Entscheidungsdatum
09.05.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W221 2215652-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 08.02.2019, Zl. 414188/17/ZD/0219, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 ZDG ein Aufschub des Antritts seines ordentlichen Zivildienstes bis zum 01.02.2020 gewährt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 10.01.2019 stellte der Beschwerdeführer gemäß § 14 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) einen Antrag auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes bis Februar 2020, da er seit September 2013 das Studium der Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz belege. Er legte seinem Antrag ein Diplom des Kärntner Landeskonservatoriums über eine bestandene künstlerische Abschlussprüfung im Fach Jazz-Violine samt Anhang vom 11.06.2018, ein Lehrbefähigungszeugnis des Kärntner Landeskonservatoriums im Fach Jazz-Violine samt Anhang vom 12.06.2018, eine Bestätigung des Studienerfolgs in der Studienrichtung Jazz & Popularmusik vom 07.08.2018 und eine Studienzeitbestätigung der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz zur Studienrichtung Musikologie vom 10.01.2019 bei.
Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.01.2019 auf nachzuweisen, wann er seine Ausbildung begonnen habe und die entsprechenden Nachweise (aktuelles Studienblatt, aktuelles Sammelzeugnis bzw. aktueller Studienerfolgsnachweis, Begründung zur beantragten Aufschubdauer, Nachweis der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils welcher ihm bei der Unterbrechung der Ausbildung wegen Leistung des ordentlichen Zivildienstes entstünde) vorzulegen.
Mit Schreiben vom 22.01.2019 erklärte der Beschwerdeführer, er bitte um einen Aufschub des Zivildienstes, um sein interuniversitäres Bachelorstudium der Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz im Wintersemester 2019/2020 erfolgreich abschließen zu können. Dieses habe er im Wintersemester 2013/2014, somit im Jahr vor dem Stellungstermin am 25.02.2014 begonnen. Die überschrittene Mindeststudiendauer liege darin begründet, dass er parallel zwei Studien am Kärntner Landeskonservatorium begonnen habe. Aufgrund des dadurch entstandenen Zeitdrucks habe er sich in Graz für zwei Semester beurlauben lassen. Im Juni 2018 habe er seine Studien in Klagenfurt abgeschlossen, weshalb er sich mittlerweile ganz auf sein Studium der Musikologie in Graz konzentrieren könne. Eine Unterbrechung des Studiums würde für ihn einen Zeitverlust von zwei Semestern und Mehrkosten von EUR 383,06 bedeuten. Dem Schreiben angeschlossen waren neben den schon dem Antrag vom 10.01.2019 beigefügten Dokumenten, Bestätigungen des Studienerfolges und Studienzeitbestätigungen der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vom 22.01.2019. Ebenfalls angeschlossen war ein Studienblatt des ordentlichen Studierenden der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vom 22.01.2019.
Mit im Spruch genannten Bescheid der Zivildienstagentur vom 08.02.2019, zugestellt am 13.02.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes vom 10.01.2019 gemäß § 14 Abs. 2 ZDG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz laut vorgelegtem Studienblatt im Wintersemester 2013/2014 begonnen, die letzte Prüfung jedoch laut Studienerfolgsbestätigung am 13.07.2015 abgelegt habe. Somit sei bei durchgehender Inskription von einer Unterbrechung des Studiums der Musikologie und einer nunmehrigen Fortsetzung auszugehen. Es sei daher von einem Studienbeginn nach dem in § 25 Abs. 1 Z4 Wehrgesetz 2001 (WG 2001) genannten Zeitpunkt auszugehen und der Antrag des Beschwerdeführers an § 14 Abs. 2 ZDG zu messen. Die meisten Ausbildungen würden in jährlichen Zyklen abgehalten. Die Unterbrechung einer Ausbildung für die Ableistung des neunmonatigen Zivildienstes führe somit in den meisten Fällen zu einem Verlust von zwei Semestern an Ausbildungszeit. Es handle sich dabei um keinen bedeutenden Umstand, der einen Aufschub gemäß § 14 Abs. 2 ZDG rechtfertigen könne. Somit sei der vom Beschwerdeführer angeführte Verlust von zwei Semestern an Studiendauer bzw. die damit verbundenen Mehrkosten kein bedeutender Nachteil im Sinne des ersten Satzes des § 14 Abs. 2 ZDG. Auch könne darin keine außerordentliche Härte im Sinne des zweiten Satzes des § 14 Abs. 2 ZDG erblickt werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 03.03.2019 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt er aus, dass er das Studium der Musikologie im Wintersemester 2013/2014, und somit vor der Feststellung seiner Tauglichkeit am 25.02.2014 begonnen habe. Aktuell betreibe er vier Studien, von denen er zwei mittlerweile abgeschlossen habe, wobei er mehrere Prüfungen an anderen Bildungseinrechnungen als den Stammuniversitäten abgelegt und sich diese anrechnen habe lassen. Der Bescheid über die Anrechnung sei in Bälde zu erwarten, weshalb keinesfalls, wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommen, eine Unterbrechung des Studiums vorliege.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 07.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Mit Schreiben vom 08.05.2019 legte der Beschwerdeführer die erfolgten Anrechnungen seiner absolvierten Lehrveranstaltungen an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat am 19.07.2013 das Studium der Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz begonnen. Das Studium des Beschwerdeführers an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz dauert noch immer an. Der Beschwerdeführer hat sich für das Winter- und das Sommersemester des Studienjahres 2017/2018 beurlauben lassen.
