TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/7 W137 2218215-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

07.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W137 2218215-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2019, Zl. 1052325209/190433090, sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 29.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 29.04.2019 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg wies mit Bescheid vom 08.10.2015 den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und stellte fest, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Rückkehr wurde mit 14 Tage nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Gegen den oben genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15.10.2015, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.09.2016 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 29.11.2016, GZ W218 2116263-1/10E, die Beschwerde als unbegründet ab. Dieses Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg erließ jeweils am 22.05.2017 einen Abschiebe-, einen Festnahme- und einen Durchsuchungsauftrag. Mit Schreiben vom 22.05.2017 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, den Beschwerdeführer über die für den 30./31.05.2017 beabsichtigte Abschiebung. Der Beschwerdeführer stellte am 08.06.2017 einen Asylfolgeantrag. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erließ am 27.06.2017 eine Verfahrensanordnung gemäß §§ 29 Abs 3 und 15a AsylG, wonach dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Weiter teilte die belangte Behörde mit, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. Durch diese Mitteilung gelte die Zwanzigtagesfrist nicht.

Am 31.07.2017 führte die belangte Behörde eine weitere Einvernahme des AW im Beisein eines Dolmetschers und seiner Rechtsberaterin durch. Die belangte Behörde hob mittels mündlichen (Mandats)Bescheides, welcher im Protokoll betreffend die oben angeführte Einvernahme dokumentiert ist, den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf. Mit Beschluss vom 10.08.2017 GZ W261 2116263-2/7E wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gem. § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig war.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den Asylfolgeantrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III) und gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V) und gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Dieser Bescheid wurde gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustellG am 06.04.2018 bei der Behörde im Akt hinterlegt. Eine Beurkundung erfolgte im Akt, sowie ein Aushang im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl WEST aufgrund der Hinterlegung eines Schriftstückes im Akt. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

4. Am 30.10.2018 hat der AW einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland gestellt. Nach erfolgter Dublin-Zustimmung Österreichs wurde der AW am 20.02.2019 von Deutschland nach Österreich überstellt. Am 07.03.2019 führte die belangte Behörde eine weitere Einvernahme des AW im Beisein eines Dolmetschers und seines Rechtsberaters durch. Die belangte Behörde teilte dem AW im Zuge dieser Verhandlung mit, dass beabsichtigt sei, dessen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. Die belangte Behörde hob mittels mündlichen (Mandats)Bescheides, welcher im Protokoll betreffend die oben angeführte Einvernahme dokumentiert ist, den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich mit Beschluss vom 13.03.2019 entschieden, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebschutzes rechtmäßig war.

5. Am 29.04.2019 wurde der Beschwerdeführer zur Prüfung von Sicherungsmaßnahmen einvernommen. Dabei gab er an, aktuell über Bargeld im Ausmaß von 40€ zu verfügen. Er habe weder Angehörige noch eine Beschäftigung in Österreich. Der Beschwerdeführer erklärte, Afghanistan sei gefährlich und er verspreche, nicht unterzutauchen. Die Unterschrift unter das Einvernahmeprotokoll wurde im Anschluss verweigert.

Ebenfalls am 29.04.2019 musste aufgrund von neuen Feiertagen in Afghanistan die für 01.05.2019 geplante Charterabschiebung des Beschwerdeführers storniert werden.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.04.2019 wurde betreffend den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich bereits einmal - nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung - dem Zugriff der Behörden entzogen und in andere Mitgliedstaaten der Union weitergereist sei. Nennenswerte soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet seien zudem nicht feststellbar.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch persönliche Übergabe zugestellt; er verweigerte die Unterschrift auf der Übernahmebestätigung.

7. Am 30.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmacht vom 30.04.2019) ein. In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass Fluchtgefahr im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehbar sei. Gleiches gelte für die Nichtanwendung des gelinderen Mittels.

Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen;

b) auszusprechen, dass die Anordnung und bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen würden; d) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.

8. Am 02.05.2019 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers, insbesondere die rechtswidrige Weiterreise ins Ausland.

Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

Auf Nachfrage wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nunmehr am 07.05.2019 mittels Frontex-Charter erfolgen werde.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan. Seit November 2016 sowie seit Mai 2018 bestehen rechtskräftige und durchsetzbare Anordnungen zur Außerlandesbringung (bezogen auf Afghanistan) gegen den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer ist seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen.

