TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/3 W166 1423512-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2019
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Entscheidungsdatum

03.06.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W166 1423512-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2016, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 16.04.2013 wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, sunnitischen Glaubens, aus der Provinz Kunduz, stellte am 13.11.2011 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

In der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an: Sein Vater sei vor ca. sieben Jahren verstorben, seine Mutter sei vor ca. drei Monaten verstorben; in Afghanistan würden noch einer seiner Brüder, zwei Schwestern, seine Ehefrau, zwei Töchter und drei Söhne leben. Der Beschwerdeführer habe vor ca. 25 Tagen Afghanistan verlassen und sei mit einem Reisebus in den Iran und dann schlepperunterstützt nach Österreich gebracht worden. Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine zwei verstorbenen Brüder bei der afghanischen Armee gedient hätten und deshalb vor einem Jahr von den Taliban ermordet worden seien. Die Taliban hätten den Beschwerdeführer auch umbringen wollen, weil sie gesagt hätten, dass seine Familie mit der Regierung zusammenarbeite und sie deshalb Landesverräter seien.

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 18. August 2011 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes aus: Er sei gesund und Analphabet; von 2003 bis 2011 sei er in XXXX (Provinz Kunduz) als selbständiger Lebensmittelhändler erwerbstätig gewesen. Er könne keine Dokumente vorlegen, da seine Frau ihm seine Geburts- und Heiratsurkunden nicht schicken könne und die Kinder zu klein seien. Vielleicht könne es ein Enkel seines Onkels. Den Ausreiseentschluss habe er kurz vor seiner Ausreise gefasst und in Folge das Haus und sein Lebensmittelgeschäft verkauft. Seine Frau und seine Kinder lebten jetzt bei seinen Schwiegereltern im Nachbardorf XXXX . Ca. drei Hektar Felder habe er schon nach dem Tod seiner beiden Brüder verkauft. Er habe nach Hause keinen Kontakt mehr. Befragt nach seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor: Zwei seiner Brüder hätten für die afghanische Armee gearbeitet. Eines Tages, als der Beschwerdeführer mit seiner Familie bei seinen Schwiegereltern auf einem Hochzeitsfest und damit nicht zu Hause gewesen sei, hätten die Taliban seine beiden Brüder getötet. Die Taliban hätten vorher einen Drohbrief geschickt. Diesen Drohbrief habe der Beschwerdeführer in seinem Geschäftslokal erhalten; darin hätten die Taliban gemeint, dass seine Brüder mit der Tätigkeit für die afghanische Armee aufhören sollten und den Beschwerdeführer aufgefordert, seine Brüder dazu zu überreden. Sie seien noch beim Schwiegervater des Beschwerdeführers gewesen, als sie gehört hätten, dass seine zwei Brüder getötet worden seien. Die Taliban seien auch wütend auf den Beschwerdeführer gewesen, weil er seine Brüder nicht habe überreden können, ihre Tätigkeit für die afghanische Regierung zu beenden. Die Taliban hätten auch vor, den Beschwerdeführer umzubringen. Ein Weiterleben in Afghanistan sei für ihn unmöglich. Die Taliban hätten aber nicht versucht, den Beschwerdeführer zu rekrutieren. Nach dem Tod seiner Brüder habe der Beschwerdeführer alles verkauft, was er besessen habe, seine Felder, das Geschäft und die Grundstücke. Seine Frau und seine Kinder habe er bei seinen Schwiegereltern gelassen und sei dann geflüchtet. Diese Vorkommnisse bzw. die Ermordung seiner Brüder seien ein paar Monate vor seiner Ausreise aus Afghanistan gewesen, wann genau, wisse er nicht. Nach dem Tod seiner Brüder sei er noch für drei Monate innerhalb von Afghanistan auf der Flucht gewesen. Dann sei auch seine Mutter gestorben und kurze Zeit später habe er Afghanistan verlassen. Seine Mutter sei herzkrank gewesen und habe den Tod ihrer Söhne nicht verkraftet. In einem anderen Teil Afghanistans habe er keinen Schutz vor Verfolgung gehabt, er habe es zwar drei Monate lang versucht, langfristig sei dies aber nicht möglich gewesen. Früher oder später hätten ihn die Taliban entdeckt. Er habe keine Beweismittel für sein Vorbringen, aber dieser Vorfall sei in Afghanistan behördlich und polizeilich registriert worden. Die Sicherheitsbehörde sei am Tatort gewesen und habe alles protokolliert und fotografiert.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 9. November 2011 vor dem Bundesasylamt neuerlich einvernommen. Dabei legte er zunächst eine afghanische Tazkira, ein (angeblich) vom Amt der Kriminalpolizei bestätigtes Schreiben des Beschwerdeführers, wonach sich dieser auf der Flucht befände, ein (angebliches) Bestätigungsschreiben des Militärkommandanten der Provinz Kunduz namens XXXX sowie zwei Fotos seiner (angeblich) ermordeten Brüder vor und führte dazu aus, der Sohn des Onkels väterlicherseits namens XXXX habe ihm die Dokumente geschickt; wann der Beschwerdeführer sie bekommen habe, wisse er nicht. Befragt, unter welchen Umständen er bis zu seiner Ausreise gelebt habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei im Dorf XXXX , Provinz Kunduz, geboren, das Jahr und das Datum wisse er nicht; er könne nur sagen, dass er 25 Jahre alt sei. Der Beschwerdeführer habe keine Schule besucht, sein Vater habe ein kleines Lebensmittelgeschäft im Heimatdorf des Beschwerdeführers betrieben, das der Beschwerdeführer nach seinem Tod übernommen habe. Davon habe der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Er habe in einem Eigentumshaus gewohnt, wo er mit seinen Brüdern, seiner Mutter, seiner Frau und den Frauen seiner Brüder gelebt habe. Dieses Haus hätten sie vor acht Monaten verkauft. Die Frau und Kinder des Beschwerdeführers würden bei seinem Schwiegervater in XXXX leben; sein noch lebender Bruder wohne auch dort, seine Schwestern seien verheiratet, eine lebe in Kabul, die zweite in XXXX (Pakistan). Für seine Schleppung nach Österreich habe der Beschwerdeführer USD 14.500,- bezahlt. Dafür habe er drei Grundstücke, und das Haus samt Grundstück verkauft. Sein Fluchtgrund sei gewesen, dass seine Brüder namens XXXX und XXXX als Soldaten in Kandahar stationiert gewesen seien. Die Taliban hätten sie vor 13 Monaten ermordet; es sei ihnen einmal gedroht worden, nicht mehr für das Militär zu arbeiten. Befragt, wer die Fotos von den Leichen gemacht habe, erwiderte der Beschwerdeführer, er wisse es nicht, er habe sie so von seinem Cousin erhalten, er sei "dorthin" gegangen und habe erzählt, was vorgefallen sei. "Die Regierung" habe seinem Cousin dann die Fotos gegeben. Befragt, warum die Regierung Fotos von toten Soldaten habe, antwortete der Beschwerdeführer, als seine Brüder umgebracht worden seien, sei die Regierung