Am 25.02.2014 wurde die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zum Wehrdienst erstmals festgestellt.
Am 23.06.2014 hat der Beschwerdeführer eine mängelfreie Zivildiensterklärung eingebracht.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2014 wurde der Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers mit 23.06.2014 festgestellt.
Die vom Beschwerdeführer in seinen Studien am Johann-Joseph-Fux-Konservatorium des Landes Steiermark in Graz und am Kärntner Landeskonservatorium abgelegten Prüfungen wurden ihm im Studium der Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz mit 07.03.2019 angerechnet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 19.07.2013 das Studium der Musikologie an der Musikuniversität Graz begonnen hat, ergibt sich aus dem Studienblatt des ordentlichen Studierenden der Musikuniversität Graz vom 22.01.2019.
Die Feststellung, dass betreffendes Studium weiter andauert ergibt sich einerseits aus dem Studienblatt des ordentlichen Studierenden der Musikuniversität Graz vom 22.01.2019, in dem dieser als "gemeldet" vermerkt ist, und andererseits aus der Studienzeitbestätigung der Musikuniversität Graz vom 22.01.2019.
Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer für das Winter- und das Sommersemester des Studienjahres 2017/2018 beurlauben hat lassen, ergibt sich aus Vorbringen des Beschwerdeführers und der Studienzeitbestätigung der Musikuniversität Graz vom 22.01.2019.
Die Anrechnungen ergeben sich aus dem vom Beschwerdeführer am 08.05.2019 vorgelegten Studiendatenblatt der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu A)
1. § 14 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) lautet wie folgt:
"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist, sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.
(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
(3) Der Aufschub kann in den Fällen des Abs. 2 bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres gewährt werden, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.
(4) Der Bescheid, mit dem der Aufschub verfügt wird, setzt einen allfälligen Zuweisungsbescheid außer Kraft. § 13 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, daß der Nachweis jedes zweite Jahr zu erbringen ist.
(5) Der Zivildienstpflichtige, dessen Zivildienst aufgeschoben wurde, hat den vorzeitigen Wegfall der Voraussetzungen für den Aufschub unverzüglich der Zivildienstserviceagentur mitzuteilen."
2. § 67 des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002) lautet auszugsweise wie folgt:
"Beurlaubung
§ 67. (1) - (2) [...]
(3) Die Beurlaubung wirkt für alle Studien der Bildungseinrichtung, an welcher diese beantragt wurde und bei gemeinsam eingerichteten Studien für alle Studien der beteiligten Bildungseinrichtungen. Während der Beurlaubung bleibt die Zulassung zum Studium aufrecht. Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, die Ablegung von Prüfungen sowie die Einreichung und Beurteilung wissenschaftlicher sowie künstlerischer Arbeiten ist unzulässig."
Im vorliegenden Fall wurde am 25.02.2014 erstmals die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zum Wehrdienst festgestellt. Der Stichtag im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 ist daher der 01.01.2014. Der Beschwerdeführer hat am 19.07.2013, somit vor dem 01.01.2014 das Studium der Musikologie an der Musikuniversität Graz begonnen. Das Studium dauert noch immer an, wobei der Beschwerdeführer dieses voraussichtlich im Februar 2020 abschließen wird.
Die belangte Behörde vermeint nun, dass das betreffende Studium des Beschwerdeführers als unterbrochen und sodann wieder fortgesetzt anzusehen sei, da der Beschwerdeführer die letzte Prüfung im Sommersemester 2015 abgelegt habe, weshalb von einem Studien(wieder)beginn nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt auszugehen sei. Dem ist entgegengehalten, dass der Beschwerdeführer gemäß den Feststellungen durchgehend in fraglichem Studium inskribiert war. Auch während einer Beurlaubung (im Fall des Beschwerdeführers im Winter- und Sommersemester des Studienjahres 2017/2018) bleibt die Zulassung zum Studium aufrecht, wie sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 3 UG 2002 ergibt. Der Beschwerdeführer hat die Zeit der Beurlaubung auch dafür genutzt, Prüfungen am Landeskonservatorium abzulegen, welche im mittlerweile auf das Studium der Musikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz angerechnet wurden.
Aus gegenständlichem Sachverhalt ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer noch immer in einer laufenden Hochschulausbildung steht, die er vor dem 01.01.2014 begonnen hat. Es kann aufgrund der erfolgten Prüfungsanrechnungen auch nicht davon ausgegangen werden, dass er die letzte Prüfung im Sommersemester 2015 abgelegt hat, sodass entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde auch nicht von einem neuerlichen Studienbeginn auszugehen ist. Es ist daher im vorliegenden Fall § 14 Abs. 1 ZDG anzuwenden. Diese Bestimmung sieht vor, dass dem Zivildienstpflichtigen, der zu diesem Stichtag in einer Schul- oder Hochschulausbildung bzw. einer Berufsvorbereitung steht, auf dessen Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben ist, in dem der Zivildienstpflichtige das 28. Lebensjahr vollendet.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage steht daher dem Beschwerdeführer ein Aufschub des Antritts seines ordentlichen Zivildienstes bis zu dem von ihm beantragten Zeitpunkt (Februar 2020) zu.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewendeten Bestimmungen ist eindeutig.
Schlagworte
Anrechnung von Prüfungen, Antrittsaufschub, Aufschubantrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W221.2215652.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019