Entscheidungsdatum
16.05.2019Norm
AVG §13 Abs2Spruch
W230 2218687-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER sowie den Richter Dr. Gert WALLISCH als Beisitzer über den Antrag der XXXX , ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 03.04.2019, Zl. XXXX , die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 22 Abs. 2 FMABG keine Folge gegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 10.05.2019 legte die Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) dem Bundesverwaltungsgericht einen gemäß § 22 Abs. 2 FMABG gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor, der in einer Beschwerde gegen ihren Bescheid vom 03.04.2019, XXXX , gestellt wurde. Die belangte Behörde nahm zu dem Antrag ausführlich Stellung und gab bekannt, dass sie sich in der Hauptsache die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vorbehalte.
2. Das Bundesverwaltungsgericht gewährte der antragstellenden Partei Gehör zu den in der Stellungnahme der belangten Behörde geltend gemachten Umständen, insbesondere zu den aktenkundigen Beweisergebnissen zum Thema der von der belangten Behörde vorgebrachten Verspätung der Beschwerde.
3. Vor Ablauf der ihr gesetzten Frist nahm die antragstellende Partei dazu Stellung und führte - ohne Ankündigung einer weiteren Stellungnahme - aus:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit nehmen wir Stellung zu Ihrem Schreiben vom 10.05.2019 betreffend unsere Beschwerde vom 02.05.2019 gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 03.04.2019.
Es ist richtig, dass wir die Beschwerde nur auf elektronischem Weg am 02.05.2019 um 20:03 Uhr eingebracht haben und zwar über die Incoming Platform der FMA. Eine postalische Einbringung erfolgte darüber hinaus nicht. Wir sind davon ausgegangen, dass die Einbringung der Beschwerde über die Incoming Platform ausreichend gewesen wäre, da sie den für uns üblichen Einbringungsweg für jegliche Aufsichtskorrespondenz darstellt. Eine zusätzlich postalische Einbringung erschien uns daher redundant. Aus unserer Sicht erfolgt die Einbringung fristgerecht und erfolgen elektronische Eingaben jedenfalls schneller als über den Postweg.
Hochachtungsvoll
[Fertigung]"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid vom 03.04.2019 traf die belangte Behörde gegenüber der antragstellenden Partei folgende Anordnung:
"Gemäß § 70 Abs. 4 Z 1 Bankwesengesetz (BWG), BGBl. 532/1993 idgF, iVm § 42 Abs. 1 und Abs. 2 BWG wird seitens der Finanzmarktaufsichtsbehörde (‚FMA') der [antragstellenden Partei] die Herstellung des rechtmäßigen Zustands in Form der Bestellung eines fachlich qualifizierten Leiters der Innenrevision binnen angemessener Frist von drei Monaten unter Androhung einer Zwangsstrafe iHv 20.000,- EUR aufgetragen."
In der Begründung ihres Bescheides stützte sich die belangte Behörde unter anderem auf § 42 Abs. 1 BWG, wonach Personen nicht mit Aufgaben der internen Revision betraut werden dürften, wenn Ausschließungsgründe vorliegen, und auf § 5 Abs. 1 Z 6 und Z 7 BWG zu den Anforderungen an einen Leiter der Internen Revision.
1.2. Dieser Bescheid wurde der antragstellenden Partei am selben Tag, amMittwoch, dem 03.04.2019, per E-Mail zugestellt.
1.3. Der vier Wochen danach liegende Mittwoch war ein Feiertag (Mittwoch, 01.05.2019). Am ersten Werktag nach diesem Feiertag, dh. am Donnerstag, dem 02.05.2019, langte bei der belangten Behörde über die von ihr zur elektronischen Einbringung von Anbringen bereitgestellte "Incoming Platform" um 20:03 Uhr der Beschwerdeschriftsatz der antragstellenden Partei ein, in dem sie auch den Antrag stellte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
1.4. Die Beschwerde (mit Antrag auf aufschiebende Wirkung) wurde ausschließlich in dieser Form eingebracht. Eine (zusätzliche) postalische Einbringung der Beschwerde ist daher nicht erfolgt.
1.5. Seit 2014 ist auf der Internet-Seite der belangten Behörde eine Kundmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG mit folgendem Inhalt abrufbar (https://www.fma.gv.at/ download.php?d=1071, auffindbar bei Auswahl des Punktes "Kontakt" auf der Website der belangten Behörde [fma.gv.at], wo auf diese Kundmachung mit folgendem Satz hingewiesen und mit Internet-Link verwiesen wird: "Zur rechtswirksamen Einbringung von Anbringen beachten Sie bitte diese Kundmachung"):
"KUNDMACHUNG
zur rechtswirksamen Einbringung von Anbringen
gemäß § 13 Abs. 2 und 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991,
BGBl. Nr. 51/1991, in der geltenden Fassung.
Für die rechtswirksame Einbringung von elektronischen, mündlichen, telefonischen und schriftlichen Anbringen (§ 13 Abs. 1 AVG i.d.g.F.) an die Österreichische Finanzmarktaufsicht - FMA sind die Geschäftszeiten der FMA maßgeblich. Diese sind:
Montag bis Donnerstag: 08:00 Uhr bis 17:30 Uhr
Freitag: 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr
(ausgenommen die gesetzlichen Feiertage, der 24. Dezember und der 31. Dezember)
Die Empfangsgeräte der FMA für Telefax und E-Mail sowie die für ausschließlich elektronische Übermittlungen eingerichteten webbasierten Applikationen und das elektronische Postfach der FMA sind auch außerhalb der Geschäftszeiten empfangsbereit, sie werden aber nur während der Geschäftszeiten betreut. Anbringen, die außerhalb der Geschäftszeiten an diese Empfangsgeräte übermittelt werden, gelten daher auch dann, wenn sie bereits in den Verfügungsbereich der FMA gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Geschäftszeiten als rechtswirksam eingebracht (und eingelangt) und werden (erst) ab diesem Zeitpunkt in Behandlung genommen. Das bedeutet, dass die behördlichen Erledigungsfristen erst mit Wiederbeginn der Geschäftszeiten zu laufen beginnen. Außerhalb der Geschäftszeiten werden keine schriftlichen, telefonischen und mündlichen Anbringen entgegengenommen (§ 13 Abs. 5 AVG).
Wien, am 19. Dezember 2014"
1.6. Einen Hinweis darauf enthielt auch die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 03.04.2019.
2. Beweiswürdigung:
Die Bescheidzustellung am 03.04.2019 ist aktenkundig und wurde von der antragstellenden Partei im Beschwerdeschriftsatz und in Beantwortung des vom Bundesverwaltungsgericht gewährten Parteiengehörs ausdrücklich bestätigt. Die elektronische Einbringung um 20:03 Uhr am 02.05.2019 ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Auszug aus ihrem System, dessen Inhalt der antragstellenden Partei vom Bundesverwaltungsgericht vorgehalten und von ihr als richtig bestätigt wurde. Dass die Beschwerde nicht zusätzlich auch postalisch eingebracht wurde, ist sowohl von der belangten Behörde als auch von der antragstellenden Partei über Vorhalt bestätigt worden. Die Tatsache und der Inhalt der Kundmachung nach § 13 Abs. 2 AVG ergeben sich aus der Einsichtnahme in die Internetseite der belangten Behörde und aus der Rechtsmittelbelehrung des ergangenen Bescheides. Sie wurden der antragstellenden Partei vorgehalten und blieben von ihr unkommentiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Abweisung des Antrags
3.1. Zuständigkeit des Senats:
In Abkehr von seiner bisherigen Praxis zu § 22 FMABG schließt das Bundesverwaltungsgericht aus dem - zu ähnlich gelagerten Regelungen des Postmarktgesetzes ergangenen - Erkenntnis des VwGH vom 05.09.2018, Ra 2018/03/0056, dass eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 22 Abs. 2 FMABG nicht unter Inanspruchnahme der Vorsitzendenkompetenz des § 9 BVwGG erfolgen darf, sondern im Senat ergehen muss.
3.2. Zur Wahrung des Parteiengehörs und Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat der antragstellenden Partei über die für die Feststellung einer verspäteten Beschwerdeeinbringung relevanten Beweisergebnisse mit Verfügung vom 10.05.2019 unter Setzung einer fünftägigen Frist Parteiengehör eingeräumt. Diese Verfügung wurde der antragstellenden Partei am 14.05.2019 zugestellt und von dieser am 15.05.2019 mit einem E-Mail, dessen Inhalt unter Pkt. I.3. wiedergegeben wurde, beantwortet. Das Bundesverwaltungsgericht ist berechtigt, über den Antrag bereits vor Ablauf der gesetzten fünftägigen Frist zu entscheiden, weil die Partei bereits eine Stellungnahme abgegeben hat, ohne weitere anzukündigen (VwGH 27.02.1995, 90/10/0121). Die vorliegende Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
3.3. Zur inhaltlichen Behandlung des Antrags:
3.3.1. Gemäß § 22 Abs. 2 FMABG haben Beschwerden gegen Bescheide der FMA (und Vorlageanträge) keine aufschiebende Wirkung (ausgenommen in Verwaltungsstrafverfahren). Auf Antrag ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht nach Anhörung der FMA mit Beschluss zuzuerkennen, "insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre".
