor Gericht gekommen sei. Sollte es tatsächlich zutreffen, dass er erst im Juli 2018 von seiner Verurteilung zu einer Geld- und Haftstrafe Kenntnis erlangt hat, hätte er diese (bis zum gegebenen Zeitpunkt nicht belegte) Behauptung bereits in der gegen den ersten negativen Bescheid vom 08.07.2018 erhobenen Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren vorbringen können, was er jedoch nicht getan hat. Damit hätte er bereits im ersten Asylverfahren von seiner Verurteilung zu einer Geld- und Haftstrafe Kenntnis erlangt.

Zudem qualifizierte das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 03.09.2018 die vom Beschwerdeführer in diesem (ersten) Asylverfahren getätigten einander widersprechenden Angaben, auch unter dem Gesichtspunkt, dass er seine wahre Identität verschleierte, als äußerst unglaubhaft. Es schenkte seinem revidierten Vorbringen, er sei als Mitglied einer bestimmten Sekte im Rahmen eines "Sekten-Streites" verdächtigt worden, ein Mitglied einer anderen Sekte (- im gegenständlichen Verfahren - einen Freund) in eine tödliche Falle gelockt zu haben, wofür er verantwortlich gemacht worden sei, keinen Glauben. Es sprach diesem Vorbringen die Glaubwürdigkeit ab, sodass auch einer in der Folge bzw. nach der Ausreise angeblich erfolgten Verurteilung kein glaubhafter Kern zukommen kann.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

AA - Auswärtiges Amt (02.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 30.06.2017

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DS - Der Standard (31.01.2017): Nigeria wieder in der AU, doch Westsahara-Streit bleibt,

http://derstandard.at/2000051784210/Afrikanische-Union-diskutiert-Wiederaufnahme-von-Nigeria, Zugriff 30.06.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (06.2017a), LIPortal - Nigeria - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/Nigeria/geschichte-staat/, Zugriff 30.06.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (09.2015): Asylländerbericht Nigeria

-

AA - Auswärtiges Amt (05.07.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NigeriaSicherheit_node.html, Zugriff 05.07.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (05.07.2017): Reiseinformation Nigeria, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/Nigeria/, Zugriff 05.07.2017

-

DS - Der Standard (29.5.2017): Anführer der Proteste in Nigeria festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 5.7.2017

-

DS - Der Standard (28.06.2017): Nigeria: Fast 80 Polizisten bei Ausschreitungen verletzt,

http://derstandard.at/2000060215022/Nigeria-Fast-80-Polizisten-bei-Ausschreitungen-verletzt?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

-

FD - France Diplomatie (05.07.2017): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/maroc/, Zugriff 05.07.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (02.2017b): Nigeria - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 05.07.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (27.06.2017): The World Factbook

-

Western Sahara,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/wi.html, Zugriff 05.07.2017

-

DF - Deutschlandfunk (26.09.2016): EU, Nigeria und der Westsahara-Konflikt - Handel mit Afrikas letzter Kolonie, http://www.deutschlandfunk.de/eu-Nigeria-und-der-westsahara-konflikt-handel-mit-afrikas.724.de.html?dram:article_id=366913, Zugriff 05.07.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (10.03.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Nigeria (Stand: März 2017)

-

USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

-

AI - Amnesty International (22.02.2017): Amnesty International Report 2014/15 - Kingdom of Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/336547/479222_de.html, Zugriff 30.06.2017

-

TI - Transparency International (25.01.2017): Corruptions Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 30.06.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2017 - Morocco and Western Sahara,

http://www.ecoi.net/local_link/334712/476546_de.html, Zugriff 30.6.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft Rabat (9.2015): Asylländerbericht Nigeria

-

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

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DS - Der Standard (29.5.02017): Anführer der Proteste in Nigeria festgenommen,

http://derstandard.at/2000058382533/Hunderte-Marokkaner-demonstrierten-in-Protesthochburg-Al-Hoceima?ref=rec, Zugriff 05.07.2017

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USDOS - U.S. Department of State (10.08.2016): 2015 International Religious Freedom Report - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/328443/469221_de.html, Zugriff 03.07.2017

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AA - Auswärtiges Amt (2.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 04.07.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (6.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://liportal.giz.de/Nigeria/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 04.07.2017

