TE Bvwg Beschluss 2019/5/6 I408 2175480-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I408 2175480-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichterin dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West vom 30.04.2019, Zl. 1072171207/19038335, betreffend XXXX, geboren am XXXX, StA Nigeria, beschlossen:

A)

Die gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist nicht rechtswidrig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste von Ungarn kommend illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig als unbegründet abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Aufgrund seiner Straffälligkeit wurde zudem der Verlust des Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ab dem 11.01.2017 festgestellt und über ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt. Diese Entscheidung erwuchs mit 09.11.2017 in Rechtskraft.

Am 29.03.2019 wurde von der nigerianischen Botschaft in Wien die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers bestätigt und die Ausstellung eines Heimreiszertifikates zugesagt.

Am 15.04.2019 stellte der Beschwerdeführer aus der Strafhaft heraus einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass ihm im Gefängnis erfahren habe, dass sein Haus von anderen Personen "von Voodoo verzaubert" worden wäre. Außerdem habe er 2016 in Wien an einer Demonstration für Biafra teilgenommen und wie er gehört habe, gäbe es in Nigeria Fotos von allen Teilnehmern.

Der Beschwerdeführer wurde zu diesem Vorbringen am 23.04.2019 von der belangten Behörde einvernommen und mit dem verfahrensgegenständlichen, mündlich verkündeten Bescheid vom 30.04.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz nach § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 1 AsylG aufgehoben und dem BVwG, beim erkennenden Richter am 03.05.2019 eingelangt, übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde.

1. Feststellungen:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias. Seine Identität steht fest.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15.05.2017 wurde er wegen § 12 3. Fall StGB, §§ 28a (1) 3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG; § 28 a (1) 5. Fall SMG; §§ 28 (1) 1. Fall, 28 (1) 2. Fall, 28

(2) SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 42 Monaten verurteilt. Er befindet sich seit 09.01.2017 durchgehend in Haft.

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.06.2015 wurde mit Bescheid des BFA vom 14.07.2017 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Strafffälligkeit sein Recht zum Aufenthalt in Österreich ab dem 11.01.2017 aberkannt und gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 09.11.2017, I416 2175480-1/3E, als unbegründet abgewiesen und erwuchs in Rechtskraft.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Zum einen wiederholte bzw. ergänzte er sein Fluchtvorbringen aus dem ersten Verfahren, zum anderen verweist er auf eine Teilnahme an einer Demonstration für Biafra 2016, weswegen er, so habe er es von einem Freund erfahren, in Nigeria verfolgt werde.

Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist in den letzten 18 Monaten und damit seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung eine maßgebliche Änderung eingetreten.

Der Beschwerdeführer machte auch keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme geltend. Auch wesentliche Änderungen seines Privat- und Familienlebens in Österreich sind schon aufgrund des durchgehenden Haftaufenthaltes des Beschwerdeführers seit der letzten Entscheidung nicht erkennbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA sowie aus des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akt des BFA.

Dass der Beschwerdeführer an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, wurde von ihm in seiner Einvernahme nicht vorgebracht und ergibt sich auch aus seiner Haftfähigkeit.

In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sind keine entscheidungsrelevanten Änderungen des Sachverhaltes erkennbar. Wie schon unter den Feststellungen ausgeführt, ergibt sich das auch aus seinem durchgehenden Haftaufenthalt seit der Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2.3. Die Feststellungen zum Verfahren betreffend den ersten Asylantrag wurden dem diesbezüglich vorgelegten Behördenakt entnommen.

Die Angaben des Beschwerdeführers zum Asylantrag vom 15.04.2019 (AS 3-9) und zur niederschriftlichen Einvernahme vom 23.04.2019 (AS 31-43) ergeben sich aus dem im Akt des BFA einliegenden Niederschriften. Wie das BFA in ihrem mündlich verkündeten Bescheid dargelegt hat, ergab der gegenständliche Folgeantrag keinen neuen objektiver Sachverhalt.

Wie schon in seinem rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren schildert der Beschwerdeführer auch jetzt ein unplausibles, in keiner Weise nachvollziehbares Fluchtvorbringen, das nur dazu dient, die anstehende Abschiebung nach Nigeria zu verhindern. Der Beschwerdeführer war auch aufgrund seiner vagen und inhaltsleeren Angaben nicht in der Lage, eine konkrete Verfolgung gegen seine Person darzulegen. So hat er weder die Teilnahme an einer Demonstration für Biafra in Österreich 2016 noch seine Unterstützung für Massob in seinem Erstverfahren vorgebracht und es ist auch nicht nachvollziehbar, warum gerade wegen seiner Person ein Teil seiner in Nigeria lebenden Familie, zu denen er keinen Kontakt hat und die ihn mit Voodoo-Zauber bekämpfen, flüchten mussten (AS 35).

Demnach wird der Folgeantrag voraussichtlich ohne näheres Eingehen auf das neue Vorbringen zurückzuweisen sein, weil diesem ein glaubhafter Kern fehlt und es sich um keine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage handelt, womit auch positive Feststellungen dazu nicht in Frage kommen.

2.4. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Situation in Nigeria ergeben sich aus der Aktenlage. Die den Beschwerdeführer betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend im rechtskräftig entschiedenen Verfahren erörtert und abgewogen und hat sich seither in keiner Weise nachteilig verändert. Eine neuerliche nähere Überprüfung konnte daher unterbleiben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.2. Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.

Nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das BFA unter anderem dann den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, der einen Folgeantrag gestellt hat, wenn dieser voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z. 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z. 3).

Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht (Z. 1).

Die angeführte Rückkehrentscheidung ist rechtskräftig. Wie auch bereits dargetan, ist kein neues Vorbringen erstattet worden, von dem anzunehmen wäre, dass es beachtlich im Sinne einer materiellen Erledigung anstelle einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre.

Nach § 68 AVG hat die Behörde Anbringen von Beteiligten, die eine Abänderung eines formell rechtskräftigen Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Ausnahmen dazu bilden die Fälle der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 69 und 71 AVG sowie die in § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgesehenen Arten von Abänderungen und Behebungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.

Die vorgesehenen Ausnahmen kommen nach dem Inhalt der Akten im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, insbesondere handelt es sich bei den vorgebrachten Tatsachenbehauptungen weder um plausible nachträglich eingetretene Änderungen noch um nachträglich hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet wären, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Daher ist davon auszugehen, dass die in § 68 AVG grundsätzlich vorgesehene Zurückweisung als Erledigung des BFA zu erwarten ist.

Im Verfahren sind keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass für den Beschwerdeführer neuerdings ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung oder der Todesstrafe besteht.

Betreffend die Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK ist festzuhalten, dass sich betreffend das Bedrohungsszenario (Art. 2 oder 3 EMRK) voraussichtlich keine Änderung gegenüber dem Asylbescheid für den Beschwerdeführer ergeben wird, zumal die Länderfeststellungen in allen den Beschwerdeführer betreffenden Punkten unverändert sind, und auch betreffend das Privat- und Familienleben die maßgeblichen Aspekte gegenüber dem Zeitpunkt der Rückkehrentscheidung unverändert sind, dass auch diesbezüglich keine andere Rechtsfolge eintreten wird.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005 gestellt hat, und die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 vorliegen, weil dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung droht. Nach all dem wird der Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist.

Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist. Damit hatte das Gericht wie im Spruch zu entscheiden. Die Entscheidung war mit Beschluss zu treffen, da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies so vorsieht. Nach § 22 Abs. 1 BFA-VG hatte auch keine Verhandlung stattzufinden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2175480.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten