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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien XIII, Fasangartengasse 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. April 1998, Zl. 212517/2-IV/10/98, betreffend Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom 2. Juni 1998 an zugewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 8. Juni 1998, B 877/98, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom 23. Juli 1998 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides damit, daß er gemäß § 13a ZDG von der Leistung des Zivildienstes von Gesetzes wegen befreit sei und daher nicht hätte zugewiesen werden dürfen. Er sei ein Funktionär der Bekenntnisgemeinschaft der "Zeugen Jehovas", der auf Grund seiner Ausbildung und seines Aufgabenbereiches den im § 13a Abs. 1 - offenbar Z. 2 und 3 - ZDG genannten Funktionären gesetzlich anerkannter Kirchen- und Religionsgesellschaften gleichzuhalten sei.
Die Bekenntnisgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" sei keine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft, obwohl sie sich schon seit langem um die Erlangung der Anerkennung bemühe. Eine Anerkennung scheide zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Hinblick auf die durch das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften BGBl. I Nr. 19/1998 gestaltete Rechtslage aus. Insbesondere werde in § 11 Abs. 1 Z. 1 dieses Bundesgesetzes als eine der Voraussetzungen für die Anerkennung der zehnjährige Bestand als Bekenntnisgemeinschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes normiert. Dies stelle eine unsachliche und gleichheitswidrige Erschwerung der Anerkennung dar, sodaß von einer Durchsetzbarkeit des - vom Verfassungsgerichtshof prinzipiell bejahten - Rechtsanspruches auf Anerkennung keine Rede sein könne. Die mehr als zehnjährige "Wartefrist" stehe "völlig außer Verhältnis zu den sonst in der Rechtsordnung vorgesehenen Verfahrensfristen". Zur Untermauerung dieser Normbedenken verweist er auf Stellungnahmen des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes, der Bundesministerien für Justiz, für Inneres und für Umwelt, Jugend und Familie, des Institutes für Kirchenrecht der Universität Wien und auf literarische Äußerungen von Kalb/Potz/Schinkele in einem kürzlich erschienenen Kommentar zum Religionsgemeinschaftenrecht. Vor allem verweist er auf ein Gutachten von Univ. Prof. Dr. Heinz Mayer vom 21. November 1997 zur - inzwischen Gesetz gewordenen - Regierungsvorlage für das Bekenntnisgemeinschaftengesetz.
Der Beschwerdeführer verkennt dabei, daß § 11 Abs. 1 Z. 1 des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes im Beschwerdefall von der belangten Behörde nicht angewendet wurde und auch nicht anzuwenden war. Dies hat auch offenbar der Verfassungsgerichtshof mit der Zitierung seines Beschlusses vom 9. März 1995, Slg. Nr. 14.078, im Ablehnungsbeschluß vom 8. Juni 1998, zum Ausdruck bringen wollen (die Verneinung der Präjudizialität einer Organisationsvorschrift betreffend die erstinstanzliche Behörde bei Prüfung eines verfahrensrechtlichen Bescheides der belangten Berufungsbehörde hat mit der hier gegebenen Problematik streng genommen nichts zu tun).
Die von der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang anzuwendende Bestimmung des § 13a Abs. 1 ZDG setzt die erfolgte Anerkennung der Religions- bzw. Bekenntnisgemeinschaft voraus. Sie ist für sich gesehen unbedenklich, da es nicht unsachlich ist, nicht allen Funktionären derartiger Gemeinschaften - seien sie gesetzlich anerkannt oder nicht - den Status der Befreiung von der Zivildienstpflicht zuzuerkennen.
Der Versuch des Beschwerdeführers, dem § 13a ZDG im Wege der Auslegung eine Bedeutung beizumessen, wonach die Wendung "gesetzlich anerkannte" als nicht im Wortlaut aufscheinend anzusehen wäre, muß angesichts des insofern klaren Wortlautes scheitern.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. November 1998
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998110175.X00Im RIS seit
11.07.2001