Entscheidungsdatum
24.05.2019Norm
AsylG 2005 §34 Abs2Spruch
W175 2218587-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Amman vom 31.03.2019, GZ. Amman-ÖB/KONS/0137/2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geboren am XXXX , syrischer Staatsangehöriger, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Amman vom 12.02.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 24.04.2018 bei der Österreichischen Botschaft Amman (in Folge: ÖB Amman) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG.
Als Bezugsperson wurde die Mutter des BF, eine syrische Staatsangehörige, genannt, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 28.03.2018 der Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG zuerkannt wurde.
Nachdem die Antragsunterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte dieses der belangten Behörde in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG, datiert mit 30.10.2018, mit dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens nicht wahrscheinlich sei. Der BF sei volljährig (kein minderjähriges, lediges Kind) und die von ihm genannte Bezugsperson leite ihren Status als Asylberechtigter ihrerseits nur aus einem Familienverfahren nach dem 4. Abschnitt des AsylG (§ 34 Abs. 6 Z 2 AsylG) ab.
Mit Schreiben vom 07.11.2018, übernommen am 13.11.2018, wurde dem BF eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung des Antrages mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aus folgenden Gründen nicht wahrscheinlich sei:
"Der Antragsteller ist volljährig und die von ihm genannte Bezugsperson leitet den Status als Asylberechtigter (subsidiär Schutzberechtigter) ihrerseits nur aus einem Familienverfahren nach dem 4. Abschnitt des AsylG (§ 34 Abs. 6 Z 2 AsylG) ab." Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Am 20.11.2018 brachte der BF innerhalb offener Frist eine Stellungnahme ein und führte aus, dass es nicht der Wahrheit entspreche, dass der BF im Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei. Der BF sei im Zeitpunkt der Antragstellung und auch im Zeitpunkt der Einbringung dieser Stellungnahme minderjährig. Minderjährige, die während des Asylverfahrens volljährig werden, würden ihr Recht auf Familienzusammenführung behalten. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 12.04.2015 (Rs C-550/16) Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die zum Zeitpunkt ihrer Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates und der Stellung ihres Asylantrages in diesem Staat unter 18 Jahre alt sind, während des Asylverfahrens volljährig werden und denen später die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, als Minderjährige eingestuft. Darüber hinaus sei der BF in seinem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht nach Art. 8 EMRK verletzt. Es bestünden schützenswerte familiäre und verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, da sowohl seine Mutter als auch seine beiden Geschwister in Österreich leben würden. Unter Berücksichtigung der besonderen Beziehungsintensität zu seiner Familie sei es unzumutbar, einen minderjährigen Menschen von seiner Familie zu trennen. Auch wenn man davon ausginge, der BF sei bereits im Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen, liege eine Verletzung in dessen verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht nach Art. 8 EMRK vor.
Nach Übermittlung der Stellungnahme an das BFA teilte dieses am 20.12.2018 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe und die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Aus dem Reisepass des BF ergebe sich, dass dieser am XXXX geboren worden sei und somit die Volljährigkeit am 22.09.2017 erreicht habe. Die Antragstellung sei erst am 24.04.2018 erfolgt und der BF zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig gewesen. Die Beziehung eines volljährigen Kindes zu den Eltern sei nur dann als "Familienleben" im Sinne des Art. 8 EMRK zu qualifizieren, wenn eine "hinreichend stark ausgeprägte" Nahebeziehung bestehe. Gemäß der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes sei auf die Intensität und Dauer des Zusammenlebens abzustellen, welche sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, eines spezifischen Abhängigkeitsverhältnisses (finanzieller Natur oder Pflegebedürftigkeit) oder anderen tatsächlich gelebten Banden zeige. Nur in Ausnahmefällen, sei der Familienbegriff nicht nach der Legaldefinition des § 35 AsylG, sondern nach Art. 8 EMRK zu prüfen. Ein solcher Ausnahmefall liege beispielsweise vor, denn die Beziehung zwischen Eltern und einem volljährigen Kind aufgrund eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses (z.B. schwerstbeeinträchtigtes und pflegebedürftiges Kind) einer Beziehung zwischen Eltern und einem minderjährigen Kind gleichkomme. Im vorliegenden Fall handle es sich um keinen Ausnahmefall, welcher eine Prüfung nach Art. 8 EMRK erfordern würde. Weder seien schwerwiegende Erkrankungen oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen des BF vorgebracht worden, noch könne ein bestehendes Familienleben zwischen dem BF und der Bezugsperson festgestellt werden, da diese bereits seit 09.12.2017 in Österreich sei und der BF seitdem nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt mit der Bezugsperson lebe. Darüber hinaus weise der BF eine abgeschlossene Schulausbildung vor, weshalb auch keine finanzielle Abhängigkeit zur Bezugsperson festgestellt werden könne. Das in der Stellungnahme des BF angeführte Urteil des EuGH sei auf Personen anzuwenden, welche als minderjährige Flüchtlinge in einen Mitgliedstaat einreisen und einen Asylantrag stellen und nicht auf jene Personen, die einen Einreiseantrag aus dem Ausland stellen.
Mit Bescheid vom 12.02.2019 wies die ÖB Amman den Antrag auf Erteilung eines Einreiseti-tels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG ab, da der BF zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei. Begründend wurde die neuerliche Stellungnahme des BFA vom 20.12.2018 wiedergegeben.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 12.03.2019 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass lediglich aus der Begründung, der BF sei volljährig und der Bezugsperson selbst der Status aus einen Familienverfahren nach dem 4. Abschnitt des
AsylG gewährt worden, keine ausreichende und nachvollziehbare Begründung der Abweisung des Einreiseantrages des BF vorliege. Die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt beziehungsweise nicht rechtlich konkret gewürdigt und daher Willkür geübt. Entweder sei ein Antrag abzuweisen oder nicht; die Wahrscheinlichkeitsprognose habe in der Begründung des Bescheides der ÖB nichts zu suchen. Im Sinne des Art. 8 EMRK sei es unzumutbar und verantwortungslos, den BF von seiner Kernfamilie zu trennen. Im Herkunftsstaat bestünden keine Anknüpfungspunkte mehr, die Mutter und Geschwister des BF leben bereits in Österreich und hätten sich bereits sehr gut integriert. Die Behörde hätte Art. 8 EMRK berücksichtigen müssen.
In der Folge erließ die ÖB Amman am 31.03.2019, zugestellt am 01.04.2019, Zahl: Amman-ÖB/KONS/0137/2019, eine Beschwerdevorentscheidung, in welcher die Beschwerde gemäß
§ 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die ÖB Amman aus, es sei ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr BFA) über die Prognose einer Asylgewährung beziehungsweise Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden sei. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass der BF einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG gestellt habe und eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Als allein tragender Grund für die Abweisung des vom BF gestellten Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten eines Antrages des BF auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden. Jenseits und unabhängig der obangeführten Bindungswirkung vertrete auch die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass § 35 Abs. 5 AsylG dahingehend klar sei, dass volljährige Kinder nicht unter den Familienbegriff des AsylG fallen würden. Soweit die Beschwerde mit ihrer Argumentation zu Art. 8 EMRK den normativen Gehalt des § 35 Abs. 5 AsylG aufzulösen versuche, setze sie sich darüber hinweg, dass auch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe. Es sei nicht zu sehen, dass ein Eingriff in das Grundrecht nicht im Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt wäre. Für die Deckung eines solchen Eingriffs in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK spreche auch, dass nach der Rechtsprechung des EGMR die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichthofes komme der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Art. 8 EMRK gewähre im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land und schreibe auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Im vorliegenden Fall liege kein im Sinne der Rechtsprechung gefordertes besonderes Nahe beziehungsweise Abhängigkeitsverhältnis des erwachsenen BF zur Bezugsperson, wie dies beispielsweise bei einem schwerstbeeinträchtigten und pflegebedürftigen Kind gegeben sei, vor. Die Bezugsperson sei seit 09.12.2017 in Österreich aufhältig, daher lebe der BF und die Bezugsperson seitdem nicht mehr in einem Haushalt. Auch handle es sich beim BF um einen jungen Erwachsenen mit abgeschlossener Schulausbildung. Darüber hinaus habe die Stellungnahme des BF keine Argumente, welche für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose sprechen würden, beinhaltet. Ein willkürliches Verhalten der Behörde sei nicht feststellbar; sie habe ihre Entscheidung nach Erwägung aller verfügbaren Informationen entsprechend dem Gesetz getroffen.
Mit Schreiben vom 08.04.2019 wurde bei der ÖB Amman ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Zur Begründung wurde dabei auf die Beschwerde vom 12.03.2019 verwiesen.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 06.05.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 09.05.2019, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF wurde am XXXX geboren und ist syrischer Staatsangehöriger.
Der BF stellte am 24.04.2018 bei der ÖB Amman einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde die Mutter des BF genannt. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 28.03.2018 der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG erteilt, da ihr minderjähriger Sohn in Österreich ebenfalls asylberechtigt ist. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Einreiseantrages war der BF volljährig.
Das BFA teilte der ÖB Amman nach Erhalt und Prüfung des Antrages samt Unterlagen mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es sich beim BF um keinen Familienangehörigen im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG handle. Der BF sei bereits volljährig und die von ihm genannte Bezugsperson leite den Status als Asylberechtigter ihrerseits nur aus einem Familienverfahren nach dem
4. Abschnitt des AsylG ab (§ 34 Abs. 6
Z 2 AsylG).