dorthin gekommen und habe Fotos gemacht. Dies deshalb, weil viele Leute dort gewesen seien und seine Brüder unschuldig getötet worden seien. Auf die Frage, warum man dann nicht dem Beschwerdeführer und seiner Familie die Fotos habe zukommen lassen, erwiderte der Beschwerdeführer, die Regierung habe ihnen den Film nicht gegeben, die Fotos seien erst später ausgearbeitet worden. Zur Beerdigung seiner Brüder befragt, führte der Beschwerdeführer aus, diese sei an einem Donnerstag um zwölf Uhr mittags im Dorf XXXX XXXX , etwas außerhalb seines Heimatdorfes, gewesen. Der Beschwerdeführer und seine Mutter seien in Ohnmacht gefallen, ihnen sei es sehr schlecht gegangen, sie hätten seine Mutter während der Beerdigung ins Krankenhaus bringen müssen. Zu den Todesumständen seiner Brüder befragt, sagte der Beschwerdeführer, diese seien zuhause, als sie geschlafen hätten, mit einer Pistole angeschossen worden; XXXX sei zuhause verstorben, XXXX sei im Krankenhaus XXXX (Stadt Kunduz) verstorben. Der Beschwerdeführer sei auf der Hochzeit gewesen, er sei vom Sohn seines Onkels angerufen worden, dass er sofort nach Hause kommen solle. Er wisse nicht genau, dass sie von Taliban umgebracht worden seien, es sei ja Nacht gewesen, es könnten aber nur die Taliban gewesen sein. Der Beschwerdeführer habe einen Drohbrief gesehen, den die Taliban seinen Brüdern zwei Monate vor ihrem Tod geschickt hätten. Darin sei gestanden, dass sie nicht mehr bei der Armee arbeiten sollten, ansonsten würden sie umgebracht werden. Dieser Drohbrief sei verloren gegangen. Seine Brüder hätten nur diesen einen Drohbrief bekommen. Seine Brüder seien aber ihrer Arbeit "ganz normal nachgegangen". Befragt, ob irgendjemand aus seiner Familie Schutz bei der afghanischen Armee oder den internationalen Truppen gesucht habe, da die Brüder des Beschwerdeführers für die Armee gearbeitet hätten, erwiderte der Beschwerdeführer, sie seien in einem Dorf, wer könne ihnen schon helfen. Befragt, wann das (vorgelegte) Bestätigungsschreiben des Kommandanten ausgestellt worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, als er hierhergekommen sei, sei das vom Sohn seines Onkels "organisiert" worden. Der Beschwerdeführer selbst sei noch nie von Taliban bedroht worden, aber die Leute hätten gesagt, dass er vielleicht selbst umgebracht würde. Befragt, inwiefern der Beschwerdeführer auf seine Brüder hätte einwirken sollen, den Militärdienst zu quittieren, erwiderte er, da es ihnen finanziell nicht gut gegangen sei, wären seine Brüder gezwungen gewesen, für die Armee zu arbeiten. Die Taliban würden jedem drohen, der bei der Armee mitwirken wolle. Der Beschwerdeführer habe persönlich aber noch nie Kontakt mit den Taliban gehabt. Befragt, welche Anstrengungen er unternommen habe, um die Mörder seiner Brüder ausfindig zu machen, erwiderte der Beschwerdeführer, er sei zur Kommandantenstation der Provinz gegangen und habe wissen wollen, wer seine Brüder umgebracht habe und aus welchem Grund. Das sei die gleiche Stelle, bei der sein Cousin das Bestätigungsschreiben ausgestellt bekommen habe. Befragt, warum der Beschwerdeführer als Bruder von zwei ermordeten Soldaten kein Bestätigungsschreiben erhalten habe, aber sein Cousin schon, meinte der Beschwerdeführer, er habe "ja nicht [gewusst], dass [er] nach Europa kommen würde." Auf der Kommandantenstation habe man ihm gesagt, dass sie für ihn nichts machen könnten und die Taliban nicht ausfindig machen könnten. Befragt, warum man ihm die Fotos seiner toten Brüder nicht gegeben habe, entgegnete der Beschwerdeführer, die habe man ihm damals nicht gegeben, damit seine Mutter "nicht traurig" sei. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass es niemals körperliche Übergriffe auf ihn selbst gegeben habe. Andere Mitglieder seiner Familie seien (ebenfalls) nicht bedroht worden. Zurzeit habe keiner seiner Verwandten Probleme mit den Taliban. Befragt, warum dann die Taliban irgendein Interesse am Beschwerdeführer haben sollten, entgegnete der Beschwerdeführer, seine Brüder seien umgebracht worden, der Beschwerdeführer habe den Grund dafür wissen wollen, die Leute hätten (dann) gemeint, dass sie auch ihn umbringen würden. Auf Vorhalt, dass sich sein Cousin auch nach den Brüdern des Beschwerdeführers erkundigt habe und diesem sei nichts passiert, erwiderte der Beschwerdeführer, dieser sei schon "schwach und sehr alt", deswegen sei er für die Taliban "nicht interessant". Die Taliban hätten (aber) noch nie versucht, den Beschwerdeführer zur Zusammenarbeit zu überreden. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, da er bei der Regierung einen Grund dafür gesucht habe, warum die Taliban seine Brüder getötet hätten, dass die Taliban ihn umbringen würden. Da er nicht genug Geld gehabt habe, habe er nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil ziehen können. Sein Cousin XXXX , der ihm die Dokumente geschickt habe, lebe in einem Eigentumshaus im Heimatdorf des Beschwerdeführers. Dort würden noch der Vater und Sohn des Cousins namens XXXX wohnen. Der noch lebende Bruder des Beschwerdeführers wohne manchmal beim Onkel und Cousin des Beschwerdeführers und manchmal in XXXX bei den Schwiegereltern, der Ehefrau und den Kindern des Beschwerdeführers. Der Schwiegervater führe ein Lebensmittelgeschäft, außerdem arbeite der Bruder des Beschwerdeführers gelegentlich als Verkäufer von Wasserflaschen; davon könne die Familie leben. Der Beschwerdeführer rufe seine Frau und seinen Bruder alle acht bis zehn Tage an. Weiters wurden dem Beschwerdeführer Feststellungen des Bundesasylamtes zur Lage in Afghanistan erläutert; dazu gab der Beschwerdeführer an, er kenne die Situation in Afghanistan und wolle keine Stellungnahme abgeben.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2011, Zl. 11 08.834-BAI, wies das Bundesasylamt den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erkannte ihm weder den Status eines Asylberechtigten noch jenen eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan aus. Das Bundesasylamt stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers geklärt sei; er sei afghanischer Staatsbürger, sunnitischen Glaubens und der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig. Er habe keine Verfolgung aus einer der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe glaubhaft vorgebracht. Dazu hielt das Bundesasylamt insbesondere fest, dass der Beschwerdeführer die angebliche Ermordung seiner Brüder zeitlich nicht näher habe eingrenzen können. Wenig konkret seien auch seine Ausführungen zur angeblichen Beerdigung seiner Brüder gewesen. Zu den vorgelegten Fotos, welche die toten Brüder zeigen sollten, habe er nicht einmal sagen können, wer diese Fotos gemacht hätte. Weiters sei davon auszugehen, dass man dem Beschwerdeführer als Bruder und somit näherem Verwandten gleich