Der Beschwerdeführer hat sich ab Dezember 2016 rechtswidrig in Frankreich, Luxemburg und Deutschland aufgehalten, wo er ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz stellte. Am 20.02.2019 wurde er im Rahmen der Dublin-Verordnung von Deutschland nach Österreich überstellt, wo seither sein in Deutschland gestellter Antrag auf internationalen Schutz behandelt wird. In diesem Verfahren wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz rechtswirksam aberkannt.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers soll am heutigen Tag mittels Frontex-Charter erfolgen. An der Möglichkeit der Überstellung nach Afghanistan bestehen keine Zweifel.

Der Beschwerdeführer verfügt weder über familiäre noch über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet. Seine Existenz in Österreich ist nicht gesichert; er ging nie einer legalen Beschäftigung nach und verfügt nur über sehr geringe finanzielle Mittel.

Der Beschwerdeführer hat vor seiner rechtswidrigen Weiterreise ins Ausland seinen (rechtswidrigen) Aufenthalt in Österreich im Verborgenen fortgesetzt. Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschwerdeführer neuerlich den Behörden entzieht und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt.

Der Beschwerdeführer ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung) grundsätzlich gesund, jedenfalls aber haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur. Die Überstellungstauglichkeit wurde ärztlich überprüft und ist gegeben.

Der Beschwerdeführer ist insgesamt nicht vertrauenswürdig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1052325209/190433090 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere zur Zahl 2116263-3 (faktischer Abschiebeschutz; Asylverfahren). Die Feststellungen betreffend die abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers sind dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten zu entnehmen. Sie sind überdies unstrittig. Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen ist, ist evident und ebenfalls unstrittig.

1.2. Die Feststellungen betreffend die Aufenthalte des Beschwerdeführers im Ausland, die dortigen Anträge auf internationalen Schutz sowie die Rücküberstellung aus Deutschland sind unstrittig. Die rechtswirksame Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes im gegenständlichen (dritten) Asylverfahren in Österreich ist dem diesbezüglichen Gerichtsakt zu entnehmen.

1.3. Die Feststellungen zur geplanten Abschiebung ergeben sich aus vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen. Dass regelmäßig Frontex-Charter-Abschiebungen nach Afghanistan problemlos stattfinden ist notorisches Wissen und wurde auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

1.4. Familiäre und berufliche Anknüpfungspunkte an das Bundesgebiet wurden vom Beschwerdeführer in den Asylverfahren nie behauptet und sind der Beschwerde auch nicht zu entnehmen. Hinweise für eine substanzielle soziale Integration sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer aufgrund des laufenden Asylfolgeverfahrens über eine gesicherte Unterkunft im Rahmen der Grundversorgung verfügt.

1.5. Dass der Beschwerdeführer (nach Abschluss des Asylfolgeverfahrens) untertauchte und danach rechtswidrig ins Ausland weitergereist ist, ist unstrittig und wird in der Beschwerde auch ausdrücklich eingeräumt. Substanzielle Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet wurden nie behauptet.

Aus diesen Umständen ergibt sich die hohe Wahrscheinlichkeit eines erneuten Untertauchens des Beschwerdeführers.

1.6. Die Feststellung der verfügbaren Barmittel ergibt sich aus der Aktenlage (Haftauskunft). Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gab es bei Schubhaftanordnung keinen Hinweis und sind solche auch in der Beschwerde nicht behauptet worden. Die Überstellungstauglichkeit wurde nachweislich medizinisch überprüft und bestätigt.

1.7. Die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den oben dargestellten Umständen, insbesondere der illegalen Weiterreise in drei EU-Staaten nach rechtskräftigem Abschluss zweier Asylverfahren vor Anordnung der Schubhaft.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 29.04.2019:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Aktuell liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bezogen auf Afghanistan vor.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit dem Aufenthalt im Verborgenen nach rechtskräftiger Entscheidung im Asylverfahren und dem Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1 und 3 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen der Kriterien der Ziffern 1 und 3 konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten werden, zumal sich diese auch unter Einbeziehung des Inhalts der Beschwerde als unstrittig erweisen. Ziffer 1 ist durch das Untertauchen und insbesondere die rechtswidrige Ausreise - nach zwei erfolglosen Asylanträgen in Österreich - samt Stellung von Asylanträgen in drei weiteren EU-Staaten zweifelsfrei belegt. Dass der Beschwerdeführer sich nach seiner Rücküberstellung aus Deutschland die letzten zwei Monate in seinem Grundversorgungsquartier aufgehalten hat, ändert nichts an der Relevanz des Aufenthalts im Verborgenen in den rund zwei Monaten vor Anordnung der Schubhaft.