Diese Bestimmung ist zwar vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 02.03.2018, G 257/2017, aufgehoben worden. Die Aufhebung tritt jedoch nach Spruchpunkt II. des zitierten Erkenntnisses erst mit Ablauf des 31.08.2019 in Kraft und ist daher bei unveränderter Gesetzeslage bis zu diesem Zeitpunkt weiter anzuwenden.
Die in § 22 Abs. 2 FMABG definierten Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ("insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre") entsprechen nahezu wörtlich den Voraussetzungen der Zuerkennung aufschiebender Wirkung im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren (§ 85 Abs. 2 VfGG) und im verwaltungsgerichtlichen Revisionsverfahren (§ 30 Abs. 2 VwGG).
3.3.2. Es kann hier dahingestellt werden, ob der Gegenstand des angefochtenen Bescheides (der Auftrag zur Einhaltung bestimmter organisatorischer Anforderungen bei der internen Revision des antragstellenden Kreditinstituts) nur durch innerstaatliches Recht oder auch von europarechtlichen Vorgaben inhaltlich determiniert ist. Nach der Literatur sehen europarechtliche Vorschriften zwar vielfach Prüfungshandlungen durch die interne Revision vor, es gibt aber keine (unionsrechtlichen) Vorschriften, wie eine interne Revision zu organisieren und auszugestalten ist (Kessler in Dellinger [Hrsg], Bankwesengesetz - Kommentar § 42 Rz 13). Aus den Materialien zu § 22 FMABG geht hervor, dass der Gesetzgeber mit Schaffung dieser Sondervorschrift zur Gewährung aufschiebender Wirkung ("Zuerkennungssystem") den Anforderungen beim Vollzug von europäischen Verordnungen und Richtlinien Rechnung tragen und dabei berücksichtigen wollte, dass diese eine grundsätzlich restriktive Handhabung des Instruments der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln erfordern (RV 2196 BlgNR, 24. GP, 4).
Da der Gesetzgeber im Wortlaut des § 22 Abs. 2 FMABG nicht danach unterschieden hat, ob im konkreten Anwendungsfall Vorschriften des Unionsrechts materiell zu vollziehen sind, ist diese Vorschrift einheitlich unter Berücksichtigung der beschriebenen Regelungsabsicht auszulegen. Zu einer vergleichbaren, ebenfalls durch unionsrechtliches Regulierungs- und Verwaltungsverfahrensrecht geprägten Regelung eines "Zuerkennungssystems" hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 05.09.2018, Ra 2018/03/0056, ausgesprochen, dass sich "[a]us diesen Vorgaben [...] insgesamt [ergibt], dass die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung an eine Beschwerde danach nur ausnahmsweise erfolgen darf, und daher die dafür maßgeblichen Entscheidungsspielräume in den gesetzlichen Umsetzungsbestimmungen grundsätzlich eng gefasst sein müssen und diese wiederum grundsätzlich restriktiv auszulegen sind und derart einen strengen Beurteilungsmaßstab repräsentieren" (aaO Rn. 26) . Der Verwaltungsgerichtshof hat als entscheidende Kriterien im Rahmen der Anwendung eines solchen - unionsrechtlich vorgeprägten - innerstaatlichen "Zuerkennungssystems" auf die einschlägige Rechtsprechung des EuGH verwiesen und dazu festgehalten, dass "Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, sowie den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen müssen" (aaO Rn. 30). Weiters hat er als entscheidendes Kriterium festgehalten, dass "der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes" (inklusive für die Aussetzung der Vollziehung der zu überprüfenden Entscheidung) "zuständige Richter [...] diesen nur dann gewähren [darf], wenn die Notwendigkeit der Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht (fumus boni iuris) und ferner dargetan ist, dass sie dringlich in dem Sinne ist, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gut zu machenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung der Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten muss" (aaO Rn. 30).
Der Verwaltungsgerichtshof hält demnach - jedenfalls beim Vollzug von Normen, die unionsrechtlich vorgegeben sind - das Vorliegen eines "fumus boni iuris" im Sinne der Rechtsprechung der Unionsgerichte für ein relevantes Kriterium bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Bereich des - ebenfalls unionsrechtlich vorgeprägten - Zuerkennungssystems nach § 22 Abs. 2 FMABG grundsätzlich übertragbar sind.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 FMABG im Wortlaut jenen des § 30 Abs. 2 VwGG und des § 85 Abs. 2 VfGG im Wesentlichen gleichen. Folglich kann in dieser Hinsicht auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zu § 30 Abs. 2 VwGG) und des Verfassungsgerichtshofes (zu § 85 Abs. 2 VfGG) zurückgegriffen werden. Die zwei in § 22 Abs. 2 FMABG genannten Voraussetzungen (unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer und kein entgegenstehendes zwingendes öffentliches Interesse) müssen kumulativ vorliegen. Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, kann dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht Folge gegeben werden; das Vorliegen der anderen Voraussetzung kann in diesem Fall (ebenso wie zB auch die Frage der Vollzugstauglichkeit) offen gelassen werden (vgl. zB VfGH 02.04.2013, B 201/13).
3.3.3. Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung zu § 30 Abs. 2 VwGG und § 85 Abs. 2 VfGG, dass die Erfolgsaussichten einer Beschwerde bei einer Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von Bedeutung sind (zB VfGH 13.03.2006, B 361/06; 11.05.2007, B 647/07; 25.01.2011, B 116/11; 07.02.2011, B 196/11; 11.02.2011, B 233/11). Auch die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde ist grundsätzlich nicht Beurteilungsgegenstand im Verfahren über die aufschiebende Wirkung (VfGH 10.07.1990, B 732/90).
Gleiches gilt nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Voraussetzung des "fumus boni iuris". Danach ist die Zulässigkeit der Klage grundsätzlich nicht im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu prüfen, um der Entscheidung in der Hauptsache nicht vorzugreifen. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall von der FMA - die offensichtliche Unzulässigkeit des dem Antrag auf aufschiebende Wirkung zugrunde liegenden Rechtsmittels geltend gemacht wird, kann es nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Anforderung des "fumus boni iuris" erforderlich sein, festzustellen, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Rechtsmittel dem ersten Anschein nach zulässig ist (Beschlüsse des Präsidenten des EuG vom 15.02.2000, Rs. T-1/00 R, Hölzl u. a./Kommission, Slg. 2000, II-251, Rn.. 21; 08.08.2002 Rs. T-155/02 R, VVG International u. a./Kommission, Slg. 2002, II-3239, Rn. 18; 21.01.2004, Rs. T-252/03 R, Fédération nationale de l'industrie et des commerces en gros des viandes [FNICGV] / Kommission, Slg. 2004, II-318, Rn. 19).
3.3.4. Wie bereits dargelegt, muss dies auch im System des § 22 Abs. 2 FMABG gelten.
Die prinzipielle Unbeachtlichkeit der Beschwerdeaussichten ist daher dann eingeschränkt, wenn klar feststeht, dass der Beschwerdeerfolg oder -misserfolg von vornherein offenkundig ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch schon aus der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 85 Abs. 2 VfGG. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 85 Abs2 VfGG kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn eine nicht offenkundig unzulässige Beschwerde vorliegt, hinsichtlich derer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird (vgl. zB VfGH 25.04.1997, B 274/97 [nichtverbesserter Formmangel]; 07.01.2008, B 4/08 [nicht ausgeschöpfter Instanzenzug]; 15.07.2009, B 823/09 [Beschwerdeführung durch rechtskräftig aufgelösten Verein]).
Auch der umgekehrte Fall einer Offenkundigkeit kann sich im Rahmen der Entscheidung über die Zuerkennung aufschiebender Wirkung auswirken, nämlich dann, wenn die Beschwerde nicht offenkundig unzulässig, der Bescheid aber seinerseits offenkundig rechtswidrig ist: Derartiges fließt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes bei der Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ein (vgl. etwa VwGH 04.05.2017, Ra 2017/04/0041; 10.07.2017, Ra 2017/08/0058;
25.08.2017, Ra 2017/04/0082; 01.06.2018, Ra 2018/22/0108; VfGH 26.06.2007, B 904/07; 14.03.2011, B 276/11; 21.04.2011, B 504/11;
27.04.2011, B 280/11).