Die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA wurde auch nach einer Stellungnahme des BF hiezu aufrechterhalten.
Mit Bescheid der ÖB Amman vom 12.02.2019 wurde der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.
Die gegen den Bescheid fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der ÖB Amman gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.
Am 08.04.2019 wurde bei der ÖB Amman ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht, der dem Bundesverwaltungsgericht durch das BMI samt Verwaltungsakt mit Schreiben vom 06.05.219, am 09.05.2019 eingelangt, vorgelegt wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen, die persönlichen Verhältnisse und insbesondere die Volljährigkeit des BF im Zeitpunkt seiner Antragstellung, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:
"Familienverfahren im Inland
§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertre-tungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl beziehungsweise subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe hiezu BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis. Die Prognose des BFA - und die in der Folge darauf gestützte Auffassung der Vertretungsbehörde, dass die Anwendung des Familienverfahrens nach den §§34 und 35 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall ausgeschlossen ist - ist nach Auffassung des BVwG zutreffend:
Im gegenständlichen Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35
Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson die in Österreich seit dem Jahr 2018 asylberechtigte Mutter des (volljährigen) BF genannt.
Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich zweifelsfrei, dass der BF bereits im Zeitpunkt seiner Antragstellung nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 volljährig war.
Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder "zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden" ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, [...].
Da der BF bei Antragstellung unzweifelhaft volljährig war, ist der Familienangehörigenbegriff im Sinne der Legaldefinition des § 35 Abs. 5 AsylG bereits im Hinblick darauf nicht erfüllt.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung zu Zlen. Ra 2015/21/0230 bis 0231-3 unter anderem mit dem Begriff des Familienangehörigen nach § 35 Abs. 5 AsylG auseinandergesetzt und ausgeführt, dass aus den ErläutRV zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen sei.
Die belangte Behörde hat zum verfahrensgegenständlichen Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beziehungsweise des Asylberechtigten an den BF mangels Familienangehörigeneigenschaft iSd § 35 Abs. 5 AsylG nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.
Darüber hinaus wurde der Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 28.03.2018 der Status der Asylberechtigten im Rahmen eines Familienverfahrens nach § 34 AsylG, nämlich abgeleitet von ihrem minderjährigen Sohn, zuerkannt. Gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG sind die Bestimmungen des 4. Abschnitts des AsylG, das Familienverfahren betreffend, in diesem Fall nicht anzuwenden.
34 Abs. 6 Z 2 AsylG normiert, dass sich Familienangehörige von Personen, denen ihrerseits internationaler Schutz bereits im Rahmen eines Familienverfahrens gemäß den §§ 34 und 35 AsylG gewährt wurde, nicht mehr auf das Familienverfahren nach den §§ 34 und 35 AsylG berufen können. Personen, die ihren Status daher nicht aus eigenem erlangt haben, sondern denen der Status gemäß § 34 AsylG auf Grund des Status ihrer familiären Bezugsperson zuerkannt wurde, sind im Sinne der Hintanhaltung von sogenannten Kettenfamilienverfahren keine tauglichen Bezugspersonen im Sinne des § 34 AsylG für deren Familienangehörige mehr. Die Bestimmung des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG soll lediglich dann nicht gelten, wenn es sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges unverheiratetes Kind handelt. Ein solches kann daher seinen Status nach § 34 AsylG auch dann von seinen Eltern ableiten, wenn diese ihrerseits ihren Status bereits nach § 34 AsylG erhalten haben. Das Kind selbst ist aber wiederum keine taugliche Bezugsperson mehr, sodass die Kette daher jedenfalls bei diesem endet. Von einer Schutzgewährung ist allerdings niemand ausgeschlossen, wenn er die dafür erforderlichen Voraussetzungen aus eigenem erfüllt (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand 15.01.2016, § 34 Abs. 6, S. 932).
Im vorliegenden Fall ist der BF der volljährige Sohn der Bezugsperson, die Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 6 Z 2 2. Halbsatz AsylG ("es sei denn, es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges, lediges Kind") kommt daher nicht zum Tragen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Soweit der BF mit dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK argumentiert, ist anzumerken, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß
§ 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen." Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Zu den seitens des BF angesprochenen Erwägungen zu Art. 8 EMRK, die die - in Ausfüllung des Gesetzesvorbehaltes ergangenen - einfachgesetzlichen Regelungen des § 35 AsylG grundsätzlich nicht auszuhebeln vermögen, ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall auch kein nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK gefordertes besonderes Nahe- beziehungsweise Abhängigkeitsverhältnis des volljährigen BF von seiner seit 2018 in Österreich asylberechtigten und somit jedenfalls spätestens seit ihrer Asylantragstellung am 09.12.2017 in dauernder räumlicher Trennung lebender Mutter erkennbar ist.
Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Antragstellung, Asylverfahren, Beschwerdevorentscheidung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W175.2218587.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019