Substanzielle Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides wurden im Übrigen in der Beschwerde vom 30.04.2019 nicht aufgezeigt, sondern lediglich pauschal behauptet.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübte, noch über hinreichende Barmittel verfügt. Auch wurden zutreffend keine Abhängigkeitsverhältnisse und keine besonders engen Beziehungen zu im Bundesgebiet legal aufhältigen Personen festgestellt.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur (realistisch möglichen) Überstellung den Behörden nicht entziehen werde. Dies insbesondere auch, weil der Beschwerdeführer zwischenzeitlich monatelang im Verborgenen gelebt hat und sich überdies zwischenzeitlich ins europäische Ausland absetzte.

3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: der Beschwerdeführer hat sich in Kenntnis (zumindest) einer rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme monatelang bewusst den Behörden entzogen. Er hat sich damit als nicht vertrauenswürdig erwiesen. Deshalb kommt ihm auch keine persönliche Vertrauenswürdigkeit (die aber im gelinderen Mittel grundsätzlich gegeben sein müsste) zu. Auf Grund der Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers manifestierte, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

Dies insbesondere auch, weil sich zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft keine Hinweise auf substanzielle Erkrankungen psychischer oder physischer Natur ergaben, und die Haftfähigkeit bei Einlieferung in das Polizeianhaltezentrum durch einen Arzt festgestellt worden ist - was in der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen worden ist.

3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war nicht nur tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Vielmehr war bereits kurz nach Anordnung der Schubhaft die Abschiebung des Beschwerdeführers geplant - die allerdings wegen Abstimmungsproblemen zwischen Frontex und den afghanischen Behörden storniert werden musste. Es stand allerdings schon damals fest, dass ein Ersatztermin sehr schnell gefunden werden kann, da Abschiebungen nach Afghanistan mittels Frontex-Charter regelmäßig stattfinden.

3.6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 29.04.2019 und die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch neuerliches Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Dies insbesondere, weil ihm das unmittelbare Bevorstehen der Abschiebung bekannt ist. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem abermaligen Untertauchen abhalten sollte. Die allenfalls minimalen sozialen Anknüpfungspunkte - in der Beschwerde finden sich diesbezüglich keine Ausführungen - im Bundesgebiet kann daran ebenfalls nichts ändern, zumal sie den Beschwerdeführer nachweislich nicht an seinem letzten Aufenthalt im Verborgenen (und im Ausland) gehindert haben.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1 und 3 des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin gegeben. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese Anknüpfungspunkte allerdings fast vollständig nicht gegeben. Insofern ist auch durch einen gesicherten Wohnraum im Rahmen der Grundversorgung keine Änderung in der Gesamtbeurteilung gegeben.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine erhebliche Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Dies auch weil der Beschwerdeführer durch sein Vorverhalten seine Vertrauenswürdigkeit massiv beschädigt hat. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

4.3. Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist festzuhalten, dass die Abschiebung mittels Frontex-Charter noch am heutigen Tag erfolgen soll. Es ist nicht ersichtlich, warum diese nicht stattfinden können sollte. Selbst bei allfälligen Problemen wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Abschiebung binnen weniger Wochen nachgeholt werden kann. Aus heutiger Sicht ist weiter davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer erfolgen kann.

4.4. Aufgrund des kurzen Zeitabstandes zum Abschiebetermin bestand und besteht überdies ein verdichteter Sicherungsbedarf. Auch die niedergradigen (unstrittigen, weil ärztlich festgestellten) gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers bewirken unter den dargestellten Vorzeichen keine Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft. Eine solche wurde in diesem Zusammenhang in der Beschwerde auch nicht behauptet. Die Überstellungstauglichkeit des Beschwerdeführers wurde ärztlich bestätigt.

4.5. Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Darüber hinaus wird in der Beschwerde nicht dargelegt, welches Sachverhaltselement einer Klärung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfte. Der vorgebrachten Bereitschaft der Einhaltung eines allfälligen gelinderen Mittels stehen insbesondere das Vorverhalten des Beschwerdeführers und die bereits für den heutigen Tag terminisierte Charter-Abschiebung entgegen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der grundsätzlichen Haftfähigkeit und Überstellungstauglichkeit des Beschwerdeführers ergeben.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Hinsichtlich der fehlenden Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird auf die Ausführungen in Abschnitt II.5. verwiesen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Anhaltung, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Kostenersatz,
Schubhaft, Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W137.2218215.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten