Entscheidungsdatum
07.05.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W185 2166580-2/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019, Zl. 1089865404-190175575, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG und § 22 Abs. 10 AsylG in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
Vorverfahren:
Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.10.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge: AsylG).
In seiner Erstbefragung vom selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und Paschtune sunnitischen Glaubens. Er habe keine Schule besucht und sei Analphabet. Der Beschwerdeführer habe als Bauarbeiter gearbeitet. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass sein Onkel bei einem Angriff der Taliban von diesen entführt worden sei und seither vermisst werde. Da der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen sei, sei er "davongekommen". Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass er wie sein Onkel gekidnapt werden könnte.
Aufgrund Zweifel an der angegebenen Minderjährigkeit wurde der Beschwerdeführer einer ärztlichen Untersuchung (Handwurzelröntgen) zwecks Bestimmung des tatsächlichen Lebensalters unterzogen. Ergebnis; "Schmeling 3, GP 29".
Am 24.11.2015 wurde das Verfahren zugelassen. Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 09.03.2017 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass seine Familie im Heimatdorf in der Provinz Kunar, Distrikt Nangalam, leben würde und er mit dieser weiterhin in Kontakt stehe. Der Familie (Mutter, Vater, Geschwister) gehe es gut; diese wolle nicht ausreisen, da sie "keine eigenen Probleme" habe. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass die Taliban davon erfahren hätten, dass der Beschwerdeführer und der bereits genannte Onkel auf einer Basis für die Amerikaner gearbeitet hätten. Darum seien die Taliban zum Haus der Familie des Beschwerdeführers gekommen und hätten den Onkel mitgenommen; dieser sei seit nunmehr eineinhalb Jahren verschwunden. Der Beschwerdeführer sei verschont geblieben, da er zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause aufhältig gewesen sei. Drei Tage nach diesem Vorfall habe der Beschwerdeführer das Land verlassen, weil die Taliban auch eine Drohung gegen den Beschwerdeführer ausgesprochen hätten. Er werde aufgrund seiner Tätigkeit für die Amerikaner verfolgt. Zur Situation in Österreich brachte er vor, dass er keine Kontakte in Österreich habe. Befragt, ob er schon einmal Probleme mit den österreichischen Behörden gehabt habe, machte der Beschwerdeführer keine vollständigen Angaben und verschwieg drei polizeilich vermerkte Straftaten.
Mit Bescheid vom 06.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.10.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte diesem den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.). In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Die vorgebrachte Furcht vor Verfolgung aufgrund individueller Bedrohung sei nicht feststellbar, es liege keine Gefährdungslage in Bezug auf Afghanistan vor und es bestehe in Kabul eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde insgesamt als unglaubwürdig erachtet.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit der Ladung für die Verhandlung vom 09.03.2018 wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderinformationen (Länderinformation, Stand 30.01.2018; die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchsuchender des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 19. April 2016 inklusive Begleitbrief vom selben Tag) zur Kenntnis gebracht.
Am 18.05.2018 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer eingehend zu seiner Identität, Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen, zu seinen Fluchtgründen sowie zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt wurde.
Mit Schreiben vom 03.07.2018 wurden dem Beschwerdeführer die aktuellen Länderberichte (Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018) zur Kenntnis gebracht.
Am 06.07.2018 langte eine Stellungnahme zur Situation Afghanistan aufgrund der aktuellen Länderberichte beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2018 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 06.07.2017 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde festgehalten, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers aufgrund der vagen, widersprüchlichen und ausweichenden Angaben insgesamt nicht dazu geeignet gewesen sei, eine asylrelevante Verfolgung darzulegen. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aufgrund der allgemeinen schlechten Sicherheitslage verlassen habe; eine individuelle Bedrohung sei nicht vorgelegen. Bei der Heimatprovinz des Beschwerdeführers - Kunar - handle es sich um eine gefährliche Provinz. Eine Rückkehr dorthin sei ihm somit nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Dem Beschwerdeführer stehe jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt Kabul zur Verfügung. Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Seine gesamte Familie lebe weiterhin unbehelligt in Afghanistan. Der Beschwerdeführer habe bislang keinerlei Bemühungen zur Integration in die österreichische Gesellschaft gezeigt.
Gegenständliches Verfahren:
Am 19.02.2019 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Dublin III-VO von Frankreich, wo er am 20.09.2018 um Asyl angesucht hatte, nach entsprechender Zustimmung Österreichs in das Bundesgebiet überstellt und brachte in der Folge den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) ein.
Im Zuge der Erstbefragung am 19.02.2019 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass sich an seinem Fluchtgrund nichts geändert habe. Aus Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan habe er Österreich nach der ersten Entscheidung verlassen und sei nach Frankreich weitergereist. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat würden ihn die Taliban töten. Sie würden ihm nunmehr vorwerfen, dass er ungläubig geworden sei und die religiösen Werte nicht befolge. In der Provinz Kunar und in ganz Afghanistan komme es zu Anschlägen. Seine dort lebende Familie könne ihm weder Schutz noch finanzielle Hilfe bieten.
Mit Verfahrensanordnung teilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG mit, dass beabsichtigt sei, den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache iSd § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a AsylG).
Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 12.03.2019 gab der Beschwerdeführer, im Beisein eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung, im Wesentlichen an, aufgrund seiner Situation "psychische Probleme" bekommen zu haben. Er sei bereits beim Arzt gewesen und würde noch Medikamente wegen Stress erhalten. In Österreich würde seine Tante mit deren Familie leben; sie habe ihn zwei Mal im Lager besucht; eine Abhängigkeit bestünde nicht. Die Familie (Vater, Mutter und Geschwister) des Beschwerdeführers würde noch in Afghanistan leben; er habe aber keinen Kontakt zu dieser. Nachdem dem Beschwerdeführer vorgehalten wurde, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Leben in Afghanistan in Gefahr sei. Die im Erstverfahren behaupteten Flucht- und Ausreisegründe seien weiterhin aufrecht. Er habe immer noch Angst vor den Taliban. Vor einer Woche habe ihn seine Tante kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass sein Bruder von den Taliban "mitgenommen" worden sei. Er wisse aber nichts Genaueres darüber und könne es auch nicht belegen. Die Taliban würden zwischenzeitig auch davon ausgehen, dass er "die Religion getauscht" habe. Der Beschwerdeführer könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, da ihn die Taliban dort überall töten könnten. Dazu befragt, weshalb der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, erklärte er, dass er von Frankreich nach Österreich abgeschoben worden sei und deshalb erneut um Asyl ansuche. Er habe angefangen, sich in Frankreich ein neues Leben aufzubauen. Er verstehe nicht, weshalb er von Frankreich wieder hierhergebracht worden sei. Der Beschwerdeführer sei nach vier Jahren immer noch im Lager; andere hätten ein besseres Leben. Er wolle noch einmal angeben, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan von den Taliban getötet werden würde. Die Taliban wüssten, dass er in Europa sei. Zu den Länderfeststellungen wolle er sich nicht äußern; er "wisse, was los ist".
Der Rechtsberater stellte keine Fragen oder Anträge und erstattete auch keine Stellungnahme.
Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 12.03.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.
Begründend wurde, nach einer Wiederholung des Verfahrensganges und Darstellung des Sachverhalts, zusammengefasst festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Erstverfahren angeführt habe, dass er Angst vor den Taliban habe. Im gegenständlichen Verfahren habe er vorgebracht, dass seine bisherigen Flucht- und Ausreisegründe aufrecht seien. Er habe angegeben, dass sein Leben in Afghanistan in Gefahr wäre.
Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert und der neue Antrag werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Das nunmehrige Vorbringen sei nicht glaubwürdig. Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Bruder von den Taliban mitgenommen worden sei, stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seinen anlässlich des Erstverfahrens als unglaubwürdig erachteten Angaben. Insbesondere sei der Beschwerdeführer nicht imstande gewesen, die vorgebrachten Behauptungen durch Beweismittel zu belegen. Er habe sein Vorbringen lediglich auf Informationen seitens seiner Tante bzw. auf allgemeine Aussagen gestützt. Zusammengefasst sei festzuhalten, dass seinem Folgevorbringen im gegenständlichen Verfahren kein glaubhafter Kern zukomme, nachdem sich der Beschwerdeführer weiterhin auf ein bereits im Erstverfahren als nicht glaubhaft erachtetes Vorbringen stütze. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über den vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art 3 und Art 8 EMRK erkannt werden.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem aktuellen Vorbringen drohe dem Beschwerdeführer keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben. Ebenso wenig hätten sich die persönlichen Verhältnisse bzw. der körperliche Zustand des Beschwerdeführers entscheidungswesentlich geändert. Die erkennende Behörde komme somit zum Schluss, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert sei und entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vorliege. Die ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht, zumal der Beschwerdeführer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen habe, allerdings 18 Monate noch nicht vergangen seien. Es würden alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorliegen.
Am 14.03.2019 langten die Verwaltungsakten (samt Vorakten) bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
Mit Aktenvermerk vom 18.03.2019, Zahl W185 2166580-2/Z3, hielt das erkennende Gericht fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu entscheiden gewesen sei, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre. Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden. Es fehle dem (neuen) Vorbringen ein glaubhafter Kern.
2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger aus Afghanistan; seine Identität steht nicht fest. Er ist Paschtune, sunnitischen Glaubens und spricht Paschtu.
Der Beschwerdeführer stellte im österreichischen Bundesgebiet bereits einmal (am 05.10.2015) einen Antrag auf internationalen Schutz, der nach Führung eines inhaltlichen Verfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2018 rechtskräftig abgewiesen wurde.
Nach dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts hat der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlassen und ist nach Frankreich gereist, wo er am 20.09.2018 um Asyl angesucht hat. Am 19.02.2019 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Dublin-VO von Frankreich rücküberstellt und brachte am selben Tag den (gegenständlichen) zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Der Beschwerdeführer brachte keine neuen Fluchtgründe vor. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten vom Beschwerdeführer initiierten Asylverfahrens bestanden haben (Anm: Bedrohung durch die Taliban). In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer an, dass die im Erstverfahren behaupteten Flucht- und Ausreisegründe weiterhin aufrecht seien. Er habe immer noch Angst vor den Taliban. Vor einer Woche habe ihn seine in Österreich lebende Tante kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass sein Bruder von den Taliban "mitgenommen" worden sei. Er wisse aber nichts Genaueres darüber und könne dies auch nicht belegen. Die Taliban würden zwischenzeitig auch davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer "die Religion getauscht" habe. Der Beschwerdeführer könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, da ihn die Taliban dort überall töten könnten. Außerdem leide er unter Stress und nehme Medikamente ein.
Es besteht im Bundesgebiet kein hinreichend schützenswertes Privatund/oder Familienleben; der Beschwerdeführer ist ledig, lebt nicht in einer Familiengemeinschaft bzw einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer ging in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nach; er nimmt seit seiner ersten Einreise in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Es bestehen keine Hinweise, dass beim Beschwerdeführer etwaige schwerwiegende physische bzw. psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden. Über einen stationären Aufenthalt wurde nicht berichtet. Die vorgebrachten "psychischen" Probleme bzw Stress wurden weder näher konkretisiert noch liegen ärztliche Bestätigungen vor. Ebenso wenig liegen ärztliche Schreiben in Bezug auf die vorgebrachten Probleme mit seiner Hand vor. Beim Beschwerdeführer handelt es sich somit um einen im Wesentlichen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter, der sich gegebenenfalls auch ohne Unterstützung in Afghanistan zurechtfinden kann, zumal er eine Landessprache beherrscht, in einem afghanisch geprägten Umfeld aufgewachsen ist, er dort bereits als Hilfsarbeiter am Bau gearbeitet hat und ihm die Gegebenheiten und Gebräuche geläufig sind. Es leben noch der Vater, die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers in Afghanistan.
Es kann nicht festgestellt werden, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens ein entscheidungsrelevanter neuer asylrelevanter Sachverhalt eingetreten ist. Auch hinsichtlich der Person und der Situation des Beschwerdeführers sind keine geänderten entscheidungsrelevanten Umstände ersichtlich.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine (geänderten) Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden. Das Vorliegen einer maßgeblichen Bedrohung des Beschwerdeführers in Afghanistan kann nicht festgestellt werden.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorhergehenden Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten.
Dem Folgevorbringen im gegenständlichen Verfahren kommt kein glaubhafter Kern zu, nachdem sich der Beschwerdeführer weiterhin auf ein bereits im Erstverfahren als nicht glaubhaft erachtetes Vorbringen stützt.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
3. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichts.
Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppenzugehörigkeit und zur religiösen Orientierung des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Verfahren vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach rechtskräftig negativer Entscheidung des (ersten) Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen hat und nach Frankreich gereist ist, ist aus einem entsprechenden Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2019 ersichtlich und findet Deckung in den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers sowie in der vorliegenden Eurodac-Treffermeldung der Kategorie 1 zu Frankreich vom 20.09.2018.
Dass sich der Beschwerdeführer seit seiner illegalen Einreise in Österreich in der Grundversorgung befindet (mit Ausnahme der Zeit seines Aufenthalts in Frankreich), ergibt sich aus dessen eigenen Angaben, welche auch im veranlassten GVS-Auszug Deckung finden.
Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht behauptet bzw. nicht hinreichend dargelegt. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren vorgebracht, dass seine Tante mit ihrer Familie in Österreich wohnhaft sei, ein gemeinsamer Wohnsitz, allfällige wechselseitige Abhängigkeiten (sei es in finanzieller, materieller oder sonstiger Weise) wurden nicht einmal behauptet. Vielmehr hat der Beschwerdeführer das Vorliegen von Abhängigkeiten welcher Art auch immer in der Befragung vom 12.03.2019 sogar explizit verneint.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen Angaben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.05.2018 gab der Beschwerdeführer lediglich an, an der rechten Hand eine kleine Verletzung zu haben. In der Erstbefragung zum Folgeantrag wurden keine gesundheitlichen Beschwerden geltend gemacht. In der Befragung vom 12.03.2019 brachte der Beschwerdeführer dann jedoch vor, auch unter - nicht näher spezifizierten - "psychischen Problemen" und Stress zu leiden und von einem Arzt Medikamente verordnet bekommen zu haben. Befunde wurden bis dato nicht in Vorlage gebracht. Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme oder gar eine lebensbedrohende Erkrankung liegen nicht vor. Bei Bedarf kann der Beschwerdeführer ärztliche bzw psychologische Behandlung in Afghanistan in Anspruch nehmen. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können nach den Länderfeststellungen beim Roten Halbmond, bei anderen NGO-s und in entsprechenden Krankenhäusern behandelt werden. Einige dieser NGO-s sind die International Psychological Organisation (IPSO) in Kabul, die Medica Afghanistan und die PARSA. IPSO bietet landesweit kostenfrei psychosoziale Betreuung durch online-Beratung und Projektfeldarbeit mit insgesamt 280 psychosozialen Therapeuten. Angeboten werden auch persönliche Sitzungen in Beratungszentren der Krankenhäuser.
Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Die vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates und die einer Rückkehr entgegenstehen würden, sind dieselben, die bereits im Vorverfahren als unglaubhaft erkannt wurden. Die (auch) im gegenständlichen Verfahren behauptete Angst, von den Taliban getötet zu werden, stützt der Beschwerdeführer auf jenen Sachverhalt (Anm: Arbeiten bei der Errichtung einer Basis für die Amerikaner), der im ersten Verfahren als nicht glaubhaft festgestellt wurde. Der Beschwerdeführer hat, wie auch die Behörde richtig erkannt hat, keinen neuen Sachverhalt vorgebracht, da der generelle Fluchtgrund ident geblieben ist. Dass in der Zwischenzeit angeblich auch sein Bruder von den Taliban mitgenommen worden sei, steht jedenfalls in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den im ersten Verfahren als unglaubhaft erachteten Fluchtgründen des Beschwerdeführers; Belege für diese Behauptung konnten nicht beigebracht werden. Wenn der Beschwerdeführer weiters erklärt, dass ihm die Taliban nunmehr vorwerfen würden, dass er - da er nunmehr bereits vier Jahre in Europa sei - ungläubig geworden sei, wurde bloß unsubstantiiert in den Raum gestellt. Das dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan (Stand 29.06.2018; aktualisiert am 01.03.2019) gibt keine Hinweise darauf, dass aus einem längeren Aufenthalt in Europa allgemein auf einen Abfall vom Glauben zu schließen sei und in der Folge die Gefahr einer Verfolgung seitens der Taliban nach sich ziehen würde. Eine ihn im Speziellen treffende Verfolgungsgefahr in diesem Zusammenhang konnte der Beschwerdeführer nach dem Gesagten nicht darlegen.
Insgesamt gesehen konnte der Beschwerdeführer seit Rechtskraft der ersten Entscheidung kein neues entscheidungsrelevantes individuelles glaubhaftes Vorbringen dartun, sondern stützt seinen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz auf dieselben Fluchtgründe, die er bereits im ersten Verfahren geltend gemacht hat (Angst vor den Taliban). Im vorliegenden Fall ist somit der Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Fremden nicht glaubhaft ist, nur auf einem bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird.
Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Verfahren getroffenen keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten, wovon sich das Bundesverwaltungsgericht durch Einsicht in das aktuelle, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan (Stand 29.06.2018; aktualisiert am 01.03.2019) überzeugen konnte.
Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - verneint werden. Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des letzten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan im gegenständlichen Verfahren ergibt keine relevante Verschlechterung der allgemeinen Situation in Afghanistan.
UNHCR führt seine in den Richtlinien vom 30.08.2018 formulierte Feststellung, dass "Zivilisten, die in Kabul tagtäglich ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer der allgegenwärtigen in der Stadt bestehenden Gefahr zu werden", wesentlich auf EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018 zurück, dieser EASO-Leitfaden basiert auf EASO-Berichten zur Sicherheitssituation aus Mai 2018 und Dezember 2017.
Unter Bezugnahme auf den EASO-Leitfaden, auf den UNHCR tragend verweist und der auch im gegenständlichen Verfahren Eingang gefunden hat, ergibt sich jedoch eine differenzierte Einschätzung zur (Sicherheits-)Situation in der Stadt Kabul. Grundsätzlich trifft der EASO-Leitfaden hinsichtlich willkürlicher Gewalt eine dreiteilige Einschätzung (vgl. EASO-Leitfaden Juni 2018 S. 24):
(1) Landesteile, wo willkürliche Gewalt in der betreffenden Provinz ein derart hohes Ausmaß erreicht, dass im Einzelfall nur minimale Teilvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um berechtigten Grund für die Annahme zu liefern, dass Zivilisten, welche in die betreffende Provinz rückgebracht würden, eine reelle Gefahr, ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen, zu gewärtigen hätten (wie beispielsweise schwerwiegende oder individuelle Bedrohung des Lebens einer Zivilperson bzw. einer konkreten Person). Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:
FARYAB, HELMAND, LAGHMAN, NANGARHAR, PAKTIA, URUZGAN und ZABUL.
(2) Landesteile, wo willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reelle Gefahr festgestellt werden kann, dass der/die Antragsteller/in ernsthaften Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie nehmen könnte - vorausgesetzt, dass er/sie aufgrund seiner/ihrer persönlichen Verhältnisse von derartigen Risikofaktoren konkret betroffen ist. Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:
BADAKHSHAN, BADGHIS, BAGHLAN, FARAH, GHAZNI, GHOR, HERAT (mit Ausnahme der Stadt HERAT), JAWZJAN, KABUL, KANDAHAR, KAPISA, KHOST,
KUNAR, KUNDUZ, LOGAR, NIMROZ, NURISTAN, PAKTITA, PARWAN, SAR-E-PUL,
TAKHAR und WARDAK.
(3) Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein. Allerdings sind die einzelnen Teilvoraussetzungen stets genau zu prüfen, da der/die Antragsteller/in als Folge hiervon einem erhöhten Gefährdungsrisiko ausgesetzt sein könnte. Diese Gebiete umfassen folgende Provinzen:
BALKH, BAMYAN, DAYKUNDI, SAMANGAN sowie die Stadt HERAT.
Hinsichtlich Kabuls wird im EASO-Leitfaden ausgeführt: "Looking at the indicators, it can be concluded that indiscriminate violence is taking place in the province of Kabul, including the capital city. A real risk of serious harm under Article 15(c) QD may be established where the applicant is specifically affected by reason of factors particular to his or her personal circumstances." (vgl. EASO-Leitfaden S. 83; (nur) auf den ersten Satz dieses Zitats verweist auch die UNHCR-RL vom 30.08.2018 in der oben dargestellten Fußnote 688). Hinsichtlich einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts trifft EASO damit aber die Einschätzung, dass eine reale Gefahr eines solchen ernsthafter Schaden allenfalls nur bei Hinzutreten weiterer, konkreter persönlicher Umstände anzunehmen ist. Ein solches Profil ist aber beim Beschwerdeführer nicht gegeben:
Den Beschwerdeführer trifft als Zivilperson kein höheres Sicherheitsrisiko als die übrige, in Kabul lebende Zivilbevölkerung. In Kabul ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise stabil und insofern ausreichend sicher zu bezeichnen, als die afghanische Regierung die Kontrolle über diese Städte behält, selbst wenn es auch dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb Kabuls existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Die Aussage in den Länderberichten (so auch in der UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018, wo mit Verweis auf Daten von UNAMA im ersten Halbjahr 2018 in der Provinz [nicht der Stadt] Kabul von 321 Toten und 672 Verletzten berichtet wird, im Jahr 2017 von 479 Toten und 1352 Verletzten in der Provinz, wobei davon 88% der Opfer in der Stadt Kabul verletzt oder getötet wurden), wonach in der Provinz Kabul, speziell in der Stadt Kabul die höchste Zahl ziviler Opfer verzeichnet wird, bezieht sich auf die absolute Opferzahl - diese ist jedoch nicht isoliert zu sehen, sondern wird der gegenständlichen Bewertung in Relation zur ungefähren Einwohnerzahl der Stadt Kabul von ca. 4,7 Millionen (manche Quellen sprechen von bis zu sieben Millionen) betrachtet. Insofern ergibt die Opferzahl keine überdurchschnittliche Bedrohungslage für in der Stadt Kabul lebende Zivilisten. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGO¿s sowie gezielt auf (internationale) Sicherheitskräfte ereignen, dies aus Gründen der Propaganda und der hohen medialen Aufmerksamkeit. Wenn es dabei auch zu zivilen Opfern kommt, so sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen Anschlagsziele. Aus den Festhaltungen in der UNHCR-RL ergibt sich auch nicht, dass eben diese Zivilisten, die ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivitäten nachgehen, primär Ziele der Anschläge sind. Die genannten Gefährdungsquellen sind hingegen in reinen Wohngebieten bzw. abseits der genannten high-profile Ziele nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen. Dies entspricht der Einteilung im EASO-Leitfaden, wo Kabul hinsichtlich "willkürlicher Gewalt" der zweiten Gruppe zugeordnet wurde (vgl. oben). Zudem ist das in der UNHCR-RL festgestellte "Gefahr laufen" begrifflich nicht ohne weiteres mit einem "realen Risiko" gleichzusetzen.
Die Aussage der übrigen Länderberichte (Medienberichte), die UNHCR zugrunde legt (vgl. insb. UNHCR-RL vom 30.08.2018, Fußnote 688), weichen im Wesentlichen nicht von den im gegenständlichen Verfahren getroffenen Länderfeststellungen ab, da allesamt eine angespannte Sicherheitssituation in der Stadt Kabul beschreiben.