die Fotos ausgehändigt hätte und nicht erst später seinem Cousin. Überdies könne aus diesen Fotos weder abgeleitet werden, dass es sich bei den abgebildeten Personen tatsächlich um die Brüder des Beschwerdeführers handle, noch, dass die abgebildeten Personen tatsächlich ermordet worden seien. Umso weniger könne anhand der Bilder Rückschlüsse auf die angeblichen Täter gezogen werden. Ferner vermute der Beschwerdeführer bloß, dass es die Taliban gewesen seien, die seine Brüder umgebracht hätten. Dazu habe der Beschwerdeführer auch nichts Näheres angeben können. Den angeblichen Drohbrief soll der Beschwerdeführer zwar selbst gesehen haben, jedoch habe er zum Verbleib dieses Drohbriefes nur in kryptischer Weise angegeben, dass er verlorengegangen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer gemeint, sich nach der angeblichen Ermordung seiner Brüder an die Kommandantenstation der Provinz gewandt zu haben, wo man ihm gesagt habe, dass sie nichts für ihn machen könnten. Demgegenüber sei aber genau bei dieser Kommandantenstation das vorgelegte Bestätigungsschreiben für den Cousin ausgestellt worden. Naheliegend wäre jedoch gewesen, dass man dem Beschwerdeführer als Bruder der angeblich Ermordeten eher ein derartiges Schreiben ausgestellt hätte als dem Cousin, zumal der Beschwerdeführer sich auch zu einem früheren Zeitpunkt als sein Cousin an die Sicherheitskommandantur gewandt habe. Die Erklärung des Beschwerdeführers, er habe ja nicht gewusst, dass er nach Europa kommen würde, lasse vielmehr den Schluss zu, dass es sich wohl um ein Gefälligkeitsschreiben handle, welches dem Beschwerdeführer von wem auch immer ausgestellt worden sei. Das Gleiche gelte für das Bestätigungsschreiben, wonach sich der Beschwerdeführer auf der Flucht befände. Denn dabei soll der Cousin des Beschwerdeführers mit einem angeblich vom Beschwerdeführer verfassten Schreiben bei einer Behörde vorstellig geworden sein, welche das Bestätigungsschreiben ausgestellt hätte. Dass nun eine Behörde dem Cousin des Beschwerdeführers gegenüber im Nachhinein bestätigen sollte, dass der Beschwerdeführer auf der Flucht sei, ohne in irgendeiner Weise in den angeblichen Mordfällen ermittelt zu haben und die genaueren Umstände seiner Flucht zu hinterfragen, erscheine wenig plausibel. Zusätzlich entbehre es der erforderlichen Logik, dass eine Behörde dem Cousin des Beschwerdeführers gegenüber einfach so das Bestätigungsschreiben ausgestellt hätte, nicht jedoch dem Beschwerdeführer, als er selbst bei der Behörde vorstellig geworden sei und die Bedrohung demnach noch aktueller gewesen sei. All dies zeige, dass es sich um Gefälligkeitsschreiben handle, zumal an der Echtheit derartiger von afghanischen Antragstellern vorgelegten Bestätigungsschreiben ohnehin zu zweifeln sei. Weiters räumte der Beschwerdeführer auf konkrete Fragen, inwiefern er selbst bedroht worden sei, selbst ein, dass er nicht bedroht worden sei, sondern die Leute (bloß) gesagt hätten, dass er vielleicht selbst umgebracht würde. Unplausibel sei auch die vom Beschwerdeführer angegebene Begründung für eine Bedrohung durch die Taliban, nämlich, dass er bei der Regierung Nachforschungen in Bezug auf die Ermordung seiner Brüder angestellt habe. Denn angeblich habe auch der Cousin des Beschwerdeführers Untersuchungen angestellt; diesem seien zusätzlich die angeblichen Fotos der Brüder des Beschwerdeführers sowie das Bestätigungsschreiben ausgehändigt worden. Damit müsse konsequenterweise auch der Cousin des Beschwerdeführers ins Visier der Taliban geraten sein. Dies sei jedoch laut Angaben des Beschwerdeführers nicht der Fall, vielmehr soll der Cousin sogar nach wie vor im Heimatdorf des Beschwerdeführers leben. Die Erklärung, der Cousin des Beschwerdeführers sei schon schwach und sehr alt, weshalb er für die Taliban nicht interessant sei, sei keine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass man dem Beschwerdeführer aufgrund angeblicher Nachforschungen nach dem Leben trachten würde, nicht aber dem Cousin. Weites habe der Beschwerdeführer bei seiner Ersteinvernahme vorgebracht, die Taliban hätten ihn aufgefordert, seine Brüder zu überreden, den Dienst in der Armee zu quittieren. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer bei der Einvernahme am 9. November 2011 behauptet, persönlich noch nie Kontakt zu den Taliban gehabt zu haben. Auch habe er auf die Frage, inwiefern der Beschwerdeführer auf seine Brüder hätte einwirken sollen, den Militärdienst zu quittieren, nur oberflächlich geantwortet, seine Brüder seien gezwungen gewesen, für die Armee zu arbeiten, da es ihnen finanziell schlecht gegangen sei. Weiters habe er bei der Erstbefragung vorgebracht, die Taliban hätten auch den Beschwerdeführer umbringen wollen, weil die Familie des Beschwerdeführers mit der Regierung zusammenarbeite, weshalb sie Landesverräter seien. Ein derartiges Vorbringen habe der Beschwerdeführer bei späteren Gelegenheiten nicht wiederholt, sondern im Gegenteil gesagt, persönlich von den Taliban nicht bedroht worden zu sein und nicht einmal Kontakt zu diesen gehabt zu haben. Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das Bundesasylamt damit, dass das Fluchtvorbringen tatsachenwidrig sei und keine refoulementrelevanten Gründe ersichtlich seien. Der Beschwerdeführer verfüge über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan, sodass er nach der Rückkehr nicht unterstandslos wäre. Denn seine Frau und Kinder würden gegenwärtig bei seinem Schwiegervater in XXXX leben. Weiters wohne dort auch zeitweise sein Bruder. Darüber hinaus würden ein Onkel sowie ein Cousin und dessen Sohn nach wie vor im Heimatdorf des Beschwerdeführers leben. Schließlich sei es ihm als jungem, erwachsenem und erwerbsfähigem Mann mit Berufserfahrung möglich, sich sowohl in seinem Heimatort als auch in der Stadt Kabul, wo eine Schwester von ihm lebe, anzusiedeln. Auch seine Familie könnte sich zusammen mit dem Beschwerdeführer in Kabul niederlassen. Abschließend beurteilte das Bundesasylamt seine Ausweisungsentscheidung.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht. In dieser wird zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt. Sodann wird auf diverse Berichte zu Afghanistan verwiesen und moniert, aus den Länderfeststellungen gehe hervor, dass der Kampfwille der Taliban ungebrochen sei und sie weiterhin Untergrundstrukturen aufbauen würden. Es gebe Anschläge, gezielte Ermordungen, und die Zivilbevölkerung leide darunter. Das Bundesasylamt habe zwar Feststellungen über die allgemeine Lage in Afghanistan getroffen, es jedoch vollkommen unterlassen, diese zu würdigen und einen Bezug zum Fall des Beschwerdeführers herzustellen. Es hätte zum Ergebnis kommen müssen, dass ihn seine Rückführung nach Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK aussetzen würde.

