TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/17 W129 2218089-1

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Veröffentlicht am 17.05.2019
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Entscheidungsdatum

17.05.2019

Norm

AVG §56
AVG §58 Abs1
B-VG Art. 130 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W129 2218089-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX gegen den "Bescheid" der Vizerektorin für Lehre der Universität XXXX vom 28.11.2018, ohne GZ, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2019, GZ 129/1/19, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Das von der Vizerektorin der Universität XXXX , XXXX XXXX XXXX , unterschriebene Schreiben vom 28.11.2018, gerichtet an den Beschwerdeführer, lautet wie folgt:

"Sehr geehrter Herr Dr. XXXX !

Ihr Schreiben vom 23. November 2018 inklusive des beigelegten Schriftwechsels zwischen Ihnen und Prof. XXXX ist mir zugegangen.

Nach eingehender Lektüre möchte ich dazu wie folgt Stellung nehmen:

Ich pflichte Ihnen dahingehend uneingeschränkt bei, dass Sie ein Recht auf Teilnahme an den Lehrveranstaltungen haben; oder anders formuliert: ein Ausschluss von denselben wäre unzulässig. Einen Grund für die Erfassung eines Feststellungsbescheides sehe ich allerdings nicht. Prof. XXXX abschließende Bemerkung ist nach meiner Einschätzung nicht als Ausschluss von seinen Lehrveranstaltungen zu werten, daher ist auch ein vorsorglicher Feststellungsbescheid nicht geboten. Sollte es hinsichtlich der Aufnahme in eine Lehrveranstaltung tatsächlich zu Problemen kommen, können Sie sich selbstverständlich wieder an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen

XXXX "

2. Gegen diesen "Bescheid" erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen sinngemäß und zusammengefasst ausführte:

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des von ihm beantragten Feststellungsbescheides hätte das Rektorat die Verpflichtung getroffen, das dargestellte Verhalten von Prof. XXXX miteinzubeziehen. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf sei jedenfalls dann zulässig, wenn er für die antragstellende Partei das einzige Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstelle. Da er keinen Anspruch darauf habe, dass die dargestellten Vorgänge zum Gegenstand der Dienstaufsicht gemachte werden würden, sei er darauf angewiesen, dass mittels Bescheid festgestellt werde, dass Prof. XXXX nicht berechtigt sei, im Wege des aufgezeigten, jedenfalls dem Verhaltenskodex der XXXX widersprechenden Verhaltens seinen Ausschluss aus der Lehrveranstaltung der XXXX zu bewirken.

Es werde daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben und festzustellen, dass Prof. XXXX keine Berechtigung zukomme, ihn von Lehrveranstaltungen der XXXX auszuschließen bzw. ein Verhalten zu setzten, mit dem bewirkt werde, dass ihm der Besuch von Lehrveranstaltungen der XXXX , die von ihm durchgeführt werden würden, nicht zumutbar sei.

In eventu werde beantragt, der belangten Behörde die neuerliche Entscheidung über seinen Antrag aufzutragen.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2019 wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetztes (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

Der Begründung ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass dem formlosen Schreiben der Vizerektorin ein objektiv und zweifelsfrei erkennbarer Wille auf Erlassung einer normativen Regelung gegenüber dem Beschwerdeführer nicht entnommen werden könne. Die Form und die Formulierung des Schreibens würden für die Qualifikation als eine Information über die bestehende Rechtslage sprechen - der Wille, eine normative Erledigung zu erlassen, würde fehlen. Mangels Spruches liege ein Bescheid nicht vor. Weiters könne für das Nicht-Vorliegen eines Bescheides auch noch folgendes Argument ins Treffen geführt werden: Da die Bescheidqualität nach dem Inhalt zumindest zweifelhaft sei, sei aus dem Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid - das Schreiben sei ja formlos ergangen - wiederum abzuleiten, dass ein Nicht-Bescheid vorliege. Da kein Bescheid vorliege, sei die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

4. Der Beschwerdeführer stellte in der Folge einen - begründeten - Vorlageantrag.

5. Dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Schreiben vom 25.04.2019, eingelangt am 29.04.2019, der Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Die Feststelllungen entsprechen dem unter I. dargestellten Verfahrensgang und Sachverhalt und ergeben sich unmittelbar aus dem vollständigen und unstrittigen Akt, insbesondere aus dem im Akt aufliegenden Schreiben vom 28.11.2018 (I.1.).

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

2.1. § 58 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991) lautet wie folgt:

Inhalt und Form der Bescheide

§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

(3) Im übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4.

2.2. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand dieser Bescheidbeschwerdeverfahren kann nur ein Bescheid sein (vgl. VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060). Insoweit ist zu klären, ob das vom Beschwerdeführer angefochtene Schreiben vom 28.11.2018 als Bescheid zu qualifizieren ist.

Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Ein Fehlen der Bescheidbezeichnung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Aus dem Spruch muss sich in diesem Fall eindeutig ergeben, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt ist aus der Form und Formulierung der behördlichen Erledigung abzuleiten. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.

In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist (vgl. zuletzt VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0007 sowie 01.09.2015, Ra 2015/03/0060, mwN). Nach Form und Inhalt der Erledigung muss für jedermann erkennbar sein, dass es sich um einen Bescheid handelt (vgl. VwGH vom 30.10.2015, Ra 2015/03/0051). An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0022 mwN).

Vor dem dargelegten Hintergrund ist das Schreiben vom 28.11.2018 zu beurteilen. Dieses weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung, welche überdies fehlt, gegliedert ist.

Von zentraler Bedeutung für den Bescheidcharakter ist folglich, ob sich aus dem Wortlaut des angefochtenen Schriftstücks ableiten lässt, dass mit diesem eine normative, der Rechtskraft fähige Erledigung erfolgte. Das ist, wie nachstehend ausgeführt, zu verneinen:

Aufgrund der Formulierung ("Nach eingehender Lektüre möchte ich dazu wie folgt Stellung nehmen:" [...] "Einen Grund für die Erfassung eines Feststellungsbescheides sehe ich allerdings nicht. Prof. XXXX abschließende Bemerkung ist nach meiner Einschätzung nicht als Ausschluss von seinen Lehrveranstaltungen zu werten, daher ist auch ein vorsorglicher Feststellungsbescheid nicht geboten") ergeben sich erhebliche Zweifel am normativen Gestaltungswillen der Behörde (vgl. VfGH 25.09.2006, B948/05 mwN, wo in Briefform "mitgeteilt wird, dass Ihrem Antrag nicht entsprochen werden kann").

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben (vgl. bspw. VwGH 18.9.2012, 2012/11/0170, mwN, sowie 21.12.2012, 2012/17/0473). Mangelt es an der für einen Bescheid vorgesehenen Form, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen. Lässt der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (vgl. VwGH 23.10.2008, 2008/03/0147; 30.9.2010, 2010/03/0116, sowie 21.10.2010, 2007/03/0134, jeweils mwN).

Die sprachliche Fassung und der aus ihr erkennbare Inhalt der Erledigung bieten im Gesamtbild jedoch keine greifbare Grundlage für die Annahme, dass der Wille der Behörde darauf gerichtet war, über ein konkretes Rechtsverhältnis abzusprechen und somit einen Bescheid zu erlassen. Daher fehlt es an der erforderlichen Eindeutigkeit des normativen Inhalts, sodass die Bescheidbezeichnung für den Bescheidcharakter essentiell wäre.

Da diese nicht vorhanden ist, ist das gegenständliche Schreiben nicht als Bescheid zu qualifizieren. Vielmehr teilt die Behörde mit dem vorliegenden Schreiben ihre Rechtsansicht mit, wonach ein Feststellungsbescheid nicht geboten sei (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 56 Rz 18 mwN), und verknüpft dieses mit der serviceorentierten Mitteilung, dass für den Fall, dass es hinsichtlich der Aufnahme in eine Lehrveranstaltung tatsächlich zu Problemen kommen sollte, der Beschwerdeführer sich selbstverständlich wieder an sie wenden könne.

Im Ergebnis war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.3. Aufgrund diesen Ergebnisses konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu Spruchpunkt B):

3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Bescheidbezeichnung, Bescheidcharakter, Beschwerdevorentscheidung,
Mitteilung, Rechtsgestaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2218089.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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