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DIS - Danish Immigration Service (2.2017): Morocco - Situation of Unaccompanied Minors,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1490253625_morocco-situationofunaccompaniedminors-06032017.pdf, Zugriff 06.07.2017

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USDOS - U.S. Department of State (03.03.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Morocco, http://www.ecoi.net/local_link/337215/479978_de.html, Zugriff 30.06.2017

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VB - Verbindungsbeamter des BMI in Rabat (30.05.2017):

Anfragebeantwortung Kinder und Jugendliche, nach direkter Rücksprache mit einem Mitarbeiter der NGO "Association Marocaine des Droits Humains" (AMDH), sowie mit Frau Saida SAGHER von der Organisation "BAYTI" (übersetzt "mein Haus") in Casablanca, einer Organisation, die sich speziell für Straßenkinder einsetzt; übermittelt per E-Mail vom 30.05.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert, sondern allgemein gehalten entgegen. Auf eine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Nigeria, welche ihn individuell und konkret betreffen könnte, nahm er nicht Bezug und konnte Gegenteiliges auch nicht festgestellt werden.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen an.

Zu Spruchpunkt A):

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, Zl. 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nichts anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG dann vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. VwGH 24.02.2005, 2004/20/0010 bis 0013).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391).

3.1.2. "Sache" des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist daher die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d. h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus.

Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2018 die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2018 als unbegründet abgewiesen wurde.

Die Entscheidung der belangten Behörde, dass entschiedene Sache vorliegt, erfolgte zu Recht:

Die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sind - wie in der Beweiswürdigung dargelegt - nicht geeignet, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken. Ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt konnte nicht festgestellt werden. Aufgrund des Umstandes, dass es sich zum einen um "Fluchtgründe" handelt, welche der Beschwerdeführer bereits im vorangegangenen Asyl- und Beschwerdeverfahren hätte vorbringen können, nämlich die bereits erlangte Kenntnis über eine erfolgte Verurteilung, und er zum anderen "alte" Fluchtgründe erneut vorbrachte, nämlich die Bedrohung durch eine Person, der er ca. €

6.000,-- schulden soll, kann von einer Änderung des Sachverhalts nicht ausgegangen werden.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt mit Bezug auf den Status des Asylberechtigten entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden kann.

3.2.2. Zu überprüfen ist auch, ob sich der Sachverhalt und/oder die Rechtslage in Bezug auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verändert haben. Eine diesbezügliche asylrelevante Änderung hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, wie auch eine Änderung der Rechtslage in Bezug auf § 8 AsylG 2005 nicht eingetreten ist.

Eine Änderung der Lage in Nigeria ist nicht erfolgt. Es gibt keine Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse). Eine maßgebliche Änderung der Sachlage in Nigeria wurde auch vom Beschwerdeführer nicht substantiiert behauptet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. VwGH vom 23.03.2017, Ra 2016/20/0188); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen.

Zu prüfen sind aber auch allenfalls eingetretene Änderungen in der Person des Beschwerdeführers, welche eine neue Refoulement-Prüfung notwendig machen könnten. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen physischen und psychischen Erkrankung leidet, wobei in diesem Zusammenhang auf die beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen wird.

Es ist daher auch in Bezug auf die Frage des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Änderung des Sachverhalts gegenüber der rechtskräftigen Vorentscheidung eingetreten.

Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war damit auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtmäßig, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

3.2.3. Zur Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria, Nichtgewährung eine Frist für die freiwillige Ausreise sowie zur Erlassung eines auf die Dauer von drei Jahren befristeten Einreiseverbots (Spruchpunkte III. bis VII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatangehöriger:

Der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich eine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht (vgl. das Erk. vom 23.03.2017, Ra 2016/21/0349; den Beschluss vom 31.08.2017, Ra 2017/21/0133), dass bei begünstigen Drittstaatsangehörigen die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene amtswegige Prüfung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nach § 57 AsylG 2005 von vornherein nicht in Betracht komme, weil die genannte Bestimmung des 7. Hauptstücks gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige gelte. Zudem dürfe gegen begünstigte Drittstaatsangehörige keine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG erlassen werden.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hielt sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlas

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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