Mit Erkenntnis vom 6. August 2012, Zl. C13 423.512-1/2011/4E, wies der Asylgerichtshof diese Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab. Darin wurden die Ausführungen des Bundesasylamtes im diesbezüglichen Bescheid im Wesentlichen übernommen und aktuelle Länderfeststellungen eingebaut.

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 8. August 2012 und dem Bundesaylamt am 9. August 2012 zugestellt.

Am 6. September 2012 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer am 7. September 2012 dazu an, er stelle diesen zweiten Antrag deshalb, weil er einen "negativen Bescheid" bekommen habe. Im Falle seiner Rückkehr "herrsch[e] für [ihn] seitens der Taliban Lebensgefahr".

Mit am 10. September 2012 zugestellter Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache gemäß § 68 AVG vorliege.

Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 14. September 2012 gab der Beschwerdeführer an, wenn er sich aufrege, bekomme er seit drei Monaten Kopfschmerzen; dagegen nehme er Medikamente. Zu seinem neuen Asylantrag befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, seine Frau habe ca. sechs Monate bei seinem Bruder gewohnt. Vor ca. einem Monat habe der Beschwerdeführer mit ihr telefoniert und sie habe ihm gesagt, dass sie seit eineinhalb bis zwei Monaten beim Cousin des Beschwerdeführers wohne. Dies sei der Sohn seines Onkels väterlicherseits und heiße XXXX . Dieser habe einen behinderten Sohn, der nun 12 bis 13 Jahre alt sei, und er habe die Frau des Beschwerdeführers gezwungen, ihm die 6-jährige Tochter des Beschwerdeführers zu überlassen, damit diese den behinderten Sohn heirate, um ihn zu pflegen. Ansonsten würden sie sie hinauswerfen. Damit wolle der Beschwerdeführer zum Ausdruck bringen, dass sein Leben in Afghanistan in Gefahr sei. Ansonsten wäre er sofort nach Afghanistan zurückgekehrt, um seiner Frau zu helfen. Sein Heimatdorf werde tagsüber von der Regierung kontrolliert, nachts würden die Taliban kommen und das Dorf regieren. Sogar die deutschen ISAF-Einheiten würden sich dort nicht mehr blicken lassen. Der Beschwerdeführer gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und diese Volksgruppe werde vom Clan Kuchi verfolgt. Befragt, ob sich die Fluchtgründe des Beschwerdeführers seit seinem letzten Asylverfahren geändert hätten, antwortete der Beschwerdeführer, es habe sich nichts Neues ereignet, was seinen Fluchtgrund anbelange. Aber das, was er gesagt habe, sei dort passiert. Er könne nicht zurück nach Afghanistan. Sonst wäre er gerne zu seiner Frau und zu den Kindern gefahren. Den Asylantrag habe er deswegen gestellt, weil er nicht zurück könne. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich in letzter Zeit sehr verschlechtert. Es würden permanent Leute entführt und getötet werden. In Österreich wohne er entweder in Caritaseinrichtungen oder schlafe in Parkanlagen.

Mit Bescheid vom 18. September 2012, Zl. 12 12.102-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan aus. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte das Bundesasylamt fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Weiters traf das Bundesasylamt Feststellungen zur Rückkehrsituation in Afghanistan und hielt fest, dass der Beschwerdeführer keinen neuen relevanten Sachverhalt seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens behauptet habe. Die Fluchtgründe im gegenständlichen Verfahren würden sich zur Gänze auf die Angaben stützen, die der Beschwerdeführer bereits im ersten Asylverfahren getätigt habe. Im ersten Verfahren seien die Fluchtgründe als unglaubwürdig gewertet worden. Im gegenständlichen Verfahren habe der Beschwerdeführer diesbezüglich weder Änderungen vorgebracht noch Beweismittel für seine Fluchtgründe bzw. Rückkehrhindernisse vorgelegt. Er habe lediglich ergänzend angeführt, dass seine in Afghanistan lebende Frau zwischenzeitlich bei seinem Bruder und nun bei seinem Cousin Unterkunft genommen habe und es hierbei zu Problemen mit dem Cousin des Beschwerdeführers gekommen wäre. Diese Umstände würden sich jedoch nicht auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers beziehen und hätten auch keine weitere Relevanz für die gegenständliche Entscheidung. Die allgemeine Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht geändert. Es liege daher kein neuer Sachverhalt vor, der eine anders lautende Entscheidung rechtfertige. Abschließend begründete das Bundesasylamt seine Ausweisungsentscheidung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde: Das Bundesasylamt habe dem Beschwerdeführer keine Länderfeststellungen zur allgemeinen Sicherheitslage (sondern nur zu Rückkehrfragen) unterbreitet und auch nicht der Entscheidung zugrunde gelegt. Die Ehefrau und fünf Kinder des Beschwerdeführers würden in Afghanistan leben. Wäre es dem Beschwerdeführer möglich, nach Afghanistan zurückzukehren, würde er nicht in Österreich als Obdachloser leben, sondern zurückfahren. Dies sei ihm jedoch aufgrund der dramatischen Sicherheitslage in Afghanistan nicht möglich. Weiters wurde ausgeführt, dass das Bundesasylamt in seinem Ermittlungsverfahren zu wenig auf die sich ständig verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan eingegangen sei. Dazu wurden in der Beschwerde Berichte zur allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan sowie über das Nichtbestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative des Beschwerdeführers in Kabul aus den Jahren 2010 und 2011 zitiert. Zusätzlich wurde in der Beschwerde - offenkundig durch einen bei der Verwendung eines Textverarbeitungssystems eingetretenen Irrtum - in völliger Abkehr von den Angaben des Beschwerdeführers vorgebracht, dass er von seiner Familie, die deklarierte Anhänger der Taliban seien, verfolgt werde.

Mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2012, Zl. B3 423.512-2/2012/2E, wies der Asylgerichtshof die Beschwerde gegen den zweiten Asylbescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bundesasylamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein glaubhafter Kern zukomme. Denn der Beschwerdeführer habe ausschließlich solche Fluchtgründe angeführt, die er bereits während seines ersten Asylverfahrens vorgebracht habe und die nachvollziehbar als unglaubwürdig gewertet worden seien. Zum neuen Vorbringen sei Folgendes auszuführen: Zur Behauptung, er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und diese Volksgruppe werde vom Clan Kuchi verfolgt, sei festzuhalten, dass dies seinen Angaben nach auch vor Abschluss seines ersten Asylverfahren gewesen sei. Abgesehen davon würden nach wie vor Familienangehörige des Beschwerdeführers in seiner Heimatregion leben und würden deswegen offenbar nicht verfolgt. Damit habe er keine ihn individuell betreffende entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung behauptet, die erst nach rechtskräftigen Abschluss des vorherigen Asylverfahrens neu entstanden wäre. Gleiches gelte für das Vorbringen, seine Ehefrau werde gezwungen, die 6-jährige Tochter mit dem Sohn des Cousins zu verehelichen. Vielmehr habe der Beschwerdeführer selbst betont, er stelle den zweiten Asylantrag nur deshalb, weil er einen "negativen Bescheid" bekommen habe. Eine relevante Änderung der Lage im Herkunftsstaat sei ebenfalls nicht dargetan worden. Im Verfahren sei auch nicht aufgezeigt worden, dass eine Änderung der für den Beschwerdeführer festgestellten Möglichkeit, in seine Herkunftsregion Kunduz zurückzukehren oder zu seiner Schwester nach Kabul zu ziehen, eingetreten sei. Zu den vorgebrachten Kopfschmerzen des Beschwerdeführers sei festzuhalten, dass er damit nicht an einer Erkrankung von jener besonderen Schwere (wie etwa AIDS im Endstadium) leide, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vorliegen müsse, um die Außerlandesschaffung eines Fremden als in Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehend erscheinen zu lassen. Es könne daher nicht gesagt werden, dass sich der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG geändert hätte. Abschließend begründete der Asylgerichtshof seine Ausweisungsentscheidung.

Dieses Erkenntnis wurde dem Bundesasylamt am 10. Oktober 2012 per Fax und dem Beschwerdeführer am 14. Oktober 2012 durch persönliche Aushändigung zugestellt.

Am 16. April 2013 stellte der Beschwerdeführer einen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Dazu gab er bei seiner Erstbefragung am selben Tag an, neuen Fluchtgründe seien, dass er vor ca. 15 Tagen telefonisch erfahren habe, dass sein jüngerer Bruder vor ca. zwei Monaten in Afghanistan von den Taliban festgenommen geschlagen und gefoltert worden sei. Die afghanische Armee habe ihn dann befreit. Der Beschwerdeführer habe ebenfalls Angst vor diesen Leuten. Er sei die letzten Tage krank gewesen und habe deshalb nicht schon früher den neuerlichen Asylantrag gestellt.

Am 24. April 2013 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache gemäß § 68 AVG vorliege.

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Er nehme Tabletten, damit er gut schlafen könne. In seinem ersten Asylverfahren habe er vorgebracht, dass der Sohn des M. in der Schule eine Bombe habe verstecken wollen. Das habe jemand beobachtet und er habe dann fliehen wollen. Zufällig sei einer der Brüder des Beschwerdeführers mit seiner Freundin in der Nähe der Schule unterwegs gewesen und habe versucht, ihn festzunehmen. Dieser sei dann auch festgenommen worden. Sechs Monate später, als der Beschwerdeführer mit seiner Frau und den Kindern bei einer Hochzeit gewesen sei, habe er einen Anruf bekommen. Er solle so schnell wie möglich nach Hause kommen, weil seine Mutter krank sei. Als er nach Hause gekommen sei, seien viele Nachbarn vor dem Haus gewesen. Einer der Brüder des Beschwerdeführers sei verletzt im Haus gewesen. Der zweite Bruder sei bereits getötet worden und vor dem Haus niedergelegt worden. In seinem zweiten Asylverfahren habe der Beschwerdeführer angegeben, ein weiterer Grund sei, dass sein Cousin auf seine Kinder aufgepasst habe. Eines Tages habe dieser gemeint, dass die Tochter des Beschwerdeführers den Sohn des Cousins heiraten solle, weil er sonst nicht mehr auf die Kinder und die Ehefrau des Beschwerdeführers aufpassen werde. Der Sohn des Cousins sei ein Invalide. Nun gebe es einen weiteren Vorfall. Vor drei Monaten sei der jüngere Bruder des Beschwerdeführers, er sei circa 15 oder 16 Jahre alt, von unbekannten Personen verschleppt worden und eine Woche später freigelassen worden. Er sei sehr stark geschlagen worden und habe Verletzungen. Die Polizei selbst sei verständigt worden, dass er entführt worden sei. Die Polizei habe ihn nicht gefunden, aber eine Woche später sei er von diesen Personen dann freigelassen worden. Wer diese Personen gewesen seien, sei unbekannt, das wisse man nicht. Was diese von dem Bruder des Beschwerdeführers gewollt hätten, sei ihm nicht gesagt worden. Er sei "nur" stark geschlagen und dann wieder freigelassen worden. Diese Leute hätten auch nichts verlangt. Der Beschwerdeführer habe vor ca. drei Wochen davon erfahren. Da es ihm deswegen so schlecht gegangen sei, habe er "auf einmal zu viele Tabletten" genommen. Seine Freunde hätten ihm dann geholfen. Als der Beschwerdeführer aufgewacht sei, habe er gemerkt, dass er sich im Krankenhaus befinde. Was diesen Vorfall, der den Bruder des Beschwerdeführers betreffe, mit der Person des Beschwerdeführers zu tun haben könne, wisse der Beschwerdeführer selber auch nicht. Er sei seit zwei Jahren in Österreich und wisse nicht, was genau in Afghanistan bei seiner Familie los sei. Hätte er keine Schwierigkeiten in Afghanistan, dann wäre er nicht hier. Die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers würden nun gemeinsam mit dem jüngeren Bruder in einem Haus in Kunduz und nicht mehr beim Cousin wohnen. Eine Schwester des Beschwerdeführers wohne in Mazar-e Sharif in Afghanistan und eine weitere wohne in XXXX (Pakistan).