3.3.5. Im vorliegenden Fall ist die Verspätung (und damit Unzulässigkeit) der Beschwerde, deren aufschiebende Wirkung beantragt wird, aus folgenden Gründen offenkundig:
Die Frist zur Einbringung von Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG beginnt die Beschwerdefrist in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (ein solcher liegt hier vor) mit dem Tag der Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer.
Gemäß § 12 VwGVG sind (im Verfahren über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen.
Gemäß § 32 AVG enden Fristen, die nach Wochen bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche (hier der vierten Woche nach der Woche vom 03.04.2019), der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (hier: Mittwoch). Die Beschwerdefrist hätte daher grundsätzlich am Mittwoch, 01.05.2019, geendet. Bei diesem Tag handelte es sich aber um einen gesetzlichen Feiertag (§ 1 Abs. 1 Feiertagsruhegesetz 1957). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 33 Abs. 2 AVG). Daher war der Donnerstag, 02.05.2019, als letzter Tag der Frist anzusehen.
§ 33 Abs. 3 erster Satz AVG, wonach die Tage des Postlaufs in (verfahrensrechtliche) Fristen nicht eingerechnet werden, die rechtzeitige Übergabe an die Post also zur Fristwahrung ausreicht, gilt nicht auch für technische Formen der Übermittlung eines Anbringens an die Behörde etwa durch Fax oder E-Mail (vgl. VwSlg. 18.418 A/2012 unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG § 33 Rz 3, mwN, sowie VwGH 22.04.2009, 2008/04/0089, weiters die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 [BGBl. I Nr. 5/2008], 294 BlgNR
23. GP, 11 [zu § 13 AVG]).
Die Beschwerde ist zwar noch am letzten Tag der Beschwerdefrist tatsächlich bei der belangten Behörde eingelangt, allerdings erfolgte dies nicht mehr innerhalb der Amtsstunden, sondern über die "incoming platform" der belangten Behörde um 20:03 Uhr. Die belangte Behörde hat auf ihrem Internetauftritt in ihrer "KUNDMACHUNG zur rechtswirksamen Einbringung von Anbringen gemäß § 13 Abs. 2 und 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991" bekannt gemacht, dass "[f]ür die rechtswirksame Einbringung von elektronischen, mündlichen, telefonischen und schriftlichen Anbringen (§ 13 Abs. 1 AVG i.d.g.F.) an die Österreichische Finanzmarktaufsicht - FMA [...] die Geschäftszeiten der FMA maßgeblich [sind]", dass diese "Montag bis Donnerstag: 08:00 Uhr bis 17:30 Uhr" und "Freitag: 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr" sind und dass "Anbringen, die außerhalb der Geschäftszeiten [elektronisch] übermittelt werden, [...] auch dann, wenn sie bereits in den Verfügungsbereich der FMA gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Geschäftszeiten als rechtswirksam eingebracht (und eingelangt)" gelten. Darauf wurde auch in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides explizit hingewiesen.
Eine Kundmachung im Internet von (u.a.) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist in § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den bereits zitierten Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (294 BlgNR 23. GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde - wie etwa auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis - ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (VwSlg. 18.418 A/2012 unter Hinweis auf die Erläuterungen 294 BlgNR 23. GP, 11).
Da die Beschwerde, deren aufschiebende Wirkung beantragt war, am letzten Tag der Frist und nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 2 AVG kundgemachten, für die zulässige elektronische Einbringung relevanten Uhrzeit, nämlich (ausschließlich) elektronisch am Donnerstag, 02.05.2019, um 20:03 Uhr eingebracht wurde, ist sie verspätet.
Dem Antrag, dieser verspäteten und damit offenkundig unzulässigen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war daher keine Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. insb. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0056, zur Relevanz des fumus boni iuris im Sinne der Rechtsprechung der Unionsgerichte als Kriterium der Zuerkennung aufschiebender Wirkung in einem unionsrechtlich vorgeprägten "Zuerkennungssystem"; VwSlg. 18.418 A/2012 zur Beurteilung von elektronischen Anbringen, die nach der iSd. § 13 Abs. 2 AVG kundgemachten Geschäftszeit eingelangt sind) weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Amtsstunden, aufschiebende Wirkung, Beschwerdeeinbringung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W230.2218687.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019