TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/10 G304 2214197-1

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Veröffentlicht am 10.05.2019
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Entscheidungsdatum

10.05.2019

Norm

AuslBG §4 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G304 2214197-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Peter Josef DEMSCHAR und Dr. Paul PART als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 11.10.2018, GZ: XXXX, betreffend Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für XXXX, StA.: Jordanien, für die berufliche Tätigkeit als "Werkstudent/Operations technical" zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 4 Abs 1 Z. 4 AuslBG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) vom 11.10.2018, der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) zugestellt am 12.10.2018, wurde der Antrag der BF auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den im Spruch genannten jordanischen Staatsangehörigen für die berufliche Tätigkeit als "Werkstudent/Operations technical" gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 AuslbG abgewiesen.

Begründend dafür wurde angeführt, dass aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen sei, dass der Ausländer, der seit 01.07.2018 eine Sozialversicherungsmeldung aufweise, bereits zumindest seit 01.07.2018 ohne eine Berechtigung nach dem AuslBG beschäftigt sei, und demzufolge die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 AuslbG nicht erfüllt seien.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es sich beim Antrag vom 04.10.2018 um einen Antrag der BF auf Verlängerung der dem ursprünglichen Unternehmen bis zum 30.11.2018 erteilten Beschäftigungsbewilligung gehandelt habe.

3. Am 07.02.2019 langte bei der belangten Behörde die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Mit Bescheid des AMS vom 29.11.2017 wurde für den im Spruch angeführten jordanischen Staatsbürger eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als "Werkstudent/Operations technical" - für den Zeitraum von 01.12.2017 bis 30.11.2018, im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von EUR 1.075,00 brutto, erteilt. Diese Beschäftigungsbewilligung wurde dem ursprünglichen Unternehmen, aus welchem im Jahr 2018 die BF ausgegliedert wurde, erteilt.

1.2. Der im Spruch angeführte jordanische Staatsbürger, der in Österreich bereits seit 2015 über eine NAG - Aufenthaltsberechtigung verfügt - zunächst als unselbstständig Erwerbstätiger und seit 01.10.2017 nunmehr bis 30.09.2019 befristet als Student, war ab 01.07.2018 bei der BF - einem vom Unternehmen, bei welchem er ab 01.12.2017 beschäftigt war, ausgegliederten Teilbetrieb an demselben Beschäftigungsort weiterbeschäftigt.

1.3. Am 04.10.2018 stellte die BF bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den im Spruch genannten jordanischen Staatsangehörigen für die berufliche Tätigkeit als "Werkstudent/Operations technical". Bei diesem Antrag handelte es sich um einen Antrag der BF auf Verlängerung der dem ursprünglichen Unternehmen bis 30.11.2018 erteilten Beschäftigungsbewilligung.

Dieser Antrag wurde mit angefochtenem Bescheid vom 11.10.2018 abgewiesen, mit der Begründung, dass aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen sei, dass der Ausländer, der seit 01.07.2018 eine Sozialversicherungsmeldung aufweise, bereits zumindest seit 01.07.2018 ohne eine Berechtigung nach dem AuslBG beschäftigt sei, und demzufolge die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 AuslbG nicht erfüllt seien.

1.4. Der jordanische Staatsangehörige war nach Erlassung des abweisenden Bescheides vom 11.10.2018 nur mehr bis 19.10.2018 im vom ursprünglichen Unternehmen ausgegliederten Teilbetrieb - der BF - beschäftigt.

2. Beweiswürdigung

Der oben angeführte Verfahrensgang beruht auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes.

Der festgestellte Aufenthaltsstatus des im Spruch genannten jordanischen Arbeitnehmers war aus einem Fremdenregisterauszug ersichtlich.

Die Feststellungen zur Beschäftigung des jordanischen Staatsbürgers beim ursprünglichen Unternehmen von 01.12.2017 bis 30.06.2018 und beim vom ursprünglichen Unternehmen ausgegliederten Teilbetrieb - der BF - von 01.07.2018 bis 19.10.2018 - beruht auf einem AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug.

Dass vom ursprünglichen Unternehmen im Jahr 2018 die BF als Teilbetrieb ausgegliedert wurde, ergab sich aus einem Firmenbuchauszug.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit

3.1.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

3.2. Zu A) Stattgebung der Beschwerde

3.2.1. § 4 Abs. 1 AuslbG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

(...)

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

(...)."

§ 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) lautet auszugsweise wie folgt:

"Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber

§ 3. (1) Geht ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein.

(3) Bei Betriebsübergang nach Abs. 1 bleiben die Arbeitsbedingungen aufrecht, es sei denn, aus den Bestimmungen über den Wechsel der Kollektivvertragsangehörigkeit (§ 4), die betrieblichen Pensionszusagen (§ 5) und die Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen (§§ 31 und 32 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) ergibt sich anderes. Der Erwerber hat dem Arbeitnehmer jede auf Grund des Betriebsüberganges erfolgte Änderung der Arbeitsbedingungen unverzüglich mitzuteilen."

3.2.2. Geht ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt dieser - ausgenommen im Falle des Konkurses - gemäß § 3 Abs. 1 iVm 2 AVRAG als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. (VwGH 29.05.2006, Zl. 2005/09/0066).

Im gegenständlichen Fall wurde der vom ursprünglichen Unternehmen ausgegliederte Betrieb an demselben Standort weitergeführt, wobei der neue Betreiber - die BF - Arbeitgeber der beim alten Betreiber beschäftigten Arbeitnehmer geworden ist. Die Arbeitnehmer hatten vom bisherigen Arbeitgeber bei der Sozialversicherung abgemeldet und vom neuen Betreiber angemeldet zu werden.

Aus der Tatsache der notwendigen sozialversicherungsrechtlichen Ab- und Anmeldung des Arbeitsnehmers kann nicht geschlossen werden, dass eine illegale Beschäftigung iSd § 3 Abs. 1 AuslbG vorläge. Auch kann aus den Regelungszielen des AVRAG und AuslBG iSd ständigen Rechtsprechung nicht abgeleitet werden, dass § 3 AVRAG nicht anzuwenden wäre. Vielmehr ist nach Zusammenschau des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften die Annahme einer zwingenden Übernahme des Dienstnehmers und die Weitergeltung der erteilten Beschäftigungsbewilligung anzunehmen (vgl. VGW-041/003/3883/2016 ein Strafverfahren wegen Übertretung des AuslBG betreffend).

Die dem im Spruch genannten jordanischen Staatsbürger im Zeitraum von 01.12.2017 bis 30.11.2018 erteilte Beschäftigungsbewilligung beim ursprünglichen Unternehmen hatte somit auch nach sozialversicherungsrechtlicher Abmeldung vom ursprünglichen Unternehmen am 30.06.2018 und Anmeldung bei der BF am 01.07.2018 weiterhin Gültigkeit, weshalb für die Beschäftigung des jordanischen Staatsbürgers bei der BF - einem vom ursprünglichen Unternehmen ausgegliederten Teilbetrieb - jedenfalls für die Gültigkeitsdauer der dem ursprünglichen Unternehmen bis 30.11.2018 erteilten Beschäftigungsbewilligung eine Berechtigung nach dem AuslBG vorlag, weshalb spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene AMS-Bescheid vom 11.10.2018 ersatzlos zu beheben war.

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z. 1 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Ausgliederung, Beschäftigungsbewilligung, Gültigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2214197.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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