Bei seiner weiteren Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 8. Mai 2013 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Er sei zwar am 29. April 2013 zur "PSY III Untersuchung" geladen gewesen, sei aber im Warteraum eingeschlafen und habe nicht mitbekommen, dass er aufgerufen worden sei. Er habe dann bis 17 Uhr gewartet, aber als er nachgefragt habe, hätten die Damen gemeint, dass die Ärztin schon weg sei. Er sei gestern erst im Spital gewesen. Dies deshalb, weil er Schwindel habe und wenn er gehe, dann drehe sich alles um ihn. Er nehme Psychopharmaka und Tabletten gegen Kopfschmerzen. Übermorgen habe er einen Termin im AKH, weil die Medikamente, die er einnehme, sehr stark seien. Weiters legte der Beschwerdeführer zwei Schreiben in Dari vor; bei dem einen soll es sich um eine Bestätigung von Dorfvorstehern handeln, derzufolge der Bruder des Beschwerdeführers 10 Tage lang entführt und dann von der afghanischen Polizei befreit worden sei. Das zweite Schreiben soll ein Schreiben der afghanischen Regierung sein, die bestätige, dass der Bruder des Beschwerdeführers befreit worden sei. Weiters gab der Beschwerdeführer an, die Entführung seines Bruders habe insofern mit den Fluchtgründen des Beschwerdeführers zu tun, weil dies ein familiäres Problem sei. Wenn man den 14-jährigen Bruder des Beschwerdeführers missbrauche, dann gehe man davon aus, dass der Beschwerdeführer dies selber auch erleiden müsse. Der Beschwerdeführer habe Angst davor, dass man auch ihn entführe. Die Familie des Beschwerdeführers sei vom Herkunftsort des Beschwerdeführers geflüchtet und lebe "nun einmal hier und einmal dort". Über Befragen, weshalb man den Beschwerdeführer gezielt verfolgen würde, gab er an, dass es einen Selbstmordanschlag gegeben habe und sein Bruder, der bei der Armee gewesen sei, gegen diejenigen, die dafür verantwortlich gewesen seien, ermittelt habe. Diejenigen seien wegen seinem Bruder im Gefängnis gelandet. Die vorgelegten Schreiben habe der Beschwerdeführer von seinem Cousin väterlicherseits per E-Mail geschickt bekommen. Damals habe der Beschwerdeführer noch nicht gewusst, dass sein jüngster Bruder entführt worden sei.

Die Übersetzung der vorgelegten Schreiben ergab Folgendes:

"Geehrte Flüchtlingsbehörden der österreichischen Regierung!

XXXX , der Sohn von XXXX , hat zwei Brüder mit Namen XXXX und XXXX , ebenfalls Söhne von XXXX waren als Soldaten bei der Armee der islamischen Republik Afghanistan und kamen in der Provinz Kunduz, im Dorf XXXX , durch Taliban ums Leben. Und auch sein jüngerer Bruder

XXXX wurde von den Taliban für zehn Tage gefangen gehalten. Er wurde mit Hilfe der Bevölkerung und der Polizei wieder befreit. Seine Familie ist aus dem Dorf geflüchtet." bzw.

"An die Flüchtlingsbehörden in Österreich; eine Person Namens XXXX der in eurem Land als Flüchtling ist, litt sehr an Unterdrückung, und er ist nach Ermordung seiner Brüder XXXX und XXXX auf der Flucht. Es ist auch XXXX Mutter nach acht Monaten verstorben. XXXX , XXXX jüngerer Bruder wurde ebenfalls durch Taliban entführt und körperliche Gewalt wurde angewendet. Mit Hilfe der Bevölkerung und der Polizei wurde er wieder von den Taliban wieder befreit. Die Kinder von XXXX leben ohne seine Aufsicht bei einem fremden Mann namens XXXX ."

Am 21. Mai 2013 langte ein "Gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren" beim Bundesasylamt ein. Darin kommt die Gutachterin im Wesentlichen zu folgenden psychologischen Schlussfolgerungen: Beim Beschwerdeführer liege eine "Anpassungsstörung, F43.25, mit gemischter Störung von Gefühlen und des Sozialverhaltens" vor. "Selbstverletzung, Ärger, Wut, Aggression und Impulshaftigkeit im Sozialverhalten könnte man als Persönlichkeitsakzentuierung(-störung) oder aber eben als Störung der Gefühle und des Sozialverhaltes F.43.25 codieren". Es bestehe die Gefahr der zunehmenden Einengung, wobei dann eine weitere "Selbstbeschädigung/Suizid" nicht mehr auszuschließen sei. Auch eine Fremdgefährdung sei nicht sicher auszuschließen. Therapeutische und medizinische Maßnahmen wären anzuraten. Neuroleptika zur Impulskontrolle würden geraten.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013, Zl. 13 04.906-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den dritten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchteil I.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet nach Afghanistan aus (Spruchteil II.). Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte das Bundesasylamt zur Person des Beschwerdeführers Folgendes fest: "Ihre Identität steht fest. Sie sind Staatsangehöriger Afghanistans und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken. Sie leiden weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch an einer psychischen Erkrankung, welche bei einer Überstellung / Abschiebung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde." Zu den Gründen für den dritten Antrag auf internationalen Schutz stellte das Bundesasylamt Folgendes fest: "Vom Bundesasylamt kann insgesamt kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reicht nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Es entstehen unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche einer Ausweisung Ihrer Person aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Afghanistan entgegenstehen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer (neuerlich) fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wird: Zum (oben angeführten) Gutachten sei dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör gewährt worden, es sei ihm erst gemeinsam mit dem angefochtenen Bescheid übermittelt worden. Wie dem Gutachten zu entnehmen sei, sei der Beschwerdeführer psychisch krank und verhaltensauffällig. Entgegen der Rechtsansicht des Bundesasylamtes habe sich die Sachlage seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens wesentlich verändert. Denn der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe sich wesentlich verschlechtert. Auch habe das Bundesasylamt keinerlei Feststellungen zur Lage von verhaltensauffälligen psychisch kranken Menschen in Afghanistan getroffen, insbesondere, ob die notwendigen Medikamente und die notwendige ärztliche bzw. psychologische Behandlung verfügbar wären. Aus dem Bericht von "International Psychiatry" von 2012 gehe hervor, dass es in Afghanistan zur Behandlung psychischer Krankheiten keine flächendeckenden Möglichkeiten bzw. Einrichtungen gebe, und nicht verfügbare, dringend notwendige Medikamente für psychisch Erkrankte ein großes medizinisches Problem in der Behandlung der Patienten darstellen würden. Weiters werde auf den Bericht von OCHA Bulletin von August 2012 verwiesen, wonach sich in Afghanistan die Versorgung mit Einrichtungen für körperliche und psychische Erkrankungen verschlechtert habe. Zudem habe das Bundesasylamt festgestellt, dass die Provinz Kunduz unsicher sei. Nicht nachvollziehbar sei der Vorwurf des Bundesasylamtes, dass die vorgelegten Schreiben der Dorfvorsteher nicht zur Begründung des Vorbringens geeignet seien, weil diese Schreiben "nicht von staatlichen Institutionen" aufgesetzt worden seien. Dies widerspreche dem Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel. Die Tatsache, dass auch der kleine Bruder des Beschwerdeführers entführt und misshandelt worden sei, lasse entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes jedenfalls Rückschlüsse auf die Gefährdungslage des Beschwerdeführers zu. Weiters würde der Beschwerdeführer in Afghanistan kein familiäres Netz vorfinden, das ihn gleichsam auffangen könnte; vielmehr müsste er als Ehemann, Vater und großer Bruder Verantwortung übernehmen, die er insbesondere in seiner vulnerablen Verfassung, in der er selber Unterstützung und Hilfe brauche, nicht zu tragen vermöge. Er wäre exponiert und insofern allein, könnte seine Familie nicht beschützen, sondern hätte vielmehr als psychisch kranker Mann "höchst asylrelevante" Verfolgung zu gewärtigen.