In Kabul Stadt geht nach zusammenschauender Würdigung des Berichtsmaterials und der Einschätzungen von UNHCR und EASO nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich konkret in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellen würde. Das Vorherrschen eines so hohen Niveaus an willkürlicher Gewalt, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson, die an alltäglichen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten teilnimmt, ist allein aufgrund ihrer Anwesenheit dem realen Risiko einer ersthaften individuellen Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit ausgesetzt, ist aus den Länderberichten in Zusammenschau mit den individuellen Verhältnissen des Beschwerdeführers nicht ableitbar.
Die Lage in der Stadt Kabul, die im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2018 als innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer festgestellt wurde, kann daher als insgesamt ausreichend sicher bewertet werden.
4. Rechtliche Beurteilung:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchteil A):
Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:
"§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und
3. darüber hinaus
a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;
b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.
(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:
"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."
Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:
"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im Detail:
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Aufrechte Rückkehrentscheidung:
Gegen den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet nach Erhalt der (ersten) negativen Entscheidung verlassen, ist jedoch am 19.02.2019 im Rahmen der Dublin III-VO von Frankreich nach Österreich rücküberstellt worden und hat am selben Tag den vorliegenden Folgeantrag gestellt. Die gegen ihn mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.07.2017 ausgesprochene und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2018 rechtskräftig bestätigte Rückkehrentscheidung ist noch aufrecht.
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Res iudicata (entschiedene Sache):
Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren erklärt, aus den gleichen Gründen wie schon im ersten Asylverfahren erneut einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhalts wurde nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Weder kann das abstrakte Vorbringen zur angeblichen Verfolgungsgefahr durch die Taliban für Rückkehrer, die lange in Europa gewesen sind und daher in den Augen der Taliban "nicht mehr gläubig" sein sollen, einen asylrechtlich relevanten Grund begründen, noch hat der Beschwerdeführer hinsichtlich seines bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgrund (Anm: Angst vor den Taliban) einen neuen Sachverhalt dargelegt. Er stützte sein Vorbringen auf dieselben Gründe wie im Erstverfahren; er bezieht sich somit auf die im Zuge der ersten Antragstellung vorgebrachten Fluchtgründe (VwGH 20.3.2003, Zl 99/20/0480). Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.
Auch die für den Beschwerdeführer maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.08.2018 zur Frage der Zuerkennung von Asyl bzw subsidiären Schutz in Hinblick auf Afghanistan im Wesentlichen unverändert geblieben; Gegenteiliges wurde auch nicht behauptet.
Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:
Im vorangegangenen Verfahren haben das Bundesamt sowie das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).
Auch im gegenständlichen, zweiten Asylverfahren sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden (siehe diesbezüglich die bereits weiter oben dargelegten Erwägungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers). Dieser brachte ein (unbelegtes) "psychisches Problem" vor und gab auch an, situationsbedingt unter Stress zu leiden. Damit hat der Beschwerdeführer jedoch kein Vorbringen erstattet, welches eine Relevanz gemäß Art 3 EMRK aufweisen und einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würde.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände ist vor dem Hintergrund der Feststellungen jedenfalls zu verneinen.
Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09 mwH).
Ebenso wenig sind Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Betroffenen ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Betroffene hat auch solche Umstände weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht.
Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Betroffene bereits im ersten Asylverfahren angegeben, in Österreich keine Familie zu haben oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft zu leben. Zu der in Österreich mit ihrer Familie aufhältigen Tante des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass zu dieser keine besondere Beziehungsintensität besteht. Der Kontakt beschränkte sich auf bisher zwei Besuche der Tante beim Beschwerdeführer in dessen Flüchtlingsunterkunft. Das Vorliegen von wechselseitigen Abhängigkeiten welcher Art auch immer wurden vom Beschwerdeführer explizit ausgeschlossen. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts der vergleichsweise kurzen Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet, der seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens unrechtmäßig ist, nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.
Entsprechend den obigen Ausführungen stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Betroffenen in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass die mit mündlich verkündetem Bescheid vom 11.03.2019 ausgesprochene Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.
Rechtmäßiges Verfahren:
Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.
Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 12.03.2019 einvernommen, und es wurde ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt.
Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zum Themenbereich res iudicata (entschiedene Sache) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2166580.2.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019