Mit Beschluss vom 25. Juni 2013, Zl. B3 423.512-3/2013/2Z, erkannte der Asylgerichtshof gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

Mit Erkenntnis vom 8. August 2013, Zl. B3 423.512-3/2013/3E, gab der Asylgerichtshof der Beschwerde gegen den dritten Asylbescheid vom 10. Juni 2013 gemäß § 68 Abs. 1 AVG statt und behob den bekämpften Bescheid. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Feststellungen, wie der Beschwerdeführer seinen Herkunftsort in Kunduz sicher erreichen könne oder an einem anderen Ort als seinem Herkunftsort sicher leben und seine Grundbedürfnisse befriedigen könne, da der Beschwerdeführer im nunmehrigen Asylverfahren angegeben habe, dass seine Schwester in Mazar-e Sharif und damit nicht mehr in Kabul lebe, fehlen würden. Weiters habe das Bundesasylamt keine ausreichenden Feststellungen zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers getroffen, bei dem laut "Gutachterliche[r] Stellungnahme im Zulassungsverfahren" sowohl die Gefahr einer weiteren Selbstbeschädigung als auch die Gefahr einer Fremdgefährdung bestehend und therapeutische bzw. medizinische Maßnahmen anzuraten seien. Damit könne nicht nachvollziehbar festgestellt werden, ob er in Afghanistan die für ihn notwendige medizinische Versorgung erhalten könne. Da im gegenständlichen Fall Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides zu beheben sei, könne iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 auch dessen Spruchteil II. keinen Bestand haben.

Am 9. November 2015 brachte der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde beim (nunmehr zuständigen) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein und begründete diese damit, dass mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 8. August 2013 das Verfahren zurückverwiesen und beim BFA RD Wien am 4. September 2013 eingelangt und damit die Entscheidungsfrist am 4. März 2014 abgelaufen sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte am 21. Jänner 2015 eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers durch, in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes angab: Zwei seiner Brüder seien getötet worden, wo sein dritter Bruder lebe, wisse er nicht. Seine Schwester lebe in Mazar-e Sharif. Seine Gattin und seine fünf Kinder würden im Dorf XXXX in der Provinz Kunduz leben. Dieses Dorf liege zirka drei Stunden mit dem Auto von seinem Heimatdorf entfernt. Sie seien unmittelbar nach seiner Ausreise dorthin gezogen. Seine Frau arbeite jetzt bei reichen Leuten und lebe dort mit ihren Kindern. Sie bekomme kein Geld, sondern nur Kost und Logis. Der Arbeitgeber heiße XXXX und sei ein Geschäftsmann für Fensterrahmen. Über Befragen, was passieren würde, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, gab der Beschwerdeführer an, dass er dort hin nicht zurückkehren könne, da er dort Probleme hätte. Er würde von den Taliban getötet werden. Die Taliban würden seit zwei Jahren das Gebiet in seiner Heimat beherrschen. Der Beschwerdeführer befinde sich derzeit in psychischer Behandlung.

Der Beschwerdeführer legte im Zuge der Einvernahme zwei Arztbriefe vom 21. April 2015 und vom 15. Jänner 2016 eines Facharztes für Psychiatrie vor.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21. Jänner 2016, Zl. XXXX , wies die Behörde den (dritten) Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AslG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.01.2017. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine neuen geänderten asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe. Die Bedrohungslage in der Provinz Kunduz werde unter Zugrundelegung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation des BFA sowie einer den Länderfeststellungen beigelegten einschlägigen Karte über die Gefährdungslage teilweise als erheblich eingestuft und stellte die belangte Behörde hierzu fest, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre, oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit, infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts, bei dem sein Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage wäre, ihn zu schützen, bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wird: Zum neuen Vorbringen, dass der jüngere Bruder entführt worden sei, sei der Beschwerdeführer nicht befragt worden. Es seien keine Ermittlungen im Herkunftsland getätigt worden. Zudem habe sich die Behörde mit der Situation von psychisch Kranken in Afghanistan nicht auseinandergesetzt. Auch wenn das fluchtauslösende Ereignis in einem früheren Asylverfahren bereits behandelt wurde, wäre vor dem Hintergrund der nunmehr festgestellten psychischen Erkrankung erneut zu prüfen, ob das Versagen der Glaubwürdigkeit nicht unter Berücksichtigung der Erkrankung des Beschwerdeführers neu zu beurteilen wäre. Aus einem Bericht von UNHCR aus 2013 gehe hervor, dass die Erinnerung an traumatisierende Ereignisse häufig Lücken aufweise und vage Aussagen von psychisch Kranken daher nicht auf deren Unglaubwürdigkeit hinweisen müsse. Der Beschwerdeführer befürchte Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Familie, die für die afghanische Regierung gegen die Taliban gekämpft habe. Der Beschwerdeführer fürchte außerdem eine unmenschliche Behandlung aufgrund seiner offensichtlichen psychischen Erkrankung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Zur Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der "Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde" von der Beschränkung des Prüfungsumfanges auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG ausgenommen, dh. vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand 1.1.2014, rdb.at) § 6 Rz 19 mwN). Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache - nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende" - ergehen; sie wäre inhaltlich rechtswidrig und würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand 1.1.2014, rdb.at) § 68 Rz 20 mwN). Wurde von der Behörde erster Instanz ein neuerlicher Antrag trotz Identität der Sach- und Rechtslage - statt wegen res iudicata zurückgewiesen - aus materiellen Gründen wieder abgewiesen, ist die Partei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides in keinem Recht verletzt, weil sie einerseits keinen Anspruch auf Sachentscheidung hat und andererseits ihre Rechtsposition, insb. die Möglichkeit, bei Änderung der Sach- oder Rechtslage neuerlich einen Antrag zu stellen, nicht beeinträchtigt worden ist. Wird gegen eine solche rechtswidrige meritorische Erledigung Berufung erhoben, hat die Rechtsmittelbehörde den Antrag - ungeachtet der Sachentscheidung der Unterinstanz - wegen res iudicata zurückweisen. Der Partei wird dadurch keine Instanz genommen, weil die Unterbehörde im Zuge der Sachentscheidung bereits alle Prozessvoraussetzungen geprüft und somit auch über die Frage befunden hat, ob entschiedene Sache vorliegt. Daher kann die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG auch in dieser Frage ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterinstanz setzen. Nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann die Partei aber auch durch die Entscheidung der Berufungsbehörde, mit der sie - anstatt den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass er auf Zurückweisung wegen entschiedener Sache lautet - die Berufung abweist, in keinem subjektiven Recht verletzt sein (Hengstschläger/Leeb, AVG (Stand 1.1.2014, rdb.at) § 68 Rz 45 mwN). Im Hinblick auf die Kognitionsbefungnis des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 28 VwGVG ist dies auf das hg. Verfahren übertragbar.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die eindeutige Judikatur des VwGH vom 19.01.2010, 2009/05/0097 zu verweisen: "Fällt die Behörde erster Rechtsstufe eine Sachentscheidung, obwohl das Parteianbringen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen wäre, hat die belangte Behörde die Berufung gegen den betreffenden Bescheid mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auf "Zurückweisung wegen entschiedener Sache" zu lauten habe."

Gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 steht die Zulassung des Verfahrens einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.

Das Bundesamt hätte § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden gehabt, daher ist diese Bestimmung gemäß § 17 VwGVG im hg. Verfahren anzuwenden:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/10/0061). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 26.06.2012, 2009/11/0059). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (zweiten) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd. § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn das selbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089).

Zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd. § 18 Abs. 1 AsylG 2005 - kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls sie festgestellt werden kann - zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 AsylG 1997). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 29.09.2010, 2007/10/0041).

Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt bzw. verpflichtet die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).

Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies allerdings nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen "glaubhaften Kern" zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. "Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit" (vgl. VwGH 26.9.2007, 2007/19/0342; VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im vorliegenden Fall ist daher als Vergleichsentscheidung das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 6. August 2012, Zl. C13 423.512-1/2011/4E, heranzuziehen, da mit diesem zuletzt in der Sache entschieden wurde und die Beschwerde gegen den den ersten Antrag auf subsidiären Schutz abweisenden Bescheid vom 9. Dezember 2011, Zl. 11 08.834-BAI, abgewiesen wurde.

Sache des gegenständlichen Verfahrens ist folglich für das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit dieser letzten rechtskräftigen Entscheidung wesentlich geändert hat.

Wie die Behörde in ihrer Begründung des gegenständlich angefochtenen Bescheides bereits richtigerweise ausführte, brachte der Beschwerdeführer keine neuen geänderten asylrelevanten Fluchtgründe vor. Er führte in der Erstbefragung am 16. April 2013 an, seine Fluchtgründe würden aufrecht bleiben und hätten sich nicht verändert. Er hätte vor ca. 15 Tagen erfahren, dass sein Bruder vor ca. zwei Monaten von den Taliban festgenommen, geschlagen und gefordert worden sei. Die afghanische Armee habe ihn befreit. Der Beschwerdeführer habe Angst vor diesen Leuten.

Das nunmehrige Vorbringen seinen jüngsten Bruder betreffend stellen gegenüber dem Erstverfahren zwar einen neuen, geänderten Sachverhalt dar, jedoch ist dieser aus folgenden Erwägungen nicht glaubwürdig:

Der Beschwerdeführer tätigte hinsichtlich des neuen Vorbringens widersprüchliche Angaben, indem er in seinem Folgeantrag am 16. April 2013 ausführte, dass die afghanische Armee seinen Bruder aus der Festnahme durch die Taliban befreit hätte und in der niederschriftlichen Einvernahme acht Tage später, am 24. April 2013 hingegen ausführte, dass sein jüngerer Bruder durch unbekannte Personen verschleppt und geschlagen worden sei. Die Polizei sei verständigt worden, jedoch habe sie ihn nicht finden können. Sein Bruder sei eine Woche später von diesen Personen freigelassen worden. Dieser Vorfall hätte sich vor etwa drei Monaten ereignet und hätte ihm seine Familie darüber erst jetzt berichtet. Für das erkennende Gericht ist es nicht plausibel, weshalb der Beschwerdeführer in seinem Antrag am 16. April noch angibt, die afghanische Armee hätte seinen Bruder befreit und in der Einvernahme acht Tage später diesen Ausführungen widersprüchliche Angaben tätigt.

Die vorgelegten Bestätigungen über die Geschehnisse vermögen an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Insofern in diesen Schreiben der Wohnort seiner Familie thematisiert wird, darin heißt es, dass seine Familie aus dem Dorf geflüchtet sei, widerspricht dies dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 21. Jänner 2016. Demnach lebe seine Familie im Dorf XXXX in der Provinz Kunduz und sei seine Frau unmittelbar nach seiner Ausreise dort hingezogen. In den Einvernahmen betreffend die vorherigen Anträge auf internationalen Schutz, gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau zu ihren Eltern in das Nachbardorf XXXX gezogen sei (Einvernahme vom 18. August 2011). Dann habe seine Frau ca. sechs Monate bei seinem Bruder gewohnt und sei schließlich zum Cousin des Beschwerdeführers gezogen, welcher einen behinderten Sohn habe, dem die 6-jährige Tochter des Beschwerdeführers zur Heirat zu überlassen sei (Einvernahme vom 14. September 2012).

Zu den vorgelegten Bestätigungsschreiben ist ergänzend auszuführen, dass der Beschwerdeführer bereits in den vorhergehenden Asylverfahren derartige Schreiben vorlegte. Einmal handelte es sich dabei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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